Wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) in einer Pressemitteilung im November berichtete, ist die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland im Jahr 2024 erstmals auf mindestens 1.029.000 gestiegen. Dieser Anstieg spiegelt direkt die Politik der Regierungen auf Bundes- und Länderebene wider, die den sozialen Kahlschlag vorantreiben, um die wahnwitzige militärische Aufrüstung zu finanzieren.
Im Jahr 2023 lebten in Deutschland 928.000 wohnungslose Menschen – ein Anstieg um 101.000 Personen bzw. 10,9 Prozent innerhalb nur eines Jahres. Noch drastischer war die Entwicklung zwischen 2022 und 2023: Die Zahl der Wohnungslosen stieg von 607.000 auf 928.000, also um 52,9 Prozent.
Dabei ist zu bedenken, dass dies lediglich die offiziellen Zahlen sind. Die Dunkelziffer liegt noch weit höher. Die Hochrechnungen basieren auf der jährlich erscheinenden Wohnungsnotfallberichterstattung aus Nordrhein-Westfalen. Diese Daten berücksichtigen Wohnungslosenquoten auf Ebene der Landkreise, Städte und Kommunen und werden unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahlen auf das Bundesgebiet hochgerechnet.
Von den aktuell über einer Million Wohnungslosen sind rund 840.000 Menschen in der sogenannten Wohnungsnotfallhilfe untergebracht, also in kommunalen Unterkünften. 74 Prozent – rund 765.000 Personen – sind Erwachsene. Rund 26 Prozent der Wohnungslosen sind Kinder und Jugendliche, die überwiegend gemeinsam mit ihren Eltern untergebracht sind. Insgesamt besitzen rund 820.000 Betroffene keine deutsche Staatsbürgerschaft.
Dabei bilden die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit rund 25 Prozent die größte Gruppe. Während die Bundesregierung alles daran setzt, den Krieg gegen Russland zu eskalieren, immer mehr Ukrainer abschiebt und auf die Schlachtbank des Krieges schickt, leben die Flüchtlinge hier unter miserablen Bedingungen.
Bereits unter der Ampel-Regierung wurde ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur militärischen Aufrüstung geschaffen. Die aktuelle Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) verfolgt nun das Ziel, Deutschland zu einer Großmacht auszubauen. Dazu wurde – mit Unterstützung der Linkspartei – ein gigantisches Sondervermögen von einer Billion Euro für militärische Aufrüstung beschlossen. Der Kriegshaushalt für das kommende Jahr sieht eine Erhöhung auf 108 Milliarden Euro vor und soll bis 2029 auf 153 Milliarden Euro anwachsen.
Diese Gelder werden durch soziale Kürzungen finanziert. „Die Wohnungslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland hat einen Höchststand erreicht und ein Ende ist nicht in Sicht“, erklärt Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAGW. „Die Ursachen sind bekannt: zu wenig bezahlbarer Wohnraum, Armut und drohende Kürzungen im sozialen Sicherungssystem.“
Und genau diese Kürzungen werden von Bundes- und Länderregierungen weiter forciert. So stehen immer weniger Mittel für soziale Zwecke zur Verfügung. Die Mieten steigen seit Jahren rasant, Sozialwohnungen verschwinden, und die Armut nimmt kontinuierlich zu. Zählt man die Wohnarmut mit, war im vergangenen Jahr bereits etwa jeder Fünfte in Deutschland von Armut betroffen. Eine kleine Minderheit von nur 0,6 Prozent der Bevölkerung besitzt inzwischen 45 Prozent des Gesamtvermögens. Auch die Zahl der Zwangsräumungen steigt – mit der Folge, dass immer mehr Menschen wohnungslos werden.
Zu den Ursachen von Wohnungslosigkeit zählen Miet- und Energieschulden, Konflikte im Wohnumfeld, Eigenbedarfskündigungen, Trennung bzw. Scheidung sowie notwendige Ortswechsel. Ein zusätzliches Problem sind die erheblichen Kürzungen bei der Wohnungsnotfallhilfe: Laut BAGW sind 17 Prozent der Einrichtungen und Dienste von Kürzungen betroffen oder bedroht. Hinzu kommen geplante Verschärfungen bei Sanktionen in der neuen Grundsicherung. Werden Termine beim Jobcenter versäumt, können Leistungen – einschließlich Mietzahlungen – stark gekürzt oder sogar vollständig gestrichen werden.
Sozialverbände befürchten dadurch eine drastische Verschärfung der Wohnungslosigkeit. Nicht nur durch die bekannten Schikanen der Jobcenter wird es hier zu Leistungskürzungen bei Mietzahlungen kommen. Auch Menschen im Leistungsbezug werden es in Zukunft grundsätzlich schwerer haben, eine Wohnung zu finden. „Denn auch die Vermieter wissen nun: Bürgergeld-Beziehenden eine Wohnung zu überlassen, birgt die Gefahr, dass das Amt die Miete womöglich nicht mehr bezahlt“, so Michaela Engelmeier vom Sozialverband Deutschland (SoVD).
Mehr als ein Drittel aller Mieter wenden schon jetzt über 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für Wohnkosten auf. Rund 6 Millionen Mieter zahlen sogar mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkommens fürs Wohnen. Besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen sind mit 37,5 Prozent extrem überlastet, wie der Mietenreport 2025 des Deutschen Mieterbunds zeigt. Zudem können etwa 6,3 Prozent der Mieter ihre Wohnung nicht ausreichend heizen.
Die Einrichtungen für Wohnungslose werden immer häufiger von erwerbstätigen Menschen aufgesucht. Mittlerweile sind fast 15 Prozent erwerbstätig, im Vergleich zu 2015 ein Anstieg um zwei Prozent.
Die markigen Sprüche von Bund und Ländern, dass bis 2030 die Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit in Deutschland „überwunden“ sein soll, sind der blanke Zynismus. Die Berliner Senatsverwaltung erklärte zuletzt, die sogenannte Bedarfsprognose für Unterkünfte, die derzeit bei rund 55.000 Plätzen liegt, werde bis Ende 2029 mehr als 85.000 betragen. Das entspricht einem Anstieg von 55 Prozent.
1995 existierten in Deutschland noch 2,7 Millionen Sozialwohnungen. Dreißig Jahre später sind es nur noch knapp eine Million. In Berlin sank die Zahl der Sozialwohnungen von 340.000 im Jahr 2000 – durch das Verscherbeln dieser Wohnungen durch die Landesregierung aus SPD und PDS bzw. Linkspartei – auf aktuell nur noch etwa 85.000, also ein Viertel des ursprünglichen Bestands. 2024 gab es in Berlin 2.495 Zwangsräumungen, ein Anstieg um 5,3 Prozent gegenüber 2023 mit 2.369 Zwangsräumungen. Bundesweit stieg die Zahl der Zwangsräumungen im gleichen Zeitraum von 32.669 auf 35.028 im Jahr 2024 (plus 7,2 Prozent).
Für Anfang 2026 haben die kommunalen Wohnungsunternehmen in Berlin für rund 99.000 Haushalte deutliche Mieterhöhungen angekündigt – zwischen 2,5 und 5,5 Prozent.
Die Praktiken der skrupellosen Immobilienunternehmen befeuern die prekäre Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter. Der Immobilienriese Vonovia sieht sich gezwungen, die jüngsten Mieterhöhungen von 15 Prozent zurückzunehmen. Der DAX-Konzern hatte mit frei erfundenen und im Mietspiegel nicht vorgesehenen Merkmalen diese brachiale Erhöhung in zehntausenden Fällen begründet. Zuletzt hatte das Berliner Landgericht die Praxis als rechtlich unzulässig eingestuft. Wie Vonovia allerdings mitteilte, müssen Mieter die unzulässige Erhöhung akzeptieren, wenn sie der Erhöhung schon zugestimmt haben.
