Socialist Equality Party (Großbritannien)
Historische und internationale Grundlagen der Socialist Equality Party (Großbritannien)

Die Thatcher-Regierung

205. Unter Thatcher versuchte die Bourgeoisie, Großbritanniens globalen Abstieg aufzuhalten, indem sie die produzierende Industrie zerstörte und die City von London deregulierte, um ihre Möglichkeiten auszuweiten, auf globalen Märkten zu spekulieren. Während sie versuchte, einen Teil der Mittelschichten mit den Früchten der Spekulationsgewinne zu bestechen, was als „Volkskapitalismus“ bezeichnet wurde, machte sie sich ans Werk, den Sozialismus „zurückzurollen“, indem sie die Gewerkschaften ins Visier nahm, den Sozialstaat angriff und imperialistische Interessen aggressiv wahrnahm. Die Reaktion der Gewerkschaften und der Labour Party wurde als „neuer Realismus“ bekannt –Vorstellungen vom Klassenkampf und der Arbeitersolidarität galten als nicht mehr zeitgemäß und der „freie Markt“ wurde zum Allheilmittel ernannt. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Flügel der KP, der sich um das Magazin Marxism Today scharte. Seiner Argumentation nach war Großbritannien eine „post-fordistische Gesellschaft“, in der die Arbeiterklasse zu einer unbedeutenden Kraft geworden war. Er drängte Labour, die „Identitätspolitik“ und die Konsumgesellschaft zu begrüßen und Thatchers Anziehungskraft auf die aufstrebende Mittelklasse nachzueifern.

206. Beginnend mit dem Stahlstreik von 1980, hatten sich der TUC und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften ein ums andere Mal geweigert, politisch offensiv gegen die Regierung vorzugehen. Sie brachen ihr 1982 geleistetes Versprechen, sich den Antigewerkschaftsgesetzen der Tories zu widersetzen und ließen gewerkschaftsfeindliche Aktivitäten in der Druckindustrie und andernorts zu. Zwei Jahre, nachdem Thatcher ihr Amt übernommen hatte, trennte sich die „Viererbande“ – Roy Jenkins, David Owen, Shirley Williams und Bill Rodgers – von der Labour Party, um die Social Democratic Party (SDP) zu gründen. Unter der dem Namen nach „linken“ Führung von Michael Foot, reagierte die Labour Party, indem sie die Militant Tendenz ausschloss, um ihre anti-sozialistische Gesinnung unter Beweis zu stellen. Im April 1982 unterstützte Labour den Falkland/Malvinas-Krieg und half so mit, Thatcher 1983 die Widerwahl zu sichern. In dem Jahr wurde Foot durch Neil Kinnock ersetzt, der sich das Ziel setzte, Labour dem Erscheinungsbild der SDP anzunähern, aber mit der entscheidenden Rückendeckung der Gewerkschaften.

207. Das ganze Ausmaß des Rechtsrucks der Gewerkschaften und der Labour Party zeigte sich während des einjährigen Streiks der Bergarbeiter von1984 – 1985. Um dem militantesten und mächtigsten Teil der Arbeiterbewegung eine vernichtende Niederlage zu bereiten, mobilisierte die Thatcher-Regierung Polizei und Armee zu militärartigen Angriffen, bei denen 20.000 Arbeiter zum Teil krankenhausreif verletzt, 13.000 vorübergehend festgenommen und 200 inhaftiert wurden. Zwei Bergarbeiter, David Gareth Jones und Joe Green, wurden getötet. Eine Streikbrechergewerkschaft, die Union of Democratic Mineworkers (UDM), wurde in Zusammenarbeit mit Teilen der Bürokratie der National Union of Mineworkers (NUM) in Nottingham gegründet, und das Vermögen der NUM wurde beschlagnahmt. Die Labour Party und der TUC hielten die Isolation der Bergarbeiter aufrecht und weigerten sich, auch nur einen einzigen Solidaritätsstreik zu organisieren.

208. Genauso wenig setzte die „Linke“ diesem erbarmungswürdigen Verrat entgegen. Stattdessen stellten Ken Livingstone in London und der von Militant geführte Liverpooler Stadtrat sicher, dass der Kampf gegen einen Angriff der Regierung auf kommunale Dienstleistungen strikt vom Bergarbeiterstreik getrennt gehalten wurde. Die stalinistischen Gewerkschaftsführer, einschließlich denen in der NUM, ließen sich auf regionale Vereinbarungen ein, um Stromversorgung und Stahlproduktion aufrechtzuerhalten und Gewerkschafter forderten Mitglieder auf, Streikposten zu ignorieren. Die Sabotage-Anstrengungen wurden durch die Haltung verstärkt, die der stalinistische NUM-Führer Arthur Scargill einnahm, der die TUC – und die Labour-Führer nicht ein einziges Mal politisch herausforderte.

209. Die WRP baute in den 1980ern intensive politische Beziehungen mit der Gewerkschaftsbürokratie und mit einem Teil der Labour-Linken auf, die vom Führer des Greater London Council, Ken Livingstone, angeführt wurden. Gleichzeitig versteckte sie sich hinter ultra-linker Rhetorik. Zu diesem Zweck bot sie auf den Seiten der News Line eine Amnestie für den schamlosesten Verrat durch die Gewerkschaftsspitzen an. Die Hauptparole der WRP während des Bergarbeiterstreiks war ihre Forderung nach einem vom TUC organisierten Generalstreik. Sie stellte korrekt fest, dass eine solche Bewegung die Machtfrage stellen würde. Daher legte sie nahe, dass das nächste Stadium im Klassenkampf direkt zur Bildung einer „revolutionären Arbeiterregierung“ führen werde und somit jede Notwendigkeit entfalle, über die Rolle der Labour Party zu sprechen. Der opportunistische Kurs der WRP wurde am deutlichsten, als sie sämtliche frühere Kritik an Scargill fallen ließ. Nicht ein einziges Mal versuchte sie, ihn politisch zur Rechenschaft zu ziehen, sondern stellte ihm stattdessen sämtliche Ressourcen der WRP zur Verfügung.

210. Der Bergarbeiterstreik endete mit der de-facto-Zerstörung der Industrie und der Auflösung der NUM. In der nächsten Phase nahm das offen wirtschaftsfreundliche-Gewerkschaftertum nach Art der UDM unter den Mitgliedsgewerkschaften des TUC zu. Kinnock benutzte die Niederlage der Bergarbeiter, um die Umstrukturierung der Labour Party voranzutreiben. Er erklärte, dass der größte Kampf, vor dem die Arbeiterbewegung stehe, der gegen fremdländische marxistische Strömungen, entristische Gruppen und gegen die „Trots“ sei. Er scharte die stalinistischen und der Zeitschrift Tribune nahestehenden „Linken“ um sich und versuchte die Geschäftswelt der Londoner City zu überzeugen, dass sie Labour ihre Interessen anvertrauen könne. Zu den „New-Labour“-Lichtgestalten, deren Stern zu dieser Zeit aufging, gehörte Tony Blair zusammen mit Ex-Stalinisten wie Jack Straw und Peter Mandelsohn. Zu ihnen gesellten sich später Kate Hoey, Alan Milburn und Alistair Darling.

211. Die idealistische Mystifikation des Marxismus durch die WRP erleichterte es ihr, eine im Wesentlichen pablistische Perspektive anzunehmen. Healys 1982 veröffentlichte Broschüre „Studien in dialektischem Materialismus“, wurde zur Grundlage der Bildungsarbeit der Partei. Ihre Rückkehr zu einer Art subjektivistischer idealistischer Philosophie, die Marx in seiner Kritik der linken Hegelianer in den 1840er Jahren überwunden hatte, wurde dazu benutzt, um die konkrete Ausarbeitung revolutionärer Perspektiven zu vermeiden und so das historisch abgeleitete Programm des Trotzkismus zu unterminieren. Begleitet wurde dies davon, dass zunehmend politisch nicht geschulte Jugendliche gegen die älteren Kader ausgespielt wurden – die generell als „abstrakte Propagandisten“ verleumdet wurden.