Washington droht China wegen Hilfe für Russland im Ukrainekrieg

Angesichts des drohenden Debakels im Krieg mit Russland in der Ukraine drohen Vertreter der US-Regierung China mit schwerwiegenden Konsequenzen, sollte Russland das von der NATO unterstützte ukrainische Regime besiegen.

Der stellvertretende US-Außenminister Kurt Campbell im Kapitol in Washington im Dezember 2023 [AP Photo/Mariam Zuhaib]

Der stellvertretende US-Außenminister Kurt Campbell machte am Mittwoch in einer Rede vor dem Nationalkomitee zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen den Handel Chinas und Nordkoreas mit Russland für die russischen Siege verantwortlich. Er erklärte, strategische Stabilität in Europa sei „historisch unsere wichtigste Mission.“ Er warnte, die russischen Geländegewinne in der Ukraine könnten „das Kräfteverhältnis in Europa in einer Weise ändern, die, offen gesagt, inakzeptabel wäre.“

Weiter erklärte Campbell: „Wir haben China direkt mitgeteilt, dass es Auswirkungen auf das amerikanisch-chinesische Verhältnis haben wird, wenn es so weitergeht. Wir werden nicht dasitzen und tun, als wäre alles in Ordnung... Wir werden das nicht als eine auf Russland beschränkte Reihe von Aktivitäten ansehen, sondern als gemeinsam von China und Nordkorea unterstützte Aktivitäten. Dies läuft unseren Interessen zuwider.“

Chinesische Regierungsvertreter seien von den ersten Rückschlägen der russischen Armee nach dem Überfall auf die Ukraine 2022 überrascht worden, und hätten „eine ganze Reihe von Kapazitäten“ in Russland aufgebaut. „Ursprünglich handelte es sich um ein defensives Vorhaben. Sie wollten keinen Regimewechsel in Russland... [Doch] Russland hat sich fast vollständig umgerüstet, und stellt jetzt eine beträchtliche Bedrohung für die Ukraine und die umliegende Region dar.“

Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums Mao Ning wies Campbells Äußerungen sofort zurück und erklärte: „China und Russland haben das Recht, in wirtschaftlichen- und Handelsfragen normal zu kooperieren... Diese Art der Kooperation sollte nicht Ziel von Einmischung oder Beschränkungen werden, und China akzeptiert weder Kritik noch Druck.“

Einen Tag zuvor war der russische Außenminister Sergei Lawrow zu freundschaftlichen Gesprächen mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping nach Peking aufgebrochen. Wang erklärte: „Peking und Moskau werden ihre strategische Kooperation auf der Weltbühne weiter ausbauen und sich gegenseitig nachdrücklich unterstützen.“

Lawrow wiederum dankte Peking für die Glückwünsche zur jüngsten Wiederwahl von Präsident Wladimir Putin und erklärte: „Das Wahlergebnis hat das tiefe Vertrauen der russischen Bevölkerung in unseren Staatschef und die derzeitige Innen- und Außenpolitik bekräftigt. Dies gilt nicht zuletzt für die Stärkung der strategischen Wechselbeziehung und die Partnerschaft mit der VR China.“

Die Drohungen der USA gegen China verdeutlichen, dass der Krieg gegen Russland in der Ukraine nur Teil eines Krieges um die Weltherrschaft ist, den die imperialistischen Nato-Mächte auf unkontrollierbare Weise zur Eskalation treiben. US-Regierungsvertreter haben Russland bereits wegen seiner Importe von Artilleriegeschossen und Baumaschinen aus Nordkorea, und von Halbleitern und Kugellagern aus China angegriffen., Diese Drohungen haben sich als wirkungslos herausgestellt, da die ukrainischen Truppen weitere Niederlagen erleiden, während Moskau und Peking ihre Kooperation verstärken. Daher fällt US-Regierungsvertretern keine andere Antwort ein als zu drohen und zu eskalieren.

Der Ukrainekrieg verschärft die militärischen Spannungen in Asien. Letzte Woche hatte Campbell Japan aufgefordert, dem AUKUS-Bündnis (Australien, Großbritannien, USA) beizutreten, da dies als wichtig für einen erfolgreichen Krieg gegen China um Taiwan gelte. Am Donnerstag begann der führende chinesische Abgeordnete Zhao Leji laut der chinesischen Global Times einen dreitägigen Besuch in Nordkorea, bei dem es um eine „Ausweitung der strategischen Kommunikation“ und „tiefgreifende Veränderungen der internationalen Lage“ gehe.

Im Zentrum dieser militärischen Spannungen stehen die Drohungen der USA mit einem Wirtschaftskrieg gegen China. Dabei benutzen sie die weltweit dominante Rolle des US-Dollar, um China durch Sanktionen zu strangulieren, wie es Washington nach dem Rücktritt vom Atomabkommen mit dem Iran getan hatte, um den Iran von Transaktionen in US-Dollar auszuschließen. Die verheerenden globalen Auswirkungen der Isolation Chinas – dessen Wirtschaftsleistung von 17,5 Billionen Dollar beträgt, und das der größte oder zweitgrößte Handelspartner der meisten großen Volkswirtschaften der Welt ist – würden sogar die Auswirkungen der US-Sanktionen gegen den Iran in den Schatten stellen.

US-Finanzministerin Janet Yellen sprach am 8. April bei einer Pressekonferenz in Peking unverhohlen Drohungen gegen China aus: „Präsident Biden und ich sind entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um den Strom von Material für Russlands Rüstungsindustrie zu stoppen, der ihm im Krieg gegen die Ukraine hilft. Wir machen uns weiterhin Sorgen über die Rolle, die Firmen, auch chinesische, in der russischen Militärbeschaffung spielen.

„Ich betonte, dass Unternehmen, auch solche in der VR China, Russland keine materielle Unterstützung für seinen Krieg leisten dürften, da ihnen andernfalls beträchtliche Konsequenzen drohen. ... Banken, die nennenswerte Transaktionen ermöglichen, die zum Austausch von militärischen oder mehrseitig einsetzbaren Gütern für die russische Rüstungsindustrie erleichtern, setzen sich selbst der Gefahr durch US-Sanktionen aus.“

Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete über Yellens Äußerungen: „Amerikas ultimative Waffe gegen Finanzinstitutionen ist die Fähigkeit des Finanzministeriums, ihnen den Zugang zu US-Dollars zu sperren. Das ist für jede international operierende Bank eine existenzielle Bedrohung.“ Die Trump-Regierung hatte Peking im Jahr 2020 während der Unterdrückung der Unabhängigkeitsproteste in Hongkong den Einsatz dieser Waffe angedroht, nachdem sie sie bereits zuvor gegen den Iran angewandt hatte.

China den Zugang zum US-Dollar zu sperren, würde das Land zumindest anfänglich aus einem Großteil des Welthandels ausschließen. Der US-Dollar hat immer noch eine vorherrschende Funktion im internationalen Finanzwesen, auch wenn er nach dem jahrzehntelangen Niedergang der US-Industrie in keinem Verhältnis mehr zum realen wirtschaftlichen Gewicht der USA steht. Ganze 88 Prozent des Welthandels und 60 Prozent der Bankeinlagen werden in US-Dollar berechnet, obwohl die USA im Jahr 2022 nur noch für fünfzehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und acht Prozent der globalen Exporte verantwortlich waren.

Viele Länder versuchen aus Angst vor solchen US-Sanktionen bereits, teilweise den Dollar zu vermeiden. China hat Tauschabkommen ausgehandelt, um den Dollar zu umgehen und chinesische Yuan direkt gegen andere Währungen umzutauschen, u.a. mit Russland, Kasachstan, Brasilien, Argentinien, der Türkei, Pakistan, Saudi-Arabien, Thailand und Laos. Der Umtausch beläuft sich auf 20 Milliarden Yuan (2,76 Milliarden Dollar) pro Tag mit Russland, 190 Milliarden Yuan mit Brasilien, 130 Milliarden Yuan mit Argentinien und 23 Milliarden Yuan mit der Türkei.

US-Sanktionen gegen China würden auch eine Katastrophe für Milliarden von Arbeitern auf der ganzen Welt bedeuten, die von der Verfügbarkeit billiger chinesischer Verbrauchsgüter abhängig sind.

Es ist inzwischen offensichtlich, dass es im Krieg in der Ukraine um mehr geht als nur darum, wer im Februar 2022 den ersten Schuss abgegeben hat. Mehr als 30 Jahre nachdem die stalinistische Bürokratie die Sowjetunion aufgelöst hat, befindet sich der Kapitalismus wieder in einer tödlichen Krise. Im Mittelpunkt stehen die gleichen Widersprüche, die, wie es die großen Marxisten erklärten, die Ursache für die beiden Weltkriege im zwanzigsten Jahrhundert bildeten: die Widersprüche zwischen der Weltwirtschaft und dem Nationalstaatensystem; und der gesellschaftlich organisierten Produktion und der privaten Anhäufung von Profiten.

Washington und seine imperialistischen Nato-Verbündeten haben einen globalen Konflikt angezettelt, um ihren Platz im Gleichgewicht der Kräfte und im internationalen Finanzsystem zu konsolidieren. Die Erklärungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Winter, Frankreich werde möglicherweise Bodentruppen in die Ukraine schicken, um gegen Russland zu kämpfen, verdeutlichen die Gefahr, dass dieser sich anbahnende dritte Weltkrieg zu einem direkten bewaffneten Konflikt zwischen Atommächten führen könnte.

Moskau und Peking haben trotz der russischen Siege in der Ukraine und Chinas immensem Wachstum 45 Jahre nach der Einbindung in die Weltwirtschaft keine Perspektive für ein Ende des imperialistischen Krieges. Die Regimes, die aus der Wiedereinführung des Kapitalismus' in China und der Auflösung der Sowjetunion 1989-1991 durch die stalinistische Bürokratie hervorgingen, sind historisch unfähig, an den Widerstand der Arbeiterklasse gegen Krieg zu appellieren. Stattdessen zeigen die Äußerungen von US-Regierungsvertretern, dass der Imperialismus auf die Erfolge dieser Regimes in dem einen oder anderen Feld mit einer weiteren Verschärfung seiner Provokationen reagiert.

Die einzige Kraft, die den Krieg beenden kann, ist die Arbeiterklasse, wenn sie sich in einer internationalen Antikriegsbewegung gegen Kapitalismus und für den Sozialismus mobilisiert.

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