Dieser Bericht über die wachsende Welle von Desertionen ukrainischer Soldaten, den die WSWS von Journalisten der Seite Assembly.org.ua erhielt, dokumentiert den Zusammenbruch der Frontlinien. Individuelle Desertionen sind zwar kein Ersatz für die Entwicklung einer politisch bewussten Bewegung der Arbeiterklasse, deuten aber auf eine zunehmende Antikriegsstimmung in der breiten Masse der ukrainischen Bevölkerung hin, die von den imperialistischen Mächten in einem Stellvertreterkrieg gegen Russland verheizt wird. Die Journalisten, die von dem diktatorischen Selenskyj-Regime in den Untergrund gezwungen wurden, bitten um Spenden zur Unterstützung ihrer Arbeit über diesen Link.
Mit Anbruch des Herbsts hat sich für die Ukraine die Lage an den Fronten verschlechtert. In der Region Donezk wird die Verteidigung täglich schwächer. In der Region Charkiw nähern sich russische Truppen dem Fluss Oskol. In Richtung Kursk haben sie mehrere Siedlungen zurückerobert, obwohl die ukrainische Armee an anderen Stellen weiterhin angreift. Die Siegeseuphorie wurde erneut von Frustration abgelöst, und angesichts der Niederlagen wächst der Druck auf die „Volksfeinde“ im Inland. Noch ist unklar, wer als Nächstes zum Sündenbock gemacht wird. Wir können nur darauf hinweisen, dass der Informationsraum des Landes mittlerweile vom Niedergang der Armee dominiert wird.
Am 11. September veröffentlichte der zweifache Bürgermeisterkandidat und derzeitige Befehlshaber einer Aufklärungseinheit der ukrainischen Streitkräfte, Denis Jaroslawski, eine Videobotschaft, die in den Massenmedien und sozialen Netzwerken auf große Resonanz stieß:
Würde ich Ihnen jetzt die aktuelle Zahl der Fahnenflüchtigen nennen, würden alle großen russischen Social-Media-Accounts über uns lästern: „Schaut euch an, wie viele Deserteure sie haben.“ Sie legen nicht offen, wie viele es bei ihnen sind, und wir dürfen es auch nicht. Aber in meinen Augen ist die Lage sehr erbärmlich. Wir sind bereits von einer Krankheit befallen. Ich möchte nicht sagen, dass wir uns schon im vierten Stadium befinden, wie es in der Onkologie hieße, aber wir sind definitiv im zweiten und gehen zum dritten Stadium über. Es wird schlimmer. Am Anfang hatten wir keine Fälle von Fahnenflucht, weil wir motiviert waren. Ich zum Beispiel habe die ersten drei Monate in einem Freiwilligenbataillon gedient. Wir haben keinen Sold bekommen, nichts, aber es waren Zehntausende wie ich. Weil wir motiviert waren. Motiviert zu siegen. Jetzt befindet sich der Krieg an einem Punkt, an dem nur diejenigen eingezogen werden, die nicht kämpfen wollen. Die Motivierten sind entweder tot oder haben den Krieg satt.
Zwei Tage zuvor, am 9. September, äußerte sich der Kiewer Journalist Wolodymyr Boiko, der in der 101. Brigade der ukrainischen Streitkräfte dient, auf Facebook noch schärfer über die Lage:
Ich habe bereits gesagt und sage noch immer, dass die Zahl der Deserteure bereits bei über 150.000 liegt, sogar nahe an 200.000. Bei der derzeitigen Dynamik ist es möglich, dass es bis zum Dezember 2024 200.000 sein werden. Ich möchte auch betonen, dass die faktische Entkriminalisierung von Fahnenflucht in der nahen Zukunft katastrophale Folgen für die Front haben wird ... Heute werden Verstöße gegen die Ordnung des Militärdiensts gar nicht mehr untersucht; Deserteure werden nicht gesucht. Deshalb konnte sich das Problem zweieinhalb Jahre lang entwickeln, und jetzt stecken wir in einer Sackgasse. So viele Deserteure können wir unmöglich verfolgen, wir können sie nicht einmal finden. Deshalb hat [der Leiter des Präsidialamtes] Andrij Jermak (gesegnet sei sein Name!) beschlossen, dass statt der Deserteure Leute von der Straße eingefangen und an die Front geschickt werden sollen. Aber das hilft nichts. Die Mobilisierten gehen wieder nach Hause, nachdem sie in die Militäreinheiten aufgenommen wurden. Nur wenige kehren zurück. Erstens ist es technisch unmöglich – nach der Einleitung eines Strafverfahrens wird der Deserteur von den Personallisten gestrichen und kann nur über die TRZ [territoriale Rekrutierungszentren, d. h. Anwerbebüros] wieder aufgenommen werden. Zweitens war das nicht der Grund, warum der Deserteur die Einheit verlassen hat und nach Hause gegangen ist. Außerdem hat jetzt die Massendesertion begonnen, weil die Leute gemerkt haben, dass es möglich ist und ihnen keine Strafe dafür droht.
Der Charkiwer Menschenrechtsaktivist und Militäranwalt Roman Lichatschjow nannte am 26. September eine ähnliche Zahl von mehr als 100.000 Personen, die von ihren Einheiten geflohen sind. Ihm zufolge geht es bei einigen dieser Fälle um Gruppen von 20 bis 30 Personen. Am 3. Oktober erwähnte derselbe rechtsgerichtete Blogger Boiko die folgende Geschichte, als er die Gründe für den Fall von Ugledar (ukrainische Schreibweise: Wuhledar) im Süden des Donbass analysierte:
Was in den letzten Tagen in Wuhledar passiert ist, nennt man gemeinhin einen lokalen Zusammenbruch der Front. Der chaotische Rückzug der Reste der 72. eigenständigen mechanisierten Brigade, die noch immer keinen Befehl zum Rückzug erhalten, aber trotzdem die Stadt nach monatelanger erfolgreicher Verteidigung innerhalb von drei Tagen geräumt hat, gehört zu den Dingen, vor denen ich seit Januar 2024 immer wieder gewarnt habe. Es wird nur noch schlimmer werden ... Hier haben wir zum Beispiel Informationen über die letzte Auffrischung der 72. Brigade vor der Kapitulation von Wuhledar. Die Brigade hat 50 neue Rekruten bekommen, die meisten im Alter zwischen 52 und 56 Jahren. 30 von ihnen wurden sofort in Einheiten und Krankenhäuser im Hinterland geschickt, weil sie aus Gesundheitsgründen nicht für den Dienst an der Front geeignet waren (die Rekrutierungsstelle hat einen Mobilisierungsplan umgesetzt und die Kranken mobilisiert). Von den verbliebenen 20 sind 16 am zweiten Tag desertiert. Das bedeutet, dass von 50 Soldaten nur vier an ihre Posten geschickt wurden; und nach der ersten Rotation sind auch die desertiert. Und so sieht es an der ganzen Front aus.
Ebenfalls am 3. Oktober protestierten in Wosnessensk in der Region Nikolajew/Mykolajiw etwa 100 Soldaten des187. Bataillons und der 123. Territorialverteidigungsbrigade der ukrainischen Armee. Sie weigerten sich, Kampfeinsätze durchzuführen, und verließen unerlaubt ihre Einheiten, statt die 72. Brigade zu unterstützen. Sie erklärten, ihnen würden die Ausbildung und die Waffen fehlen, um sich an den Kämpfen zu beteiligen. Ein Zugführer namens Sergei erklärte im staatlichen Fernsehen: „Ich habe immer wieder Anträge gestellt, auch an meine Abteilung, für die ich verantwortlich bin. Ich habe um PKMs, Maschinengewehre, gebeten und gehört: ‚Wir haben keine und können keine beschaffen.‘ Und was wird dann mit dem Donbass passieren?“ Einen Tag zuvor hatte sich der 33-jährige Igor Grib, Befehlshaber des 186. Bataillons in dieser Brigade, mit eigener Hand erschossen, weil das Bataillon seine Stellungen nahe Ugledar verlassen hat (was zum endgültigen Verlust der Stadt führte). Wolodymyr Boiko schreibt über den Selbstmord des Oberstleutnants: „Als sich die Soldaten zerstreuten, hörten sie einen Schuss.“ Am 4. Oktober fand in Perwomajsk, der Heimatstatt des inhaftierten Trotzkisten Bogdan Syrotjuk, eine Abschiedszeremonie für den Offizier statt.
Wir schrieben im Sommer [hier auf Russisch und hier auf Englisch], dass die Deserteure früher meistens nicht aus dem Krankenhaus oder aus dem Urlaub zurückkehrten. Mittlerweile verlassen die Soldaten sofort ihre Positionen und verschwinden – auch ohne Beschuss. Ein Ausbilder der 59. motorisierten Infanteriebrigade, die nahe Pokrowsk kämpft, sprach darüber am 11. September mit der Deutschen Welle.
Am 15. September schrieb auch einer der größten ukrainischen Nachrichtensender, die offiziellen Statistiken über Fahnenflucht seien zu niedrig. Ein Hauptmann der Streitkräfte erklärte den Journalisten:
Fahnenflüchtige und Wehrdienstverweigerer werden aus dem Personal gestrichen. Sie verschwanden einfach und fehlten länger als zehn Tage. Oder sie weigerten sich, an die Front zu gehen. Gegen die meisten Fahnenflüchtigen und Leute, die sich weigern zu kämpfen, wird kein Verfahren eingeleitet, die Kommandanten schreiben keine Berichte. Weil das der Gesamtstatistik der Einheit schadet und die Führungsqualifikation des Kommandanten und seine Fähigkeit die Moral zu wahren in Frage stellt. Deshalb wird das betreffende Kontingent stillschweigend aus den Listen entfernt. Es gibt noch eine weitere Nuance: Wenn die Kranken, Straftäter und Verweigerer nicht aus dem Bestand gestrichen werden, dann wird laut den Dokumenten die Einheit nicht aufgefrischt und gilt als einsatzbereit. Aber in Wirklichkeit ist die Einheit nicht einsatzbereit, weil mehr als die Hälfte davon aus Straftätern oder Verwundeten besteht. Straftäter mit Alkohol- oder Gewaltproblemen und Drogensüchtige können jahrelang draußen gehalten werden – niemand braucht sie in Kampfeinheiten. Sie können auch nicht ausgeschlossen werden, also werden sie in Reservekompanien als billige Arbeitskräfte für die Einheiten gehalten. Sie dürfen nur selten nach Hause, werden im Hinterland gehalten. Es gibt in den Reservekompanien für diese Leute keine Sicherheit. Wenn einer flüchtet, dann wird er zuerst gesucht. Dann wird ein Strafverfahren wegen Desertion eingeleitet. Es kommt immer wieder zu Desertionen aus Reservekompanien. Aber einige werden von der Militärpolizei gefangen und nach einer „Umerziehung“ zum Büro des Kommandanten zurückgebracht.
Am 14. September schrieb der Soldat Maxim Bugel auf Facebook, die fehlende Bereitschaft unserer Nachbarn in der Region Sumy (die auch an die russische Region Kursk angrenzt), den Soldaten Unterkunft zu bieten, hätte ihn auf den Gedanken gebracht zu desertieren:
Es bestand Hoffnung, dass sie Geld brauchen würden nach Beginn des Beschusses in Sumy, weil viele Leute geflohen waren und Wohnungen in den Orten mieten mussten, in die sie gingen. Aber die Sterne standen nicht gut. Eine OLX-Ankündigung. Es gibt ein paar Häuser und Wohnungen, aber mit der Nuance, dass sie nur an Familien mit Kindern vermietet werden ... Die Preise wurden gesenkt, aber die Anforderungen nicht. Und heute habe ich erfahren, dass in einem der Wohngebäude in der Siedlung, in der wir jetzt sind, ein Treffen stattfindet, auf dem darüber diskutiert wird, ob man das Militär in das Gebäude lässt. Sie waren sich einig – dass wir unrein sind und nicht in ihrem himmlischen Ort gehören. Im Nachbargebäude haben sie beschlossen, uns reinzulassen. Man spürt das Verlangen, seine Kosaken auf dem Platz zu versammeln und ebenfalls ein Referendum abzuhalten: „Müssen wir sie verteidigen?“, und wenn die Mehrheit dagegen ist, drehen wir uns um und gehen nach Hause. Es wäre interessant, dann ihre Gesichter zu sehen. Wird dann eher Furcht zu sehen sein, oder Freude, dass ein Brudervolk zu ihnen kommt?
Anfang des Monats empörte sich ein bekannter rechter Aktivist darüber, dass die Bewohner eines Hochhauses in Charkiw das Lager seiner Freiwilligeneinheit loswerden wollten, um nicht von Raketen getroffen zu werden.
Wir haben den Artikel mit dem Titel „Im langen heißen Summer haben ukrainische und russische Soldaten bei der Zunahme der Desertionen Rekorde gebrochen“ am ersten Tag nach Herbstbeginn veröffentlicht, was sich als sehr zeitgerecht erwiesen hat (er ist auch in Russisch und Englisch verfügbar). Wir erhielten etwas Feedback von beiden Seiten der Front. Hier ist der vollständige Text der Originalversion aus Diskussionen in lokalen Chats aus Charkiw:
Ich habe eine kleine Beobachtung: Mehrere Bus-Soldaten [Männer, die in Busse getrieben und eingezogen wurden], die sich die ganze Zeit über nicht sehr kritisch über die Behörden geäußert haben, trösten sich jetzt mit dem Gedanken, dass diejenigen weiter oben es besser wissen. Solange man „frei“ ist, bleiben die Gedanken im Rahmen der gesellschaftlichen Hauptströmungen und man hat keine Gelegenheit zum Ausscheren. Sobald man in ein Kollektiv mit festen Aufgaben kommt, sind die Gedanken in vielen Fällen im gleichen Tunnel wie die von allen anderen. Sobald jemand per Bus in ein Kollektiv mit anderen kommt, die ebenfalls per Bus eingezogen wurden, aber sich bereits mit der Situation abgefunden haben, passt er sich mental an sie an, akzeptiert ihre Ansichten und schafft eine Komfortzone (gegen den Strom zu schwimmen ist immer unangenehm). Hier wird er in die Sache hineingezogen und beginnt auch zu denken, alle wären Schurken und Verweigerer, und die Motivation kommt. Bis er ins Gemetzel gerät. Dann kommt die Erkenntnis und oft die Desertion.
Ein Pate und zwei verstorbene Verwandte von mir haben sich in den ersten Tagen des Kriegs freiwillig gemeldet, aber als sie nach Charkiw kamen, haben wir zusammen getrunken, und niemand hat mich als Verweigerer beschimpft. Sie haben vielmehr gesagt, es gebe an der Front nichts zu tun. Einer, auch ein Freiwilliger, ist bereits an Bord. Er hat sich für zwei Wochen gemeldet und ist seit eineinhalb Jahren dabei...
Die Hälfte der Männer in meinem Hof im Bezirk Sloboschanski sind Deserteure. Solange sie sich nicht erwischen lassen, interessiert es niemanden. Es gibt keine Militärstaatsanwaltschaft mehr, die Polizei ist jetzt für Deserteure zuständig, und der ist es egal. Im Frühjahr ist ein Bekannter von mir in der Nachbarschaft aufgetaucht. Er hat in der Region Saporischschja gekämpft. Im Mai kam sein Kommandant und sagte: „Wir werden nach Lipzi [einen der heißesten Orte in der Region Charkiw] verlegt, und dann müssen Sie selbst entscheiden. Wenn Sie weg wollen, lassen Sie halt wenigstens ihr Maschinengewehr da.“ Nun, er hat seine Uniform zurückgelassen und ist jetzt Deserteur. Sie kommen irgendwie durch, wie alle anderen.
Die Abkürzungen für Fahnenflüchtige können in unserer Sprache auch als „Mut, Tapferkeit, Ehre“ gelesen werden
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Am 9. September erhielten wir einen Brief aus Gorlowka, das seit 2014 von der rechtsextremen, von Russland unterstützten „Volksrepublik Donezk“ kontrolliert wurde:
Das Traurigste ist, wenn man anfängt, den Leuten zu sagen, dass sie aus der Armee desertieren und ihre Waffen gegen die Machthaber richten sollen, denn dann machen sie große Augen und sagen: „Soll es etwa wieder wie 1917 werden? Dass Brüder wieder gegen Brüder kämpfen und die Leute vor Hunger geschwollene Bäuche bekommen? Besser, wir halten durch, sonst wird es noch schlimmer.“ Wir haben Fotos der gesuchten Fahnenflüchtigen auf unseren Straßen. Und darunter steht: „Hat die Republik verraten, hat die Kameraden verraten, hat sich selbst verraten.“ Ich habe die Meinung gehört, wir hätten hier viele Deserteure. Aber „viel“ ist ein dehnbarer Begriff. Und wenn sie gefangen werden, wird darüber nicht berichtet.
Am 14. September erschien auf dem Telegram-Kanal „Mobilization DPR“ ein Post darüber, dass in Donezk Soldaten der Einheit 78979 in Richtung Kursk mobilisiert wurden. Sie beklagten sich über die Tyrannei des neuen Kommandanten und seine Drohungen, sie auf Krücken zum Sturm an die Front zu schicken.
Mein Rat: Wenn ihr LEBEN wollt, rennt (oder lasst sie rennen), wenn es geht. ... Niemand, kein Menschenrechtsgremium wird EUCH helfen! Ich habe es versucht! Ich hatte mich noch nicht richtig von meiner Verletzung erholt und wurde bei einem Angriff in den Fleischwolf geworfen. Diese Organisationen haben mich einfach fallengelassen, als ich sie um „Hilfe“ bat. Sie haben mich in eine Einheit abgeworfen, die mich zerstören wollte. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht um meinen Fall gekümmert. Ich muss mein „Leben“ selbst vor Gesetzlosigkeit und Willkür retten und dafür bin ich in den Untergrund gegangen! Sie brauchen einfach keine Soldaten, die nach Verwundungen verkrüppelt sind! Sie zerstören uns - IHRESGLEICHEN - sie machen uns fertig! ... Laut Plan? Laut Zeitplan? Ja?
Darunter kommentierte ein Leser mit anonymem Profil. Nachdem wir ihn privat um Details gebeten hatten, fügte er hinzu:
Es war in Donezk. Ja, ich bin desertiert! Weil ich in einen Fleischwolf geworfen wurde, mich teilweise erholt habe, während mir mein russischer Pass und mein Handy weggenommen wurden und sie mich die ganze Zeit unter bewaffneter Bewachung hielten, mich beleidigten und bedrohten. Aber ich schaffte es zu fliehen. Als ich später bei der Staatsanwaltschaft war, haben sie geschwiegen und mich direkt in eine Militäreinheit gesteckt, wo sie mich umbringen wollten ... Also halte ich mich bedeckt. Meiner Meinung nach wird einem niemand helfen, nicht mal die Staatsanwaltschaft. Alle anderen in meiner Einheit waren auch erst teilweise wieder gesund, und jetzt sind sie tot.
Im Vergleich zur Übersicht, die die WSWS im Sommer veröffentlichte, haben kollektive und organisierte Desertionen eindeutig zugenommen. Dennoch sollte man sich keine Hoffnungen machen, dass dies bereits eine revolutionäre Situation ist. Die öffentliche Meinung in der Ukraine und Russland konzentriert sich momentan auf die Präsidentschaftswahl in den USA; viele hegen die falsche Hoffnung, ein Sieg Trumps würde die Grundlage für ein schnelles und friedliches Ende des Krieges schaffen. Scheinbar kann nur die Enttäuschung dieser Erwartungen in den Massen das Interesse an einer revolutionären Alternative schaffen. Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Geschichte.