DHL-Streik am Flughafen Halle/Leipzig: Kein Vertrauen in Verdi!

Am Mittwochabend, den 4. Juni, hat ein mehrtägiger Streik bei DHL Hub Leipzig GmbH begonnen. Rund tausend DHL-Beschäftigte haben am Flughafen Halle/Leipzig ihre Arbeit niedergelegt. Am Donnerstagabend machten sie ihrer Wut über die Niedriglohn-Sklaverei in einer Kundgebung Luft. Es ist schon ihr zweiter Warnstreik innerhalb von zwei Wochen.

DHL-Frachtzentrum in Leipzig [Photo by DHL Hub Leipzig]

Der Streik ist Ausdruck einer sehr berechtigten Unzufriedenheit. Die DHL Hub Leipzig- Beschäftigten verdienen bis zu 700 Euro weniger im Monat als vergleichbare Kolleginnen und Kollegen der DHL im Westen. Sie müssen bei Wind und Wetter und hauptsächlich nachts, auch an Sonn- und Feiertagen, die Flieger be- und entladen und das internationale Frachtgut sortieren und weiterleiten, was harte, lange Knochenarbeit bedeutet.

Die aktuelle Forderung lautet: 12 Prozent Lohnerhöhung, bei einer 12-monatigen Laufzeit, doch das Management hat das als „völlig unrealistisch“ zurückgewiesen. Dabei würde dies selbst bei voller Durchsetzung noch nicht einmal die große Lücke schließen, geschweige denn den Nachholbedarf aus der Corona-Zeit und der letzten hohen Inflationsjahre decken.

Allerdings ist der Arbeitskampf bei aller Kampfbereitschaft zum Scheitern verurteilt, wenn er Verdi länger überlassen bleibt. Die Verdi-Führung steht auf der Gegenseite. Ihre Absicht ist, einen unbefristeten Erzwingungsstreik unter allen Umständen zu vermeiden und das Diktat der Geschäftsleitung letztendlich durchzusetzen.

In der kommenden Woche findet am 11. und 12. Juni eine dritte Verhandlungsrunde von Verdi und der Beamtengewerkschaft DPVKOM mit der Geschäftsführung von DHL Hub Leipzig GmbH statt. Und ohne Zweifel ist Verdi bereit, genau wie bei früheren Verhandlungen Reallohnsenkung und lange Laufzeiten zu akzeptieren.

Schon das Tarifergebnis, das Verdi im März 2025 bei der Deutschen Post DHL aushandelte, war eine einzige Provokation: Es beginnt mit einer dreimonatigen Nullrunde, darauf folgen 2 Prozent Lohnerhöhung, unterhalb der Inflationsrate. Gefordert waren 7 Prozent. Statt mit einer einjährigen Laufzeit wurde der Vertrag mit einer zweijährigen Laufzeit abgeschlossen. Den schlechten Abschluss nahm das Post–Management als Ermutigung, um nur zwei Tage später 8000 Stellenstreichungen beim Post- und Paketdienst anzukündigen.

Die Führung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist sorgsam darauf bedacht, die Postbeschäftigten zu spalten und ihre Streiks voneinander zu isolieren. Dies ist der Grund dafür, dass es unterschiedliche Tarifverträge für jeden Bereich gibt, je nachdem, ob es sich um Post & Paket Deutschland, DHL Express, DHL Hub Leipzig GmbH oder ihre Subunternehmer handelt. Damit soll vermieden werden, dass es zu einem gemeinsamen, flächendeckenden Streik kommt. Deshalb wurden die Beschäftigten von DHL Hub Leipzig GmbH, die jetzt für ihren eigenen Haustarif streiken, bei den Post-Tarifverhandlungen vor wenigen Wochen nicht zum Streik aufgerufen.

Wo die Dienstleistungsgewerkschaft steht, hat sie erst vor kurzem bei den Berliner Verkehrsbetrieben BVG unter Beweis gestellt. Mit der jüngsten Einigung, die mithilfe der Schlichter Bodo Ramelow (Linkspartei) und Matthias Platzeck (SPD) zustande kam, hat Verdi ein Ergebnis ausgehandelt, das weit unter der ursprünglichen Forderung liegt und den Reallohnverlust der letzten Jahre bei weitem nicht ausgleicht. Dafür hat sich die Gewerkschaft über ein Votum von 94,5 Prozent der Beschäftigten für unbefristeten Streik hinweggesetzt.

Es ist klar, und die Erfahrungen der letzten Monate zeigen es deutlich: Bessere Löhne und Bedingungen können nur erreicht werden, wenn DHL- und Postarbeiter ihren Kampf den Verdi-Bürokraten aus den Händen nehmen. Sie können ihn letztlich nur gemeinsam, mit Kolleginnen und Kollegen in den anderen DHL- und Post-Filialen und den Stützpunkten im In- und Ausland zusammen, zum Erfolg führen. Dazu ist es notwendig, unabhängige Aktionskomitees zu gründen.

Nur so wird es auch möglich sein, einen Arbeitskampf tatsächlich effektiv zu führen und – nur ein Beispiel – nicht nach der zweiten Streiknacht schon abzubrechen. Als Reaktion auf die Unruhe im Betrieb hatte Verdi einen dreitägigen Streik angekündigt und im selben Atemzug ein Statement publiziert, in dem es heißt: „Der Streik soll mindestens bis in die Nacht zum Freitag andauern“; was aber nur zwei Streiknächte sind.

Zweitens und viel wichtiger: Arbeiter müssen die Streikbedingungen unabhängig überprüfen, insbesondere die bewilligten Notdienste. In den Medien wird ständig über „lebensnotwendige Blutkonserven“ gesprochen, die natürlich weitergeleitet werden müssen. Aber welche „Notfall-Frachtsendungen“ sind da außerdem noch vom Streik ausgenommen? Laut dem Mitteldeutschen Rundfunk werden trotz des Streiks die landenden Frachtflugzeuge alle entladen – warum?

Besonders ist es notwendig, Frachtgüter im Auge zu behalten, die direkt oder indirekt für die Aufrüstung der Bundeswehr, die Kriege in der Ukraine und anderswo und den Genozid in Gaza bestimmt sind. Sie müssen unverzüglich gestoppt werden. Dies muss auch noch nach dem Warnstreik gelten: Es können unmöglich Frachten umgeschlagen werden, die zum Töten von Kollegen und Kolleginnen auf der ganzen Welt bestimmt sind und eingesetzt werden.

Der Kampf gegen Billiglohnarbeit und Ausbeutung ist vom Kampf gegen Krieg nicht zu trennen. Er erfordert zwingend die enge Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen in anderen DHL- und Postbetrieben und der Arbeiterklasse insgesamt. Dies gilt sowohl in Deutschland und Europa als auch auf der ganzen Welt.

Die DHL Group ist ein internationaler Konzern mit den unterschiedlichsten Tochtergesellschaften und Verbindungen weltweit. Ihre Topmanager sind mehrheitlich bei McKinsey ausgebildet; sie stehen den globalen Heuschrecken zu Diensten und werden dafür, einschließlich der Gewerkschaftsbürokraten, fürstlich entlohnt.

Gleichzeitig steht die Post DHL nicht zuletzt in Verbindung mit der italienischen Post – die gerade jetzt ebenfalls bestreikt wird. In Italien findet seit dem 3. Juni ein nationaler Poststreik statt. Und auch dort sind die Postlerinnen und Postler mit der Sabotage der Gewerkschaftsverbände konfrontiert, die den Ausgang des Arbeitskampfs von immer neuen Verhandlungen und „Runden Tischen“ mit der Postbehörde der rechtsextremen Regierung abhängig machen.

Auch in den USA, Kanada und Großbritannien stehen die Postbeschäftigten vor den gleichen Problemen. In diesen Ländern haben sich schon unabhängige Aktionskomitees formiert. Sie haben vor kurzem auf die große Gefahr hingewiesen, die durch die restlose Privatisierung und Zerschlagung der Postdienste droht. Ein kanadischer Postler und Initiator eines Aktionskomitees hat sich in einem Brief direkt an die Postler in Deutschland gewandt und geschrieben:

Wir Postangestellten stellen jeden Tag Briefe, Pakete und Werbesendungen zu, und wir Postangestellten entdecken unsere soziale Macht. Wenn wir mit dem Nationalismus und dem Korporatismus der Gewerkschaften brechen, haben wir eine echte Chance, uns mit anderen Aktionskomitees zusammenzuschließen. Wir werden den Kampf für bessere Arbeitsplätze und Lebensbedingungen in Kanada, Deutschland und auf der ganzen Welt gemeinsam führen und einen internationalen Aufstand der Arbeiterklasse gegen kapitalistische Ausbeutung und Krieg einleiten.

Die World Socialist Web Site und die Sozialistische Gleichheitspartei schlagen vor, in allen DHL-Hubs, Sortierzentren, Stützpunkten und Postfilialen Komitees zu gründen, die von den Gewerkschaftsbürokraten unabhängig sind, um eine breite Bewegung gegen Krieg und Sozialkahlschlag aufzubauen. Die Maxime muss heißen: Leben vor Profite!

Für den Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees in allen Betrieben melde dich per Whatsapp-Nachricht über die Mobilnummer +49 163-3378 340 oder registriere dich über das Formular am Ende dieses Artikels!

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