EU-Außenminister versammeln sich in der Ukraine, um Krieg gegen Russland zu eskalieren

Die Außenminister der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sind gestern in Kiew zu einem Gipfel zusammengekommen, um anhaltende Unterstützung für den von der Nato in der Ukraine geführten Krieg gegen Russland zuzusichern.

Obwohl das Gipfeltreffen nach dem blutigen Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive und inmitten zunehmender Meinungsverschiedenheiten in Regierungskreisen über die Finanzierung des Krieges stattfand, signalisierten führende EU-Regierungen ihre Absicht, den Krieg gegen Russland zu eskalieren.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (rechts) und der Hohe Vertreter der EU für auswärtige Angelegenheiten Josep Borrell bei ihrer Pressekonferenz während des informellen Treffens der EU-Außenminister in Kiew. 2. Oktober 2023 [AP Photo/Efrem Lukatsky]

„Ich berufe heute die EU-Außenminister nach Kiew ein, zum ersten Treffen aller 27 Mitgliedstaaten außerhalb der EU“, schrieb der oberste Außenpolitiker der EU Josep Borrell auf X/Twitter. Borrell fügte hinzu: „Die Zukunft der Ukraine liegt innerhalb der EU.“ Borrell gab bekannt, dass der Gipfel beschlossen habe, weitere 5 Milliarden Euro für den Krieg auszugeben.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schloss sich Borrells Äußerungen an und twitterte: „Ich freue mich, die EU-Außenminister bei diesem historischen Treffen in der Ukraine begrüßen zu können... Zum ersten Mal in der Geschichte außerhalb der derzeitigen EU-Grenzen. Aber auch innerhalb ihrer zukünftigen Grenzen.“

Angesichts der zerschlagenen ukrainischen Armee, der geschätzten 300.000 bis 400.000 toten ukrainischen Soldaten und der vielen verstümmelten Soldaten kommen solche Äußerungen einem rücksichtslosen, unbeschränkten Versprechen gleich, den Krieg mit Russland – einer Atommacht – zu eskalieren. Vor dem EU-Gipfel deuteten britische Beamte an, dass britische Truppen direkt in die Ukraine entsandt werden könnten, angeblich, um ukrainische Soldaten zu beraten. Die Pläne, EU-Militärmissionen in der Ukraine anzukündigen, sind zweifellos ebenfalls schon weit fortgeschritten.

Die EU ist zum wichtigsten Finanzier des Krieges geworden: Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft hat sie Kiew bis Ende Juli 2023 84,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, davon 5,6 Milliarden Euro für Waffen. Hinzu kommen die Ausgaben der einzelnen europäischen Staaten, allen voran Deutschland (20,87 Milliarden Euro), Großbritannien (13,77 Milliarden Euro), Norwegen (7,45 Milliarden Euro), Polen (4,27 Milliarden Euro) und die Niederlande (4,08 Milliarden Euro). Diese Zahlen beinhalten 17 Milliarden Euro an Waffen aus Deutschland, 6,6 Milliarden Euro aus Großbritannien, 3,7 Milliarden Euro aus Norwegen, 3 Milliarden Euro aus Polen und 2,5 Milliarden Euro aus den Niederlanden.

In Kiew rief die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock dazu auf, die Ukraine weiter aufzurüsten. Sie sagte: „Wir müssen jetzt alle unsere Anstrengungen weiter verstärken, um die Ukraine auf diesen Winter vorzubereiten. Schon bei meinem Besuch im September habe ich deutlich gemacht, dass die Ukraine einen Schutzschild für den Winter braucht... der aus Luftverteidigung, aber auch aus Generatoren und der Stärkung der Energieversorgung besteht.“

Das Gipfeltreffen fand inmitten von Anzeichen zunehmender Meinungsverschiedenheiten in europäischen Regierungskreisen über die Finanzierung und Planung des Krieges statt. Die Außenminister Ungarns und Polens nahmen nicht an dem Gipfel in Kiew teil, nachdem Warschau letzte Woche angekündigt hatte, keine neuen Waffenlieferungen an die Ukraine zu tätigen.

Auf dem Gipfeltreffen in Kiew wollten die führenden imperialistischen Mächte der EU signalisieren, dass sie keine Abstriche bei der Beteiligung am Krieg zulassen werden. Sie antworteten insbesondere auf den Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, der sagte, dass „die Ermüdung durch diesen Konflikt, die Ermüdung durch die völlig absurde Unterstützung des Kiewer Regimes, in verschiedenen Ländern, einschließlich der Vereinigten Staaten, wachsen wird“.

Auf einer Pressekonferenz in Kiew sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna französische Unterstützung für Kriegsmaßnahmen gegen Russland zu. Colonna bezeichnete den Gipfel in Kiew als „eine Demonstration unserer entschlossenen und dauerhaften Unterstützung für die Ukraine, bis sie gewinnen kann. Es ist auch eine Botschaft an Russland, dass es nicht mit unserer Müdigkeit rechnen sollte. Wir werden noch lange Zeit da sein“.

Borrell fügte hinzu: „Die EU bleibt in ihrer Unterstützung für die Ukraine geeint... Ich kann nicht erkennen, dass irgendein Mitgliedsstaat sein Engagement aufgibt.“

EU-Beamte betonten ihre enge Zusammenarbeit mit Washington in diesem Krieg. Der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen sagte, die EU müsse die Ukraine bewaffnen, „um die Ukraine zu unterstützen, aber auch um ein starkes transatlantisches Signal zu senden, dass wir für das, was auf unserem eigenen Boden geschieht, eine große Verantwortung übernehmen müssen“.

Die EU wurde 1992 – ein Jahr nach der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie – als Wirtschaftsblock gegründet, in dem Marktwirtschaft und Austeritätspolitik herrschen sollten. Der Krieg der Nato gegen Russland beschleunigt ihre Entwicklung zu einem Militärbündnis, das europäische imperialistische Interessen auf der Weltbühne durchsetzt. Dies geht Hand in Hand mit der Rehabilitierung neofaschistischer Parteien und dem Aufbau polizeistaatlicher Regime in Europa, die Streiks und Proteste gegen Sparmaßnahmen und Lohnsenkungen gewaltsam unterdrücken, um die Kriegsausgaben zu finanzieren.

Der politische Charakter und der Klasseninhalt dieses Krieges wurden letzte Woche deutlich, als das kanadische Parlament einstimmig Jaroslaw Hunka – ein 98-jähriges ukrainisches Ex-Mitglied der nationalsozialistischen Waffen-SS – als ukrainischen Patrioten für seinen Kampf gegen die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg bejubelte. Die Waffen-SS spielte eine zentrale Rolle beim Holocaust am europäischen Judentum, bei Hitlers Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und bei der Unterdrückung des Widerstands gegen die Nazi-Besatzung in Europa.

Dadurch wurden die engen Verbindungen zwischen der Nato und rechtsextremen ukrainischen Kräften wie der Miliz „Rechter Sektor“ aufgedeckt. Diese stand an der Spitze des von der Nato unterstützten Putsches in Kiew, der im Jahr 2014 in der Ukraine das derzeitige Nato-Marionettenregime an die Macht brachte. Zusammen mit anderen rechtsextremen Milizen wie dem Asow-Bataillon, spielt sie nun eine zentrale Rolle innerhalb des Kiewer Regimes. Stepan Bandera, der Anführer der ukrainischen Kollaboration mit dem Nationalsozialismus, wird regelmäßig von ukrainischen Spitzenbeamten gefeiert.

Der politisch kriminelle Beifall des kanadischen Parlaments für einen Kämpfer der Waffen-SS belegt auch den Charakter und die politischen Implikationen der Neudefinition der EU als eines militaristischen Blocks, der sich dem Krieg mit Russland bis zum totalen Sieg verschrieben hat.

„Die EU hat sich verändert. Es gibt kein Zurück mehr. Wir haben die Lichter hinter uns gelöscht, und es gibt im Grunde nur einen Weg“, erklärte die dänische EU-Kommissarin Margrethe Vestager auf einem EU-Gipfel im Mai 2023 in Brüssel. Der Krieg in der Ukraine, fuhr sie fort, „ist Europas absolut oberste Priorität, und wir werden die Ukraine so lange unterstützen, bis der Krieg gewonnen und die Ukraine wieder aufgebaut ist und ein Mitglied der Europäischen Union wird.“

Vestagers Äußerungen kommentierend, zitierte der Guardian hochrangige Berater Borrells, die behaupteten, dass der russische Krieg die Konflikte zwischen den europäischen Mächten im 20. Jahrhundert überwunden habe. „Das europäische Projekt war in erster Linie dazu gedacht, einen neuen Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland zu verhindern. Es zielte darauf ab, die innereuropäischen Beziehungen durch Austausch und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu befrieden“, schrieb Zaki Laïdi, Professor an der Universität Sciences-Politiques in Paris.

Nun aber, so Nicole Gnesotto vom Jacques Delors Institut, überwinde der Krieg mit Russland die Konflikte innerhalb Europas. „In einer Nacht hat Russland die gesamte EU-Philosophie seit 1956 getötet', sagte sie.

Die Behauptung, die EU werde die historisch gewachsenen Widersprüche des europäischen Kapitalismus durch einen Krieg mit Russland überwinden, zeugt von der skrupellosen, faschistischen Stimmung, die die herrschende Klasse erfasst hat. In Wirklichkeit nehmen die Spaltungen in den herrschenden Kreisen auf dem gesamten Kontinent zu, wie die Abwesenheit ungarischer und polnischer Beamter in Kiew gezeigt hat. Es ist jedoch bemerkenswert, dass Frankreich, Italien und Spanien, die in ihrer Geschichte eher auf imperialistische Eroberungen in Afrika als in Osteuropa gesetzt haben, weniger für die Ukraine ausgegeben haben als ihre nordeuropäischen Verbündeten (1,69 Mrd. €, 1,29 Mrd. € bzw. 900 Mio. €).

Die Arbeiterklasse muss unabhängig intervenieren, um den Krieg zu beenden. Arbeiter können sich nicht auf Konflikte innerhalb der Bourgeoisie verlassen, um die Katastrophe abzuwenden, die die EU in Gang gesetzt hat. Sie müssen ihre Politik auf die Tatsache stützen, dass die europäische Bourgeoisie alles auf einen Nato-Krieg gegen Russland setzt, der Europa und die Welt mit einer Eskalation bis hin zum Atomkrieg bedroht. In der herrschenden Klasse gibt es ein breites Bewusstsein dafür, dass dies die Legitimierung rechtsextremer Politik und Herrschaftsformen bedeutet.

In diesem Frühjahr kam es in ganz Europa zu einer starken Streikbewegung gegen die Lohnkürzungen und den Sozialabbau, mit denen der Krieg gegen Russland finanziert werden soll. Bei Massenprotesten in Frankreich gegen Rentenkürzungen erklärte eine große Mehrheit der Arbeiter ihre Unterstützung für Massenstreiks, um die Wirtschaft zu blockieren und Präsident Emmanuel Macron zu stürzen. Diese explosive Opposition muss bewusst als eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse entwickelt werden, gegen den imperialistischen Krieg und das kapitalistische System, das ihn verursacht.

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