War die US-Regierung vor dem 11. September vorgewarnt?

Vorwarnungen

Die amerikanischen Öffentlichkeit sind im Zusammenhang mit dem 11. September noch längst nicht alle verfügbaren Informationen zugänglich gemacht worden. Um das zu erkennen, muss man keiner Verschwörungstheorie anhängen, die vom Weißen Haus bis hin zum Flughafen-Sicherheitspersonal reicht, das die bewaffneten Entführer in die Flugzeuge einsteigen ließ. Die unwahrscheinlichste und am wenigsten glaubhafte Erklärung für die Ereignisse jenes Tages besteht jedenfalls darin, dass der gesamte amerikanische Sicherheitsapparat keine Ahnung von den Aktionen der Entführer gehabt habe, bevor die Flugzeuge das World Trade Center und das Pentagon trafen.

Laut dieser offiziellen Version, die in ihrer plumpsten Form vom FBI-Direktor Robert Mueller unmittelbar nach dem Ereignis vertreten wurde, wusste kein einziger Angehöriger der gesamten US-Regierung auch nur das Mindeste über die bloße Existenz, geschweige denn über die Methoden oder Ziele der Attentäter vom 11. September. Eine genaue Begutachtung der Informationen, die seit dem 11. September bruchstückhaft ans Licht gekommen sind, beweist, dass diese Behauptungen nicht nur zweifelhaft, sondern bewusst falsch sind.

Der Fall Zacharias Moussaoui ist nur der hervorstechendste Beweis dafür, dass die terroristischen Angriffe vom 11. September nicht nur ein kolossales Versagen auf Seiten des FBI und CIA darstellen, sondern eine Verweigerung notwendiger Maßnahmen beinhalten, für die es keine legitime Erklärung gibt. [Siehe dazu: WSWS, 5. Januar 2002, "The strange case of Zacarias Moussaoui"] Es gab nicht nur Warnungen allgemeiner Art über wahrscheinliche Selbstmordanschläge, sondern mehrere der Attentäter, darunter auch der mutmaßliche Kopf der Aktion, Mohammed Atta, wurden von US-Agenten überwacht. Es ist nicht zu viel gesagt, dass die Terroristen ihre mörderische und verheerende Mission nur erfüllen konnten, weil der amerikanische Geheimdienst wiederholte Warnungen ignorierte, sich weigerte, die elementarsten Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, und anscheinend eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber einem bevorstehenden großen Terrorangriff auf amerikanischem Boden an den Tag legte.

Hinzu kommt die Weigerung sämtlicher Abteilungen der US-Regierung, irgendwelche Untersuchungen über die Umstände des Angriffs anzustellen, der an einem einzigen Tag mehr amerikanische Todesopfer als jeder andere Gewaltakt in der amerikanischen Geschichte forderte. In den vier Monaten seit dem 11. September gab es kein ernsthaftes Bemühen, die Umstände zu untersuchen, die Lehren daraus zu ziehen und die Verantwortlichkeiten festzustellen. Dies ist an sich schon ein Hinweis darauf, dass es hochrangige Personen in Washington gibt, die eine Menge zu verbergen haben.

Warnungen ausländischer Regierungen

Die Regierungen von mindestens vier Ländern - Deutschland, Ägypten, Russland und Israel - warnten in den Monaten vor dem 11. September die USA ausdrücklich vor einem bevorstehenden Terrorangriff. Diese Warnungen gaben im Voraus, wenn auch in fragmentarischer Form, ein Bild über das Ausmaß des Angriffs und sein wichtigstes Ziel. Außerdem enthielten sie den Hinweis, dass entführte Passagierflugzeuge als Waffe dienen würden.

Laut einem Artikel einer großen deutschen Tageszeitung, veröffentlicht kurz nach der Zerstörung des World Trade Center, hatte der deutsche Geheimdienst BND sowohl dem amerikanischen als auch dem israelischen Geheimdienst im Juni mitgeteilt, dass Terroristen aus dem Nahen Osten sich darauf vorbereiteten, ein Passagierflugzeug zu entführen und es als Waffe zu benutzen, um wichtige Symbole der amerikanischen und israelischen Kultur anzugreifen.

Die Zeitung zitierte ungenannte deutsche Geheimdienstquellen, nach denen die Information über Echelon gewonnen wurden, das von den USA kontrollierte System von 120 Satelliten, die sämtliche weltweiten elektronischen Kommunikationen überwachen. Echelon wird gemeinsam von den USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland betrieben, obwohl seine Existenz gar nicht offiziell zugegeben wird. (Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. September 2001).

Die Regierung Ägyptens schickte am 13. Juni eine dringende Warnung an die USA, die sich auf ein Video stützte, das von Osama bin Laden stammt. Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak sagte der französischen Zeitung Le Figaro, dass die Warnung zum ersten Mal kurz vor dem G-8-Gipfel in Genua übermittelt worden sei. Sie wurde so ernst genommen, dass man rund um den Christoph-Columbus-Flughafen von Genua Luftabwehr-Geschütze in Stellung brachte. Laut Mubarak habe bin Laden "davon gesprochen, Präsident Bush und andere Staatsoberhäupter in Genua zu ermorden. Dabei sollte ein mit Sprengstoff gefülltes Flugzeug zum Einsatz kommen. Diese Vorkehrungen wurden damals getroffen." (Quelle: New York Times, 26. September 2001, "2 Leaders Tell of Plot to Kill Bush in Genoa", von David Sanger)

Laut russischen Presseberichten informierte der russische Geheimdienst die CIA darüber, dass in diesem Sommer 25 terroristische Piloten eigens auf Selbstmordeinsätze vorbereitet worden seien. In einem Interview vom 15. September mit MSNBC bestätigte der russische Präsident Wladimir Putin, dass er im August den russischen Geheimdienst beauftragt habe, die US-Regierung "so eindringlich wie möglich" zu warnen, dass Anschläge auf Flughäfen und Regierungsgebäude unmittelbar bevorstünden. (Quelle: Website From The Wilderness; MSNBC).

Der Londoner Sunday Telegraph - eine erzkonservative Zeitung, die normalerweise die Bush-Regierung energisch unterstützt - berichtete, dass der israelische Geheimdienst Mossad im August eine Warnung an FBI und CIA übermittelt habe, wonach nicht weniger als 200 Sympathisanten Osama bin Ladens in das Land eingeschleust würden, um "einen schweren Anschlag auf die Vereinigten Staaten" auszuführen. Der Berater sprach über ein "sehr großes Zielobjekt", bei dem die Amerikaner "äußerst verwundbar" seien. Die Los Angeles Times zitierte ungenannte US-Sprecher, die bestätigten, dass Warnungen vom Mossad eingegangen seien. (Quelle: Sunday Telegraph, 16. September 2001, "Israeli security issued urgent warning to CIA of large-scale terror attacks", von David Wastell und Philip Jacobson; Los Angeles Times, 20. September 2001, "Officials Told of ‚Major Assault‘ Plans", von Richard A. Serrano und John-Thor Dahlburg)

Der Independent, eine liberale Tageszeitung in Großbritannien, publizierte einen Artikel, der bestätigte, dass die US-Regierung "wiederholt vor einem verheerenden Anschlag auf die Vereinigten Staaten gewarnt wurde". Der Independent zitierte aus einem Interview, das Osama bin Laden Ende August einer arabisch-sprachigen, in London erscheinenden Zeitung gab, der al-Quds al-Arabi. Etwa gleichzeitig wurden straffere Sicherheitsmaßnahmen für das World Trade Center angeordnet, ohne dass dafür Gründe angegeben wurden. (Quelle: Independent, 17. September 2001, "Bush did not heed several warnings of attack", von Andrew Gumbel)

Trotz dieser zahlreichen Vorwarnungen gab kein einziger US-Geheimdienst vor dem 11. September irgendeine Warnung vor einem möglichen Angriff auf ein Ziel auf US-Territorium heraus. Die CIA und das FBI hatten Warnungen über mögliche Attentate auf amerikanische Militärsstützpunkte oder Botschaften im Nahen Osten, Europa und Asien herausgegeben. Am 7. September gab das US-Außenministerium weltweit Alarm wegen eines bevorstehenden Angriffs durch bin Ladens Anhänger, doch bezog es sich dabei nur auf amerikanische Objekte in Ostasien, besonders in Japan, aber nicht innerhalb der USA selbst. Der führende Republikaner im Geheimdienstkomitee des Senats, Senator Richard Shelby, gab zu: "Dies war offensichtlich ein Versagen von großem Ausmaß. Wir hatten keine besondere Warnung, dass die USA angegriffen werden könnten."

Darüber hinaus muss die Entscheidung des FBI, keine Maßnahmen bezüglich Zacarias Moussaoui zu treffen, im Licht dieses nicht abreißenden Stroms von Vorwarnungen aus dem Ausland betrachtet werden. Die US-Regierung wurde wiederholt davor gewarnt, dass verheerende Angriffe mit entführten Zivilflugzeugen drohten. Dennoch entschied das FBI, keine intensiven Ermittlungen gegen einen Mann zu führen, der nach Angaben des französischen Geheimdiensts wahrscheinlich mit Osama bin Laden in Verbindung stand und lernen wollte, wie man eine Boeing 747 steuert, ohne sich für das Starten und Landen zu interessieren. Moussaoui wurde von der Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde erst nach dem 11. September an das FBI überstellt.

Amerikanische Untersuchungen und Befürchtungen

Ungeachtet der Behauptung, dass die US-Geheimdienste die Möglichkeit von Selbstmordangriffen mit Zivilflugzeugen vor dem 11. September gar nicht ins Auge gefasst hätten, gab es schon seit acht Jahren Hinweise darauf, dass die amerikanische Regierung sehr wohl solche Befürchtungen hegte.

Eine 1993 vom Pentagon beauftragte Expertenkommission diskutierte, wie ein Flugzeug dazu eingesetzt werden könnte, nationale Wahrzeichen zu bombardieren. "Man betrachtete das als eine extreme Vorstellung, ein bisschen zu gruselig für die Zeit", sagte der Luftwaffenoberst a.D., Doug Menarchik, Leiter der 150.000-Dollar-Studie für die Abteilung des Verteidigungsministerium, die für Spezialoperationen und kleinere Konflikte zuständig ist. "Nachdem ich gegangen war, entschlief sie eines ruhigen Todes." Die Entscheidung, detaillierte Szenarien nicht zu veröffentlichen, wurde teilweise aus der Befürchtung heraus getroffen, dadurch könnten Terroristen auf neue Ideen gebracht werden, wie Teilnehmer sagten. Ein Entwurf wurde im Pentagon, dem Justizministerium und im Bundesamt für Notfallmanagement zirkuliert, aber führende Politiker entschieden sich letztlich gegen eine Veröffentlichung. (Quelle: Washington Post, 2. Oktober 2001, "Before Attack, U.S. Expected Different Hit, Chemical, Germ Agents Focus of Preparations", von Jo Warrick und Joe Stephens).

1994 gab es drei Fälle von versuchten Attentaten auf Gebäude, bei denen Flugzeuge zum Einsatz kamen. Der erste, im April 1994, betraf einen Flugingenieur von Federal Express, der entlassen werden sollte. Er bestieg als Passagier eine DC-10 und drang ins Cockpit vor, um das Flugzeug in eine Konzernzentrale in Memphis zu steuern, doch wurde er von der Crew überwältigt. Der zweite Fall erfolgte im September, als ein einzelner Pilot eine gestohlene einmotorige Cessna in einen Baum vor dem Weißen Haus steuerte, unmittelbar vor dem Schlafzimmer des Präsidenten. Der dritte Fall war die Entführung einer Air-France-Maschine im Dezember in Algier durch die GIA (Groupes islamiques armés). Die Entführer landeten die Maschine in Marseilles und ordneten an, sie mit 27 Tonnen Benzin zu füllen, dreimal mehr, als für einen Flug nach Paris nötig war. Ihr Ziel war es, das Flugzeug in den Eiffelturm zu steuern. Französische Spezialtruppen stürmten die Maschine noch am Boden. (Quelle: New York Times, 3. Oktober 2001, "Earlier Hijackings Offered Signals That Were Missed", von Matthew Wald)

Im Januar 1995 verhaftete die philippinische Polizei Abdul Hakim Murad in einer Wohnung in Manila, wo eine Ausrüstung zur Herstellung von Bomben gefunden wurde, und verhörte ihn unter Folter. Er sagte aus, es habe Pläne gegeben, in elf amerikanischen Flugzeugen Zeitbomben zu hinterlegen, sowie ein Flugzeug in das CIA-Hauptquartier in Langley, Virginia stürzen zu lassen. Die Vorbereitungen waren so weit fortgeschritten, dass Murad die einzelnen Flugobjekte beschreiben konnte, die meisten von ihnen mit trans-pazifischer Flugroute, die über dem Ozean explodieren sollten. Murad hatte Flugschulen in den Vereinigten Staaten besucht und einen Flugschein für Zivilflugzeuge erworben. Er sagte den Ermittlern, er hätte das Flugzeug ins CIA-Hauptquartier steuern sollen. Ein anderer islamischer Fundamentalist sollte ein zweites Flugzeug in das Pentagon fliegen (Quelle: Washington Post, 23. September, "Borderless Network of Terror, Bin Laden Followers Reach Across Globe", von Doug Struck, Howard Schneider, Karl Vick und Peter Baker).

Kurze Zeit später im gleichen Jahr wurde der mutmaßliche Organisator des ersten Bombenanschlags auf das World Trade Center, Ramzi Ahmed Yousef, in Pakistan verhaftet, an den US-Geheimdienst ausgeliefert und in die Vereinigten Staaten geflogen, um vor Gericht gestellt zu werden. Auf dem Flug prahlte Yousef Berichten zufolge vor dem FBI-Agenten Brian Parr und weiteren Beamten seiner Eskorte damit, dass er mehrere Möglichkeiten nur knapp verpasst habe, bei denen er ein Dutzend Flugzeuge an einem einzigen Tag über dem Pazifik hätte in die Luft jagen und einen kamikaze-artigen Selbstmordanschlag auf das CIA-Hauptquartier in Langley, Virginia, hätte ausführen können. Man brachte Yousef mit dem gleichen Plan in Verbindung, für den Abdul Hakim Murad auf den Philippinen inhaftiert worden war. Murad wurde ebenfalls an die Vereinigten Staaten ausgeliefert, wo seine Zeugenaussage eine wichtige Rolle im Prozess gegen Yousef und bei dessen Verurteilung spielte. (Quelle: John Cooley, Unholy Wars, New York, 2000, S. 247)

Anfang 1996 waren US-Politiker zur Erkenntnis gekommen, dass möglicherweise auch landwirtschaftliche Sprühflugzeuge von Terroristen als Waffen bei Selbstmordflügen genutzt werden könnten, und sie begannen Schritte einzuleiten, um während der olympischen Sommerspiele in Atlanta einem Attentat aus der Luft vorzubeugen. Black-Hawk-Hubschrauber und Flugzeuge der US-Grenzpolizei wurden eingesetzt, um verdächtige Maschinen im Luftraum über den olympischen Spielen abzufangen. Geheimdienstmitarbeiter kontrollierten Sprühflugzeuge noch in einer Entfernung von Hunderten Meilen vom Zentrum von Atlanta. Polizeibeamte durchkämmten alle regionalen Flughäfen im gesamten Norden von Georgia, "um sicherzustellen, dass niemand ein kleines Flugzeug entführen konnte, um damit die Spiele anzugreifen", wie Woody Johnson sagte, der FBI-Agent, der damals für die Zweigstelle in Atlanta verantwortlich war. Vom 6. Juli bis zum Ende der Spiele am 11. August verbot die FAA (Federal Aviation Administration, Bundesamt für Luftverkehr) alle Flüge im Umkreis von einer Meile um das olympische Dorf, wo die Athleten wohnten. Es ordnete außerdem an, an allen Orten, wo gespielt wurde, jeweils drei Stunden vor Beginn bis drei Stunden nach Ende der Spiele kein Flugzeug näher als drei Meilen herankommen zu lassen. (Quelle: Los Angeles Time, 17. November 2001, "Suicide Flights and Crop Dusters Considered Threats at '96 Olympics", von Mark Fineman und Judy Pasternak)

Schon im Jahre 1996 begann das FBI damit, die Tätigkeit arabischer Studenten in amerikanischen Flugschulen genauer unter die Lupe zu nehmen. Regierungspolitiker gaben zu, dass Polizeibeamte davon ausgingen, fast ein Dutzend Menschen mit Verbindungen zu bin Laden hätten US Flugschulen besucht." FBI-Agenten suchten 1996 zwei Flugschulen auf, um Informationen über verschiedene arabische Piloten zu erhalten, die hier ausgebildet worden waren. Die beiden Schulen waren auch von Abdul Hakim Murad besucht worden, der der philippinischen und amerikanischen Polizei die Pläne gestanden hatte, ein entführtes Flugzeug ins CIA-Hauptquartier zu fliegen. 1998 fragten FBI-Agenten die Leiter der Airman Flight School in Norman, Oklahoma, über einen Absolventen ihrer Schule aus, der von Zeugen vor Gericht als einer von Osama bin Ladens Piloten identifiziert worden war. Dies war die gleiche Schule, die Zacarias Moussaoui später besuchen sollte. Ein Artikel der Washington Post kommt zum Schluss: "Seit 1996 hatte das FBI Beweise erhalten, dass internationale Terroristen US-Flugschulen benutzten, um zu lernen, wie man einen Jumbojet fliegt. Ein gescheitertes Vorhaben in Manila, US-Linienflugzeuge in die Luft zu sprengen, und später eine Zeugenaussage vor Gericht von einem Verbündeten von bin Laden war nach Expertenberichten Anlass für Untersuchungen des FBI an verschiedenen Schulen." (Quelle: Washington Post, 23. September 2001, "FBI Knew Terrorists Were Using Flight Schools", von Steve Fainaru und James V. Grimaldi)

Kurz vor den olympischen Spielen in Sydney 2000 wurde ernsthaft die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass "ein voll besetztes Passagierflugzeug mit gefülltem Tank vor einem weltweiten Fernsehpublikum in die Eröffnungszeremonie stürzen" könnte, wie der damalige Superintendent der Polizei von Sydney, Paul McKinnon, berichtete. Er sagte, Osama bin Laden sei als Gefahr ersten Ranges betrachtet worden. IOC-Funktionäre erklärten, schon seit 1972 würden Katastrophen mit abstürzenden Flugzeugen in den Sicherheitserwägungen für Olympische Spiele berücksichtigt. "Das war unser Alptraum-Szenario", sagte ein IOC-Funktionär. Im Jahr 2001 führte das IOC ausführliche Diskussionen mit dem FBI anlässlich der Sicherheitsplanung für die Winterspiele 2002 in Salt Lake City. (Quelle: Sydney Morning Herald, 20. September 2001, "Jet crash on stadium was Olympics nightmare", von Jacquelin Magnay)

Der Jahresbericht der Federal Aviation Administration (FAA) über kriminelle Handlungen gegen Flugzeuge, der Anfang 2001 erschien, vermerkt, dass bisher von bin Laden zwar kein Angriff auf zivile Flugzeuge ausgegangen sei, doch habe er "sowohl die Motivation als auch die nötigen Mittel dazu". Weiter heißt es da: "Bin Ladens anti-westliche und anti-amerikanische Haltung macht aus ihm und seinen Sympathisanten eine bedeutende Gefahr für das zivile Flugwesen, besonders für US-Passagierflüge." (Quelle: FAA)

Anfang 2001 begann in New York City ein Prozess, bei dem vier Angeklagte beschuldigt wurden, die Bombenangriffe gegen US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahre 1998 durchgeführt zu haben. Der Prozess enthüllte, dass zwei von bin Ladens Männern eine Pilotenausbildung in Texas und Oklahoma erhalten hatten und ein dritter beauftragt worden war, solche Stunden zu nehmen. L'Houssaine Kherchtou, ein Verbündeter von bin Laden, wurde zum Kronzeugen der Anklage und erzählte dem Gericht, dass man 1993 von ihm verlangt habe, Flugunterricht zu nehmen, Ein weiterer Mann von bin Laden, Essam al-Ridi, bestätigte, dass er für bin Laden ein Militärflugzeug gekauft und es in den Sudan geflogen habe. Al-Ridi wurde 1998 Kronzeuge und gab dem FBI schon drei Jahre vor dem Attentat vom 11. September Insider-Informationen über ein Pilotenausbildungsprogramm. Obwohl dieser Prozess von Februar bis Juli 2001 dauerte, führte er nicht dazu, dass bezüglich des amerikanischen Passagierflugverkehrs erhöhte Wachsamkeit geherrscht hätte.

Die Attentäter im Visier

Die Vereinigten Staaten unterhalten den größten Geheimdienstapparat der Welt, um Informationen zu sammeln und die Telekommunikation zu überwachen - die CIA, das FBI, die National Security Agency (nationaler Sicherheitsdienst), die Defense Intelligence Agency (militärischer Geheimdienst), die Defense Signals Intercept Organization, etc. Finanziert wird dieser Apparat aus einem Geheimfonds, dessen Umfang man auf die enorme Summe von 30 Mrd. Dollar jährlich schätzt.

Und dennoch behauptet die Bush-Regierung - und von den amerikanischen Medien vernimmt man keinen Widerspruch - dass dieser ganze riesige Sicherheitsapparat nicht die leiseste Ahnung gehabt habe, dass sich fast zwei Dutzend Männer auf den Weg machten, um Passagierflugzeuge zu kapern und sie in das World Trade Center und das Pentagon stürzen zu lassen. Niemand fordert die Absetzung derjenigen, deren offenkundige Inkompetenz - immer vorausgesetzt, man glaubt der offiziellen Darstellung - fast 3.000 amerikanische Bürger das Leben gekostet hat.

Doch im Verlauf der letzten vier Monate zeigte sich immer deutlicher ein erheblich differenzierteres Bild der Ereignisse vom 11. September und der Art und Weise, wie der amerikanische militärisch-geheimdienstliche Apparat darin verwickelt war. Es hatte nicht nur zahlreiche Vorwarnungen gegeben, die sowohl von ausländischen Regierungen als auch aus US-Untersuchungen über frühere Terroranschläge stammten, sondern die US-Regierung selbst verfügte über eine Menge Informationen, weil sie Osama bin Laden und seine Verbündeten in der al-Quaida-Organisation systematisch elektronisch und auch ganz direkt überwachen ließ.

Die elektronische Überwachung von bin Laden

Es ist bekannt, dass der nationale Sicherheitsdienst (NSA) eine Zeit lang buchstäblich die gesamte elektronische Kommunikation bin Ladens und seiner Verbündeten überwachte. In der Zeit vor den Bombenangriffen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im August 1998 war die Überwachung so lückenlos, dass der NSA Telefongespräche zwischen bin Laden und seiner Mutter abzuspielen pflegte, wenn er Prominente auf Besuch beeindrucken - und der Bewilligung seiner Haushaltsmittel im Kongress nachhelfen wollte.

Laut einem Rechenschaftsbericht hat die NSA buchstäblich sämtliche Gespräche aufgenommen, die bin Laden über ein Satellitentelefon in Afghanistan führte. Der Laptopanschluss für den al-Quaida-Führer war in New York City gekauft worden, und er verbrauchte sämtliche - über 2.000 - vorausbezahlte Minuten für Telefongespräche mit seinen Unterstützern in Dutzenden von Ländern - was vermuten lässt, dass er wohl doch nicht der raffinierteste Verschwörer der Welt war. (Quelle: Los Angeles Times,21. September 2001, "Hate Unites an Enemy Without an Army", von Bob Drogin; Chicago Tribune, 16. September 2001, "Bin Laden, associates elude spy agency‘s eavesdropping", von Scott Shane)

Amerikanische Politiker erklärten, diese Quelle sei abrupt unterbrochen worden, nachdem bin Laden erfahren habe, dass die überwachten Gespräche es dem Pentagon erleichtert hätten, ein Trainingslager in Ostafghanistan ins Visier zu nehmen und auf Befehl Präsident Clintons mit Raketen anzugreifen. Sie behaupten, der al-Quaida-Führer habe fortan überhaupt keine Telefone oder anderen elektronischen Geräte mehr benutzt, sondern sich auf Kuriere und andere Formen direkter Kommunikation verlegt, die nicht so leicht überwacht werden konnten.

Diese Darstellung wird von vielen erfahrenen Beobachter als amerikanische Desinformation zurückgewiesen. Der langjährige ägyptische Journalist und ehemalige Regierungssprecher Mohammed Heikal äußerte in einem Interview mit einer britischen Zeitung starke Zweifel daran, dass bin Laden und seine al-Quaida-Gruppe den Angriff vom 11. September überhaupt ohne Kenntnis der Vereinigten Staaten hätten ausführen können: "Bin Laden stand seit Jahren unter Überwachung: jedes Telefongespräch wurde aufgezeichnet, und al-Quaida war nicht nur vom amerikanischen Geheimdienst infiltriert, sondern auch vom pakistanischen Geheimdienst, dem saudischen Geheimdienst und dem ägyptischen Geheimdienst. Sie hätten eine Operation, die ein solches Maß an Organisation und Komplexität erforderte, nicht geheim halten können." (Quelle: Heikal-Interview mit dem Guardian, 10. Oktober 2001)

Je höher die US-Regierung den globalen Umfang und die hochgradige Koordination von bin Ladens Aktivitäten ansetzt, desto unglaubwürdiger ist die Behauptung, die elektronische Überwachung habe keinerlei Resultate gebracht. Ohne jeden elektronischen Informationsaustausch ist der Aufbau eines weltweiten Netzes, das in der Lage ist, Angriffe im Nahen Osten, in Afrika, Asien, Europa und den Vereinigten Staaten zu führen, praktisch unmöglich.

Immer wieder berichtete die Presse, dass Bin Ladens Verbündete oder sogar der islamisch fundamentalistische Führer selbst, sich elektronischer Kommunikationsgeräte bedient haben und dass diese von US-Agenturen abgehört wurden.

So erklärte der UPI-Korrespondent Richard Scale, der letztes Jahr über den Prozess der bin-Laden-Sympathisanten in New York City berichtete, der nationale Sicherheitsdienst habe bin Ladens chiffrierte Nachrichten entschlüsselt. Da die amerikanischen Politiker "annehmen, dass die Planung der Angriffe vom 11. September wahrscheinlich vor zwei Jahren begonnen hat" ( New York Times, 14. Oktober 2001), muss man davon ausgehen, dass es durchaus möglich war, Informationen über die Vorbereitungen auf den 11. September auf elektronischem Wege abzufangen. (Quelle: United Press International, 13. Februar 2001)

Der eindeutigste Hinweis auf die erfolgreiche US-Überwachung der al-Quaida-Kommunikation - der auch zeitlich am dichtesten beim Anschlag vom 11. September lag - war die Erklärung des Senators Orrin Hatch aus Utah, einem konservativen Republikaner mit weitreichenden Kontakten zum nationalen Geheimdienstmilieu. Er erklärte am 11. September gegenüber Associated Press, die US-Regierung überwache die Kommunikation bin Ladens elektronisch und habe mitgehört, wie zwei von bin Ladens Leuten in Jubel über den erfolgreichen terroristischen Anschlag ausgebrochen seien. "Sie haben gewisse Informationen von Leuten aus bin Ladens Umfeld abgefangen, die bestätigten, dass eine Reihe von Zielen getroffen wurden", sagte er gegenüber AP. (Quelle: Associated Press, 11. September 2001, "World Trade Center collapses in terrorist attack", von David Crary und Jerry Schwartz)

Hatch wiederholte seine Bestätigung am gleichen Tag in einem Interview mit ABC News und sagte, dass Beamte sowohl der CIA als auch des FBI ihm das Gleiche erzählt hätten. Dass diese Erklärung der Wahrheit entspricht, zeigte die Reaktion der Bush-Regierung. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verurteilte den Bericht öffentlich als eine unautorisierte Preisgabe vertraulicher Informationen. Das Weiße Haus nahm diese Indiskretion später zum Vorwand, dem Kongress detaillierte Informationen über die Maßnahmen der USA zur Terrorabwehr vorzuenthalten. Später sah sich Bush allerdings gezwungen, eine Gruppe ausgesuchter Kongresspolitiker doch wieder zu informieren.

Es gab eine ganze Reihe Medienberichte über ähnlich erfolgreiche Überwachungen von al-Quaida- Verbindungen. Der Spiegel schrieb, dass BND-Offiziere Telefongespräche zwischen zwei bin-Laden-Sympathisanten abgefangen hätten. NBC News berichtete am 4. Oktober, dass bin Laden zwei Tage vor dem Attentat auf das World Trade Center seine Mutter angerufen und zu ihr gesagt habe: "In zwei Tagen wirst du große Neuigkeiten vernehmen, und von mir wirst du eine Weile nichts mehr hören." NBC sagte, ein ausländischer Geheimdienst habe diesen Anruf aufgenommen und die Information an die USA übermittelt. Solche Berichte müssen sorgfältig ausgewertet werden, besonders, wenn sie wie dieser am Vorabend des US-Luftkriegs gegen Afghanistan herauskamen. Folgender Schluss ist dabei unausweichlich: Wenn die US-Geheimdienste nach dem 11. September an solche Informationen herankommen konnten, dann konnten sie es auch vor jenem Tag. (Quelle: Toronto Globe & Mail, 5. Oktober 2001)

Neben den Gesprächen zwischen den Attentätern und ihren Mitverschwörern gab es noch einen weiteren elektronischen Hinweis auf den 11. September. Es wurde schon öfter berichtet, dass es in der Woche vor den Selbstmordanschlägen unerwartete und unerklärliche Spekulationen mit Aktien von American Airlines und United Airlines gab. Es wurden hohe Beträge darauf gesetzt, dass der Börsenwert dieser zwei Fluggesellschaften sinken würde, was auch geschah, nachdem zwei Maschinen der American und zwei der United Airlines entführt worden und abgestürzt waren. Mit keiner anderen Fluggesellschaft wurde so hoch spekuliert, und bis heute ist nicht bekannt, wer die Personen sind, die sich mit Tausenden von Verkaufsoptionen eindeckten - d.h. hohe Wetten auf Kursverluste abschlossen.

Weniger bekannt ist, dass die CIA ein ausgeklügeltes Software-System namens Promis betreibt, das solche plötzlichen Preisschwankungen gezielt überwacht, um im Voraus davor warnen zu können, dass ein bestimmter Industriezweig oder ein Konzern Zielobjekt eines Terroranschlags werden könnte. Diese Software liefert rund um die Uhr Echtzeit-Informationen. Demnach hätten CIA-Beamte schon am 7. September darauf aufmerksam werden müssen, dass American und United Airlines mögliche Anschlagsziele werden könnten. Laut der rechten, strikt Bush-loyalen Agentur Fox News haben sowohl das FBI als auch das Justizministerium bestätigt, dass Promis im vergangenen Sommer in Gebrauch war, um dem amerikanischen Geheimdienst Erkenntnisse zu verschaffen. Dennoch gibt es keine Hinweise auf Warnungen der CIA, weder an die Adresse der Fluggesellschaften noch an die US-Behörden, die für die innere Sicherheit verantwortlich sind.

Wie viele Attentäter waren bekannt?

Laut offiziellem Bericht der Bush-Regierung über die Terroranschläge waren nur zwei der 19 mutmaßlichen Selbstmordattentäter den US-Behörden vor dem 11. September bekannt. Diese zwei, Kahlil Almihdhar und Nawaf Alhamzi, waren auf Ersuchen der CIA auf eine "Fahndungsliste" des FBI gesetzt worden, nachdem man einen Zusammenhang zwischen Almihdhar und einem bin-Laden-Aktivisten in Malaysia festgestellt hatte.

Unzählige Berichte in den amerikanischen Zeitungen versuchen die Frage zu beantworten, die sich bei dieser Version der Ereignisse aufdrängt. Wie war es möglich, dass zwei Männer, die vom FBI und der CIA gesucht wurden, weil sie verdächtigt wurden, Verbindungen zu dem Mann zu unterhalten, den die US-Regierung als den gefährlichsten Terroristen der ganzen Welt brandmarkte, - wie war es möglich, dass diese beiden sich teure Erste-Klasse-Tickets, noch dazu ohne Rückflugbuchung, kaufen konnten, um dann am 11. September ungehindert ein Verkehrsflugzeug zu besteigen und zu entführen?

Almihdhar und Alhamzi lebten offenbar fast zwei Jahre lang in Südkalifornien, in der Gegend von San Diego, und reisten mindestens einmal ins Ausland, um wieder in die Vereinigten Staaten zurückzukehren - nur wenige Wochen, bevor die "Fahndungsliste" herausgegeben wurde. Laut einem Pressebericht war Alhamzi sogar im Telefonbuch von San Diego eingetragen - was sicherlich die Darstellung der Medien in Frage stellt, wonach die Entführer als meisterhafte Verschwörer ihre Spuren so gut verwischten, dass sie praktisch unentdeckbar waren. (Quelle: Washington Post, 29. Dezember 2001)

Aus welchen Gründen die beiden angehenden Entführer der Entdeckung auch immer entgangen sein mögen, Eines ist jedenfalls falsch: die Grundprämisse der offiziellen Darstellung, wonach diese zwei die einzigen Attentäter gewesen seien, die schon vor dem 11. September als Terroristen verdächtigt wurden. Mehrere andere Entführer oder Männer, die man heute als ihre Komplizen verdächtigt, waren der amerikanischen Polizei und den Geheimdiensten schon aufgefallen, ehe das World Trade Center zerstört wurde, aber man ließ sie ihrer Wege gehen.

Ein Beispiel ist der seltsame Fall von Ziad Samir Jarrah, einer der verdächtigten Entführer an Bord der United Airlines Maschine, die in Pennsylvania abstürzte. In den Vereinigten Arabischen Emiraten haben Politiker zugegeben, dass Jarrah am 30. Januar 2001 dort eintraf, nachdem er sich zwei Monate lang in Afghanistan und Pakistan aufgehalten hatte, und dass er auf Bitten der US-Regierung mehrere Stunden lang auf dem Internationalen Flughafen von Dubai verhört wurde. Er erhielt dann die Erlaubnis weiterzureisen, worauf er via Amsterdam nach Hamburg reiste. Später flog er in die Vereinigten Staaten.

Obwohl das offizielle amerikanische Interesse ausgereicht hätte, um ihn in den Vereinigten Arabischen Emiraten festzuhalten, wurde ihm gestattet, in die USA einzureisen und dort eine Flugschule zu besuchen. Jarrah wurde am 9. September, zwei Tage vor der Entführung, auf der Autobahn Interstate 95 in Maryland wegen zu hoher Geschwindigkeit angehalten und erhielt einen Strafzettel. Die Staatspolizei von Maryland überprüfte offenbar seinen Namen in ihrem Computer, fand nichts und ließ ihn weiterfahren. Als Reaktion auf die Untersuchungen nach dem 11. September behaupteten FBI- und CIA-Beamte, dass keine Behörde von Jarrah gewusst habe oder ihn auf einer Fahndungsliste geführt habe, obwohl ihn eine US-Regierungsbehörde acht Monate zuvor in Dubai hatte festnehmen lassen. (Quelle: Chicago Tribune, 14. Dezember 2001; Baltimore Sun, 14. Dezember 2001)

Die Zeitschrift Newsweek stellte in ihrer Sonderausgabe unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September die schockierende Behauptung auf, es hätten Verbindungen zwischen den Entführern und dem nationalen amerikanischen Sicherheitsapparat bestanden. Newsweek zitierte US-Armeequellen und berichtete: "Fünf der mutmaßlichen Entführer der Flugzeuge, die am Dienstag für die Terroranschläge benutzt wurden, wurden in den neunziger Jahren in überwachten US-Militäreinrichtungen ausgebildet." Drei hatten Adressen, die auf einer Liste der Naval Air Station in Pensacola, Florida, standen, als sie sich um Führerscheine oder Auto-Zulassungen bewarben. Ein weiterer wurde am Air War College in Montgomery, Alabama, ausgebildet, während der fünfte Sprachunterricht auf der Lackland Air Force Base in San Antonio, Texas, erhielt. Die drei Männer, die sich in Pensacola ausbilden ließen, hießen Saeed Alghamdi und Ahmad Alnami, beide an Bord der Maschine des United-Flugs 93, die in Pennsylvania abstürzte, sowie Ahmed Alghamdi, an Bord des United-Flugs 75, der den Südturm des World Trade Center rammte.

FBI-Beamte erklärten gegenüber dem Büro des Senators Bill Nelson (ein Demokrat aus Florida), die Beamten, die mit dem Fall World Trade Center/Pentagon betraut seien, würden "jede mögliche Verbindung zu militärischen Einrichtungen" untersuchen, doch es gebe noch keine sicheren Erkenntnisse, weil Ungewissheit darüber bestehe, ob die Entführer ihre Identitätskarten vielleicht anderen US-Besuchern aus Nahost, besonders aus Saudi Arabien, gestohlen hätten. Auf Pensacola erhielten viele saudische und andere Kunden der USA aus dem Nahen Osten eine militärische Flugausbildung.

Saudische Politiker versuchten auch die Berichte in Frage zu stellen, dass 15 der 19 Entführer saudische Staatsbürger seien, doch hat sich dieses als wahr herausgestellt. Über die Pensacola-Story hat es seither keine weiteren Presseberichte mehr gegeben, weder in Newsweek selbst, wo keine Fortsetzung erschien, noch in irgendeinem anderen größeren Presseerzeugnis.

Der Fall Mohammed Atta

Noch viel außergewöhnlicher ist die Behandlung von Mohammed Atta, dem mutmaßlichen Kopf der Entführungen. Atta stand Berichten zufolge unter Beobachtung der ägyptischen, deutschen und der amerikanischen Polizei und reiste trotzdem in den Jahren 2000 und 2001 ohne jedes Hindernis zwischen Europa und Amerika hin und her.

Laut einem Bericht in der deutschen ARD wurde Attas Telefon vom ägyptischen Geheimdienst überwacht, der erfahren hatte, dass er kurz zuvor von seiner Wohnung in Hamburg aus mindestens einmal Afghanistan besucht hatte. In der Fernsehsendung, die am 23. November ausgestrahlt wurde, hieß es, dass das amerikanische FBI im Jahr 2000 Attas Bewegungen mehrere Monate lang überwachte, als er mehrmals von Hamburg nach Frankfurt reiste und größere Mengen Chemikalien einkaufte, die potentiell zur Herstellung von Sprengstoff dienen. Attas Name fiel 1999 in einer Telefonunterredung islamischer Fundamentalisten, die von der deutschen Polizei aufgezeichnet wurde. Die BBC sagte in einem Kommentar zu dem deutschen Bericht: "Der Beweis... unterstreicht die Besorgnis, dass die internationalen Geheimdienste schon vor dem 11. September mehr über Atta gewusst haben könnten, als bisher angenommen, aber dass sie es versäumt haben, zu handeln." (Quelle: Bericht der British Broadcasting Corporation vom 26. November 2001)

2001 geriet Atta bei mehreren Gelegenheiten ins Blickfeld der US-Behörden. Im Januar wurde ihm gestattet, nach einer Reise nach Deutschland ohne zureichendes Visum wieder in die USA einzureisen. Er landete an Bord eines Flugzeugs aus Madrid am 10. Januar mit einem Touristenvisum in Miami, obwohl er den Einreisebeamten erklärte, in den Vereinigten Staaten Flugunterricht nehmen zu wollen, wofür ein besonderes Visum (M 1 student visa) erforderlich gewesen wäre. Jeanne Butterfield, Leiterin der amerikanischer Vereinigung der Immigrationsanwälte, erklärte der Washington Post: "In neun von zehn Fällen hätte man ihm erklärt: "Kehr wieder um und beantrage dein Visum vom Ausland aus. Es ist nicht erlaubt, als Besucher zum Vergnügen einzureisen und dann zu arbeiten oder zu studieren." Und derjenige, dem diese milde Behandlung zuteil wurde, stand kurz zuvor - man muss es betonen - noch unter Überwachung des FBI, weil er Material hortete, aus dem man Bomben herstellen konnte! (Quelle: Washington Post, 28. Oktober 2001)

Laut einem Bericht im kanadischen Fernsehen wurde Atta mit einem Bombenanschlag in Israel in Verbindung gebracht, und die Information gelangte in die Vereinigten Staaten, noch ehe er sein erstes Touristenvisum erhielt. (Quelle: Canadian Broadcasting Corporation, 14. September 2001, Bericht von Diana Swain auf Vero Beach, Florida)

Atta machte eine weitere Reise nach Europa, er kehrte im Mai nach Deutschland zurück und reiste im Juli nach Spanien. Jedes Mal kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück, und jedes Mal passierte er problemlos die US-Zoll- und Einreisekontrollen. Ein weiterer britischer Pressebericht bemerkt, dass Atta "von Januar bis Mai letzten Jahres unter Überwachung stand, nachdem er wiederholt beobachtet worden war, wie er große Mengen von Chemikalien in Frankfurt kaufte, offensichtlich zur Herstellung von Explosivstoffen und von Biowaffen. Die US-Agenten, die Atta observierten, sollen es versäumt haben, die deutschen Behörden über ihre Untersuchung zu informieren. Die Enthüllung, dass Atta lange vor dem 11. September von der Polizei überwacht wurde, wirft die Frage auf, warum die Angriffe nicht durch die Verhaftung dieses Mannes verhindert werden konnten." (Quelle: The Observer, 30. September 2001)

Im Sommer 2001 erhielt Atta eine telegraphische Anweisung über 100.000 Dollar von einem Konto in Pakistan, das angeblich einem Repräsentanten Osama bin Ladens gehörte. Diese Überweisung ist wiederholt von US-Politikern als Beweis angeführt worden, dass bin Laden hinter den Anschlägen vom 11. September gestanden habe. Aber es wurde nicht erklärt, wie eine so große Geldsumme folgenlos an jemanden überwiesen werden konnte, der unter FBI-Überwachung stand. Ein weiterer bemerkenswerter Umstand: Laut einer indischen Zeitung war der Mann, der die telegraphische Überweisung anordnete, General Mahmud Ahmed, Kopf des pakistanischen Geheimdienstes ISI, der wichtigste Sponsor des Taliban-Regimes in Afghanistan. Ahmed wurde zum Rücktritt gezwungen, nachdem Indien veröffentlicht hatte, welche Rolle er spielte, und dies vom FBI bestätigt worden war. Ob Zufall oder nicht: Ahmed befand sich am 11. September zu Unterredungen mit amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern in Washington. (Quelle: CNN-Bericht, 1. Oktober 2001; The Times of India, 11. Oktober 2001).

Die Vereinigten Staaten und der Terrorismus in Nahost

Zu der offiziellen Version über die Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon, die besagt, dass diese Angriffe für die US-Regierung und ihre Geheimdienste vollkommen überraschend kamen, gehört auch die Behauptung, dass die CIA und andere Geheimdienste sich zu stark auf elektronische Überwachung verlassen und es vernachlässigt hätten, Agenten vor Ort in die terroristischen Organisationen einzuschleusen.

Als Ergebnis, so heißt es, seien CIA und FBI ohne wirkliche Informanten unter den islamischen Fundamentalisten nicht in der Lage gewesen, die Pläne von Osama bin Laden aufzudecken und zu verhindern. Das Fehlen amerikanischer Agenten wird einfach angenommen, ohne dass Beweise dafür vorliegen. Dieses Argument dreht sich im Kreis: Der Erfolg der Angriffe vom 11. September selbst muss dazu herhalten, um zu beweisen, dass die US-Regierung keine Agenten im Unterstützermilieu der Entführer hatte.

Zwei Annahmen werden dabei vorausgesetzt: erstens, dass keine US-Agenten in die terroristischen Kreise eindringen konnten; und zweitens, dass amerikanische Staatsschützer sich selbstverständlich eingeschaltet hätten, um den Anschlag zu verhindern, hätten sie nur im Voraus davon gewusst. Beide Annahmen sind fragwürdig.

Die offizielle Behauptung, es habe "keine menschlichen Informanten" im Zusammenhang mit dem 11. September gegeben, ist natürlich auf der Grundlage empirischer oder gerichtlicher Beweise schwer zu überprüfen oder zu widerlegen. Es liegt in der Natur solcher Aktivitäten, dass sie im Geheimen stattfinden und dem Publikum weitgehend verborgen bleiben. Aber die Glaubwürdigkeit dieser Behauptung muss im Licht der historischen Bilanz der Beziehungen zwischen dem amerikanischen Imperialismus und dem islamischen Fundamentalismus betrachtet werden.

Die Vereinigten Staaten waren über ein halbes Jahrhundert lang tief in den Nahen Osten verstrickt, und in Afghanistan schon seit zwanzig Jahren. US-Geheimdienste haben und hatten lange und enge Verbindungen zu den islamischen Fundamentalisten und ermutigten sie, sich terroristischer Gewalt zu bedienen. Ohne diese Rolle der USA hätte es keine al-Quaida gegeben, bin Laden wäre immer noch Bauunternehmer in Saudi-Arabien und der 11. September hätte niemals stattgefunden.

Die Ursprünge der Mudjahedin

Die Attentäter vom 11. September 2001 waren noch nicht geboren, als die US-Regierung begann, gewalttätige islamische Fundamentalisten zu unterstützen und sie gegen politische Gegner im Nahen Osten zu benutzen. Schon 1950 haben die Vereinigten Staaten und ihr wichtigster verbündeter Staat im arabischen Raum, Saudi-Arabien, fundamentalistischen Gruppen wie der Moslembruderschaft in Ägypten finanzielle Hilfe zukommen lassen. US-Politiker unterstützten die Fundamentalisten gegen den pan-arabischen Nationalismus von Ägyptens Staatschef Gamal Abdel Nasser wie auch gegen sozialistische Elemente in der arabischen Arbeiterklasse, besonders auf den saudischen Ölfeldern.

Ein Beobachter dieses Prozesses schreibt: "In der Zeit von 1958-60 begann das US-Außenministerium, die kommunistische Bedrohung in Nahost zu übertreiben, und die CIA von ARAMCO, und auch die CIAs in Beirut und Kairo begannen, islamisch fundamentalistische Gruppen als Gegengewicht zu Nasser aufzubauen. Zum Teil war dies eine Erweiterung von Kim Roosevelts früherem erfolgreichem Einsatz muslimischer Elemente (Fadayeen Islam) gegen die Linken im Iran. Die anti-Nasser Moslembruderschaft wurde gegründet, und religiöse Führer wurden angestachelt, die UdSSR wegen ihrer anti-muslimischen Politik anzugreifen." (Said K. Aburish, The Rise, Corruption and Coming Fall of the House of Saud, St. Martin's Press, New York 1996, p.161)

Diese Beziehung dehnte sich mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Afghanistan quantitativ und qualitativ immer weiter aus. Schon vor der Invasion des Landes durch die Sowjetunion im Dezember 1979 hatten die Vereinigten Staaten entschieden, den islamisch fundamentalistischen Parteien, die einen Guerillakrieg gegen das Regime in Kabul führten, das im April 1978 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen war und von der Sowjetunion gestützt wurde, finanzielle und militärische Unterstützung zu gewähren.

Zbigniew Brzezinski, nationaler US-Sicherheitsberater, hoffte, dass sich ein ausgewachsener Krieg in Afghanistan für die Sowjetunion als genauso schwächend erweisen würde wie Vietnam für die Vereinigten Staaten. Die Carter-Regierung begann, Waffen und Geld hineinzupumpen, und begünstigte besonders die am weitesten rechts stehenden islamischen Fundamentalisten, die ideologischen Vorläufer der Taliban und Osama bin Ladens.

Carters Nachfolger Ronald Reagan unterstützte die Fundamentalisten begeistert. Er pries politische Organisationen als "Freiheitskämpfer", die sich um die Errichtung eines Staats bemühten, der sich auf eine mittelalterliche Version des islamischen Rechts gründete: eine religiöse Diktatur, die Sklaverei, Unterdrückung der Frauen und barbarische Verstümmelungen für angebliche Gesetzesbrecher praktiziert.

Aber der Mann, der den Titel "Gründervater" der al-Quaida wirklich verdient, ist der Direktor von Reagans CIA, William Casey. Casey initiierte die Kampagne, militante Islamisten aus der ganzen Welt nach Afghanistan zu holen und für die anti-sowjetische Sache zu rekrutieren. Islamische Fundamentalisten aus Dutzenden Ländern - von Marokko bis Indonesien, und sogar einige schwarze Muslime aus den Vereinigten Staaten - reisten mit wohlwollender Zustimmung der CIA nach Afghanistan, wurden an Waffen und Sprengstoffen ausgebildet und zogen mit US-finanzierten Gewehren in den Kampf.

Osama bin Laden selbst war ein Produkt dieses Prozesses. In den frühen achtziger Jahren kam er zum erstenmal als Sympathisant der afghanischen Mudjahedin nach Afghanistan und setzte seine Kenntnisse aus dem Bauwesen ein, um Straßen, Festungen und andere Einrichtungen zu bauen, für die er einesteils aus eigener Tasche bezahlte, zum andern von den USA Geld erhielt. In Afghanistan knüpfte er auch Kontakte zu islamischen Fundamentalisten auf der ganzen Welt, die es später möglich machten, terroristische Attentate gegen US-Objekte auszuführen. Was die Bush-Regierung und die amerikanischen Medien heute als globale Verschwörung islamischer Extremisten dämonisieren, ist also ein Frankensteinmonster, das die amerikanische Regierung selbst geschaffen hat.

Diese Geschichte wird von den bewussteren Strategen des amerikanischen Imperialismus wohl verstanden. Zbigniew Brzezinski bemerkte vor einigen Jahren zynisch, dass das Aufkommen von al-Quaida als akzeptabler Preis für die Förderung amerikanischer Interessen im Nahen Osten und weltweit in Kauf genommen werden müsse. Er sagte einer französischen Zeitung: "Was war in der Weltgeschichte wichtiger? Die Taliban oder der Niedergang des sowjetischen Imperiums? Einige überdrehte Islamisten oder die Befreiung Zentraleuropas und das Ende des Kalten Krieges?" (Interview mit Vincent Javert in Le Nouvel Observateur, 15.-21.Januar 1998)

Al-Quaida und die CIA

Bin Laden wandte sich, wie heute allgemein berichtet wird, 1991-92 gegen die Vereinigten Staaten, nachdem im Verlauf des Golfkriegs ein großes Kontingent amerikanischer Soldaten in Saudi-Arabien eingesetzt worden war. Die offizielle Version lautet, dass dies das Ende aller Kontakte zwischen US-Geheimdiensten und den islamischen Fundamentalisten bedeutete, die daraufhin die al-Quaida aufbauten.

Hier gerät unsere Analyse notwendigerweise auf ein Feld, wo es wenig gesicherte und dünn gesäte Fakten gibt, und wo man auf Schlussfolgerungen und Wahrscheinlichkeiten zurückgreifen muss. Ist es glaubhaft, dass die CIA nach einem Jahrzehnt intimster Verbindungen zu den afghanischen Mudjahedin plötzlich von allen Informationen abgeschnitten war und nicht mehr feststellen konnte, was ihre einstmaligen Proteges machten?

Die unterwürfigen amerikanischen Medien haben niemals in Frage gestellt, was die Bush-Regierung, das Pentagon oder die Sprecher des FBI über dieses Thema sagten, und man sollte nicht darauf bauen, dass ein hochbezahlter amerikanischer Journalist seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt, indem er solche Fragen stellt. Aber die langfristige und vertrauliche Beziehung der CIA mit den afghanischen Mudjahedin lässt es doch unwahrscheinlich erscheinen, dass alle Quellen des Geheimdienstes auf einmal versiegt sind.

Die CIA versteht sich auf eine genaue Kenntnis ihrer Kollaborateure und arbeitete über ein Jahrzehnt mit bin Laden und seinen Sympathisanten und Anhängern zusammen. Selbst heute, nach zehn Jahren zunehmender Feindschaft, stammen diejenigen, die von amerikanischen Regierungs-Quellen als bin Ladens wichtigste Helfer bezeichnet werden, größtenteils aus den Reihen der ägyptischen und Saudi-islamischen Fundamentalisten, die während des Kriegs in Afghanistan radikalisiert worden waren. Die CIA kannte ihre Familien, ihre Schwächen und Laster, und sie war niemals zimperlich im Gebrauch solcher Informationen, um Individuen zu kompromittieren und ihre Zusammenarbeit für ihre Zwecke sicherzustellen.

Das heißt nicht, dass es keinen wirklichen Konflikt zwischen bin Laden und der US-Regierung gegeben habe, oder dass al-Quaida bloß eine Front-Organisation gewesen sei. Es ist nicht nötig, zu solchen Verschwörungstheorien zu greifen, wenn man die Behauptung zurückweist, die US-Regierung habe keine Ahnung von den Plänen der terroristischen Gruppe gehabt. Vielmehr ist die offizielle Version lächerlich und weit hergeholt: die Behauptung, dass der größte und finanziell am besten ausgestattete Geheimdienst der Welt keinen Schwachpunkt in einer Organisation hätte finden können, deren Mitglieder früher in seinen Diensten standen.

Trotz ihrer momentanen Mystifikation in der Öffentlichkeit waren bin Laden & Co ein wesentlich leichter zugängliches Zielobjekt, als zum Beispiel stalinistische Regimes wie in Nordvietnam oder Nordkorea. Die CIA hat seit 1950 Quellen unter den islamischen Fundamentalisten unterhalten. Mehr noch: verbündete Geheimdienste, darunter mindestens diejenigen Ägyptens, Saudi-Arabiens und Pakistans - von Israel ganz zu schweigen - werden wohl ihre eigenen Kontakte gehabt haben.

Die Rolle von Provokateuren

Es ist wichtig, den 11. September im Zusammenhang mit früheren terroristischen Angriffen auf amerikanische Ziele zu untersuchen, besonders mit dem Bombenanschlag von 1993 auf das World Trade Center und denjenigen von 1998 auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania. Bei beiden Attentaten kam heraus, dass amerikanische Provokateure eine entscheidende Rolle spielten. Dies lässt Zweifel an der Behauptung aufkommen, der US-Geheimdienst sei nicht in der Lage gewesen, al-Quaida zu infiltrieren. Und es wirft die Frage auf, ob ähnliche Agents provocateurs auch am 11. September eine Rolle spielten.

Die wegen des Attentats von 1993 auf das World Trade Center Angeklagten, denen auch eine spätere Verschwörung mit dem Ziel, weitere Objekte in New York City in die Luft zu sprengen, zur Last gelegt wurde, waren fast alle früher Guerillakämpfer in Afghanistan gewesen und dann mit verdeckter Unterstützung der US-Geheimdienste in die Vereinigten Staaten eingereist. Unter ihnen war ein früherer ägyptischer Geheimagent und Informant der US-Regierung, Emad Salem, der als der wichtigste Anstifter eines Plans entlarvt wurde, Ziele im Großraum New York City zu bombardieren.

Salem und das FBI sagten aus, er habe von 1991 bis 1992 und dann wieder vom April 1993 an als Informant gearbeitet, allerdings nicht in dem Zeitraum, als das in Frage stehende Attentat vom März 1993 organisiert wurde, bei dem sechs Personen getötet und die Tiefgeschosse der Zwillingstürme zerstört wurden. Dies war offensichtlich ein durchsichtiger Versuch einer Antwort auf die Frage auszuweichen, warum das FBI, durch seinen Informanten gewarnt, nichts unternahm, um das Attentat zu stoppen.

Bei den Ereignissen von 1998 kam heraus, dass die US-Regierung zwei Wochen vor dem Bombenangriff in Kenia gewarnt worden war. Im Prozess vom vergangenen Jahr gegen vier Männer, die der Bombenattentate angeklagt waren, konnten die Verteidiger beweisen, dass US-Beamte die Warnungen nicht an das Personal der bedrohten Botschaften weitergaben, was zur hohen Zahl der Opfer beitrug und besonders unter der lokalen Zivilbevölkerung Opfer forderte, da sich viele zur Zeit der Explosionen in oder in der Nähe der Gebäude aufhielten.

Diese Information kam ebenso wie mindestens eine der Warnungen vor dem 11. September vom israelischen Geheimdienst Mossad. Außerdem war einer der wegen der Bombenangriffe in Kenia und Tansania Angeklagten, Ali A. Mohamed, ein ehemaliger Sergeant der Green Berets und Ausbilder für besondere Kriegsführung; er war ein ehemaliger ägyptischer Sicherheitsoffizier, der mit Unterstützung eines besonderen CIA-Programms zur Verleihung der Staatsbürgerschaft an Schlüsselinformanten in die Vereinigten Staaten eingereist war. Obwohl sich Mohamed angeblich wegen des Golfkriegs von 1991 von der US-Regierung abwandte, diente er noch bis 1995 der Regierung als Informant.

Zweifellos waren diejenigen, die am Bombenangriff von 1993 auf das World Trade Center, an den Angriffen von 1998 auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania und an ähnlichen Gewalttaten teilnahmen, islamische Fundamentalisten, die glaubten, sie würden der US-Regierung damit einen Schlag versetzen. Aber in der trüben Welt der Agenten, Doppelagenten und Agents Provocateurs könnte es wohl sein, dass sie benutzt wurden, um den Zwecken des amerikanischen Imperialismus zu dienen, der terroristische Angriffe - allen voran den vom 11. September - als Vorwand für militärische Aktionen im Ausland und Angriffe auf demokratische Rechte im Innern nutzt.

Terroristische Anschläge auf unschuldige Zivilisten sind politisch reaktionär, ganz unabhängig davon, welches Motiv oder welcher Vorwand ihnen zugrunde liegt. Mehr noch: weil der Terrorismus die bewaffnete Aktion einer kleinen Minderheit als Ersatz für den Kampf zur Entwicklung eines politischen Bewusstseins der Massen betrachtet, ist es für imperialistische Agenten viel leichter, Sympathie zu heucheln, einzudringen und die betreffende Organisation zu manipulieren. Von diesem politischen Standpunkt aus ist die Behauptung, der US-Geheimdienst sei nicht in der Lage gewesen, al-Quaida zu infiltrieren, nicht glaubwürdig.

Einige sonderbare Verbindungen

Der vielleicht verwirrendste Aspekt um den 11. September besteht darin, die wirkliche Beziehung zwischen bin Laden selbst und der US-Regierung herauszuarbeiten. Er war natürlich zehn Jahre lang ein kostbares Pfand der CIA. Er ist einer von mehreren Dutzend Söhnen eines saudischen Baumilliardärs, dessen Familie langjährige Verbindungen zu den Vereinigten Staaten pflegt, insbesondere zur Familie von George W. Bush. (Die bin Ladens waren Investoren der Carlyle-Gruppe, der milliardenschweren Risikokapital-Gesellschaft, die den ehemaligen Präsidenten und Vater des heutigen Präsidenten als hochdotierten "Regenmacher" auf ihrer Gehaltsliste führte, damit er im Nahen Osten die Werbetrommel rühre. Nach dem 11. September haben die bin Ladens ihre Aktien an dieser Firma verkauft.)

Noch 1996, über vier Jahre nachdem Osama bin Laden seine Absicht bekannt gegeben hatte, die USA aus Saudi-Arabien zu vertreiben, lehnte die US-Regierung einen Vorschlag des Sudan ab, ihn auszuliefern. US-Politiker behaupteten, es gebe nicht genug Beweismaterial, um bin Laden vor einem US-Gericht wegen terroristischer Aktionen zu verurteilen. Sogar als sein Name im Zusammenhang mit den Anschlägen von 1998 auf die Botschaften genannt wurde, hatte die CIA überraschend viele Schwierigkeiten, ihn in Afghanistan ausfindig zu machen.

Am 31. Oktober 2001 veröffentlichte die französische Tageszeitung Le Figaro - eine der konservativsten Zeitungen des Landes - eine sensationelle Story: Sie behauptete, dass bin Laden mit CIA-Beamten zusammengetroffen sei, als er sich fast zwei Wochen lang, vom 4.-14. Juli 2001, im amerikanischen Krankenhaus von Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten wegen eines Nierenleidens behandeln ließ.

Der Bericht wurde von US-Politikern und Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate rundheraus abgestritten, und es gibt keine Möglichkeit einer unabhängigen Überprüfung. Aber die Zeitung hat sicherlich gute Verbindungen. Einer ihrer wichtigsten Investoren ist die Carlyle-Gruppe, die private Gesellschaft, die die Bush-Familie und die bin-Laden-Familie direkt verbindet.

Es gibt weitere Indizien dafür, dass die Beziehungen zwischen der US-Regierung und islamischen Terroristen nicht so sind, wie sie in den amerikanischen Medien dargestellt werden.

Da wäre zum Beispiel der Fall von Nabil al-Marabh, der im Juni 2001 in Niagara Falls aufgegriffen wurde, als er, versteckt im Anhänger eines Trucks, mit einem gefälschten Pass die Grenze von New York passieren wollte, und von den US-Einwanderungsbehörden nach Kanada zurückgeschickt wurde. "Neun Monate früher hatte man ihn bei amerikanischen Geheimagenten als einen Beauftragten Osama bin Ladens in den Vereinigten Staaten angezeigt. Amerikanische Zollbeamte wussten von Geld, das er einem Verbündeten von bin Laden in den Nahen Osten überbracht hatte. Und die Bostoner Polizei hatte einen Haftbefehl für ihn herausgegeben, nachdem er seine Bewährungsauflage wegen einer Messerstecherei mit einem Freund verletzt hatte." Al-Marabh wurde in Kanada gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt und später, nach den Anschlägen vom 11. September, in der Nähe von Chicago festgenommen. Während er in Kanada im Gefängnis war, "prahlte Marabh vor seinen Zellengenossen, er sei ein ‚Sonderfall‘ des FBI." ( New York Times, 5. Oktober 2001)

Dann ist da noch der Bericht, der am 24. September in Newsweek erschien. Das Wochenmagazin berichtete, dass am 10. September "eine Gruppe von Top-Pentagon-Beamten plötzlich offensichtlich aufgrund von Sicherheitsbedenken ihre Reisepläne für den nächsten Morgen aufgab". Dies legt nahe, dass bestimmte Leute im amerikanischen Staatsapparat informiert waren - nicht nur über den enormen Umfang des Anschlags, sondern sogar über sein genaues Timing. Unnötig zu sagen, dass keine größere amerikanische Zeitung diesem Bericht nachging.

Und was soll man von einem Artikel halten, der am 23. September in der Washington Post erschien, auf der Titelseite der Zeitung und mit folgender Überschrift in zwei Zeilen: "Untersuchungsrichter identifizieren vier bis fünf mit bin Laden verbundene, in den USA aktive Gruppen. Keine Verbindung zwischen den Mitgliedern dieser ‚Zellen‘ und den 19 Entführern festgestellt, erklären Beamte"?

Der Artikel berichtet, dass das FBI mehrere al-Quaida-Gruppen identifiziert habe, die "in den letzten Jahren" in den Vereinigten Staaten operiert hätten, aber dass keinerlei Verbindungen zwischen ihnen und den 19 Entführern vom 11. September festgestellt worden seien. Dies ist ein erstaunliches Eingeständnis, wenn man bedenkt, dass die gesamte amerikanische Militärkampagne gegen Afghanistan auf der Behauptung beruht, bin Laden sei für die Selbstmordanschläge verantwortlich.

In dem Artikel heißt es weiter: "Das FBI hat keine Verhaftungen vorgenommen, weil die Gruppenmitglieder in den letzten Jahren legal in das Land eingereist waren und sich seither nicht an illegalen Aktivitäten beteiligt haben, wie die Beamten erklären. Regierungspolitiker sagen, es sei ihnen nicht bekannt, warum die Zellen hier seien, was ihr Zweck sei oder ob ihre Mitglieder Attentate planten. Ein Politiker beschrieb ihre Anwesenheit sogar als ‚möglicherweise positiv‘, obwohl andere eine etwas düsterere Interpretation haben und versichern, dass Maßnahmen ergriffen würden, um die Öffentlichkeit zu schützen."

Hier stocken die Sinne: Inmitten einer bundesweiten Netzfahndung, während Hunderte arabische und muslimische Amerikaner nur auf Grund ihrer Herkunft und Religion zusammengetrieben und verhört werden, erklärt das FBI gegenüber der wichtigsten Tageszeitung der Bundeshauptstadt, es habe bekannte Kollaborateure von Osama bin Laden nicht verhaftet, weil sie seit ihrer Ankunft in den USA nichts Falsches getan hätten. Ihre Anwesenheit könne sogar "positiv" sein - eine erstaunliche Charakterisierung, nachdem fast 3.000 Menschen ermordet wurden.

Der Post -Artikel wurde von Bob Woodward und Walter Pincus gemeinsam geschrieben, eine Tatsache, die seine Bedeutung noch steigert. Woodward muss all jenen, die mit dem Watergate-Skandal vertraut sind, nicht mehr vorgestellt werden. Er war der Empfänger der berühmtesten Information, die in der amerikanischen Geschichte je durchgesickert ist. Er bekam Insiderwissen über Nixons Taten in Watergate aus einer Quelle zugespielt, die bei Woodward "tiefer Rachen" heißt und die niemals enttarnt wurde. Man nimmt an, es handle sich um einen Topbeamten im nationalen Sicherheitsapparat. Walter Pincus ist ein Post -Redakteur für nationale Sicherheitsfragen, der über die CIA und das Pentagon schreibt. Er arbeitete in den sechziger Jahren als CIA-Agent, als er Mitglied der National Student Association (nationale Studentenverbindung) war, ein Fakt, der erst zwanzig Jahre später ans Licht kam.

Ein Artikel dieser zwei Personen, noch dazu so prominent auf der ersten Seite der Washington Post publiziert, sollte als halboffizieller Wink der US-Geheimdienste verstanden werden, dass ihre Beziehung zu Osama bin Laden wesentlich komplexer ist, als es in der Propaganda, die jetzt die Medien beherrscht, dargestellt wird.

Die Verweigerung einer Untersuchung

Diese Serie hat die Hinweise darauf zusammengestellt, dass die US-Geheimdienste im Voraus fundierte Kenntnisse über die Anschläge vom 11. September hatten, angefangen bei Einzelheiten über die Methoden und wahrscheinlichen Ziele bis hin zur Identität einer Reihe von Entführern, darunter auch des mutmaßlichen Haupttäters, Mohammed Atta. Es gibt weitere verwirrende und ungeklärte Fragen, wie das Versagen, die Luftabwehr rechtzeitig einzusetzen, um auch nur eins der Flugzeuge abzufangen.

Politisch betrachtet gibt es jedoch einen Hinweis, dass die wirkliche Geschichte des 11. September noch nicht erzählt worden ist, der alle anderen in den Schatten stellt: die Weigerung der Bush-Regierung und des Kongresses, eine Untersuchung über die Terrorangriffe und über die Reaktion der Regierung einzuleiten.

Über vier Monate nach dem größten Massenmord, der je auf US-Boden stattgefunden hat, hat es noch keine Kongressanhörungen gegeben. Es wurde auch keine Untersuchungskommission angekündigt und alle Forderungen nach einem solchen Gremium wurden geflissentlich ignoriert. Selbst interne FBI-Untersuchungen wurden niedergeschlagen. Diese Untätigkeit ist ungewöhnlich und es gibt keine legitime Erklärung dafür. Es stinkt nach einem politischem Vertuschungsmanöver.

Republikaner blockieren eine Zwei-Parteien-Kommission

Die erste Reaktion des Kongresses auf den 11. September bestand darin, eine unabhängige Kommission vorzubereiten, deren Mitglieder von der Kongressführung und vom Weißen Haus ernannt werden sollten, um die Ereignisse zu untersuchen, die zu den Anschlägen geführt hatten, darunter auch das offenkundige Scheitern der US-Dienste, den Selbstmordanschlag aufzuhalten oder zu verhindern. Der Gesetzesentwurf des parlamentarischen Geheimdienstkomitees zur Finanzierung der Geheimdienstoperationen beinhaltete einen solchen Vorschlag. Darauf griff das Weiße Haus ein.

Am 6. Oktober stimmte das Repräsentantenhaus für eine massive Erhöhung der Ausgaben für den Geheimdienst und machte gleichzeitig einen Rückzug bei der Untersuchung der staatlichen Reaktion auf den 11. September. Die republikanische Führung im Parlament schränkte die Befugnisse der Kommission mit einem Zusatz ein, wonach die Kommission nicht berechtigt sei, gerichtliche Vorladungen auszusprechen und Zeugen Immunität zu garantieren. Sie lenkte den Schwerpunkt auf eine Untersuchung der "strukturellen Hindernisse", die der Sammlung und Auswertung von Geheimdienstinformationen im Wege standen. Anders ausgedrückt, anstatt zu untersuchen, weshalb CIA und FBI nicht fähig waren, den 11. September zu verhindern, sollte die Kommission weitgehende neue Vollmachten für die Spionageagenturen vorschlagen.

Es war klar, dass die Republikaner im Kongress damit den Wünschen der Bush-Regierung nachkamen. Die Demokraten verlangten keine namentliche Abstimmung über die Frage und ermöglichten so die reibungslose Annahme des republikanischen Plans. Die New York Times schrieb: "Washington scheint im Moment wenig Lust auf eine Autopsie der Gründe zu haben, warum die Regierung die Verschwörung nicht aufgedeckt und verhindert hat."

Zwei Wochen später erklärten der republikanische Senator John McCain und der demokratische Senator Joseph Lieberman bei einem Fernsehauftritt in "Meet the Press", sie unterstützten die Einrichtung einer unabhängigen Kommission, um die Anschläge vom 11. September zu untersuchen. Lieberman zitierte unter anderem den Präzedenzfall der Sonderkommission, die nach Pearl Harbor hatte untersuchen müssen, wieweit das Militär darauf vorbereitet gewesen war. Der Demokrat sagte, er erwarte, dass die Bush-Regierung einen solchen Vorschlag unterstütze.

Aber am 21. November sagten der demokratische Vorsitzende des Senatsausschusses für die Geheimdienste und seine republikanischen Kollegen, Robert Graham aus Florida und Richard Shelby aus Alabama, eine Untersuchung der Unfähigkeit, die Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon vorauszusehen oder zu verhindern, könne frühestens im Jahr 2002 stattfinden. Auch die parlamentarischen Fraktionsführer stimmten zu, bis zum neuen Jahr zu warten. Graham sagte, es wäre nicht angemessen, eine solche Untersuchung noch während des Afghanistankrieges durchzuführen, und Shelby bezeichnete eine Untersuchung als Ablenkung. Beide Senatoren sagten, sie hätten Kontakt zum Weißen Haus, das ihrer Entscheidung zustimme, die Anhörungen zu verschieben.

Gleichzeitig griff das FBI ein und unterband jede ernsthafte kriminalistische Untersuchung der Selbstmordattentate. Die New York Times berichtete am 8. Oktober: "Das Justizministerium und das Federal Bureau of Investigation haben Agenten im ganzen Land angewiesen, ihre Ermittlungen über die terroristischen Angriffe vom 11. September einzuschränken, um Spuren verfolgen zu können, die eine mögliche zweite drohende Angriffsserie verhindern könnten, wie führende Justizbeamte erklärten."

Kurze Zeit später gaben zwei führende FBI-Beamte ihren Rücktritt bekannt. Neil J. Gallagher kündigte an, er werde seinen Posten als Chef der nationalen Sicherheitsabteilung räumen. Thomas J. Pickard, amtierender Chef der Untersuchungen über den 11. September, erklärte der Behörde am 31. Oktober, er werde ebenfalls zurücktreten. Beide Rücktritte traten am 30. November in Kraft.

Pickard hatte viele frühere Terrorismus-Untersuchungen für das FBI geleitet und war erst 50 Jahre alt. Sein plötzlicher Rücktritt unter Bedingungen des Kriegs ist deshalb umso außergewöhnlicher. Unter anderen Umständen hätten dies die Medien als Fahnenflucht verurteilt oder umgekehrt als Beispiel für die Säuberung des FBI nach einem verheerenden Versagen gepriesen. Stattdessen fand der Rücktritt des Mannes, der für die Untersuchung über den 11. September zuständig war, so gut wie kein Medienecho.

Der Präzedenzfall Pearl Harbor

Die Weigerung, eine Untersuchung über den 11. September durchzuführen, wurde abwechselnd damit begründet, dass eine solche Untersuchung zu Kriegszeiten unangebracht sei oder dass sie zum Anlass für gegenseitige Schuldzuweisungen werden könnte.

Wie die Erfahrung der Clinton-Regierung gezeigt hat, gibt es im heutigen Washington keine Skrupel, politische Differenzen mit Hilfe von Sündenböcken oder Untersuchungen auszukämpfen. Man stelle sich die Reaktion der Republikaner im Kongress vor, wenn der 11. September ein Jahr früher stattgefunden hätte. Aber wie der Kolumnist der New York Times, R.W. Apple, am 14. Dezember bemerkte: "Bis jetzt waren überraschend wenig Leute in der Regierung oder außerhalb bereit, den Diensten Versagen vorzuwerfen. Und kein Stimmenchor hat sich erhoben, um den Kopf von Geheimdienstdirektor George J. Tenet zu fordern."

Das Argument, während eines Krieges könne keine größere Untersuchung durchgeführt werden, wird durch den Präzedenzfall von Pearl Harbor gründlich widerlegt. Innerhalb eines Monats nach jenem Angriff richtete Roosevelt eine Kommission ein, an deren Spitze Richter Owen Roberts vom Obersten Gerichtshof stand, um das Verhalten der Militärkommandanten in Pearl Harbor zu untersuchen. Die Kommission vernahm Zeugen, veröffentlichte ihre Erkenntnisse und rügte die zwei leitenden Offiziere von Pearl Harbor, deren Karrieren dadurch beendet wurden, ohne dass der Kriegseinsatz der USA auch nur im mindesten beeinträchtigt wurde.

Wenn die US-Regierung damals, als sie die bis dahin größte militärische Mobilmachung gegen zwei mächtige Gegner, das kaiserliche Japan und Nazi-Deutschland, durchführte, in der Lage war eine Untersuchung durchzuführen, warum soll es dann heute, wo der angebliche Feind aus einer kleinen Terroristenbande besteht, die ihren Stützpunkt im ärmsten Land der Welt hat, unmöglich sein?

Das Weiße Haus und seine Apologeten berufen sich immer wieder auf den Zweiten Weltkrieg, um die von Bush verordneten geheimen Militärtribunale für mutmaßliche Terroristen zu rechtfertigen. Als Präzedenzfall führen sie ein Militärtribunal an, das mit Roosevelts Billigung acht gefangene deutsche Saboteure verurteilte. Aber sie übersehen das Beispiel des Zweiten Weltkriegs geflissentlich, wenn es um die Untersuchung des "hinterhältigen Angriffs" vom 11. September geht.

(Das Beispiel von Roosevelts Tribunalen ist vielleicht unbeabsichtigt entlarvend, da er damals den nicht-öffentlichen Prozess nicht aus Gründen der militärischen Notwendigkeit anordnete, sondern weil führende Beamte aus dem Geheimdienst und Militär mit politischen Peinlichkeiten rechnen mussten. Zwei der acht Saboteure hatten sich selbst an die Behörden gewandt, als sie in die USA eingereist waren, aber das FBI hatte ihre Berichte ursprünglich nicht glauben wollen und hatte ihre ersten Telefonkontakte als "dumme Streiche" bezeichnet. Der FBI-Direktor J. Edgar Hoover wollte diese Nachlässigkeit vertuschen, während das Kriegsministerium verhindern wollte, dass bekannt wurde, wie problemlos die Acht von deutschen U-Booten in Florida und Long Island abgesetzt worden waren - eine Tatsache, die zwar das Nazi-Oberkommando, nicht aber der amerikanischen Öffentlichkeit wusste.)

Ein weiterer Vorstoß für eine Untersuchung

Am 20. Dezember, zwei Monate nach ihren ersten Erklärungen, veröffentlichten McCain und Lieberman einen Gesetzesvorstoß für die Einrichtung einer 14-köpfigen Untersuchungskommission. Sie sollte aus Mitgliedern beider Parteien bestehen und dem Vorbild der Warren-Kommission oder der Pearl-Harbor-Untersuchung folgen. Vier Mitglieder sollten von Bush und zehn weitere von Kongressführern beider Parteien ernannt werden. McCain schlug die ehemaligen Senatoren Gary Hart und Warren Rudman als mögliche gemeinsame Vorsitzende vor. Sie hatten eine frühere Kommission geleitet, die 1999 vorausgesagt hatte, dass bei zukünftigen Terrorattacken "Amerikaner wahrscheinlich auf amerikanischem Boden und möglicherweise in großer Anzahl sterben werden".

McCain sagte, er und Lieberman seien mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit getreten, weil "es in allen Diensten Widerstand gegen eine unabhängige Untersuchung gibt".

McCain begründete den Vorschlag einer gemeinsamen Untersuchung von Exekutive und Legislative mit den Worten: "Weder die Regierung, noch der Kongress sind in der Lage, eine gründliche, unparteiische, unabhängige Untersuchung durchzuführen, was wirklich am 11. September geschah."

Anne Womack, eine Sprecherin des Weißen Hauses, gab eine unverbindliche Antwort auf die Vorschläge und wiederholte die Ausflüchte für die Tatenlosigkeit des Weißen Hauses. "Wir freuen uns, sie zu überprüfen," sagte sie. "Im Moment konzentriert sich der Präsident gerade darauf, den Krieg gegen den Terrorismus zu führen."

Die New York Times berichtete über die neuen Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung und schrieb: "Für die Demokraten sagte ein führender Kongressmitarbeiter, die verwirrte Antwort der Regierung auf die Milzbrandsporen, die in Briefen an die Senatoren Tom Daschle, Demokrat aus South Dakota, und Patrick J. Leahy, Demokrat aus Vermont, geschickt worden waren, hätten im Senat Wirkung gezeigt und ein größeres Interesse an einer gründlichen Unteersuchung gegen die Regierung bewirkt, die sich auch auf ihren offensichtlichen Mangel an Plänen zur Bekämpfung des Bioterrorismus erstrecken müsste."

Wir sind berechtigt, diese äsopische Sprache im Licht dessen zu interpretieren, was wir über die Milzbrandangriffe wissen. Es handelte sich dabei um hochwirksame Sporen, die aus einem geheimen Programm der US-Armee für biologische Kriegsführung stammen. Die Anthraxanschläge waren ein Versuch, die Führung der Demokraten im Kongress umzubringen. Das wird auch von einigen Demokraten so gesehen, und vermutlich auch von McCain, der sich deshalb zu dieser sehr vorsichtigen und zaghaften Reaktion bemüßigt sah.

Es wäre töricht, auch nur das geringste Vertrauen in solch halbherzigen Schritte zu setzen. Die Reaktionen der Demokratischen Partei auf staatliche Provokationen und Angriffe auf demokratische Rechte folgen im letzten Vierteljahrhundert einer ständigen Abwärtskurve: Von der begrenzten Entlarvung des Watergate-Skandals und der Church-Kommission über CIA- und FBI-Verbrechen von 1973-76, über die Unfähigkeit, das Mauern der Reagan-Regierung in der Iran-Contra-Affäre von 1987 zu durchbrechen, bis hin zur Selbsterniedrigung vor der rechten Kampagne zur Destabilisierung der Clinton-Regierung, die im Amtsenthebungsverfahren gipfelte.

Provokation und Krieg

Die Informationen, die in dieser Serie zusammengefasst wurden, enthalten ausschließlich Fakten, die in den USA und in internationalen Medien veröffentlicht wurden. Die Öffentlichkeit hat keinen Zugang zu den viel umfangreicheren Daten, gestützt auf elektronische Spionage, geheime Überwachung und andere Quellen, die dem amerikanischen Geheimdienstapparat in der Zeit vor dem 11. September zur Verfügung standen. Aber selbst diese begrenzte Auswahl beweist die Verlogenheit der Behauptungen, das World Trade Center sei einem Überraschungsangriff zum Opfer gefallen, den man nicht voraussehen konnte.

Bei der Untersuchung jedes Verbrechens muss eine zentrale Frage lauten: "Wem nützt es?" Die Hauptnutznießer der Zerstörung des World Trade Center befinden sich in den Vereinigten Staaten: die Bush-Regierung, das Pentagon, die CIA und das FBI, die Kriegswaffenindustrie, die Ölindustrie. Es ist gerechtfertigt zu fragen, ob jene, die in einem solchen Ausmaß von dieser Tragödie profitierten, nachhalfen sie herbeizuführen.

Wer glaubt, es sei unvorstellbar, dass die US-Regierung eine solche Tat begehen könnte, wäre gut beraten, aus der Geschichte zu lernen. Seit die Vereinigten Staaten vor hundert Jahren zu einer Weltmacht wurden, hat die herrschende Klasse in nahezu jedem Krieg zu Maßnahmen und Gewalttaten ähnlicher Art gegriffen, um die instinktive Abneigung der amerikanischen Bevölkerung vor internationalen Konflikten zu überwinden.

In einigen Fällen war der Casus belli restlos konstruiert, wie bei dem Zwischenfall im Golf von Tonkin 1964, der dazu führte, dass der Kongress eine Resolution annahm, die das massive Eingreifen der USA in Vietnam erlaubte. Oder der Vorwand war ein Unfall - wie die Explosion, die das Kriegsschiff Maine in Havanna 1898 zerstörte und zum Auftakt für den spanisch-amerikanischen Krieg wurde. Aber in den meisten Fällen waren die Ereignisse, die als Auslöser für Kriege gewählt wurden, bis zu einem gewissen Grad von der US-Regierung hinter den Kulissen manipuliert worden.

Als 1915 die Lusitania sank, war dies das voraussehbare Resultat der Entscheidung der Wilson-Regierung, Passagierschiffen den Waffentransport für die britisch-französische Seite im ersten Weltkrieg zu erlauben. Als ein deutsches U-Boot dieses Schiff torpedierte - was zum Verlust von 1.200 Menschenleben führte - trug der darauf folgende öffentliche Aufschrei dazu bei, den Kriegseintritt der USA zu begünstigen. In ähnlicher Weise war auch Pearl Harbor von der Roosevelt-Regierung einkalkuliert worden - wenn nicht mit exaktem Datum und Ort, so doch als hohe Wahrscheinlichkeit eines präventiven japanischen Angriffs, nachdem die USA im Sommer 1941 alle Öl- und Schrottmetall-Transporte eingestellt hatten.

Einen plumperen Fall von Manipulation stellt die irakische Invasion von Kuwait im August 1990 dar, die zur willkommenen Gelegenheit für den umfangreichen - und offenbar unbefristeten - Einsatz von US-Truppen und Kriegsschiffen im persischen Golf und auf der arabischen Halbinsel wurde.

Während der achtziger Jahre war Saddam Hussein de facto ein militärischer Verbündeter der Vereinigten Staaten. Er erhielt Informationen der US-Geheimdienste und amerikanische Waffenlieferungen zur Unterstützung seines Kriegs gegen den Iran. Nachdem der Iran gezwungen worden war, 1988 einen Waffenstillstand zu akzeptieren, der den Irak stark begünstigte, bestand die Hauptsorge der USA (und Saudi-Arabiens) darin, Bagdad daran zu hindern, dank seines kriegserprobten Millionenheers zur vorherrschenden Macht am Persischen Golf aufzusteigen.

Es ergaben sich eine Reihe von Konflikten, die zum großen Teil von Kuwait provoziert worden waren. Das ölreiche Emirat forderte die sofortige Rückzahlung der Milliarden, die es dem Irak im Krieg geliehen hatte, während es begann, Öl aus den Rumaila-Feldern zu fördern, die hauptsächlich auf der irakischen Seite der Grenze liegen, wodurch der Irak in eine ernste Finanzkrise geriet. Zur Vergeltung steigerte sich Saddam Hussein in eine säbelrasselnde Rhetorik. Er bezeichnete Kuwait als die verlorene neunzehnte Provinz des Irak, die dem Land durch den britischen Imperialismus gestohlen worden sei.

Die Reaktion der USA auf diesen Konflikt war bemerkenswert zurückhaltend. Bei ihrem berüchtigten Zusammentreffen mit Saddam Hussein einen Monat vor der irakischen Invasion erklärte die US-Botschafterin April Glaspie, dass Iraks Konflikt mit Kuwait eine Sache sei, die sie ausschließlich unter sich lösen müssten, und dass sich die Vereinigten Staaten da nicht einmischen würden. Inzwischen entwarf General Norman Schwarzkopf auf Anweisung Colin Powells, der damals Chef des Generalstabs war, Pläne für eine massive, gegen den Irak gerichtete US-Militärintervention am Persischen Golf. Diese Sandkastenspiele waren im Juli 1990, wenige Tage nach dem Treffen zwischen Glaspie und Hussein, abgeschlossen.

Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die USA einen irakischen Angriff stillschweigend guthießen, um so einen Vorwand für die Zerschlagung des irakischen Heeres zu schaffen und das langgehegte Ziel der US-Außenpolitik zu erreichen, eine strategische amerikanische Militärvorherrschaft im ölreichen persischen Golf zu errichten. Auf die gleiche Weise hat Bush die Katastrophe mit dem World Trade Center als willkommene Gelegenheit benutzt, um amerikanische Militärkräfte nach Zentralasien und in das kaspische Becken zu bringen, eine Region mit riesigen, unerschlossenen Ölreserven, die vermutlich als Persischer Golf des 21. Jahrhunderts gelten wird.

Nach der irakischen Invasion in Kuwait wurden US-Politiker in dem Sinne zitiert, dass sie nicht geglaubt hätten, Saddam Hussein würde das ganze Land besetzen. Mit andern Worten, sie hatten seinen Appetit in der Erwartung eines bloßen Grenzkonflikts angeregt, bei dem die USA als Schiedsrichter hätten intervenieren können, was ihre Rolle in der Golfregion gestärkt hätte. Eine ähnliche Fehlkalkulation könnte bei den Selbstmordanschlägen vom 11. September vorgelegen haben, die sich in der Konsequenz als weit verheerender erwiesen, als erwartet wurde.

Es ist nicht möglich, gestützt auf die aktuell zugänglichen Fakten genau zu bestimmen, in welchem Maß genau die amerikanische Regierung im Voraus über die Katastrophe vom World Trade Center Bescheid wusste. Aber die Frage verdient eine so gründliche Untersuchung wie nur möglich.

Alternative Erklärungen - dass das FBI und die CIA auf eine derart spektakuläre Art unfähig waren, dass es schon an kriminelle Nachlässigkeit grenzt - lassen die US-Regierung auch nicht in besserem Licht erscheinen. Diese verlangt von der amerikanischen Bevölkerung blindes Vertrauen in eine unbegrenzte und unbefristete Militärkampagne, während sie gleichzeitig den Massenmord an Tausenden ihrer eigenen Bürger entweder zuließ oder nicht verhindern konnte.

Siehe auch:

Terrorangriff auf New York und Washington
(5. Januar 2002)

The strange case of Zacarias Moussaoui: FBI refused to investigate man charged in September 11 attacks

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