Bundesregierung liefert Luftabwehrsystem an Kiew

Die Ampel-Koalition unterstützt die Eskalation des Nato-Stellvertreterkriegs gegen Russland in der Ukraine mit weiteren Waffenlieferungen an Kiew und einer Verstärkung der eigenen Kriegsoffensive.

„Deutschland liefert das erste von vier IRIS-T SLM Luftverteidigungssystem an die Ukraine“, verkündete das Verteidigungsministerium am Dienstag via Twitter. „Die jüngsten russischen Raketenangriffe auf Kiew und andere Städte“ hätten gezeigt, „wie wichtig diese Fähigkeit für die Selbstverteidigung der Ukraine ist“.

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow pries die deutschen Waffenlieferungen mit den Worten: „In der Ukraine hat eine neue Ära der Luftverteidigung begonnen. Die IRIS-Ts von Deutschland sind schon da. Die amerikanischen NASAMS kommen. Dies ist erst der Anfang. Und wir brauchen mehr. Es besteht kein Zweifel, dass Russland ein terroristischer Staat ist.“

Loading Tweet ...
Tweet not loading? See it directly on Twitter

In einem weiteren Tweet sprach er seiner „deutschen Kollegin“, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), seinen „persönlichen Dank“ für „ihre Partnerschaft und ihr starkes Engagement zur Unterstützung der Ukraine“ aus und versicherte: „Wir werden siegen.“

Das vom deutschen Rüstungsunternehmen Diehl Defence produzierte System gehört zu den modernsten Luftabwehrsystemen und eignet sich laut Hersteller zur 360 Grad-Rundumverteidigung gegen Flugzeuge, Hubschrauber, Drohnen, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen. Selbst die deutsche Armee verfügt noch nicht über IRIS-T.

Diehl IRIS-T SLM Raketenwerfer (Matti Blume, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons) [Photo]

Die Lieferung des Systems ist Bestandteil der massiven Kriegseskalation, die derzeit von den führenden Nato-Mächten organisiert wird und die Gefahr eines nuklearen dritten Weltkriegs erhöht. Erst vor wenigen Tagen warnte US-Präsident Joe Biden vor einem „nuklearen Armageddon“. Nun wird der Krieg massiv angeheizt.

Zu Beginn des aktuell stattfindenden Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel verkündete Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg eine Ausweitung der militärischen Produktionskapazitäten der Nato-Staaten. „Je länger sich dieser Krieg hinzieht, desto wichtiger ist es, dass wir dann auch in der Lage sind, Vorräte wieder aufzufüllen,“ erklärte er. Das Land brauche im Krieg gegen Russland eine „breite Palette unterschiedlicher Systeme. Sie brauchen fast alles.“

Deutschland spielt bei der Überschwemmung der Ukraine mit tödlichem Militärgerät eine immer prominentere Rolle. Laut der offiziellen Liste der Bundesregierung über „militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine“ sind unter anderem die folgenden weiteren Waffenlieferungen geplant oder bereits auf dem Weg.

  • 16 Panzerhaubitzen Zusana (gemeinsames Projekt mit Dänemark und Norwegen)
  • 130 Feldheizgeräte
  • 36 Krankenkraftwagen
  • 10 Brückensysteme (schwere und mittlere Brückensysteme)
  • 90 Schwerlastsattelzüge
  • 4 Panzerhaubitzen 2000 mit Munitionspaket
  • 2 Mehrfachraketenwerfer MARS II mit Munition
  • 50 Allschutz-Transport-Fahrzeuge Dingo
  • 167.000 Schuss Handwaffenmunition
  • 12 Schwerlastsattelzüge M1070 Oshkosh
  • 20 Raketenwerfer 70mm auf Pick-up Trucks mit 2000 Raketen
  • 255 Schuss Vulcano Artilleriemunition 155 mm
  • 30.000 Schuss Munition 40mm
  • 5032 Panzerabwehrhandwaffen
  • 200 LKW Nutzfahrzeuge
  • 24 Drohnenabwehrsysteme
  • 16 Brückenlegepanzer BIBER

Auch die Lieferung schwerer Kampfpanzer wird vorbereitet. Vor Beginn des Treffens der Nato-Verteidigungsminister rechnete der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth (SPD), vor, dass 13 europäische Staaten über zusammen 2000 Leopard-2-Panzer verfügten. Er schlage daher vor, dass „wir gemeinsam ein Kontingent von Leopard-2-Panzern zusammenstellen, die wir dann möglichst rasch der Ukraine liefern“.

Der Vorschlag wurde umgehend von der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), unterstützt. Zusätzlich wiederholte sie im Deutschlandfunk ihre Forderung, der Ukraine auch Marder-Schützenpanzer aus Bundeswehrbeständen zur Verfügung zu stellen. Diese würden von der ukrainischen Armee nun vor allem an der Südfront dringend benötigt. Russlands Vorgehen sei reiner „Terror“ und „bestialisch“.

Aus dem Munde einer führenden deutschen Kriegstreiberin ist das abstoßend und heuchlerisch. Putins Invasion ist reaktionär und entspricht den skrupellosen Interessen der kapitalistischen Oligarchie, die seit der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion im Kreml herrscht. Aber die russischen Raketenschläge reichen nicht ansatzweise an die Zerstörung der US-geführten und von Deutschland unterstützten Kriege im Nahen Osten, Nordafrika und Zentralasien heran, wo ganze Länder in Schutt und Asche gelegt und Millionen von Menschen getötet wurden.

Vor allem Vertreter des deutschen Imperialismus sollten für alle Zeit schweigen, wenn es um die Frage von Kriegsverbrechen geht. Wenn etwas „bestialisch“ war, dann die Verbrechen des deutschen Imperialismus. Im Zweiten Weltkrieg führte die Wehrmacht im Osten einen Vernichtungskrieg, dem zwischen 24 und 40 Millionen Bewohner der Sowjetunion zum Opfer fielen. 6 Millionen Juden wurden in Vernichtungslagern industriell getötet. Einige der schlimmsten Massaker – wie das von Babyn Jar, wo ein Sonderkommando binnen zwei Tagen 33.771 Juden erschoss – ereigneten sich in der Ukraine.

Die offizielle Propaganda, heute gehe es im Krieg gegen Russland um die „Selbstverteidigung der Ukraine“ oder gar um „Frieden“, „Demokratie“ und die Rettung von Menschenleben, ist eine Absurdität. In Wirklichkeit geht es um die gleichen räuberischen Ziele wie damals. Die imperialistischen Mächte haben Putins Einmarsch in die Ukraine provoziert, um Russland militärisch zu besiegen und das rohstoffreiche Land auszubeuten. Dabei arbeiten sie mit faschistischen Kräften in Kiew zusammen und benutzen die ukrainische Bevölkerung als Kanonenfutter.

Die herrschende Klasse in Deutschland sieht den Krieg dabei auch als Chance, sich trotz ihrer historischen Verbrechen wieder zu einer führenden Militärmacht aufzuschwingen. „Als bevölkerungsreichste Nation mit der größten Wirtschaftskraft und Land in der Mitte des Kontinents muss unsere Armee zum Grundpfeiler konventioneller Verteidigung in Europa werden, zur am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der letzten Bundeswehrtagung im September.

Nun werden die Pläne Berlins, Europa unter deutscher Führung zu organisieren, vorangetrieben. Laut einem Bericht des Spiegel „soll am Rande des Nato-Verteidigungsministertreffens im Brüsseler Hauptquartier eine gemeinsame Absichtserklärung von europäischen Staaten gezeichnet werden, die sich an dem von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagenen gemeinsamen Verteidigungssystem gegen ballistische Raketen und andere Bedrohungen aus der Luft beteiligen wollen“.

Dem Spiegel zufolge soll für die Raketenabwehr „vermutlich das israelische ‚Arrow‘-System eingekauft werden“. Das Nachrichtenmagazin macht keinen Hehl daraus, dass sich Deutschland damit auf einen potentiellen Nuklearkrieg vorbereitet. Das System sei „so konzipiert, dass es Raketen über die Erdatmosphäre hinaus schießt“, schreibt der Spiegel. Mit diesen sogenannten Höhenabschüssen sollen vor allem ankommende atomare, biologische oder chemische Raketen sicher zerstört werden.

Scholz hatte die Errichtung eines deutsch-europäischen Raketensystems als Bestandteil der Kriegseskalation gegen Russland bereits im März angekündigt. Es sei „dringend notwendig, dass wir die Bundeswehr mit mehr Mitteln ausstatten, mit mehr Panzern, mehr Möglichkeiten der Luftraumverteidigung und sie auf viele andere Weise befähigen, dass sie die Aufgabe wahrnehmen kann, die sie wahrnehmen muss“, erklärte er damals in der ARD-Sendung Anne Will. Jetzt wird das milliardenschwere Projekt auf den Weg gebracht.

Loading