Empörung über Metall-Abschluss

Am Freitag sprachen Reporter der WSWS mit Metallarbeitern in Stuttgart und Berlin über den Pilot-Tarifabschluss der IG-Metall in Baden-Württemberg, der eine empfindliche Reallohnsenkung bedeutet. Sie diskutierten die Perspektive des Aufbaus unabhängiger Aktionskomitees, die die Verteidigung der Reallöhne, der Arbeitsplätze und anderer sozialer Errungenschaften in die Hand nehmen und sich international zusammenschließen.

Diskussion mit einem Arbeiter von Bosch in Stuttgart-Feuerbach

Es gab nicht einen Arbeiter, der dem Ergebnis zustimmte. Alle reagierten mit Wut. Viele waren erst zu einem Gespräch bereit, als sie feststellten, dass die Flugblattverteiler nicht von der IG Metall kamen.

Auf die Frage, was sie vom Tarifabschluss halten, riefen viele im Vorbeigehen: „Schlecht“. Wer stehen blieb, sprach von den steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen und den anderen Problemen, mit denen er im täglichen Leben konfrontiert ist.

In Feuerbach sagte eine Arbeiterin: „Glauben Sie, dass ich bei dieser kümmerlichen Erhöhung meine steigende Miete ab 1. Januar bezahlen kann?“

Osman, der seit 40 Jahren in der Bosch-Fabrik arbeitet, sagte, er habe aus langer Erfahrung gewusst, dass es keine 8 Prozent geben werde. In der Vergangenheit habe es stets nur die Hälfte der geforderten Prozent gegeben. Die IG Metall hatte offiziell 8 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten verlangt.

„Ich war von Anfang an verärgert über die Art und Weise, wie die Gewerkschaft Warnstreiks organisiert,“ sagte Osman. „Wir haben drei Mal an Streiks teilgenommen, die nicht richtig organisiert waren und für die kaum mobilisiert wurde. Das war ein Armutszeugnis. Von Seiten der IG-Metall gab es keine Absicht, einen echten Kampf zu organisieren. In zwei Jahren bin ich in Rente, aber die junge Generation kann nicht so weitermachen.“

Yasmin sprach erst zur WSWS, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie nicht zur IG Metall gehört. „Ich arbeite hier, um meine Familie zu finanzieren,“ berichtete sie. „Seit Corona und dem Krieg, also seit mehr als zwei Jahren, ist es schwierig, den Kopf über Wasser zu halten.“

Als sie hörte, was die IG Metall vereinbart hat, rief sie: „Unverschämtheit! Ich würde sagen, dass wir eine Erhöhung von 15 Prozent brauchen, nicht nur eine Forderung, sondern eine echte Erhöhung.“

In Berlin reagierten die Arbeiterinnen und Arbeiter von BMW ähnlich.

Eric, der in der Vormontage arbeitet, sagte: „Die 4,3 Prozent bringen nicht wirklich etwas. Ich hätte gedacht, sie sagen: ‚Nein, das machen wir nicht – Wir streiken weiter!‘“ Auch Sandor, ein Montage-Arbeiter, meinte: „Das ist nicht gut, das ist schade. Ich hätte mehr Druck gemacht! Ich dachte, wir streiken weiter…“

Dogukan, der als Leiharbeiter in der Montage von Elektro-Motorrädern beschäftigt ist, sagte leise aber bestimmt: „Sie sollten uns mehr geben. Essen ist doppelt so teuer geworden. Es sollte mal etwas an uns zurückgehen. Ich habe Familie. Wir werden für das, was wir machen, nicht anständig bezahlt.“

Maura, die als Zeitarbeiterin bei BMW beschäftigt ist, meinte: „Wir wissen nicht, ob wir auch etwas bekommen. Es gibt keine Äußerungen dazu. Ich habe heute extra nochmal nachgeschaut – nichts! Ich finde es gut, was ihr macht.“

Auch zwei junge Arbeiter einer Fremdfirma sagten im Vorbeigehen: „Die IG Metall kämpft nicht für uns, das wissen wir.“

Ein Arbeiter winkte ab: „Komm mir nicht mit der IG Metall“. Erst als ein WSWS-Mitarbeiter sagte: „Wir sind Gegner der IG Metall“, nahm er ein Flugblatt. Den Vorschlag, Aktionskomitees aufzubauen, die sich international vernetzen, fand er gut. „Ich lese es mir durch“, versicherte er.

Ein anderer Arbeiter nahm erregt ein Flugblatt, betrachtet es eingehend und sagte: „Ich war gerade beim Betriebsrat deswegen und habe ihn gefragt, was das soll. Er sagte, man sollte mal abwarten, wie das jetzt genau umgesetzt wird. Eine Spirale des Schwachsinns, das Ganze!“

Bereits am Vortag hatten Reporter der WSWS im Süden von Berlin mit Teilnehmern eines Warnstreiks gesprochen. Ihre Warnung, die IG Metall arbeite eng mit Regierung und Arbeitgebern zusammen, um die Streiks auszuverkaufen, stieß auf große Resonanz.

Orhan, der in der Zylinderkopf-Fertigung von Mercedes-Benz Berlin arbeitet, sagte: „Am Ende werden es vielleicht 4 Prozent sein, denke ich. Das ist alles hintenherum schon beschlossen. Die Tinte ist wahrscheinlich schon getrocknet. Und unsereiner ist oft noch dankbar dafür.“

Cemal, der seit vielen Jahren in der Fertigung von Mercedes-Benz tätig ist, meinte: „Man kann sagen, dass die Inflation in Wirklichkeit bei 100 Prozent liegt, wenn man die Lebensmittelpreise anschaut. Das wird aber von der staatlichen Statistik versteckt. Es ist überall das gleiche, in der Türkei sind die Preise sogar teilweise um 400 Prozent gestiegen.“

Zum Warnstreik der IG Metall sagt Cemal: „Das hier ist lächerlich. Es ist seit 40 Jahren das Gleiche: Gefordert werden 8 Prozent, am Ende werden es 2 bis 3 Prozent. Ein richtiger Streik könnte die Unternehmen zu richtigen Lohnerhöhungen zwingen. Wenn man ein paar Stunden alles dicht machen würde – da kommen die nicht mehr raus. Dann kann man etwas erreichen. Aber diese zwei Stunden hier, das bringt nichts. Dem Arbeitgeber ist das völlig egal. Branchen wie die Metall- und Chemieindustrie machen gerade Milliarden Euro Gewinn.“

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