Habeck rechtfertigt den Genozid in Gaza

Der grüne Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck hat am Donnerstag auf seinem X-Account ein zehnminütiges Video veröffentlicht, in dem er den Genozid an den Palästinensern in Gaza unterstützt und jedem, der dagegen protestiert, mit schweren Konsequenzen droht.

Robert Habecks Video auf X

Medien und Politiker, auch solche der Opposition, feiern begeistert Habecks „historische Rede“ (Bild). Dem Vizekanzler sei „ein Coup gelungen“, jubelt der Stern und sieht den Grünen-Politiker bereits als zukünftigen Bundeskanzler. Endlich habe Deutschland „eine Kanzlerrede zur Lage bekommen“. Habeck habe „nicht nur politisch Orientierung gegeben, sondern ein emotionales Geländer, an dem sich Menschen festhalten können“.

„Die Kommentare sind sich von links bis in die CDU hinein weitgehend einig: Der grüne Vizekanzler sagt das, was notwendig ist, und das in der richtigen Reihenfolge,“ kommentiert die taz. Die stellvertretende CDU-Vizevorsitzende Karin Prien lobt: „Ein starker, notwendiger Auftritt.“ Habeck treffe den richtigen Ton „wie kein anderer in dieser Bundesregierung“.

Tatsächlich ist Habecks Rede eine ekelerregende Mischung aus Kriegshetze, Geschichtsfälschung, autoritären Drohungen und Lügen. Er beruft sich auf die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die „Generation meiner Großeltern“, um ein weiteres Menschheitsverbrechen zu rechtfertigen.

„Der Satz ‚Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson‘ war nie eine Leerformel und er darf auch keine werden,“ erklärt er. Das besondere Verhältnis Deutschlands zu Israel rühre „aus unserer historischen Verantwortung: Es war die Generation meiner Großeltern, die jüdisches Leben in Deutschland und Europa vernichten wollte.“

Die Rechtfertigung des Genozids in Gaza mit dem Holocaust ist politisch pervers. Die 2,3 Millionen Palästinenser, die bombardiert, ausgehungert und vertrieben werden, tragen keine Verantwortung für die Verbrechen der Nazis. Und ihre Verfolgung dient auch nicht dem Schutz „jüdischen Lebens“. In Wirklichkeit gefährden die Kriegsverbrechen, die die israelische Regierung mit voller Unterstützung Berlins und Washingtons provokativ vor den Augen der Weltöffentlichkeit begeht, die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in Israel und auf der ganzen Welt.

Die israelische Armee hat in drei Wochen Bomben mit der Sprengkraft von 25.000 Tonnen auf eines der dichtest besiedelten Gebiet der Welt abgeworfen. Das entspricht dem Äquivalent von zwei Atombomben. Sie greift gezielt Krankenhäuser, Schulen und Flüchtlingskonvois an. Die offizielle Zahl der Todesopfer beträgt inzwischen fast 10.000, darunter 4000 Kinder. Tausende weitere befinden sich unter den Trümmern.

Habeck unterstützt diese Kriegsverbrechen und beschimpft jeden als Antisemiten, der sich ihnen entgegenstellt oder sie auch nur kritisiert.

„Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren – in keiner,“ sagt er und wirft dabei „hier lebende Muslime“, die gegen den Tod ihrer Freunde und Angehörigen protestieren, „Teile der politischen Linken“, die sich gegen Kolonialismus und Unterdrückung wenden, und die tatsächlichen Antisemiten von der AfD, die „den Zweiten Weltkrieg, das Nazi-Regime als ‚Fliegenschiss‘ relativieren“, in einen Topf.

Er droht jedem, der sich gegen den Genozid an den Palästinensern wendet, mit „einer harten politischen Antwort“. Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft droht er mit dem Verlust ihres Aufenthaltsstatus, Flüchtlingen, die noch keinen Aufenthaltstitel haben, mit sofortiger Abschiebung. „Hier lebende Muslime“ sollen schutzlos dem Terror von Neonazis ausgeliefert werden. Sie verlören ihren „Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt“, wenn sie sich nicht „klipp und klar von Antisemitismus distanzieren“, sagt Habeck. „Wer hier lebt, lebt hier nach den Regeln dieses Landes. Und wer hierherkommt, muss wissen, dass das so ist und so auch durchgesetzt werden wird.“

Das ist eine Einladung an Rechtsextreme, gewaltsam gegen pro-palästinensische und muslimische Migranten vorzugehen – auch wenn sich Habeck an anderer Stelle scheinheilig von der Hetze gegen Muslime distanziert. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz heizt mit der Parole „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“ diese Pogromstimmung an. Wenn morgen wieder Flüchtlingsunterkünfte brennen, tragen Habeck und Scholz dafür die Verantwortung.

Die Behauptung, wer die Kriegsverbrechen der rechtextremen Netanjahu-Regierung zurückweise, sei Antisemit, ist eine üble Verleumdung – die sich auch gegen Millionen Jüdinnen und Juden in Israel und auf der ganzen Welt richtet. Antisemit ist nicht, wer diese Verbrechen ablehnt, sondern wer das jüdische Volk kollektiv dafür verantwortlich macht.

Wirklicher Antisemitismus von Rechten und Neonazis, wird in Deutschland dagegen nicht nur „toleriert“, sondern staatlich gedeckt und gefördert. So konnten rechtsextreme Netzwerke in Bundeswehr und Polizei ungestört Putschpläne vorbereiten und konnte der NSU unter den Augen des Verfassungsschutzes morden. An der Spitze des Inlandsgeheimdienstes stand mit Hans-Georg Maaßen jahrelang ein Rechtsextremer. Der rechtsradikale Historiker Jörg Baberowski wurde vom gesamten politischen und akademischen Establishment unterstützt, als er Hitler bescheinigte, er sei „nicht grausam“ gewesen. Und die AfD, die den Genozid in Gaza enthusiastisch unterstützt, wird von sämtlichen Parteien in hohe parlamentarische Ämter gewählt.

Israel und „deutsche Staatsräson“

Habeck und die Bundesregierung stellen sich nicht aus Sorge um die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung hinter Israel, sondern weil sie das hochgerüstete Land als Rammbock für ihre imperialistischen Interessen im Nahen Osten nutzen. Der Gaza-Konflikt ist für Berlin und Washington lediglich ein weiteres Schlachtfeld im globalen Krieg um Weltherrschaft, der sich vor allem gegen Russland und China richtet.

„Jüdisches Leben“ ist das letzte, was sie dabei interessiert. Sie sind bereit, Israel ebenso in ein mörderisches Schlachtfeld zu verwandeln, wie sie dies mit dem Irak, Afghanistan, Libyen und zuletzt der Ukraine getan haben.

Habecks Behauptung, „das Schutzversprechen an die Jüdinnen und Juden“ sei „ein historisches Fundament dieser Republik“, ist eine monumentale Geschichtsfälschung.

In Wirklichkeit haben Antisemiten und alte Nazis jahrzehntelang die Politik der Bundesrepublik bestimmt. Der Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, Hans Globke, leitete als Kanzleramtschef Konrad Adenauers zehn Jahre lang die Regierungsgeschäfte. Der Auslandsgeheimdienst, geführt von Hitlers Spionagechef Reinhard Gehlen, versteckte Massenmörder wie Adolf Eichmann und Alois Brunner. KZ-Mörder wurden in Deutschland erst zwanzig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz erstmals vor Gericht gestellt, und das auch nur, nachdem der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer schier unüberwindliche Hindernisse beseitigt hatte. Und noch 1966 wurde mit Kurt Georg Kiesinger ein ehemaliges NSDAP-Mitglied zum deutschen Bundeskanzler gewählt.

Diplomatische Beziehungen zu Tel Aviv nahm die Bundesrepublik erst 1965 auf, zwei Jahre bevor Israel im Sechs-Tage-Krieg die Westbank, den Gazastreifen und die Golanhöhen völkerrechtswidrig besetzte. Wie die USA benutzte nun auch Deutschland das hochgerüstete Israel als Brückenkopf für seine imperialistischen Interessen im ölreichen Nahen Osten.

Auf die Idee, die „Sicherheit Israels“ zur „deutschen Staatsräson“ zu erklären, kam erst Angela Merkel im Jahr 2008. Zu diesem Zeitpunkt war längst klar, dass die israelische Regierung jeden friedlichen Ausgleich mit den Palästinensern sabotierte und deren völlige Vertreibung anstrebte.

Auch Habecks Behauptung, „die Vernichtung des europäischen Judentums“ sei „das Hauptziel des Zweiten Weltkriegs“ gewesen, ist eine grob verfälschende Vereinfachung. Hauptziel des Kriegs war die Eroberung und Unterwerfung der Sowjetunion, um „Lebensraum“ für den deutschen Imperialismus zu schaffen und den Kommunismus zu zerschlagen. Deshalb unterstützten die wirtschaftlichen und militärischen Eliten Hitlers Pläne, auch wenn sie seinen fanatischen Antisemitismus nicht alle in vollem Umfang teilten. Hitlers eigener Antisemitismus war stark davon bestimmt, dass zahlreiche Kommunisten und Sozialisten Juden waren.

Die systematische Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung begann an der Ostfront im Rahmen eines gezielten Vernichtungskriegs, dem über 25 Millionen Sowjetbürger zum Opfer fielen, die Mehrheit davon Nicht-Juden. Erst jetzt, unter den Bedingungen des Krieges, konnten die Nazis ihre Pläne, die Juden physisch auszurotten, auch im Westen im industriellen Maßstab verwirklichen.

Heute verfolgt Deutschland in der Ukraine wieder ähnliche Ziele wie einst Hitler und die Wehrmacht. Es blockiert jede Verhandlungslösung und heizt den Krieg mit riesigen Waffenlieferungen an, um Russland zu unterwerfen und unbeschränkten Zugang zu seinen gewaltigen Ressourcen zu erhalten. In Kiew stützt es sich dabei auf ein Regime, das Nazi-Kollaborateure und antisemitische Massenmörder wie Stepan Bandera und Roman Schuchewytsch verehrt, ihnen Denkmäler errichtet und Straßen nach ihnen benennt.

Den Genozid an den Palästinensern unterstützen Habeck und die deutsche Regierung nicht aus Sorge um „Israels Sicherheit“, sondern aus den gleichen imperialistischen Motiven. Sie, und nicht die Gegner des Genozids an den Palästinensern, stehen in der Tradition des Naziregimes.

Habeck und die Verwandlung der Grünen

Robert Habeck verkörpert die Verwandlung der Grünen aus einer kleinbürgerlichen Protestpartei in eine Stütze des deutschen Imperialismus. Er promovierte in Literaturwissenschaft und war als Schriftsteller tätig, bevor er unter heftigem Einsatz seiner Ellbogen politisch Karriere machte. Er ist der Prototyp des wohlhabenden deutschen Kleinbürgers, der sich tolerant, weltoffen und umweltfreundlich gibt, solange seine eigene privilegierte Stellung nicht gefährdet ist, und sich in eine Furie verwandelt, wenn dies eintritt.

Die Grünen sind heute nicht nur die deutsche Kriegspartei Nummer eins, sondern auch die Wirtschaftspartei Nummer eins. Wirtschaftsminister Habeck schenkt den Großkonzernen Milliardensummen, während die Sozial- und Bildungsausgaben gnadenlos zusammengestrichen werden. Allein der Intel-Konzern (Jahresgewinn 20 Milliarden Dollar) kassiert zehn Milliarden Euro an Steuergeldern, damit er in Magdeburg eine neue Chip-Fabrik baut.

Kein Wunder also, dass Habeck nun gerufen wurde, um angesichts wachsender Opposition gegen die Gräueltaten der israelischen Armee die Kriegsverbrechen im Nahen Osten zu rechtfertigen. Er versteht es wie kein zweiter, mit sorgengefurchter Stirn und seufzender Stimme innere Zerrissenheit zu mimen, während er die nächste Schandtat vorbereitet. Er spricht allen „kultivierten“ Kleinbürgern aus der Seele, die bereit sind, zehntausende palästinensische Frauen und Kinder zu ermorden und Deutschland wieder „kriegstüchtig“ (Verteidigungsminister Pistorius) zu machen, dabei aber ihr gutes Gewissen bewahren und – wie es SS-Führer Heinrich Himmler einst vor KZ-Schergen ausdrückte – „anständig bleiben“ wollen.

Doch je enger die politischen Parteien zusammenrücken, desto stärker isolieren sie sich von der Masse der Bevölkerung. Auf der ganzen Welt gehen Menschen aller Nationalitäten, Religionen und Ethnien auf die Straße, um den Völkermord an den Palästinensern anzuprangern, darunter auch viele Jüdinnen und Juden. Die große Mehrheit der Weltbevölkerung ist gegen den israelischen Völkermord in Gaza.

Die Regierungen in Berlin, Washington und Tel Aviv lassen sich nicht von ihrem blutigen Kurs abbringen. Der Kampf gegen den Völkermord in Gaza muss mit dem Kampf der Arbeiter auf der ganzen Welt gegen Ausbeutung und Ungleichheit verbunden und zu einer internationalen sozialistischen Bewegung entwickelt werden. Für diese Perspektive kämpfen die Sozialistische Gleichheitspartei und das Internationale Komitee der Vierten Internationale.

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