EU-Staaten missachten Warnungen des Kremls vor einem Atomkrieg um die Ukraine

Nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin 300.000 Reservisten einberufen und gewarnt hatte, er sei im Falle eines Nato-Angriffs auf Russland zum Einsatz von Atomwaffen bereit, verschärften die EU-Mächte den Kriegskurs. Vertreter der Europäischen Union (EU) verkündeten neue Sanktionen gegen Russland, welche die Lebensmittel- und Energiepreise weiter erhöhen und die finanziellen Mittel der Arbeiter noch weiter dezimieren würden. Gleichzeitig forderten sie weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.

Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, erklärte nach einem Treffen der EU-Außenminister bei der UN-Vollversammlung in New York: „Wir haben beschlossen, in Abstimmung mit unseren Partnern so bald wie möglich zusätzliche restriktive Maßnahmen gegen Russland zu ergreifen. ... [Die EU] wird es prüfen, wir werden neue restriktive Maßnahmen einführen, sowohl gegen Personen als auch gegen bestimmte Branchen“ der russischen Industrie.

Borrell räumte ein, dass Putins Warnungen, er werde russisches Staatsgebiet mit „allen uns zur Verfügung stehenden Waffensystemen“ gegen einen Angriff der Nato verteidigen, ernst gemeint seien. Er erklärte, die Gefahr eines Atomkriegs sei „eine akute Gefahr für die ganze Welt, und die internationale Staatengemeinschaft muss reagieren.“ Gleichzeitig machte Borrell jedoch deutlich, dass die EU die Lieferung von Waffen im Wert von Milliarden Euro an das rechtsextreme ukrainische Regime, das wiederholt die russischsprachigen Gebiete des Landes angegriffen hat, forcieren wird.

Borrell erklärte, Putins „Hinweis auf Atomwaffen erschüttert keineswegs unseren Entschluss, unsere Entschlossenheit und Einigkeit, der Ukraine beizustehen.“

Die skrupellosen und völlig unverantwortlichen Äußerungen Borrells, die auch von anderen EU-Vertretern wiederholt werden, führen Europa und die Welt direkt in einen Atomkrieg.

Washington und die EU-Mächte haben dem ukrainischen Militär und rechtsextremen Milizen Waffen im zweistelligen Milliarden-Dollar-Bereich geliefert, um Ziele tief im Inneren der von Russland beanspruchten Gebiete anzugreifen. Am Mittwoch erklärte Putin, der Kreml sei zu dem Schluss gekommen, dass die Nato-Mächte beabsichtigen, „unser Land zu schwächen, zu spalten und letztlich zu zerstören“. Er fügte hinzu, seine Drohung, Russlands gesamtes militärisches Arsenal, also auch Atomwaffen, einzusetzen, sei „kein Bluff.“

Hochrangige russische Regierungsvertreter haben seither Putins Drohungen wiederholt, Russland werde auf Angriffe auf sein Staatsgebiet, einschließlich der besetzten russischsprachigen Gebiete der Ukraine, mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren. Der ehemalige Präsident Dmitri Medwedew erklärte am Donnerstag: „Die Donbas-Republiken (Donezk und Lugansk) und andere Territorien werden in Russland aufgenommen werden. ... Russland hat angekündigt, dass nicht nur Mobilisierungskapazitäten, sondern auch alle russischen Waffen, einschließlich strategischer Atomwaffen und Waffen auf der Grundlage neuer Techniken, für diesen Schutz eingesetzt werden können.“

Medwedew hatte bereits letzte Woche gewarnt, die Nato könnte durch ihre „unablässigen Lieferungen der gefährlichsten Waffen an das Kiewer Regime“ eine russische Militäreskalation provozieren.

Der Abschuss strategischer Atomwaffen durch Russland und die Nato-Mächte würde mindestens Hunderte Millionen Tote und möglicherweise die Vernichtung der Menschheit zur Folge haben. Eine strategische Atomrakete des russischen Typs RS-28 trägt 15 Sprengköpfe, die unabhängig voneinander Ziele angreifen können. Jeder davon hat eine Sprengkraft von 25 Megatonnen TNT. Das ist mehr als das Tausendfache der Sprengkraft der US-Atombomben, die 1945 die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki auslöschten.

Französische Medien zitierten russische Berichte, laut denen eine einzige Rakete des Typs RS-28 ein Gebiet von der Größe von Texas oder von Frankreich, dem flächenmäßig größten EU-Land, zerstören kann.

Auch andere russische Regierungsvertreter betonten, dass sie nichts anderes als militärische Eskalation vorzuschlagen haben. Dazu gehört auch der russische Außenminister Sergei Lawrow, der kurz beim Treffen des UN-Sicherheitsrats in New York erschien und eine Erklärung abgab, in der er die Nato-Mächte verurteilte, bevor er verschwand, ohne sich die Äußerungen der anderen anwesenden Diplomaten anzuhören.

Lawrow warf Kiew vor, es würde die Rechte der Russen und der russischsprachigen Ukrainer „dreist mit den Füßen treten“ und erklärte, dies „bestätigt nur die Tatsache, dass die Entscheidung zur Durchführung der militärischen Spezialoperation unvermeidlich war. ... Dass der gesamte Westen diesen Konflikt vorsätzlich geschürt hat, ist ungestraft geblieben.“

Sowohl die verzweifelten und aggressiven Äußerungen der Vertreter des postsowjetischen russischen, kapitalistischen Regimes, als auch die aggressiven und skrupellosen Äußerungen der imperialistischen europäischen Mächte müssen als Warnung verstanden werden: Die tiefe Krise des kapitalistischen Systems droht zu einem offenen Atomkrieg zwischen den großen Weltmächten zu führen.

Der Bankrott des Kremls und die katastrophalen Folgen der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 sind jetzt offensichtlich. Da sich die imperialistischen Nato-Mächte keine Sorgen mehr wegen eines militärischen und politischen Gegengewichts zum Imperialismus machen mussten, haben sie nicht nur im Nahen Osten und auf dem Balkan Krieg geführt, sondern auch Konflikte unter den ehemaligen Sowjetrepubliken geschürt, die sich jetzt zu einem offenen Krieg entwickelt haben. Da das Moskauer Regime nicht in der Lage ist, einen sozialen Appell an die internationale Arbeiterklasse zu richten, und zwischen dem Versuch, mit dem Imperialismus zu verhandeln, und der Drohung mit seiner militärischen Macht hin und her schwankt, hat es nur die Wahl zwischen Kapitulation oder nuklearer Eskalation.

Die Nato-Mächte gießen weiter Öl ins Feuer. Sie haben den Konflikt in der Ukraine provoziert, indem sie im Jahr 2014 einen rechtsextremen antirussischen Putsch in der Hauptstadt Kiew unterstützt haben. Jetzt benutzen sie den Krieg als Rechtfertigung für eine enorme Ausweitung der Militär- und Polizeiapparate, wie es die deutsche Regierung mit ihrem Aufrüstungskurs und der Umsetzung einer aggressiven militärischen Außenpolitik tut.

Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und ihr französischer Amtskollege Sébastien Lecornu betonten am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin, die EU-Mächte würden die ukrainische Armee und rechtsextreme Milizen weiterhin bewaffnen, selbst wenn sie damit einen Atomkrieg riskieren würden.

Lambrecht erklärte: „Unsere Reaktion ist wirklich konsequent und vor allem resolut und gemeinsam. Es wird keine Abweichungen geben, wir werden die Ukraine weiterhin in ihrem mutigen Kampf unterstützen.“ Sie sprach stolz von den „riesigen Erfolgen“ der ukrainischen Armee, die teilweise auf die Militärhilfe von Deutschland und Frankreich zurückzuführen seien.

Lambrecht fügte hinzu, Berlin und Paris würden weiterhin die russischen Warnungen vor einer nuklearen Eskalation missachten und Angriffe auf von Russland besetzte Gebiete unterstützen: „Für uns sind diese Referenden [in Donezk und Lugansk] bedeutungslos, da es sich um Gebiete der Ukraine handelt und dies auch so bleiben wird. Es ist gut, dass wir ein klares Signal aussenden: Diese Reaktion Putins auf die Erfolge der Ukraine bestärkt uns nur darin, die Ukraine weiter zu unterstützen.“

Die Kriegstreiber in den Medien überbieten sich mit Forderungen nach einer schnellen Eskalation. Der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen, Berthold Kohler, mahnt in einem Kommentar, man dürfe sich von „Moskaus nukleare[m] Säbelrasseln... nicht erpressen“ lassen. „Im Ringen mit Putin“ bleibe „der Westen nur ein glaubwürdiger Gegner, wenn er der Ukraine tatsächlich weiter zur Seite steht, mindestens im bisherigen Ausmaß“. Alles andere sei „Appeasement“ und „Verrat an den eigenen Werten und Interessen“.

Der Chefkorrespondent für Außenpolitik, Clemens Wergin, fordert in der Welt: „Die Ukraine muss nun schnell alle Waffen bekommen, die es zur raschen Befreiung der besetzten Gebiete braucht, etwa auch moderne westliche Panzer wie den Leopard 2 oder Schützenpanzer wie den Marder.“ Es sei „in deutschem Interesse, dass die russische Front in den nächsten Monaten auch an anderen Stellen so zusammenbricht wie vor kurzem in Charkiw, als es der Ukraine gelang, die russischen Truppen panikartig in die Flucht zu schlagen und weite Landstriche in einem Blitzvorstoß einzunehmen.“

Weiter schreibt Wergin: „je deutlicher dieser Krieg für Russland verloren ist, wenn die neuen Rekruten an die Front kommen, und je weniger ukrainisches Land die Invasoren dann noch besetzt halten, desto schneller wird dieser Krieg ein Ende finden.“

Diese zynische Argumentation entspricht der mörderischen Logik des deutschen Militarismus im 20. Jahrhundert. Die führenden Vertreter des Kaiserreichs und der Nazis argumentierten ebenfalls, dass die schnelle und maximale Mobilisierung der deutschen Kriegsmaschinerie für einen „Siegfrieden“ oder „Endsieg“ notwendig sei. In Wirklichkeit führte diese Eskalationsstrategie zum totalen Krieg mit Dutzenden Millionen Toten und barbarischen Verbrechen.

Hinter der gegenwärtigen imperialistischen Kriegstreiberei verbirgt sich eine ähnlich toxische Mischung aus wahnsinnigen geopolitischen Ambitionen und einer tiefen inneren Krise. Genau wie in den 1930er Jahren reagiert die herrschende Klasse auf den Zusammenbruch des Kapitalismus und den explosiven Widerstand der Arbeiterklasse mit einer Hinwendung zu Militarismus, Faschismus und Weltkrieg. Die Arbeiterklasse muss dem kapitalistischen Wahnsinn, der das Überleben der Menschheit bedroht, ihre eigene Strategie der sozialistischen Weltrevolution entgegensetzen.

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