Bernardo Arévalo, der von der Pseudolinken ebenso wie vom US-Imperialismus unterstützt wurde, setzte sich am Sonntag bei der Stichwahl in Guatemala mit 58 Prozent gegen seine Kontrahentin Sandra Torres durch, die 2002 schonmal First Lady war und die Rückendeckung vom Großteil des politischen Establishments Guatemalas hatte.
Der ehemalige Diplomat und Abgeordnete Arévalo, der in der Mehrheit der Bevölkerung weitgehend unbekannt war, wurde als Option gesehen, um die breite Wut gegen die traditionellen politischen Kräfte aufzufangen, die seit dem Ende des Bürgerkriegs und dem angeblichen „Übergang zur Demokratie“ 1996 an der Macht waren.
Die Stimmen für Arévalo kamen überwiegend aus dem städtischen Kleinbürgertum und Teilen der Arbeiterklasse. In Guatemala-Stadt erhielt er 75 Prozent der Stimmen.
Die Wahlen waren von Unregelmäßigkeiten überschattet. Staatliche Kräfte und faschistische Gruppen versuchten, Arévalos Partei Semilla zu disqualifizieren und die Wahlen zu kippen. Unterstützt wurden sie dabei von der amtierenden Regierung unter Alejandro Giammattei.
Drei Spitzenkandidaten wurden aus fadenscheinigen Gründen von der Wahl ausgeschlossen, und im ersten Wahlgang gab es zahlreiche Berichte über Stimmenkauf, vernichtete Wahlzettel und Unterdrückung und Gewalt gegen Wahlhelfer durch die Polizei. In der Folge erlaubten die Gerichte Staatsanwälten und der Polizei, verfassungswidrige strafrechtliche Ermittlungen gegen Semilla wegen Unterschriften und unklarer Finanzierung zu führen. Es fanden mehrere Razzien beim Wahlgericht und den Büros der Partei statt.
Torres weigerte sich, ihre Niederlage einzugestehen und griff stattdessen auf wüste antikommunistische und bigotte Propaganda zurück, wie sie bisher von der extremen Rechten gegen ihre eigenen beiden Präsidentschaftswahlkampagnen benutzt wurde. Unter anderem bezeichnete sie die Mitglieder der Semilla als „Kommunisten“, als „weibisch“ und einen „Haufen Hurensöhne“.
Trotz der faschistischen Drohungen mobilisierte Arévalo nur begrenzt aktive Unterstützung und versicherte stattdessen, dass seine Regierung die Interessen der Wirtschaftselite nicht beeinträchtigen werde. Er kritisierte auch die gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibungen.
Die Proteste gegen die Putschdrohungen waren vereinzelt und klein. Zudem enthielten sich 55 Prozent der Wahlberechtigten im zweiten Wahlgang – ähnlich viele hatten sich in der ersten Runde enthalten oder leere Stimmzettel abgegeben.
Sollten unter jungen Arbeitern und Akademikern Illusionen in Arévalo existieren, so wurden sie von den Pseudolinken, den internationalen kapitalistischen Medien und dem US-Außenministerium geschürt, die Semilla als „progressiv“ dargestellt haben.
Kapitalistische Medien wie die Washington Post und El Pais schrieben, die Wahlen würden zu einem neuen „demokratischen Frühling“ führen. Damit bezogen sie sich auf den Massenaufstand der Bevölkerung im Jahr 1944 – angeführt von Arévalos Vater Juan José –, der den ersten vom Volk gewählten Präsidenten an die Macht brachte.
Es gibt absolut keine Grundlage dafür, Arévalo und Semilla als linke, demokratische oder progressive Alternative zur Klientelwirtschaft der guatemaltekischen herrschenden Elite darzustellen. Die Unterordnung der Elite unter das ausländische Kapital und den US-Imperialismus ist die Hauptursache für die allgegenwärtige Armut, die Ungleichheit, den Autoritarismus und die Korruption, die das gesellschaftliche Leben in Guatemala prägen.
Selbst der so genannte „demokratische Frühling“ unter J.J. Arévalo und seinem Nachfolger Jacobo Arbenz, der im Gegensatz zu Bernardo auf der Grundlage eines Programms demokratischer, landwirtschaftlicher und sozialer Reformen an die Macht kam, hat ganz eindeutig gezeigt, dass es für die Massen in Guatemala und anderen halbkolonialen Ländern keinen friedlichen oder reformistischen Weg gibt, sich ihre demokratischen und sozialen Rechte zu sichern.
Die CIA, die heute Semilla unterstützt, organisierte 1954 den Sturz von Arbenz, auf den drei Jahrzehnte Militärdiktatur folgten.
Damals spielte die stalinistische Arbeiterpartei Guatemalas (PGT) die Hauptrolle dabei, die guatemaltekische Arbeiterklasse gegenüber dem US-Imperialismus und der Kompradorenbourgeoisie zu entwaffnen. Die Partei wurde 1944 im Rahmen der Volksfrontpolitik der Moskauer Bürokratie gegründet und orientierte sich auf ein Bündnis „der Arbeiterklasse, der Bauern und des patriotischen Teils der nationalen Bourgeoisie und des Kleinbürgertums“.
Die PGT beteiligte sich an Arbenz’ Regime, befürwortete nur kapitalistische Reformen und lehnte jeden Kampf für die Arbeitermacht und den Sozialismus ab. Arbenz weigerte sich später, die Arbeiter für den Widerstand gegen den Putsch zu bewaffnen.
Bis 1958 unterstützte die PGT das Militärregime auf der Grundlage einer „nationalen Aussöhnung“, in der „Guatemalteken mit rechten und linken Ansichten, Konservative und Kommunisten zusammenleben können“. Nach der kubanischen Revolution 1959 und der rücksichtslosen Unterdrückung linker Arbeiter, Bauern und Intellektueller in Guatemala löste sich die PGT in selbstmörderische Guerilla-Gruppen auf, die von US-ausgebildeten Todesschwadronen des Militärs und der Polizei rasch zerschlagen wurden. Zu den Unterdrückungsmaßnahmen gehörte auch eine Völkermord-Kampagne gegen die Maya-Indianer.
Die Überreste der stalinistischen und maoistischen Guerillas und der indigenen nationalistischen Gruppen verwandelten sich dann in bürgerliche Parteien und beteiligten sich nach dem „Friedensvertrag“ von 1996 an der staatlichen Bürokratie. Dieser „Friedensvertrag“ sicherte den Kriegsverbrechern aus dem Militär Straffreiheit zu und ließ die Macht der traditionellen, vom Imperialismus unterstützten Grundbesitz-, Finanz- und Wirtschaftsoligarchie unangetastet.
Die Koalition aus der ehemaligen Guerilla-Organisation URNG-Maiz und der indigenen nationalistischen Partei Winaq unterstützte Arévalo ebenso wie die Sozialistische Partei Mittelamerikas (PSOCA) und andere pseudolinke Organisationen. Die morenoistische Internationale Arbeiterliga (LIT) und die Zeitung La Izquierda Diario unterstützten Semilla zwar nicht offen, stellten sie aber fälschlicherweise als „Mitte-links“ und „reformistisch“ dar und verheimlichten die pro-imperialistische Vergangenheit Arévalos und seiner Partei.
Mit ihrer Unterstützung für Arévalo wiederholen die pseudolinken Organisationen der Mittelschichten die Rolle der PGT in der politischen Entwaffnung der Arbeiterklasse. Gleichzeitig stützen sich die herrschende Klasse Guatemalas und der US-Imperialismus zunehmend auf die Armee und diktatorische Herrschaftsformen, um den Klassenkampf zu unterdrücken und die kapitalistische Ausbeutung zu verschärfen.
Der Hauptgrund für die Ablehnung, die Teile der herrschenden Elite gegenüber Arévalo hegen, ist die Verbindung seiner Partei mit der Internationalen Kommission gegen die Straffreiheit (CICIG). Diese Behörde wurde von den USA finanziert und von den Vereinten Nationen unterstützt und hat ausgewählte Korruptionsverfahren eingeleitet, um die herrschende Elite zur Anpassung an Washingtons politische Diktate zu zwingen.
Obwohl die Oligarchie es im Jahr 2019 schaffte, die CICIG loszuwerden, folgte die Giammattei-Regierung weiterhin unterwürfig den Forderungen der USA. Dazu gehören: Militäreinsätze gegen Immigranten und die Eröffnung eines Pilotbüros in Guatemala, in dem Flüchtlinge gezwungen werden, Asyl in den USA zu beantragen, die Aufrechterhaltung diplomatischer Beziehungen zu Taiwan und die Beibehaltung der Botschaft in Jerusalem.
Doch angesichts der internationalen wirtschaftlichen Instabilität, des Nato-Kriegs gegen Russland und der Kriegsvorbereitungen gegen China gibt sich der US-Imperialismus mit nichts weniger als politischen Marionetten zufrieden. Und bei Arévalo deutet alles darauf hin, dass er die Diktate der USA noch stärker durchsetzen wird. Seine Partei Semilla wurde erst nach Beratungen mit Vertretern der Demokraten und Republikaner auf der Grundlage der Unterstützung der CICIG gegründet. Auch der Vorgänger Giammattei hatte es abgelehnt, die Beziehungen zu Taiwan zu beenden, und Sanktionen gegen die russische Regierung und russische Unternehmen gefordert.
Selbst eine Journalistin von France24 räumte ein, dass „Arévalo als progressivster Kandidat dargestellt wurde, während sich Sandra Torres als Liberale bezeichnet, aber in der Praxis sind beide Kandidaten konservativ“. Sie fragte Eduardo Núñez Vargas, den Verantwortlichen des National Democratic Institute (NDI) für Lateinamerika: „War Arévalos Sieg wirklich eine Strafe für das politische Establishment Guatemalas?“
Núñez Vargas lobte zunächst Arévalos Anti-Korruptions-Rhetorik, erklärte dann aber, es zähle vor allem, dass Arévalo erfolgreich die Stimmung gegen das Establishment kanalisiert hat – man sollte hinzufügen: mit Komplizenschaft der Pseudolinken.
Er fuhr fort: „Nach dem, was wir in seiner Wahlkampagne gesehen haben, neigt Arévalo zu einer größeren Nähe [zu Washington].“ Das Institut NDI ist Teil der National Endowment for Democracy (NED), die gegründet wurde, um die bisher heimlich durchgeführten Operationen der CIA offen durchzuführen, einschließlich der Ausbildung und Finanzierung von US-Marionetten in ganz Lateinamerika.
Stephen McFarland, der unter Obama US-Botschafter in Guatemala war, unterstützte Arévalo in den sozialen Netzwerken offen und erklärte in einem Interview mit Prensa Comunitaria, Arévalo genieße im US-Kongress die breite Unterstützung beider Parteien. „Das bedeutet, das Argument, Arévalo sei ein gefährlicher Linker, keinen Rückhalt in den eher konservativen Kreisen in Washington findet.“
Er erklärte weiter: „Die USA waren in den letzten Jahren weniger erfolgreich darin, ihren Einfluss in den mittelamerikanischen Ländern, einschließlich Guatemala, geltend zu machen.“ Er verwies darauf, dass sich die USA von Arévalo Veränderungen zu Gunsten des US-Imperialismus erhoffen.
Danach machte McFarland deutlich, dass die US-Regierung die herrschende Elite Guatemalas unter Druck gesetzt hat, die Wahl von Semilla zuzulassen, und warnte: „Wenn es zu einem Putsch der Justiz gegen die Kandidaten der Stichwahl kommen sollte, rechne ich mit Sanktionen.“