Aufrüstung und Sozialabbau: Ampel einigt sich auf Haushaltsentwurf

Nach wochenlanger Verzögerung hat sich die Berliner Ampelkoalition am Montag auf den Bundeshaushaltsentwurf für 2024 geeinigt. Am Mittwoch will ihn das Kabinett beschließen. Es handelt sich um einen strikten Sparhaushalt. Mit 445,7 Milliarden Euro liegen die Gesamtausgaben 32 Milliarden niedriger als im laufenden Jahr. Um die Schuldenbremse einzuhalten, wird die Neuverschuldung auf 16,6 Milliarden Euro begrenzt.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) [Photo by Olaf Kosinsky / wikimedia / CC BY-SA 3.0]

Die Einsparungen konzentrieren sich vor allem auf den Sozialbereich, während der Militärhaushalt von allen Beschränkungen ausgenommen ist. Er soll 2024 das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreichen. Das sind über 70 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie vor zehn Jahren, als sich der deutsche Militäretat auf 32,4 Milliarden Euro belief. Es handelt sich um die größte Aufrüstung seit Hitler. Bereits im vergangenen Jahr hat die Regierung mit Unterstützung der Opposition ein sogenanntes „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro verabschiedet.

19 der 70 Milliarden Euro sollen im kommenden Jahr aus dem „Sondervermögen“ kommen. In den folgenden Jahren werden dann die weiter steigenden Rüstungsausgaben in vollem Umfang aus dem laufenden Haushalt finanziert. Für 2028 bedeutet das einen Mehrbedarf von mindestens 25 Milliarden Euro.

Um Deutschland in die führende Militärmacht Europas zu verwandeln, werden die Sozialausgaben rabiat zusammengestrichen und alle gesellschaftlichen Bereiche der Kriegspolitik untergeordnet. So fällt der Zuschuss des Bundes an die soziale Pflegeversicherung in Höhe von einer Milliarde Euro dem Rotstift zum Opfer, der Bundeszuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung wird auf dem Niveau von 2023 eingefroren und der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung sowie das Elterngeld werden gesenkt.

Am deutlichsten zeigt sich die asoziale Stoßrichtung des Haushalts bei der Kindergrundsicherung. Dafür sind in den kommenden Jahren nur jeweils zwei Milliarden Euro vorgesehen, statt wie vom Familienministerium veranschlagt zwölf Milliarden. Die Bekämpfung der Kinderarmut fällt damit der Aufrüstung zum Opfer.

Die Grünen, und teilweise auch die SPD, hatten die Kindergrundsicherung im Bundestagswahlkampf als zentrales sozialpolitisches Projekt beworben. Vor allem die Kanzlerkandidatin der Grünen und heutige Außenministerin Annalena Baerbock hatte sich dafür stark gemacht. Die Grünen, längst eine Partei der wohlhabenden Mittelschicht, versuchten sich so ein soziales Feigenblatt umzuhängen.

Nach 25 Jahren, in denen die SPD mit einer Unterbrechung an der Regierung beteiligt war, leben in Deutschland mehr als ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen, insgesamt 2,8 Millionen, in Einkommensarmut. Die Zusammenlegung aller bestehenden familienpolitischen Leistungen – Kindergeld, Bürgergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld – zu einer Kindergrundsicherung, Zusatzleistungen für ärmere Familien sowie die Erleichterung von Anträgen sollten, so das Wahlversprechen, der Kinderarmut entgegenwirken. Tatsächlich wäre auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Doch nun wird dieser Tropfen im Interesse der Aufrüstung eingespart.

In Wirklichkeit stehen die Grünen und die SPD selbst an der Spitze der Aufrüstung. Außenministerin Annalena Baerbock zählt im Ukrainekrieg und bei der Konfrontation mit China zu den Falken.

Auch wenn die grüne Familienministerin Lisa Paus sich bemüht, den Schwarzen Peter Finanzminister Christian Lindner von der FDP zuzuschieben (der von seinem Vorgänger, Bundeskanzler Olaf Scholz, unterstützt wird), hatten die Grünen nie ernsthaft die Absicht, die Kinderarmut zu bekämpfen. 19 Monate nach Amtsantritt der Ampel-Koalition hat das Familienministerium noch kein Konzept vorgelegt, wie die Kindergrundsicherung genau aussehen soll. Stattdessen zieht eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMA), die höchst selten tagt und ihrerseits in sechs Untergruppen aufgegliedert ist, die Angelegenheit endlos in die Länge. Es ist offensichtlich, dass SPD und Grüne nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet haben, ihr Wahlversprechen zu begraben.

Krieg und Aufrüstung vertragen sich nicht mit Sozialpolitik. Die Kosten des Militarismus werden mit aller Brutalität auf die Arbeiterklasse abgeladen. Der Bundeshauhalt 2024 ist dabei nur der Auftakt. Obwohl alle Ministerien zusammen bereits 20 Milliarden Euro eingespart haben, mahnt Finanzminister Lindner für die Jahre 2025 bis 2027 einen weiteren Einsparbedarf von 14,4 Milliarden Euro an. Hinzu kommen die Auswirkungen der Inflation, von niedrigen Lohnabschlüssen, von explodierenden Mieten und steigenden Energiepreisen, die die Einkommen von Durchschnittsverdienern dezimieren.

Geht es um die Rettung von Banken und Geldgeschenke an die Reichen, sind dagegen unbeschränkte Summen vorhanden. So subventioniert der Bund den Halbleitergiganten Intel mit der Rekordsumme von 9,9 Milliarden Euro, damit er eine Chip-Fabrik in Magdeburg mit maximal 3000 Arbeitsplätzen baut.

Arbeiter und Jugendliche haben alle im Bundestag vertretenen Parteien zum Gegner, wenn sie ihre sozialen Errungenschaften, ihre Einkommen und ihre demokratischen Rechte verteidigen wollen. Sie stehen alle – einschließlich der Linken – hinter der Kriegs- und Sparpolitik der Bundesregierung. Dasselbe gilt für die Gewerkschaften, die in den Betrieben dafür sorgen, dass sich kein offener Widerstand entwickelt, und Tarifabschlüsse weit unter der Inflationsrate abschließen.

Notwendig ist eine neue Perspektive, die die internationale Arbeiterklasse und Jugend im Kampf gegen Sozialabbau und Militarismus vereint und für den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft mobilisiert. Dafür treten die Sozialistische Gleichheitspartei und die Vierte Internationale ein.

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