Wie George W. Bush zu seinen Millionen kam

Über George W. Bushs Tätigkeit bei Harken Energy ist im vergangenen Monat recht ausführlich berichtet worden. Sie ist auch wirklich interessant: Anfang der neunziger Jahre verdiente Bush Hunderttausende Dollar an einem Geschäft, das auffällig dem Insiderhandel und der Bilanzfälschung gleicht, die der Präsident heute zu bekämpfen vorgibt.

Weitaus weniger Aufmerksamkeit richteten die Medien auf die Verwendung der 850.000 Dollar, die Bush aus dem Verkauf seiner Optionen auf Harken-Aktien zog, und auf die Vermehrung dieses Spekulationsgewinns auf jene Gesamtsumme von 15 Millionen Dollar, die heute den Großteil seines Privatvermögens ausmacht. Doch diese Geschichte ist noch entlarvender.

Der Harken-Deal war eine Mini-Version der Bilanzfälschungen bei WorldCom, Enron und anderen Firmen; doch der Kauf und Verkauf des Baseballteams Texas Rangers durch Bush enthüllt weitere charakteristische Züge des amerikanischen Kapitalismus der vergangenen Jahrzehnte: die Plünderung öffentlichen Eigentums zu privatem Nutzen, das Zusammenspiel von politischer und wirtschaftlicher Macht und den Betrug an der amerikanischen Bevölkerung.

Als Bush 1998 abkassierte, machte er auf seine ursprüngliche Investition von 600.000 Dollar einen 2.400-prozentigen Gewinn. Wo kam dieses Geld her und was tat Bush dafür? Bundesweit bekannt wurde die Geschichte durch einen Artikel von Joe Conason für Harpers Magazine im Februar 2000. Ein Bericht der Verbraucherschutzorganisation Center for Public Integrity und die jüngsten Kolumnen von Paul Krugman und Nicholas Kristof in der New York Times vom 16. Juli brachten ergänzende Einzelheiten.

Ein kostenloses Stadion und lukrative Grundstücke

Die gleichen Umstände, die Bush quasi über Nacht vom gescheiterten Ölunternehmer zum reichen Vorstandsmitglied werden ließen - d. h. seine Familienverbindungen und der Wunsch reicher texanischer Geschäftsleute, den Namen Bush zu ihren Zwecken einzusetzen - ermöglichten ihm, einen Anteil an dem Profibaseballteam zu kaufen. Bill De Witt, der Mitbesitzer von Spektrum 7, der einige Jahre früher Bushs Firma gekauft und später an Harken weiterverkauft hatte, bot dem Sohn des damaligen US-Präsidenten die Chance, sich an dem Kauf der Rangers zu beteiligen. 1989 kam es zu einer Vereinbarung, in deren Rahmen sich Richard Rainwater, ein reicher texanischer Finanzier, mit Bush und mehreren anderen Investoren für den Kauf des Teams zusammentat.

Bush selbst besaß damals kein großes Vermögen und erwarb nur einen zwei-prozentigen Anteil, finanziert durch einen 500.000-Dollar-Kredit von einer Bank, in deren Vorstand er selbst einmal gesessen hatte. Bush zahlte diesen Kredit mit dem Gewinn aus dem zweifelhaften Verkauf seiner Harken-Anteile zurück.

Bushs formeller Titel war der eines "Managing Partners". Aber im Wesentlichen sollte er den Verein in der Öffentlichkeit vertreten, und seine hauptsächliche Verantwortung bestand im Besuch der Heimspiele des Baseballteams. Edward Rose, ein weiterer reicher texanischer Investor und Kompagnon von Rainwater, hatte die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins inne.

Zum Zwecke der Wertsteigerung ihres Besitzes hatte ein neues Stadion für die neuen Rangers-Besitzer oberste Priorität. Sie hatten nicht die Absicht, das Stadion selbst zu bezahlen, also drohten sie der Stadt Arlington damit, das Team anderswohin zu verlegen, wenn die Stadt die Zeche nicht begleichen würde. Die Stadtregierung stimmte bereitwillig einem großzügigen Handel zu. Im Herbst 1990 garantierte die Stadt, 135 Millionen Dollar der geschätzten Kosten in Höhe von 190 Millionen Dollar zu übernehmen. Der Rest wurde durch einen Aufschlag auf die Eintrittskarten aufgebracht. So finanzierten die Steuerzahler und die Baseballfans die gesamten Kosten für das Stadion.

Darüber hinaus durften die Besitzer das Stadion für nur 60 Millionen Dollar zurückkaufen, die in Raten von nicht mehr als fünf Millionen Dollar im Jahr von den Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten abgezogen wurden. Weiterhin wurde dem Rangers-Syndikat eine Befreiung von der Grundsteuer und von der Umsatzsteuer auf Produkte gewährt, die für den Einsatz im Stadion erworben wurden. Die Bewohner der Stadt subventionierten also die Steuergeschenke für die Besitzer der Rangers durch höhere lokale Steuern.

Dieser Plan wurde den Bewohnern von Arlington mit Bushs Hilfe verkauft. Am Ende besaßen die Besitzer der Rangers ein Stadion im Wert von fast 200 Millionen Dollar, ohne einen einzigen Cent aufgewendet zu haben.

Aber das war noch nicht alles. Als Bestandteil des Handels bekam das Rangers-Syndikat zu dem Stadion noch ein ordentliches Stück Land. Der Wert dieses Grundstücks stieg natürlich aufgrund des Stadionbaus.

Um den Besitzern gefällig zu sein, schuf die damalige demokratische Gouverneurin von Texas, Ann Richards, per Gesetz die Arlington Sports Facilities Development Authority (ASFDA), der die Vollmacht verliehen wurde, privaten Grund und Boden zu beschlagnahmen, der für den Bau des Stadions als notwenig erachtet wurde.

Dokumenten zufolge, die in den Besitz des Centers for Public Integrity gelangten, boten die Rangers-Inhaber den Besitzern der jeweiligen Grundstücke, auf die sie ein Auge geworfen hatten, einen Preis weit unter dem Marktwert, und wenn diese sich zu verkaufen weigerten, schalteten sie die ASFDA ein, um das Land enteignen zu lassen.

Kristof schreibt: "Als Bestandteil des Handels erklärte sich die Stadt bereit, Land privater Besitzer zu konfiszieren, damit die Besitzer der Rangers Grundstücksspekulation betreiben konnten." In Gerichtsdokumenten ist nachzulesen, wie einer der Rangers-Besitzer folgendes Memorandum losschickte, als er ein wertvolles Grundstück entdeckt hatte: "Wenn Sie dieses Grundstück in Ihren Gesamtplan aufnehmen wollen, dann dürfte das ein weiterer Kandidat für Enteignung ein."

1990 ließ Bush in einem Interview mit dem Forth Worth Star-Telegram die Katze über diesen "Gesamtplan" aus dem Sack, als er einem Reporter erzählte: "Das Spiel mit dem Land, ja natürlich, das Spielfeld in die Mitte eines großen Landstücks zu setzen, das war eigentlich von Anfang an die Strategie." Mehrere Hausbesitzer, die sich nicht damit abfinden wollten, dass Bushs "Spiel mit dem Land" auf ihre Kosten gehen sollte, zogen gegen die Texas Rangers vor Gericht und erhielten schließlich Entschädigungen in Höhe von insgesamt elf Millionen Dollar zugesprochen.

Conason schreibt: "Noch nie hatte eine Kommune in Texas eine Lizenz vergeben, um das Eigentum von Privatleuten zugunsten des privaten Profits anderer privater Bürger zu enteignen... Am 8. November 1993 gab Bush bekannt, dass er für das Amt des Gouverneurs kandidieren werde. Das Stadion sollte im nächsten Frühjahr eröffnet werden. Er wurde nicht einmal rot, als er verkündete, sein Wahlkampfthema sei die Stärkung von Selbstversorgung und persönlicher Verantwortung anstelle von Abhängigkeit von der Regierung."

Wie ein Gouverneur 15 Millionen an einem Mann verdiente, den er selbst ernannt hatte

Die Geschichte der Texas Rangers endet nicht mit Bushs Aufstieg zum Gouverneur von Texas im Jahre 1994. Während er sein gesamtes übriges Vermögen in einen anonymen Trust investierte, hielt Bush an seinem Anteil an den Rangers fest, bis ein Mann namens Tom Hicks das Team 1998 kaufte. Um die Bedeutung dieses Verkaufs zu ergründen, ist es notwendig, einen kurzen Umweg in einen anderen Zweig von Bushs Geschäftskarriere zu machen.

Tom Hicks ist ein reicher Finanzier aus Texas und Spezialist für die fragwürdige Praxis kreditfinanzierter Firmenübernahmen. Er ist eine der reichsten Personen in Texas und Vorsitzender von Hicks, Muse, Tate & Furst, eines Konglomerats, das in ganz unterschiedlichen Wirtschaftszweigen investiert. Nach Bushs Sieg bei der Gouverneurswahl übertrug Hicks seine Gunst von der Demokratin Richards auf den Republikaner Bush. Conason zufolge gab Hicks Bush einen Monat nach dessen Wahlsieg eine Wahlkampfspende in Höhe von 25.000 Dollar, obwohl er vorher Richards unterstützt hatte. Hicks wurde mit der Zeit einer von Bushs größten Spendern.

Richards hatte Hicks zu einem Mitglied des Verwaltungsrats der University of Texas ernannt, aber diese Ernennung musste von Bush bestätigt werden, um Wirksamkeit zu erlangen. Bush stimmte der Ernennung nicht nur zu. Er erteilte dem Finanzier darüber hinaus große Freiheiten im Umgang mit dem Vermögen der Universität - deren Mittel angeblich öffentliche Gelder sind - z.B., um sie in Unternehmungen seiner Wahl zu investieren.

Zu dem Zweck gründete Bush im März 1996 die Investment Management Company der University of Texas (UTIMCO), auf die neun Milliarden Dollar des Vermögens der Bildungseinrichtung übertragen wurden. UTIMCO war zwar technisch vom Verwaltungsrat der Universität unabhängig, stand aber in Wirklichkeit unter dessen Kontrolle, insbesondere unter der von Hicks selbst. Zwar kontrollierte der Verwaltungsrat Hicks formell, praktisch stimmte er seinen Entscheidungen aber immer zu.

Anders als der Verwaltungsrat war UTIMCO nicht verpflichtet, ihre Sitzungen öffentlich abzuhalten oder ihre Aktivitäten zu publizieren, und war dadurch von öffentlicher Kontrolle befreit. Das war eine beispiellose Maßnahme. UTIMCOs eigener Website zufolge ist sie "die erste von einer staatlichen Universität gegründete externe Investmentgesellschaft". UTIMCO kontrolliert die beträchtlichen Land- und Ölinteressen der Universität, die gegenwärtig auf etwa 7,5 Mrd. Dollar geschätzt werden, sowie ihren allgemeinen Stiftungsfonds.

Die anderen von Bush ernannten Aufsichtsräte waren alle entschiedene Anhänger der Republikanischen Partei, so auch Donald Evans, Bushs enger persönlicher Freund, der später Vorsitzender des Verwaltungsrats der Universität von Texas wurde, als Hicks zurücktrat. Evans war bei der Präsidentschaftswahl 2000 Bushs Geldeintreiber und ist jetzt Handelsminister in Bushs Kabinett. Anfang der 90er Jahre fungierte Bush als externes Vorstandsmitglied in Evans Firma, der Tom Brown Inc. Bush nahm 300.000 Dollar aus dem Verkauf seiner Anteile an Tom Brown ein, bevor er Gouverneur wurde.

Die Investitionsentscheidungen von UTIMCO wurden weitgehend im Geheimen getroffen, spätere Untersuchungen haben allerdings herausgefunden, in welche Bereiche die Mittel gelenkt wurden. 1995 gingen 10 Millionen Dollar an die Carlyle Investment Gruppe, die enge Beziehungen zur Republikanischen Partei und zur Bush-Familie hat. Der Vorsitzende von Carlyle ist Frank Carlucci, ehemaliger Verteidigungsminister unter Ronald Reagan. Auch James Baker III., früher Außenminister unter Bush dem Älteren, hat Verbindungen zu Carlyle. Der Vater von George W. Bush hat früher für Carlyle gearbeitet und George W. selbst saß in den frühen 90er Jahren im Vorstand von Caterair, einer Gesellschaft, die 1989 von Carlyle aufgekauft worden war.

Ein weiterer Begünstigter von Hicks Großzügigkeit war der Fonds KKR 1996, eine Tochtergesellschaft von Kohlberg Kravis Roberts - eine Gesellschaft, die andere Firmen überwiegend mit Fremdkapital aufkauft und in den achtziger Jahren für ihre aggressive Aufkaufpolitik berüchtigt war, weil sie oft fast zum Bankrott der ins Visier genommenen Firmen führte. Der KKR-1996-Fond erhielt 50 Millionen Dollar. Henry Kravis, der Mitbegründer der Firma, ist ein wichtiger Gönner der Republikanischen Partei und war für den Wahlkampf von Vater Bush im Jahre 1992 als Geldeintreiber mit verantwortlich.

Weitere 20 Millionen Dollar investierte UNIMCO in einen Deal mit der Familie Bass, die mit der Hilfe von Richard Rainwater - Bushs Partner im Texas-Rangers-Geschäft - außerordentlich reich geworden war. Die Bass-Familie war auch an Harken Energy beteiligt. Als Harken eine außerordentlich günstige Gelegenheit geboten wurde, vor der Küste von Bahrein nach Öl zu bohren, wandte sie sich an die Bass-Brüder, um sich von ihnen die Probebohrungen finanzieren zu lassen. Nach dem Bericht des Center for Public Integrity ist die Familie Bass George W. Bushs fünftgrößter Wahlkampfspender.

Das sind nur einige der von Hicks organisierten Deals, aus denen keineswegs nur Bush-Freunde Nutzen zogen - auch Hicks profitierte davon. UTIMCO investierte in eine Reihe von Firmen, die kurz darauf geschäftliche Beziehungen mit Hicks eigener Firma aufnahmen. Als Hicks 1997 zurücktrat und den Posten an Donald Evans weiterreichte, setzte sich das gleiche Investitionsmuster fort.

Schließlich kaufte Hicks 1998 die Texas Rangers von Bush und seinen Mitinvestoren. Der Preis betrug 250 Millionen Dollar, das Dreifache von dem, was Bush und Kompagnons dafür bezahlt hatten.

An sich hätte diese Transaktion Bush nur etwas über zwei Millionen Dollar eingebracht. Aber irgendwann, während Bushs Zeit als Managing Partner der Rangers, hatten seine Mitbesitzer seinen Anteil am Team kostenlos beträchtlich erhöht. Das brachte Bush zusätzliche 13 Millionen Dollar ein, als das Team verkauft wurde. Das Geschenk kam vermutlich hauptsächlich von Rainwater, dem größten Anteilseigner am Team, der während Bushs Amtszeit als Gouverneur in den Genuss zahlreicher finanzieller Vorteile kam.

Krugman merkt in seiner Kolumne vom 26. Juli in der New York Times an, dass z.B. die Rentenkasse der Lehrer von Texas mehrere Gebäude an eine von Rainwater kontrollierte Firma mit 70 Millionen Dollar Verlust verkaufte, ohne dass andere Investoren hätten mitbieten können.

So kam George W. Bush zu seinem Vermögen - ein klassisches Beispiel dafür, wie politische Macht und Insiderwissen auf Kosten öffentlichen Vermögens in persönlichen Reichtum umgesetzt werden können.

Siehe auch:
George W. Bush und der Enron-Skandal
(22. Januar 2002)
Die Medien und Mister Bush
( 27. Oktober 2002)
Der Krieg in Afghanistan und die Krise der politischen Herrschaft in Amerika
( 14. März 2002)
War die US-Regierung vor dem 11. September vorgewarnt?
( 23. Januar 2002)
Loading