Der Doppelhaushalt für die Jahre 2026 und 2027, den der Berliner Senat mit der Mehrheit von CDU und SPD am heutigen Donnerstag beschließt, bedeutet eine Fortsetzung der drastischen Kürzungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales und Kultur.
Während die Finanzen der Länder geplündert werden, um die horrende Aufrüstung zu finanzieren, und sich die Zahl der Einkommensmillionäre allein in Berlin in den letzten Jahren verdreifacht hat, sollen Arbeiter durch massive Kürzungen dafür bezahlen.
Für die beiden kommenden Jahre sind Ausgaben von knapp 89 Milliarden Euro vorgesehen. Ursprünglich waren mindestens 5 Milliarden Euro weniger geplant, bevor durch einen neuen Kreditrahmen, den der Bund geschaffen hatte, das Budget erweitert werden konnte. Zusätzlich werden Transaktionskredite zu Gunsten der Landesunternehmen aufgenommen, die nicht unter die Schuldenbremse fallen. Diese allein belaufen sich auf rund 2,5 Milliarden Euro.
Obwohl der Haushalt damit höher ausfällt, als in den vorangegangenen Jahren, setzt die Landesregierung den brachialen Sparkurs fort, der in diesem Jahr bereits umgesetzt wurde. Da immer wieder zu Protesten gegen die Kürzungspolitik kommt, hatte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im November erklärt, man wolle 160 Millionen Euro umschichten und zahlreiche Kürzungen dadurch vermeiden. Doch das ist nichts weiter als Augenwischerei.
Tatsächlich sind die Einsparungen drastisch, und schon heute zeigen sich die Auswirkungen der Kürzungen im Volumen von 3 Milliarden Euro, die in diesem Jahr eingespart wurden. In den nächsten zwei Jahren wird sich dies weiter verschärfen.
Im Bildungsbereich setzte der Senat den Rotstift an. Für 2025 wurde den Hochschulen eine Sparauflage von 145 Millionen Euro aufgezwungen, die in den Folgejahren weiter fortgesetzt wird.
An der Technischen Universität stehen 18 Fachbereiche vor dem Aus, an der Freien Universität sind es 14. Zehntausende Studienplätze, Dutzende Professuren und hunderte Stellen in der Verwaltung werden eingespart.
Das Wegfallen von Studienplätzen bedeutet auch, dass weniger Lehrkräfte ausgebildet werden. Künftig werden es jährlich rund 300 Lehrkräfte weniger sein, und schon heute kann der Bedarf nicht gedeckt werden. Laut der Gewerkschaft GEW sind 1300 Vollzeitstellen nicht besetzt.
Die Kürzungen im Gesundheitsbereich sind ebenfalls enorm. Alleine die Berliner Charité erhält 56 Millionen Euro weniger Zuschüsse für 2026. Im Klinikbereich fallen die Kürzungen mit den Sparmaßnahmen des Bundes zusammen. Diese sehen Kürzungen von 1,8 Milliarden Euro bei den Kliniken vor, was immer mehr Krankenhäuser in den finanziellen Ruin und in die Schließung treiben wird.
Erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass die Schlosspark-Klinik in Berlin-Charlottenburg aufgrund von Insolvenz im April kommenden Jahres schließen wird. Lediglich zwei von neun Abteilungen werden von einem anderen Träger weitergeführt. Zu den daraus resultierenden Entlassungen gibt es noch keine konkreten Angaben.
Im Kulturbereich wird der beispiellose Kahlschlag mit dem Haushalt 2026/27 fortgeschrieben. In diesem Bereich stehen Kürzungen von 110 Millionen Euro an. Gerade kleinere Einrichtungen und freie Kunstschaffende sind betroffen. Die großen Bühnen der Stadt sind gezwungen, die Ticketpreise massiv anzuheben, was Kultur immer mehr zu einem Privileg für Besserverdienende macht. Die Komische Oper erhöhte die Preise um 10 Prozent, die Volksbühne sogar um 11 Prozent.
Die Kürzungen im Bereich Soziales treffen die Schwächsten der Gesellschaft. Beispielhaft dafür ist die Preiserhöhung für das Sozialticket des Öffentlichen Nahverkehrs. Nachdem der Preis am 1. April von 9 auf 19 Euro erhöht wurde, wird er im Zuge des Doppelhaushalts zum 1. Januar 2026 sogar auf 27,50 Euro steigen. Diese erneute Anhebung wird für viele, die schon jetzt nicht mehr über die Runden kommen, nicht zu finanzieren sein.
Weiter fallen mehrere Millionen Euro für soziale und psychosoziale Hilfsangebote den Sparmaßnahmen zum Opfer. Im Bereich der Wohnungslosenhilfe werden Projekte für Wohnungslose, wie „Housing first“, oder spezielle Beratungsstellen massiv beschnitten oder weggekürzt.
Schon jetzt sind die Notunterkünfte und Beratungsstellen mit der ständig steigenden Zahl von Wohnungslosen heillos überfordert, die durch die enge Zusammenarbeit des Berliner Senats mit der Immobilienlobby stetig befeuert wird. Waren es im vergangenen Jahr nach offiziellen Angaben noch knapp 48.000 Wohnungslose, könnte deren Zahl bis 2029 auf über 114.000 ansteigen.
Wie hart die Maßnahmen für viele Beschäftigte sind, macht der für Donnerstag geplante Protest von Beschäftigten freier Träger im Sozialbereich deutlich. Diese erhalten, trotz gleicher Tätigkeit, durchschnittlich bis zu 20 Prozent weniger Gehalt und keine Hauptstadtzulage wie ihre Kollegen im Öffentlichen Dienst.
Unter dem Motto „Sickout statt Burnout“ wollen sie einen wilden Streik organisieren, um gegen die Kürzungen zu protestieren. „Wir sehen keinen anderen Ausweg mehr“, erklärt eine Beschäftigte gegenüber der Tageszeitung ND. „Wir haben vor dem Roten Rathaus protestiert, Brandbriefe geschrieben, aber es wird sich nichts ändern, solange wir das weiter mit uns machen lassen“.
Der Protest soll am selben Tag stattfinden, an dem auch die Gewerkschaften, zu einem Warnstreik der Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder aufgerufen haben. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ruft zusammen mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Gewerkschaft der Polizei und der IG BAU zu einer Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus auf.
Bei einer Protestaktion soll auch der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke sprechen. „Mit der Kundgebung machen wir deutlich, dass wir es nicht akzeptieren, dass gute Löhne gegen eine gute Daseinsvorsorge ausgespielt werden“, sagte die Verdi-Landesbezirksleiterin von Berlin-Brandenburg, Andrea Kühnemann.
Aber das sind nur leere Phrasen. Tatsächlich arbeiten die Gewerkschaften eng mit den Berliner Senatsparteien und auf Bundesebene mit der Merz-Regierung zusammen, um die Kürzungen gegen die Beschäftigten durchzusetzen.
Die zahnlosen Trillerpfeifen-Proteste und kaum spürbaren Warnstreiks sind nur allzu bekannt. Sie sind lediglich die Begleitmusik für den Ausverkauf, bei dem am Ende – wenn überhaupt – nur ein Bruchteil der Forderungen herauskommt und der nicht selten mit einer Reallohnsenkung endet.
Verdi und der Deutsche Beamtenbund (dbb) fordern in der Tarifrunde der Länder sieben Prozent mehr Lohn, mindestens 300 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeber wiesen dies umgehend als unbezahlbar zurück.
Während in allen Bereich gekürzt wird, wird der Sicherheitsapparat auch mit dem Doppelhaushalt weiter großzügig aufgestockt. Recherchen der Gruppe Justice Collective haben ergeben, dass das Polizeibudget im Haushalt nicht nur das Budget für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung übersteigt, sondern auch mehr als doppelt so groß ist wie jenes für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Ausgaben für die Polizei Berlin sind in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten stetig erhöht worden, von knapp 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf über 2 Milliarden im Jahr 2024. Aus dem Bericht geht hervor, dass inzwischen die Zahl der in Berlin beschäftigten Polizeibeamten im Verhältnis zur Bevölkerung höher ist als in New York City. In Berlin kommen auf 100.000 Einwohner 723 Polizisten, in New York 556.
Zum Vergleich dazu: Im öffentlichen Dienst wurden in der Kinder- und Jugendhilfe zwischen 2013 und 2023 mehr als die Hälfte der Beschäftigen eingespart.
Bezeichnend dabei ist, dass gerade in den Legislaturperioden von Rot-Rot-Grün die Aufstockung der Polizei besonders stark war. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass auch die Linke „wiederholt zusätzliches Polizeipersonal sowie mehr Ausstattung für die Polizei“ einforderte. Dies macht deutlich, dass die Kritik der Linken am Haushalt völlig verlogen ist. Ebenso wie CDU und SPD stehen sie für Sozialabbau und Aufrüstung.
So hat die Partei auch den Eine-Billionen-Euro-Kriegskrediten im Bundesrat zugestimmt und treibt das Geld ebenso wie der Berliner Senat in den Landesregierungen, an denen sie beteiligt ist, durch Kürzungen wieder ein. Nicht angetastet werden hingegen die immer weiter steigenden Vermögen der Superreichen. Allein in Berlin hat sich die Zahl der Einkommensmillionäre zwischen 2012 und 2022 von 494 auf 1491 mehr als verdreifacht. Die meiste dieser Zeit war die Linkspartei an der Regierung beteiligt.
Die heftigen sozialen Angriffe, die auf der Tagesordnung stehen und mit denen die wahnwitzige Militarisierung und die Bereicherung der Reichen finanziert werden soll, wird auf Gegenwehr in der Bevölkerung treffen. Deshalb wird der Polizeiapparat ausgebaut und mit immer mehr Vollmachten versehen.
Um gegen die Kürzungen zu kämpfen, müssen sich Arbeiter unabhängig von den Gewerkschaften und der Linkspartei in Aktionskomitees organisieren, die sich über alle Branchen- und Ländergrenzen hinweg zusammenschließen und der Profitlogik die Interessen der Beschäftigten entgegenstellen.
