Die politische Ökonomie des "Friedensprozesses" in Sri Lanka

Wenn die Staatskrise, die Präsidentin Kumaratunga vergangene Woche durch die widerrechtliche Entlassung von drei Ministern auslöste, in mancher Hinsicht wie eine komische Oper anmutete, so lag dies weniger am Schauspieltalent der Akteure, als an grundlegenden Veränderungen, die sich in der Weltwirtschaft und der Stellung Sri Lankas darin vollzogen haben.

Während Kumaratunga und Premierminister Wickremasinghe deklamierend auf und ab stolzierten, wurden die eigentlichen Entscheidungen anderswo getroffen: in erster Linie in Washington und zu einem gewissen Grade auch in Neu Delhi. Wickremasinghes Gelassenheit inmitten der Krise erklärte sich daraus, dass er sich der Unterstützung der maßgeblichen Instanzen gewiss war.

Als er letzten Freitag von seinem USA-Besuch nach Colombo zurückkehrte, prahlte Wickremasinghe: "Präsident George W. Bush hat zum Ausdruck gebracht, dass meine Führung und der von meiner Regierung eingeleitete Friedensprozess sein volles Vertrauen genießen. Die Unterstützung der amerikanischen Regierung und des Kongresses gehört mir und unserer Regierung, die das Mandat der Bevölkerung besitzt." Man beachte die Reihenfolge: Zuerst Bush, dann das amerikanische Parlament, und am Schluss das Mandat der srilankischen Bevölkerung.

In Singapur, wo der Verlauf des Staatsstreichs genau verfolgt wurde, verwies ein Leitartikel der Straits Times am 10. November auf das wirkliche Kräfteverhältnis. Wickremasinghes Entscheidung, nach dem Bekanntwerden von Kumaratungas Vorgehen nicht sofort nach Hause zu eilen, war "eine kluge Taktik", hieß es darin. Er sicherte sich zunächst "die persönliche Unterstützung" Bushs und "kehrte, als er sich dieser vergewissert hatte, am Freitag siegessicher nach Colombo zurück".

Eingedenk der mehrheitlich anti-imperialistisch eingestellten Bevölkerung bemühten sich die Spitzenpolitiker Sri Lankas in früheren Zeiten auch dann um den Anschein nationaler Unabhängigkeit, wenn sie hinter verschlossenen Türen mit den Führern des Weltimperialismus zusammenarbeiteten. Immerhin hatte Wickremasinghes Onkel, der ehemalige Präsident Junius Richard Jayawardene - auf den die Ausstattung des jetzt von Kumaratunga bekleideten Präsidentenamtes mit Exekutivvollmachten zurückgeht - wegen seiner offenkundigen Willfährigkeit gegenüber den USA den Spitznamen "Yankee Dick" erhalten.

Die Zeiten haben sich geändert. Heute beruft man sich ungeniert auf die USA als wichtigsten Faktor für die politische Zukunft Sri Lankas. Dies unterstreicht nur, dass die Nachkriegsära der nationalen Unabhängigkeit ein für alle Mal vorbei ist. Große Teile der Welt werden auf den Status regelrechter Kolonien zurückgeworfen, sei es durch militärische Gewalt oder vermittels ökonomischer Prozesse.

Das Ende der ökonomischen nationalen Unabhängigkeit

In den 1930er Jahren, als immer mehr Kolonien ihre Unabhängigkeit anstrebten, beschrieb Leo Trotzki die Beziehung zwischen diesem Kampf und der sozialistischen Revolution. Der Kampf der kolonialen Massen um unabhängige Nationalstaaten, betonte er, war von Grund auf fortschrittlich. Er richtete sich gegen die politische und ökonomische Rückständigkeit der Kolonien selbst und gegen die imperialistischen Mächte.

"Es muss jedoch von vornherein klar sein", fuhr er fort, "dass die verspäteten Revolutionen in Asien und Afrika keine Epoche der Renaissance des Nationalstaats eröffnen können. Die Befreiung der Kolonien wird lediglich eine gigantische Episode der sozialistischen Weltrevolution sein... Das nationale Problem verschmilzt überall mit dem sozialen. Nur die Machteroberung des Weltproletariats kann sämtlichen Nationen unseres Planeten wirkliche und dauerhafte Entwicklungsmöglichkeiten sichern." (Writings 1933-34, S. 306)

In Sri Lanka (Ceylon) setzten die Trotzkisten der Bolshevik Leninist Party of India (BLPI) und der Lanka Sama Samaja Party (LSSP) die Perspektiven der Vierten Internationale im Kampf gegen den britischen Kolonialismus in die Tat um. Als das Land unter der Soulbury-Verfassung von 1948 in die Unabhängigkeit entlassen wurde, erklärte Colvin R. de Silva, der Vorsitzende der BLPI, dass die Bevölkerung keinen Grund zum Feiern habe. Der neue Status bedeute keine wirkliche Unabhängigkeit, sondern "eine Umschmiedung der Ketten, mit denen Ceylon an die Sklaverei gegenüber dem britischen Imperialismus gefesselt ist". Die Niederhaltung der Massen sei nun in die Hände der "eigenen" Bourgeoisie Ceylons übergegangen, während sich der britische Imperialismus im Hintergrund halte.

Doch das Ende des Kolonialismus erzeugte einen starken politischen Druck. Die 1950er Jahre schienen den ehemaligen Kolonien neue Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Es war die Ära der nationalen Unabhängigkeit und des Aufbaus nationaler Volkswirtschaften, verkörpert durch Nehru in Indien, Nasser in Ägypten, Sukarno in Indonesien und Nkruma in Ghana. Man sprach von einer Form des "afrikanischen Sozialismus" oder gar von "Nehru-Sozialismus". Letzterer fand ein Echo in Sri Lanka, wo die SLFP, die Partei der bürgerlichen Nationalisten, eine "sozialistische" Politik vertrat, die auf der staatlichen Steuerung des Wirtschaftslebens basierte.

Der öffentliche Sektor wurde ausgeweitet, man führte eine Rentenversicherung, eine Krankenversicherung und Subventionen für Nahrungsmittel ein. Damals genoss die Bevölkerung Sri Lankas den höchsten Lebensstandard in ganz Asien.

Doch die Nachkriegsstabilisierung des Weltkapitalismus, die den Rahmen für diese Entwicklung bildete, hatte auch Auswirkungen auf die Vierte Internationale. Eine opportunistische Tendenz unter der Führung von Michel Pablo und Ernest Mandel gelangte zu der Auffassung, dass Trotzkis Perspektiven angesichts der "neuen Weltrealität" versagt hätten bzw. bedeutungslos geworden seien. Sie ersetzten das Programm der internationalen sozialistischen Revolution durch nationale Taktiken, die auf unmittelbare politische Erfolge im nationalen Milieu ausgerichtet waren.

Die LSSP passte sich immer mehr an die staatliche Struktur an, die von den Imperialisten und ihren Kollaborateuren in der srilankischen Bourgeoisie geschaffen worden war, und trat im Jahr 1964 schließlich der kapitalistischen Koalitionsregierung unter Bandaranaike bei. Nachdem er 1970 abermals einer solchen Koalitionsregierung beigetreten war, verfasste der LSSP-Vorsitzende Colvin de Silva 1972 eine neue Verfassung, die den singhalesischen Chauvinismus festschrieb. Das Singhalesische wurde zur einzigen Staatssprache und der Buddhismus zur Staatsreligion erhoben.

Opportunisten versuchen ihre Verrätereien immer mit dem Argument zu rechtfertigen, dass ihre Politik die "realistischere" sei. Die Grundsätze der revolutionären Bewegung, erklären sie, mögen sich wunderbar anhören, seien letztlich aber nur ein "großer Traum". In Wirklichkeit beweist die Geschichte, dass gerade die Perspektive der nationalen ökonomischen und politischen Unabhängigkeit für die Kolonien eine Fiktion war.

Diese Perspektive, so einflussreich sie zeitweilig war, beruhte auf zwei vorübergehenden Voraussetzungen: dem Nachkriegsboom des Weltkapitalismus und dem Kalten Krieg. Ersterer bot die materiellen Mittel für ein wenn auch begrenztes Wirtschaftswachstum. Letzterer verschaffte den bürgerlich-nationalistischen Führern einen gewissen Spielraum, denn er ermöglichte ihnen, die imperialistischen Mächte und die Sowjetunion gegeneinander auszuspielen, um ihnen ökonomische und politische Zugeständnisse abzutrotzen.

Der Nachkriegsboom endete Mitte der 1970er Jahre mit dem Einbruch der tiefsten Rezession seit den 1930er Jahren. Die Folgen für Sri Lanka waren verheerend; das national orientierte Programm der Koalitionsregierung, auf dem die "sozialistischen" Ansprüche beruht hatten, konnte nicht mehr umgesetzt werden.

Die Regierung reagierte auf ihre zunehmenden Zahlungsbilanzprobleme und auf die beschleunigte Inflation, indem sie auf binnen- und außenwirtschaftlicher Ebene zusätzliche staatliche Auflagen und Kontrollen einführte. Doch diese Maßnahmen verschärften nur die wirtschaftlichen Probleme und riefen den Hass breiter Bevölkerungsschichten hervor. Die Kürzungsmaßnahmen gingen so weit, dass den Menschen vorgeschrieben wurde, was sie essen durften und was nicht. Die Lebenshaltungskosten stiegen wie nie zuvor, und die Einfuhrbeschränkungen steigerten die Arbeitslosigkeit. Angesichts der zunehmenden Opposition fiel der Regierung schließlich nichts anderes mehr ein, als unter Anwendung von Notstandsbestimmungen Streiks zu verbieten.

Bei den Wahlen von 1977 erlitt die Bandaranaike-Regierung eine klare Niederlage. Die SLFP gewann nur noch 8 von 168 Parlamentssitzen.

Die Hinwendung zum "freien Markt"

Die Wirtschaftskrise in Sri Lanka war Teil einer weltweiten Entwicklung. In den Jahren 1979-80 veranlasste der Vorsitzende der US-amerikanischen Zentralbank eine Erhöhung der Leitzinsen, die verheerende Folgen für die so genannten Entwicklungsländer nach sich zog, da sie alle von Krediten aus dem Ausland abhingen. Die Volkswirtschaften Lateinamerikas erlebten ein "verlorenes Jahrzehnt", in dem das Wirtschaftswachstum zum Erliegen kam. Die afrikanischen Länder südlich der Sahara haben sich bis heute nicht von dem damaligen Schock erholt. Unter der Knute der "Strukturanpassungsprogramme" des Internationalen Währungsfonds wurde die nationale Wirtschaftsentwicklung, die auf der Importsubstitution basierte, durch die Politik der "Marktöffnung" und der Exportorientierung ersetzt.

Die UNP-Regierung, die 1977 an die Macht kam, begann mit der Umsetzung dieser neuen Strategie. Staatliche Auflagen und Bestimmungen wurden abgeschafft und die Volkswirtschaft nach außen hin geöffnet. Dies galt auch für das Bank- und Finanzwesen. Die Folge war ein rascher Anstieg der Außenverschuldung. Von 1960 bis 1969 war die Verschuldung Sri Lankas gegenüber dem Ausland von $ 62 Millionen auf $ 231 Millionen gestiegen, im Jahr 1974 betrug sie $ 380 Millionen, und von 1977/78 an schnellte sie regelrecht in die Höhe, so dass sie 1986 einen Stand von knapp $ 4 Milliarden erreicht hatte.

Die Marktöffnungspolitik der Regierung und der damit einhergehende Angriff auf den Lebensstandard der Bevölkerung wurde von einer gezielten Spaltung der Volksgruppen begleitet. Genau wie Bandaranaike das sich abzeichnende Scheitern ihrer nationalistischen Strategie bemäntelt hatte, indem sie auf die chauvinistische Karte setzte, so sah auch die Jayawardene-Regierung in dieser Spaltung ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung des "freien Marktes". Die anti-tamilischen Pogrome zu Beginn der 1980er Jahre führten direkt zum Ausbruch des Bürgerkriegs 1983.

Die repressiven Maßnahmen der Regierung, die mit dem Krieg verbunden waren und Millionen Menschen in nie gekanntes Elend stürzten, dienten auch der Durchsetzung umfangreicher Privatisierungen. Im Jahr 1987 wurde der Verkauf staatlicher Unternehmen erstmals zur offiziellen Politik erklärt. Seither sind mehr als 80 öffentliche Unternehmen in privaten Besitz überführt worden. Im Jahr 2000 war der Anteil der Beschäftigten im öffentlichen Sektor von 21,5 Prozent auf 13,6 Prozent zurückgegangen.

Diese Privatisierungen spülten zwar etwas Geld in die Staatskasse, reichten aber bei weitem nicht aus, um die Kriegskosten zu decken. Schätzungen gehen davon aus, dass der Krieg den Staat in den 1990er Jahren pro Tag $ 77,5 Millionen kostete!

Im April/Mai 2000 zerschlugen sich die Siegesaussichten der Regierung vollends, nachdem die LTTE mit der Eroberung des Elefantenpasses, des Zugangs zum Norden des Landes, der Armee einen schweren Schlag versetzt hatte.

Verschlimmernd kam hinzu, dass die Wirtschaftsleistung im folgenden Jahr um 1,4 Prozent schrumpfte - das erste Jahr mit negativem Wachstum in der Geschichte Sri Lankas - und die Außenverschuldung stark anstieg. Die Gesamtverschuldung des Staates stieg auf nahezu 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Außenverschuldung näherte sich der Grenze von $ 10 Milliarden. Im Januar 2001 hatte der Internationale Währungsfonds Sri Lanka einen Kredit in Höhe von $ 253 Millionen gewährt, und die Zentralbank hatte den Wechselkurs der Rupie freigegeben.

Mit der Rückkehr einer UNP-Regierung unter Wickremasinghe im Dezember 2001 begannen ernste Verhandlungen mit dem IWF über einen neuen Kredit. Der IWF, der die Interessen der stärksten Finanzinstitutionen der Welt vertritt, macht Kredite grundsätzlich von der wirtschaftlichen "Umstrukturierung" der Empfängerländer abhängig. Früher bezeichnete man die entsprechenden Maßnahmen als "Strukturanpassungsprogramme". Doch nachdem mittlerweile klar geworden ist, wohin sie geführt haben - besonders in Afrika, dessen arme Länder weitaus mehr Geld für ihren Schuldendienst aufwenden, als für die Bildung und das Gesundheitswesen - sah sich der IWF gezwungen, eine andere Bezeichnung zu finden.

Colombo beantragte also einen Kredit im Rahmen der "Fazilität für Armutsbekämpfung und Wachstum", der vergünstigten Fazilität für Länder der unteren Einkommensgruppe. Im Rahmen dieses Verfahrens musste die Wickremasinghe-Regierung dem IWF zunächst ein Strategiepapier zur Armutsbekämpfung (Poverty Reduction Strategy Paper, PRSP) vorlegen, in dem sie darstellen sollte, wie sie die Auflagen des IWF zu erfüllen gedachte.

Dieses Papier legte die Regierung im Dezember 2002 vor. Es umfasst 252 Seiten und trägt den Titel "Die Rückgewinnung Sri Lankas". Die mit "Wachstumsvisionen" überschriebene Einleitung ist ein einziges Lamento der srilankischen Bourgeoisie über die verpassten Gelegenheiten der vergangenen zwanzig Jahre.

"Die Wahrheit", heißt es eingangs, "lautet, dass Sri Lanka in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt - einer Krise, die aus der Verschuldung herrührt." Wenn dieser Krise nicht bald Einhalt geboten würde, dann würde sich "die Arbeitslosigkeit und das Einkommen der Bevölkerung auf Generationen hinaus in keiner Weise verbessern".

Mit dieser Aussage gesteht die herrschende Elite Sri Lankas, wie jeder objektiven Beobachter zugeben muss, nach mehr als fünfzig Jahren an der Macht ihre völlige Regierungsunfähigkeit ein. Doch gemäß der verdrehten Logik der Regierung spricht gerade diese Krise, für die sie und ihre Vorgänger verantwortlich sind, unwiderlegbar für eine raschere Umsetzung der gemeinsam mit dem IWF konzipierten Politik des "freien Marktes".

Die in das Papier eingestreuten Bemerkungen über Armutsbekämpfung sind nur schmückendes Beiwerk. Die eigentliche Motivation für das neue Programm besteht in der Befürchtung, dass Sri Lanka, nachdem es ohnehin wertvolle Zeit verloren hat, im Kampf um eine einträgliche Nische in der neuen globalen Wirtschaftsordnung noch weiter hinter seine Rivalen in der Ostpazifikregion zurückfallen könnte.

"Sri Lanka", fährt das Dokument fort, "begann im Jahr 1977 mit der Liberalisierung seiner Volkswirtschaft. Seither hat es erhebliche Fortschritte gemacht. In den letzten Jahren gerieten diese Fortschritte im Vergleich zu vielen anderen Ländern jedoch ins Stocken oder kamen ganz zum Erliegen. Viele andere Länder haben den Prozess der wirtschaftlichen Reform und Integration rasch und erfolgreich weitergeführt... Sie verfolgten während dieser Zeit eine offenere Wirtschaftspolitik und knüpften engere ökonomische Verbindungen. Leider ist unser Land zurückgefallen. Es hielt nicht Schritt oder setzte die Reformen nicht um, die für den Aufbau einer starken Wirtschaft unverzichtbar sind."

Anschließend beschreibt das Papier den "weiteren Weg", d. h. das vom IWF diktierte Standardprogramm: Kürzung der Staatsausgaben, Privatisierung von Staatsunternehmen, Arbeitsplatzabbau in allen Branchen. Die Überwindung der Schuldenkrise erfordere "Kürzungen oder Einschränkungen auf vielen Gebieten". Um die Produktivität zu steigern - "eine nie abgeschlossene Aufgabe" - müsse man "auf der ganzen Welt aggressiv nach Investitionsmöglichkeiten und Märkten für unsere Güter und Dienstleistungen suchen". Vor allem sei es notwendig, den "Prozess der Privatisierung unternehmerischer Tätigkeiten zu beschleunigen", damit sie "vom Privatsektor in produktiverer Weise bewältigt werden können", und eine "größere Flexibilität der Arbeitnehmer beim Stellenwechsel" zu gewährleisten - ein Euphemismus für Arbeitslosigkeit und nicht abgesicherte Beschäftigungsverhältnisse.

Dem PRSP folgte eine "Absichtserklärung" der Regierung an die Adresse des IWF, in der die vorgesehenen politischen Veränderungen im Einzelnen aufgeführt werden. Außerdem erklärt die Regierung ihre "Bereitschaft zu zusätzlichen Maßnahmen" und zur "Rücksprache mit dem Fonds entsprechend der Beratungspolitik des Fonds".

Das Memorandum der Regierung über ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik hebt hervor, dass sie fest entschlossen ist, die Diktate des IWF zu erfüllen. Sie sichert zu, für "ein schnelles Wachstum des Privatsektors" zu sorgen und "auf die frühere, nicht länger haltbare Politik der Umverteilung und Transferleistungen zu verzichten". Sie macht die "anhaltende Dominanz des staatlichen Wirtschaftssektors" für das unzureichende Wachstum und die weit verbreitete Armut verantwortlich und beteuert, sie werde sich "fortan auf Strukturreformen konzentrieren, welche die Hindernisse für einen Produktivitätsanstieg beseitigen und eine vom privaten Sektor angeführte Entwicklung begünstigen". In diesem Zusammenhang stellt sie eine Umstrukturierung des öffentlichen Finanzwesens in Aussicht.

Das Memorandum wurde von der Führung des IWF gnädig aufgenommen; am 18. April stellte der IWF-Vorstand $ 567 Millionen bereit, um die srilankische Regierung über die nächsten drei Jahre hinweg bei der Finanzierung ihrer Pläne zu unterstützen.

Der Zustimmung des Internationalen Währungsfonds zu Wickremasinghes Strategiepapier folgte als nächste Stufe der Integration Sri Lankas in das Weltfinanzwesen eine Konferenz der Geberländer, die im vergangenen Juni in Tokio zusammentrat. Mit aktiver politischer Unterstützung der USA und beträchtlichem finanziellen Engagement Japans einigten sich die Teilnehmer, die rund 50 Nationen und mehr als 20 internationale Kreditinstitute vertraten, auf die Bereitstellung von $ 4,5 Milliarden für den Wiederaufbau Sri Lankas während der kommenden vier Jahre.

Bedingung für die Auszahlung dieser Hilfsgelder ist allerdings die endgültige Beilegung des langjährigen Bürgerkriegs. Der Konflikt mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LLTE) steht den Plänen des internationalen Kapitals für die Region im Wege. Das Motiv für die Bereitstellung der Hilfsgelder besteht nicht darin, das Leben der einfachen Bevölkerung Sri Lankas sicherer zu machen oder auf einen höheren Standard zu heben. Die USA möchten Sri Lanka vielmehr zur einer Drehscheibe ihrer finanziellen - und möglicherweise auch militärischen - Operationen in Sri Lanka machen.

Nahezu zwanzig Jahre lang zeigten die USA kein Interesse am Bürgerkrieg oder dessen Folgen für die srilankische Bevölkerung. Doch im Zusammenhang mit seinem zunehmenden Engagement in Südasien während der vergangenen zwei Jahre schaltete sich Washington schließlich aktiv in den "Friedensprozess" ein. Der stellvertretende Außenminister Richard Armitage äußerte sich dazu diesen Monat in einem Interview.

Nach der unvermeidlichen Beteuerung, "es geht uns in erster Linie um humanitäre Fragen", fuhr Armitage fort: "Wir möchten, dass dieses Land - eine Nation von mehr als 20 Millionen Menschen - zu einem vollen, uneingeschränkten Partner des wirtschaftlichen Lebens nicht nur Südasiens, sondern der ganzen Welt wird. Wir sehen keinen Grund, weshalb Sri Lanka nicht zur Wachstumslokomotive in Südasien werden sollte, und ich freue mich auf den Tag, an dem es so weit sein wird."

Die USA wünschen in ihrem eigenen Interesse engere Beziehungen zwischen der Vajpayee-Regierung in Neu Delhi und der Wickremasinghe-Regierung in Colombo. Im März 2004 soll ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit (CEPA) unterzeichnet werden, die entsprechende Erklärung ist bereits von einem gemeinsamen Ausschuss erarbeitet worden.

Am 10. November erschien zu diesem Thema in der Asia Times ein Artikel von Ramtanu Maitra, in dem es hieß: "Das CEPA ersetzt das bestehende Handelsabkommen, das sich auf eine Liste von Handelsgütern beschränkte, und umfasst ein breites Spektrum des Außenhandels und der Wirtschaft, wie beispielsweise Dienstleistungen, Flugverkehr, Transportwesen, Tourismus und Investitionen. Das neue Abkommen ermöglicht den beiden Ländern, im Rahmen des GATT (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) umfassende Verhandlungen über sämtliche Dienstleistungsbereiche und Warenangebote aufzunehmen. Außerdem erleichtert es größere Investitionen, indem es Probleme bei Genehmigungsverfahren und der Betriebsaufnahme benennt, die Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erleichtert und eine Liberalisierung des Handels und der Investitionen auf den Weg bringt."

Die Pläne der USA, Sri Lanka zu einer "Wachstumslokomotive" zu machen, sind Bestandteil eines umfassenderen Programms, das auf eine engere wirtschaftliche Integration ganz Südasiens abzielt, die dem internationalen, insbesondere dem US-amerikanischen Finanzkapital die Herrschaft über die Region erleichtern soll.

Diese Integration erstreckt sich auch auf den militärischen Bereich. Nach Gesprächen in Neu Delhi kündigten Wickremasinghe und Vajpayee vergangenen Monat eine gemeinsame Verteidigungspolitik an. In ihrer entsprechenden Erklärung hieß es: "Indien wird sein langjähriges Interesse an der Sicherheit Sri Lankas beibehalten und unterstützt nach wie vor dessen Souveränität und territoriale Unversehrtheit."

Ebenso wie die engeren wirtschaftlichen Beziehungen liegt auch die militärische Zusammenarbeit auf einer Linie mit den strategischen Interessen der USA. Die Asian Times schrieb in dem oben erwähnten Artikel: "Indiens vorrangiges Interesse an der Lösung des tamilisch-singhalesischen Konflikts widerspiegelt die internationale Übereinkunft im Hinblick auf Sicherheitsfragen. Jüngeren Berichten der US-Botschaft in Colombo ist zu entnehmen, dass sich etwa 30 Experten der US-Luftwaffe an einer gemeinsamen Überprüfung der Flughäfen Sri Lankas beteiligen, um ihre einheimischen Kollegen bei der Lösung von Problemen in den Bereichen Sicherheit, medizinische Versorgung und Technik zu unterstützen. Seit etwa acht Jahren behaupten die Tiger, dass die srilankischen Truppen im Distrikt Wirawila eine umfassende Kampfausbildung erhalten. Dort, im Süden des Landes, unterhalten Spezialeinheiten der USA ein gut ausgestattetes militärisches Ausbildungslager. Die Regierung in Colombo bewahrt zur Frage einer ausländischen Einmischung zwar ein diplomatisches Schweigen, hat die Vorwürfe der Rebellen aber nicht dementiert."

Eine neue Form des Imperialismus

Bezeichnenderweise hat Wickremasinghe den Einmarsch der USA im Irak offen unterstützt und zu erkennen gegeben, dass er solche Militärinterventionen auch in Zukunft billigen werde. Vergangenen Monat erklärte er vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen: "Den USA und ihren Verbündeten blieb nichts anders übrig als zu intervenieren." Das "Versagen" der Vereinten Nationen, fuhr er fort, habe einen "Weltpolizisten" notwendig gemacht.

Diese Aussagen bestätigen, dass es in dem so genannten "Friedensprozess" um weitaus mehr geht, als um eine Einigung zwischen der Regierung Sri Lankas und der LTTE. Er ist Bestandteil einer umfassenden Neugestaltung der ökonomischen und politischen Beziehungen auf dem gesamten Subkontinent, die von den USA und ihren regionalen Verbündeten, sowie vom IWF und weiteren globalen Finanzinstitutionen betrieben wird.

Natürlich werden diese Pläne in Phrasen über Frieden und Wirtschaftswachstum verpackt. Ihr eigentliches Motiv besteht aber in dem Bedürfnis der großen Konzerne und Finanzinstitutionen, in jedem Winkel der Welt neue Profitquellen zu erschließen. Dabei geht es nicht nur um billige Arbeitskräfte und Rohstoffe, so wichtig diese sind. Auch das Finanzkapital - Banken, Versicherungen, Investmentfonds - giert nach neuen Einnahmequellen.

Das neue System des Imperialismus, das jetzt auf dem indischen Subkontinent errichtet wird, unterscheidet sich natürlich von der britischen Kolonialherrschaft, hat jedoch im Wesentlichen den gleichen Inhalt. Wie die Historiker Cain und Hopkins in ihrer wertvollen Studie über den britischen Imperialismus feststellen, ging es dem Empire in erster Linie nicht um die Kolonialherrschaft als solche, sondern um die Erzwingung seiner "ökonomischen Spielregeln".

Unter dem ökonomischen Gesichtswinkel stellt sich das Empire als eine transnationale Organisation dar, welche die Transaktionskosten reduzierte, indem sie die im Wirtschaftsleben des Mutterlandes geltenden Eigentumsrechte auf das Ausland übertrug." (British Imperialism 1688-2000, P. J. Cain and A. G. Hopkins, S. 4)

Die von Cain und Hopkins beschriebene Funktionsweise des Empires erinnert stark an das Verhalten des IWF und anderer internationaler Finanzinstitutionen, die heute die Einhaltung ihrer "Spielregeln" erzwingen.

Im Rahmen des britischen Empires, stellen sie fest, "wurden die Reformprinzipien der politischen Ökonomie unermüdlich auf weit entfernte Länder übertragen; gesicherte Eigentumsrechte, Individualismus, freie Märkte, eine stabile Währung und Sparsamkeit der öffentlichen Haushalte sorgten sowohl auf dem Gebiet der Moral als auch im materiellen Bereich für Disziplin und Zielstrebigkeit, gewährleisteten eine ordentliche Staatsverwaltung und schufen geistesverwandte Verbündete." (ebd., S. 48).

Die Verwirklichung solcher Verhältnisse setzt heutzutage nicht unbedingt eine direkte Kolonialherrschaft voraus. Wie Lenin einst feststellte, spielt das Finanzkapital in sämtlichen internationalen Beziehungen eine derart große, einflussreiche Rolle, dass es sich auch diejenigen Staaten unterwirft, die politisch vollkommen unabhängig sind,

Diese, wenn auch kurzen, Überlegungen zur politischen Ökonomie des "Friedensprozesses" lassen in ersten Umrissen erkennen, welche gesellschaftlichen Kräfte seine Teilnehmer vertreten.

Die UNP unter Ranil Wickremasinghe, die von den wichtigsten Teilen des Großkapitals unterstützt wird, möchte Sri Lanka in die politischen und ökonomischen Strukturen integrieren, die unter der Führung der USA in Südasien geschaffen werden. Dies ist die besagte Verwandlung des Landes in eine "Drehscheibe" für Investitionen und Finanzströme.

Die LTTE hat bereits offen erklärt, dass sie Sri Lanka in ökonomischer Hinsicht in einen "Tigerstaat" verwandeln möchte. Hinsichtlich dieser Orientierung ist sie sich mit der UNP-Regierung einig. Die diversen Konflikte, die während der Verhandlungen auftraten, betrafen folglich auch nicht die demokratischen Rechte der tamilischen Bevölkerung, die von der LTTE nur benutzt wird, um sich und der von ihr vertretenen tamilischen Bourgeoisie im Rahmen des srilankischen Staates möglichst große Pfründe zu sichern.

Chandrika Kumarantungas SLFP und die Volksallianz (PA) sprechen für diejenigen Teile der srilankischen Bourgeoisie, die unter den neuen ökonomischen Beziehungen um ihre Zukunft bangen. Außerdem vertreten sie diejenigen Schichten der Armee und der Unternehmerschaft, die von dem zwanzigjährigen Bürgerkrieg profitiert haben. Die PA wird zwar immer noch von den alten Arbeiterorganisationen - der LSSP, der NSSP und der Kommunistischen Partei - unterstützt, doch dies spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Nach Jahrzehnten des Verrats und unzähliger opportunistischer Winkelzüge hat sich die politische Wirkung dieser Parteien stark erschöpft.

Aus diesem Grund ist die Aufgabe, Massenunterstützung für die PA zu mobilisieren, der JVP zugefallen. Vor dem Hintergrund der massenhaften Arbeitsplatzvernichtung, der Privatisierung staatlicher Unternehmen und des Abbaus sozialstaatlicher Leistungen, die die Diktate des IWF - im Namen der Abschaffung der "ausgleichenden Verteilungspolitik" - mit sich bringen, versucht die JVP Unterstützung bei der armen Landbevölkerung, unter Studenten und Jugendlichen und unter Teilen der Arbeiterklasse zu gewinnen, indem sie den Imperialismus und dessen Pläne zur Rekolonialisierung Sri Lankas heftig anprangert.

Doch bei all ihrer populistischen Demagogie vertritt die JVP im wahrsten Sinne des Wortes ein reaktionäres Programm. Erstens ist der gegen die Tamilen gerichtete singhalesische Chauvinismus, der einen tragenden Pfeiler ihrer Politik darstellt, ein Neuaufguss der Politik des "Teile und herrsche", die der herrschenden Klasse außerordentlich gute Dienste geleistet hat, seit ihr die britischen Kolonialherren die Macht übertrugen.

Darüber hinaus ist die Forderung der JVP nach "nationaler Einheit" auf der Grundlage einer Wiederbelebung der nationalen Wirtschaft und der nationalen Kultur ein verstaubter Abklatsch des bürgerlichen Nationalismus, der infolge der umwälzenden Veränderungen der kapitalistischen Weltwirtschaft während der vergangenen zwanzig Jahre keine Perspektive mehr bietet.

Um die politischen Aufgaben zu bewältigen, die mit der Staatskrise deutlich wurden, muss sich die Arbeiterklasse Sri Lankas die Lehren aus ihrer eigenen, reichen historischen Erfahrung aneignen. Sie muss Bilanz ziehen über den Jahrzehnte langen programmatischen Konflikt zwischen dem sozialistischen Internationalismus und sämtlichen Formen des bürgerlichen Nationalismus, einschließlich seiner "linken" Spielarten.

Im Gegensatz zu den Klugschwätzern, die die internationalistische Perspektive der Vierten Internationale als "unrealistisch" bezeichneten, hat sich gerade das Programm des bürgerlichen Nationalismus als vollkommen untauglich erwiesen.

Der Widerstand gegen die imperialistische Rekolonialisierung, die den wesentlichen Inhalt der IWF-Diktate bildet, hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er sich auf den Zusammenschluss aller Arbeiter gegen Rassismus und gegen die Spaltung der Volksgruppen richtet. Ein solcher Kampf wird bei den ländlichen und städtischen Bevölkerungsmassen Sri Lankas, auf dem gesamten indischen Subkontinent und auch weltweit große Unterstützung finden. Auf dieser Grundlage basiert das Programm der Socialist Equality Party, der srilankischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale.

Siehe auch:
Verfassungskrise in Sri Lanka: die politischen Fragen
(13. November 2003)
Socialist Equality Party verurteilt schleichenden Staatsstreich in Sri Lanka
( 7. November 2003)
Weitere Artikel zur politischen Lage in Sri Lanka
(Dieser Artikel ist auch in der gleichheit - Januar/Februar 2004 enthalten.)
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