USA schießen türkische Drohne ab – Türkei bombardiert kurdische Truppen in Syrien und Irak

Am Donnerstag gab das US-Militär bekannt, es habe eine bewaffnete türkische Drohne mit einem F-16-Kampfflugzeug abgeschossen, weil sie eine „Bedrohung“ für die US-Truppen in Syrien dargestellt habe. Es ist der erste derartige Vorfall zwischen den beiden Nato-Verbündeten.

Wie Pentagon-Sprecher Pat Ryder erklärte, hatten türkische Drohnen am Donnerstagmorgen Angriffe nahe der syrischen Stadt Hasakah geflogen, in etwa einem Kilometer Entfernung von Stellungen des US-Militärs. Einige Stunden später wurde eine türkische Drohne, die sich den US-Truppen bis auf 500 Meter näherte, als „Bedrohung“ eingestuft und von einer F-16 abgeschossen.

Die Eskalation der Spannungen in Syrien erfolgt vor dem Hintergrund eines möglichen Einsatzes britischer Truppen im Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine und dem Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Aserbaidschan und Armenien um Bergkarabach im Südkaukasus. Sie verdeutlicht die Gefahr, dass der seit 2011 anhaltende, von den imperialistischen Mächten unterstützte Krieg zum Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, wieder aufflammen und zu einem regionalen Konflikt eskalieren könnte.

Etwa 900 US-Soldaten sind illegal im Nordosten Syriens in einem Gebiet stationiert, das von den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) kontrolliert wird. Die SDF werden von Washingtons wichtigsten Stellvertretertruppen angeführt, den kurdisch-nationalistischen Volksverteidigungseinheiten (YPG). Im Bund mit den SDF kontrollieren die US-Truppen die syrischen Ölvorkommen in der Region. Ankara betrachtet die YPG und die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) jedoch als „terroristische Gruppen“.

Ryder erklärte: „Wir haben keine Hinweise darauf, dass die Türkei bewusst US-Truppen angegriffen hat. Es ist ein bedauernswerter Vorfall... Der Verteidigungsminister hat mit seinem [türkischen] Amtskollegen gesprochen. Sie hatten die Gelegenheit zu einem fruchtbaren Gespräch... Die Türkei ist weiterhin ein sehr wichtiger und wertvoller Nato-Verbündeter und Partner der Vereinigten Staaten.“

Der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler erklärte auf der Plattform X (ehemals Twitter), er habe seinem amerikanischen Amtskollegen mitgeteilt, dass „die Türkei bereit ist zu einem gemeinsamen Kampf mit den USA gegen Daesh [Islamischer Staat]“.

Ein Vertreter des türkischen Verteidigungsministeriums dementierte gegenüber Reuters, es habe sich um eine türkische Drohne gehandelt. Allerdings deutete ein Bericht der Nachrichten-Website Al-Monitor unter Berufung auf zwei US-Regierungsvertreter an, die Drohne gehöre zum türkischen Geheimdienst MİT. Ein anonymer US-Regierungsvertreter erklärte außerdem, türkische Militärvertreter seien vor dem Zwischenfall dutzende Male gewarnt worden.

Ankara hat seinen Luftkrieg in Syrien trotz der gefährlichen Eskalation zwischen den USA und der Türkei fortgesetzt. Am Donnerstagabend erklärte das Verteidigungsministerium, dass 30 von der YPG kontrollierte Ziele in Nordsyrien zerstört und zahlreiche kurdische Milizionäre getötet wurden. Weiter hieß es, zu den Zielen gehörten Ölquellen und Lagerhäuser. Laut lokalen Berichten wurden auch Zivilisten verletzt, was Ankara jedoch dementierte.

Die Luftangriffe der Türkei gegen kurdische Streitkräfte in Syrien begannen nach einem bewaffneten Anschlag auf das Hauptquartier der türkischen Nationalpolizei in Ankara am vorletzten Sonntag, bei dem zwei Angreifer getötet und zwei Polizisten verletzt wurden. Bei dem Anschlag wurde ein gestohlenes Auto benutzt, das einer Zivilperson namens Mikail Bozlağan aus Kayseri gehörte, der laut offiziellen Erklärungen vor dem Angriff getötet wurde.

Die PKK bekannte sich zu dem Anschlag und erklärte, er solle „den betreffenden Stellen die notwendige Botschaft senden und ihnen eine ernste Warnung aussprechen“. In Wirklichkeit diente der Anschlag nur als Rechtfertigung für Ankaras Polizeistaatsmaßnahmen im Inland und neue Militäroperationen im Irak und Syrien und trug so dazu bei, dass sich der Konflikt möglicherweise in der Region ausweitet.

Die legale kurdisch-nationalistische Demokratische Partei der Völker (HDP) und die Grüne Linke Partei (YSP) verurteilten den Anschlag in Ankara als „inakzeptabel“. Allerdings wurden bei Polizeioperationen, die sich hauptsächlich gegen die HDP und die YSP richteten, bisher mindestens 75 Menschen verhaftet.

Das türkische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass seit Sonntag Luftangriffe gegen PKK-Stellungen im Nordirak geflogen werden. Am Mittwoch fand in Ankara ein „Sicherheitsgipfel“ statt, an dem der Innen- und der Außenminister, der Chef des Geheimdienstes und der Generalstabschef teilnahmen.

Am gleichen Tag behauptete Außenminister Hakan Fidan, bei den Tätern des Anschlags in Ankara handele es sich um Mitglieder der YPG und der PKK aus Syrien. Er erklärte: „Damit sind von nun an die gesamte Infrastruktur, Suprastruktur und die Energieeinrichtungen der PKK und der YPG, vor allem im Irak und Syrien, legitime Angriffsziele für unsere Sicherheitskräfte, Streitkräfte und Geheimdienste.“ In Richtung der USA warnte er: „Ich empfehle dritten Parteien, sich von Einrichtungen und Individuen der PKK und der YPG fernzuhalten.“

Der Generalkommandant der SFG, Mazlum Kobani, wies die Behauptung Ankaras zurück und forderte die USA und andere Nato-Verbündete auf, sie zu beschützen: „Die Täter des Anschlags in Ankara sind nicht aus unserer Region dorthin gereist, wie die türkischen Behörden behaupten... Wir erwarten, dass die Garantieländer und die internationale Gemeinschaft sich diesen gehäuften Drohungen widersetzen und sich für Stabilität und Frieden in der Region einsetzen.“

Am Donnerstag wurde der Stützpunkt Dabık der türkischen Streitkräfte im nordwestsyrischen Distrikt Azaz angegriffen. Laut der türkischen Nachrichtenagentur Doğan wurden fünf türkische Polizeibeamte und drei Soldaten bei dem Angriff verwundet. Das türkische Verteidigungsministerium behauptete, es seien 26 Kämpfer der PKK und der YPG bei Vergeltungsangriffen aus der Luft getötet worden. Die syrische Regierung fordert seit Jahren, dass nicht nur die US-amerikanischen, sondern auch die türkischen Truppen ihre illegale Besatzung beenden und das Land verlassen.

Die verstärkten Militäroperationen in diesem Gebiet bedeuten möglicherweise, dass eine groß angelegte türkische Bodenoperation vorbereitet wird. Nach dem Terroranschlag in Istanbul am 13. November 2022, bei dem sechs Zivilisten getötet wurden, kündigte Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Einsatz von Bodentruppen in Syrien zum „passendsten Zeitpunkt“ an. Allerdings rückte er nach heftigem Widerstand aus dem Iran und Russland, die das Regime in Damaskus unterstützen, sowie den USA davon ab.

Am Mittwoch erklärte ein Sprecher der türkischen Verteidigungsministeriums jedoch, die türkische Regierung schließe eine Bodenoffensive gegen kurdische Kräfte im Irak und Syrien nicht aus.

Aus Angst vor der möglichen Entstehung eines kurdischen Staats an seiner Südgrenze fordert Ankara seit langem von den USA, ihre Unterstützung für die YPG einzustellen. Erdoğan, der eine Einigung mit Washington anstrebt, bewies die grundlegende Unterstützung seiner Regierung für die USA im Krieg gegen Russland, indem er im März kein Veto mehr gegen die Nato-Mitgliedschaft Finnlands einlegte. Er bewilligte auch den Beitritt Schwedens; das türkische Parlament wird darüber vermutlich bald abstimmen.

Inmitten der militärischen Eskalation in Syrien zwischen den USA, deren kurdischen Stellvertreterkräften YPG und der Türkei wurden am Donnerstag mindestens 89 Menschen bei einem Drohnenangriff auf eine Abschlussfeier an einer Militärakademie in der Region Homs, etwa 150 Kilometer nördlich von Damaskus, getötet. Laut der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA befanden sich darunter 31 Frauen und fünf Kinder. Weitere 277 wurden verwundet.

Reuters bezeichnete ihn als „einen der blutigsten Angriffe auf das Militär“ in dem seit zwölf Jahren andauernden Krieg. Zwar hat noch niemand die Verantwortung dafür übernommen, doch die syrische Regierung machte nicht konkret benannte „Terroristen“ dafür verantwortlich und griff von den USA und der Türkei unterstützte islamistische Kräfte in Idlib und Aleppo mit Artillerie an.

Unterdessen meldete SANA am Dienstag, dass Israel syrische Streitkräfte in Deir al-Zour im Osten Syriens bombardiert habe, wobei zwei Soldaten verwundet wurden seien. Israel fliegt schon seit langer Zeit immer wieder Luftangriffe gegen Regierungstruppen und vom Iran unterstützte Milizen in Syrien.

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