UN fordern Waffenstillstand, während Israel Gaza mit Meerwasser flutet

Die Abstimmung in der UN-Vollversammlung am Dienstag [Photo: United Nations]

Am Dienstag hat eine überwältigende Mehrheit der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen Waffenstillstand im Gazastreifen gefordert. Die USA, die weltweit führenden Unterstützer von Israels Völkermord, stimmten gegen die Resolution.

Insgesamt votierten 153 Mitgliedsstaaten für den Waffenstillstand. Die zehn Gegenstimmen kamen von den USA, Israel und mehreren kleineren Staaten – Österreich, Tschechien, Guatemala, Liberia, Mikronesien, Nauru, Papua-Neuguinea und Paraguay. Großbritannien, Deutschland und Italien enthielten sich.

Der Präsident der UN-Vollversammlung, Dennis Francis aus Trinidad und Tobago, unterstützte die Resolution und erklärte: „Momentan erleben wir einen Angriff auf Zivilisten, den Zusammenbruch der humanitären Hilfe und eine tiefe Missachtung des Völkerrechts. ... Selbst im Krieg gibt es Regeln, und es ist zwingend notwendig, dass wir jedes Abweichen von diesen Prinzipien und Werten verhindern.“

Er wies darauf hin, dass Tausende von Frauen und Kindern ermordet wurden, und dass „noch mehr durch die unablässige Gewalt vertrieben wurden und nirgendwo – ich wiederhole, nirgendwo – einen sicheren Zufluchtsort haben“.

Avril Benoît, die geschäftsführende Direktorin von Ärzte ohne Grenzen, erklärte zu der Abstimmung: „Heute stand die Mehrheit der Welt zusammen, um ein Ende dieses Blutvergießens und des Leidens in Gaza zu fordern. Die Vereinigten Staaten haben erneut für eine Fortsetzung des Massakers an Zivilisten in Gaza gestimmt. ... Die USA sind zunehmend isoliert in ihrer unerschütterlichen Unterstützung eines Krieges, der keine Regeln und keine Grenzen zu haben scheint.“

Die Resolution ist jedoch nicht bindend. Sie ermöglicht es Israel, weiterhin täglich hunderte Palästinenser zu ermorden, und den USA, diesen Völkermord mit Geld, Waffen und Logistik zu unterstützen. Am Montag demonstrierte Israel seine Missachtung, indem es bei einem weiteren Kriegsverbrechen eine Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA im Norden des Gazastreifens in die Luft sprengte.

Noch katastrophalere Folgen könnte die Tatsache haben, dass Israel begonnen hat, Meereswasser in den Gazastreifen zu pumpen, mit dem erklärten Ziel, unterirdische Tunnel und Strukturen zu fluten. Die Netanjahu-Regierung hat erklärt, die Geiseln würden in unterirdischen Tunneln festgehalten, doch Präsident Joe Biden behauptete am Dienstag, ihm sei gesagt worden, Israel würde keine Tunnel fluten, in denen Geiseln festgehalten werden.

Abgesehen davon, dass Israel möglicherweise seine eigenen als Geiseln gehaltenen Bürger ertränkt, wird die Einleitung von riesigen Mengen Salzwasser in den Gazastreifen auch katastrophale gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen für die Enklave und ihre Bewohner haben.

Ein beträchtlicher Teil des Wassers wird wahrscheinlich in Gazas unterirdische Grundwasserspeicher eindringen und könnte die Wasservorräte vergiften. Das Salzwasser könnte zudem massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben, da ein hoher Salzgehalt im Boden für Pflanzen giftig ist.

Bei einem Treffen mit Familien der in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: „Es ist derzeit nicht möglich, sie alle zurückzubringen.“ Daraufhin erklärten die Familien ihm, sie seien der Meinung, dass die Flutung der Tunnel zum Tod der Geiseln führen würde.

Biden antwortete am Dienstag auf die Bitte nach einem Kommentar zur Flutung der Tunnel: „Es [werden] Beteuerungen abgegeben, dass ... sich in diesen Tunneln keine Geiseln befinden, allerdings weiß ich das nicht sicher.“ Bei seinen Ausführungen sprach Biden von Israels „wahllosen Bombenangriffen“ und widersprach damit den wiederholten Falschbehauptungen seiner Regierung, Israel würde Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza ergreifen.

Biden gab auch zum ersten Mal zu, dass Elemente in der israelischen Regierung gezielte Angriffe auf die gesamte Zivilbevölkerung des Gazastreifens fordern: „Ben-Gvir und seine Leute, und die Neuen... sie wollen nicht nur Vergeltung, die sie dafür bekommen sollten, was die Palästinenser – die Hamas – getan hat, sondern Vergeltung gegen alle Palästinenser.“

Doch trotz dieser Eingeständnisse erklärte Biden kategorisch, dass die USA Israel in jedem Fall unterstützen würden: „Inzwischen wird niemand davon abrücken, Israel alles zu liefern, was es braucht, um sich zu verteidigen und die Sache zu Ende zu bringen.“

Die amerikanische UN-Botschafterin, Linda Thomas-Greenfield, kündigte an, dass die USA gegen einen Waffenstillstand im Gazastreifen stimmen würden, und erklärte: „Momentan wäre jeder Waffenstillstand bestenfalls vorübergehend und schlimmstenfalls gefährlich. ... Israel hat, genau wie jedes andere Land der Welt, das Recht und die Verantwortung dafür, seine Bevölkerung gegen Terrorakte zu verteidigen.“

Am Montag stieg die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen laut dem Gesundheitsministerium von Gaza auf 18.205 an, wobei weitere 7.000 Personen vermisst werden. Etwa 70 Prozent der Toten sind Berichten zufolge Frauen und Kinder.

Die Vereinten Nationen warnten, dass Krankheiten unkontrolliert grassieren:

Berichten zufolge hat die Ausbreitung von Krankheiten im Gazastreifen zugenommen, vor allem aufgrund der beengten Wohnbedingungen, was zu einer zusätzlichen Belastung des zunehmend überforderten Gesundheitssystems und einem erhöhten Sterberisiko für die Menschen führt. Am 12. Dezember erklärte der Sprecher [des Gesundheitsministeriums] in Gaza, das Ministerium habe 360.000 Fälle von Infektionskrankheiten in Unterkünften dokumentiert, wobei die tatsächliche Zahl vermutlich noch höher ist.

Die UN fügten hinzu, dass „Fälle von Meningitis, Gelbsucht, Eiterflechte, Windpocken und anderen Infektionen der oberen Atemwege gemeldet wurden. ... Zudem kündigte der Direktor des Abu-Youssef-An-Najjar-Krankenhauses in Rafah an, dass... sich Durchfall und Grippe unter den Binnenvertriebenen in Rafah ausbreiten.“

Am Dienstag tauchten in den sozialen Netzwerken Bilder auf, die zeigen, wie israelische Truppen Zivilisten aus dem Gazastreifen, die nur mit Unterwäsche bekleidet sind, als menschliche Schutzschilde bei ihrem Vormarsch in städtische Gebiete benutzen.

Der israelische Kommunikationsminister schrieb derweil in einer Erklärung auf Twitter: „Wir werden niemals die Errichtung eines weiteren Staates zwischen dem Jordan und dem Meer dulden.“ Damit machte er deutlich, dass Israel die vollständige Annexion der palästinensischen Gebiete anstrebt, mit der unausgesprochenen Prämisse, dass die derzeitigen Bewohner entweder getötet oder vertrieben werden.

Trotz des überwältigenden Votums der Vereinten Nationen sind Israel und die USA entschlossen, ihren Völkermord in Gaza fortzusetzen. Alle imperialistischen Mächte, darunter Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich, erklärten ihre Unterstützung für Israels „Recht auf Selbstverteidigung“ und leisten Israel wichtige militärische, logistische und politische Unterstützung.

Das Massaker kann nur beendet werden, wenn die Massenproteste gegen den Völkermord ausgeweitet werden. Die Bewegung muss sich auf die Arbeiterklasse orientieren und für eine sozialistische Perspektive kämpfen. Die World Socialist Web Site schrieb dazu in ihrer jüngsten Erklärung der Redaktion:

Den Völkermord in Gaza zu stoppen, ist die Aufgabe der Arbeiterklasse. Die Arbeiter sollten den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften unterstützen, kein für Israel bestimmtes Kriegsmaterial zu transportieren. Die weltweiten Demonstrationen von Millionen von Menschen gegen den Völkermord müssen ausgeweitet und mit einer sozialistischen Perspektive ausgestattet werden.

Der Kampf zur Beendigung des israelischen Völkermordes in Gaza muss geführt werden als Kampf gegen die imperialistischen Regierungen, die dafür verantwortlich sind, und gegen das kapitalistische System, dessen Barbarei der Welt auf abscheuliche Weise vor Augen geführt wird.

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