Norditalien: Fünf Gleisarbeiter von Zug erfasst und getötet

Die Behörden im italienischen Brandizzo haben Ermittlungen wegen des Todes von fünf Gleisarbeitern eingeleitet, die letzte Woche bei Wartungsarbeiten von einem Zug erfasst und getötet wurden.

Im Ganzen waren es sieben Leiharbeiter des Unternehmens Si.gi.fer, die damit beauftragt waren, eine Gleisteilstrecke zwischen Turin und Mailand zu erneuern. Eine Lokomotive, die leere Waggons von Alessandria in Richtung Turin transportierte, raste mit hoher Geschwindigkeit in die Gruppe hinein.

Schätzungen zufolge soll der leere Personenzug bis zu 160 Stundenkilometer schnell gefahren sein. Laut Zeugen bot sich am Unglücksort ein grauenhaftes Bild: Durch die hohe Geschwindigkeit wurden Leichenteile bis zu 300 Meter von der Unfallstelle weggeschleudert. Laut ersten Berichten soll der Unfall auf einen „Kommunikationsfehler“ zurückzuführen sein.

Die fünf Todesopfer stammten alle aus der nahegelegenen Stadt Borgo Vercelli. Es handelt sich um Michael Zanera (34), Giuseppe Sorvillo (43), Saverio Giuseppe Lombardo (52), Giuseppe Aversa (49) und Kevin Laganà (22). Sie lassen trauernde Eltern, Ehepartner, Kinder, Freunde und Kollegen zurück.

Das ist der dritte schwere Zugunfall in Italien in den letzten Jahren. Im Jahr 2020 wurden zwei Eisenbahner getötet und 31 Fahrgäste verletzt, als ein Zug nahe Lodi südlich von Mailand entgleiste. Im Januar 2018 starben drei Frauen, und etwa 100 Menschen wurden verletzt, als bei Mailand ein vollbesetzter Personenzug entgleiste. Beide Unfälle gingen auf mangelhafte Streckenwartung zurück.

Drei schwere Zugunfälle der jüngsten Zeit in Italien: Der Unfall am 30. August in Brandizzo nördlich von Turin (links), die Entgleisung eines Zugs in Lodi im Jahr 2020 (rechts unten) und der Unfall im Jahr 2018, bei dem ein Zug bei Mailand entgleiste (Mitte) [Photo: www.openstreetmap.org]

Laut Statista.com gab es in Italien zwischen 2013 und 2019 nicht weniger als 76 Eisenbahnunfälle. Die Daten der Statistikbehörde der Europäischen Union zeigen, dass es im Jahr 2019 in der gesamten EU knapp über 1.500 Eisenbahnunfälle gab. In dem Jahr wurden 687 Menschen getötet und 568 schwer verletzt.

Im Juli 2023 sind Eisenbahner der staatseigenen italienischen Eisenbahngesellschaft Trenitalia/Italo in den Streik getreten, um gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen zu protestieren. Sie fordern dringende Abhilfe für gravierende Sicherheitsmängel.

Der Parteichef der rechtsextremen Lega und derzeitige Verkehrsminister, Matteo Salvini, hat eine Verkürzung der Streikdauer angeordnet, was das demokratische Recht der Eisenbahner auf Arbeitskampfmaßnahmen weiter beeinträchtigte. Streiks müssen mittlerweile im Voraus angemeldet, und ein Minimalbetrieb muss garantiert werden. Dies soll Gewinneinbußen verhindern und einen vereinten Kampf der Eisenbahner unterbinden.

Die Reaktion der Gewerkschaften auf Salvini beschränkte sich darauf, seine Einmischung als „inakzeptabel und respektlos“ zu beklagen und vorzuschlagen, Salvini solle „den Dialog erleichtern und die Kluft zwischen Arbeitern und Arbeitgebern überbrücken“.

Die Gewerkschaften riefen nicht zu einem vereinten Kampf oder einem Massenausstand auf. Stattdessen einigten sich die Gewerkschaften Fit Cisl, Ugl AF, Fast ConfsalCGIL und Orsa Ende Juli auf einen kurzfristigen Tarifvertrag mit Trenitalia/Italo, von dem die CGIL zugab, dass er die Forderungen der Mitglieder nicht erfüllt. Die Arbeiter erhalten nur eine dürftige „wirtschaftliche Verbesserung“ in Höhe von 200 bis 280 Euro pro Monat und einige Boni. Der Vertrag soll im Dezember 2024 auslaufen.

Laut Glassdoor.com verdient ein spezialisierter Wartungsarbeiter bei Trenitalia zwischen 17.000 und 22.000 Euro pro Jahr. Laut Tag24.com beträgt das Gehalt des Trenitalia-Vorstandschefs, Luigi Ferrari, 1,4 Millionen Euro im Jahr; er ist der bestbezahlte Vorstandschef Italiens.

Genau wie alle anderen Industriearbeiter sind auch die Eisenbahner weltweit zunehmend mit Gefahren und der Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen konfrontiert. In den USA gab es im Jahr 2021 laut der Federal Railroad Administration über 8.000 Zugunfälle, bei denen im Ganzen 4.622 Menschen verletzt und 753 getötet wurden. Zu den Verletzten gehörten 2.568 Eisenbahner, zu den Toten elf. Das bedeutet, dass zwei Prozent aller 120.000 Arbeiter auf den sieben Eisenbahnstrecken der Klasse 1 infolge eines Zugunfalls verletzt worden sind. Laut dem US Bureau of Labor Statistics ist die Verletzungsquote unter Eisenbahnern höher als im Bergbau, der Ölförderung, im Baugewerbe und in der Fertigungsbranche.

Genau wie in Italien hat auch in den USA die Biden-Regierung letztes Jahr auf undemokratische Weise ein vom Kongress verhängtes Streikverbot für die Eisenbahner durchgesetzt. Der Tarifvertrag, der auf diese Weise durchgesetzt wurde, ignoriert die Forderungen der Arbeiter nach humanen Arbeitszeiten, Krankentagen (derzeit keine) und einer Lohnerhöhung, die über der Inflationsrate liegt.

Anfang des Jahres sind in Griechenland 57 Menschen, darunter acht Eisenbahner, beim tödlichsten Zugunglück der Geschichte des Landes ums Leben gekommen. Die Opfer, überwiegend Studierende, die aus den Ferien zurückkehrten, kamen auf grausame Weise ums Leben, als ein Intercity-Hochgeschwindigkeits-Personenzug mit 350 Menschen an Bord zwischen Athen und Thessaloniki im Tempi-Tal mit einem Güterzug zusammenstieß. Der Zusammenstoß war ein Verbrechen, das auf ein erschreckend unsicheres Zugnetzwerk zurückging, das durch jahrelange Kürzungen und die Privatisierung durch die Syriza-Regierung im Jahr 2017 verwüstet worden war.

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