US-Verschwörung zum Sturz der gewählten palästinensischen Regierung aufgedeckt

Die Vereinigten Staaten haben laut einem Artikel mit dem Titel "Die Gaza-Bombe" den bewaffneten Sturz der Hamas-Regierung geplant, die vom palästinensischen Volk im Januar 2006 gewählt wurde. Der Artikel erschien in der letzten Ausgabe der US-Zeitschrift Vanity Fair und basiert auf durchgesickerten Informationen und auf Interviews mit wichtigen Akteuren der Bush-Regierung.

Vanity Fair nennt die Affäre "Iran Contra 2.0", eine Anspielung darauf, dass die Reagan-Regierung die Contras in Nicaragua finanziert hatte, indem sie heimlich Waffen an den Iran verkaufte, obwohl das gegen die offizielle Politik verstieß. Diese neueste Verschwörung wurde nicht von irgendwelchen zweitrangigen Spionen und Militärangehörigen vorbereitet, sondern vom Außenministerium mit Zustimmung der Spitzen des politischen Establishments einschließlich Präsident George W. Bush. Sie wurde umgesetzt von Außenministerin Condoleezza Rice und dem Stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberater Elliott Abrams, der ein langes Kerbholz in Bezug auf Putschvorbereitungen und illegale Aktivitäten im Namen des US-Imperialismus vorzuweisen hat.

Der Plan wurde vorbereitet und umgesetzt, als Bush gerade öffentlich erklärte, das letzte große Ziel seiner Regierung sei es, ein Abkommen zu vermitteln, mit dem ein lebensfähiger palästinensischer Staat geschaffen und der Region Frieden gebracht werde. Gleichzeitig solle seine "Freiheitsagenda" vorangebracht werden, d.h. die Wahl von US-freundlichen Regimes überall im Nahen Osten.

Der Plan sah vor, dass Muhammad Dahlan, der Nationale Sicherheitsberater von Präsident Mahmoud Abbas und einer der führenden Männer der Fatah, die Hamas mit von den USA bewaffneten Kräften stürzen sollte. Dahlan, der seit den 1990er Jahren eng mit dem FBI und der CIA zusammengearbeitet hat, wurde von Bush öffentlich als "guter, zuverlässiger Führer" beschrieben und privat von ihm "unser Mann" genannt.

Der Plan schlug jedoch fehl. Statt die Hamas zu beseitigen, war die Folge ein tragischer und andauernder Kampf zwischen Fatah und Hamas, der Palästina an den Rand eines Bürgerkriegs brachte und zu einem präventiven Putsch der Hamas in Gaza führte, der dem von der Fatah für Juni geplanten Putsch zuvorkommen sollte. Das Ergebnis war ein weiteres außenpolitisches Debakel für Bush.

Obwohl einiges davon schon zur damaligen Zeit bekannt war, kannte man jedoch nicht das volle Ausmaß von Washingtons üblen Tricks. Der Artikel, der von dem preisgekrönten Journalisten David Rose verfasst wurde, der auch für den Observer schreibt, bietet dokumentarisches Beweismaterial für die Verschwörung und erläutert die Grundlagen des Plans. Er bietet obendrein einen aufschlussreichen Einblick in das, was innerhalb der Bush-Regierung als Politikgestaltung bezeichnet wird, die Art ihres Funktionierens und die gespannten Beziehungen und Meinungsverschiedenheiten innerhalb des neokonservativen Kreises in der Umgebung von Bush.

Das Komplott wird geschmiedet

Der Artikel "Die Gaza-Bombe" erklärt, wie das Weiße Haus nach dem Tod von Jassir Arafat im November 2004 auf vorzeitigen Wahlen bestand - unter dem Vorwand, den Palästinensern die Möglichkeit zu geben, neue Führer zu wählen, die nicht "durch Terror kompromittiert" seien. Die Absicht war, einer wachsenden Unterstützung für Hamas zuvorzukommen. Dahlan und Abbas erklärten Bush mehrmals, die Wahlen sollten aufgeschoben werden, bis die Fatah bereit sei. Aber Bush und seine Ratgeber ließen sich nichts sagen.

Die Hamas kam im Januar 2006 an die Macht. Das war das Resultat einer weit verbreiteten Unzufriedenheit mit der Fatah wegen ihrer Bereitschaft, mit Bush ein korruptes Abkommen zu schließen und wegen ihrer eigenen Korruption. Hamas ist ein Ableger der Moslem Bruderschaft und stellt keine progressive Alternative zur Fatah dar, sondern drückt die Interessen von Teilen der arabischen Bourgeoisie und Kleinbourgeoisie aus.

Als die Demokratie zur Folge hatte, dass die falsche Partei gewann, war die Bush-Regierung völlig überrascht. Condoleezza Rice erklärte gegenüber Reportern: "Ich kenne niemanden, der nicht überrascht von der starken Vorstellung von Hamas war." Den Quellen von Vanity Fair zufolge, erklärte ein Beamter des Verteidigungsministeriums: "Jeder machte den anderen verantwortlich. Wir saßen da im Pentagon und sagten:,Wer zum Teufel, hat das vorgeschlagen?’"

Das Weiße Haus lehnte es kategorisch ab, mit Hamas zusammenzuarbeiten, obwohl führende Israelis darunter Ephraim Halevy, ein ehemaliger Mossad-Chef, einen solchen Ansatz befürwortete. Ein hoher Beamter des Außenministeriums erklärte: "Die Regierung war einhellig der Meinung:,Wir müssen diese Burschen unter Druck setzen.’ Mit dem Wahlsieg der Hamas war die Freiheitsagenda gestorben."

Als erstes sorgten die USA dafür, dass das Nahost-Quartett, bestehend aus den USA, den Vereinten Nationen, der Europäischen Gemeinschaft und Russland, die Unterstützung für Hamas einstellte, was sie des größten Teils ihres Budgets und der Mittel beraubte, die Gehälter zu zahlen. Als zweites schloss Israel die Grenzen zum Gazastreifen und schränkte die Bewegungsfreiheit der Palästinenser massiv ein. Diese Maßnahmen waren dazu gedacht, die Palästinenser gegen die Hamas aufzubringen. Israel verhaftete 64 Hamas-Vertreter, darunter die Hälfte ihrer gewählten Abgeordneten, von denen die meisten heute noch in Haft sind. Dadurch wurde die parlamentarische Mehrheit der Hamas arbeitsunfähig.

Washington war völlig aufgebracht, als die Hamas Gespräche mit Abbas aufnahm, um zu versuchen, eine "Regierung der Einheit" zu bilden. Im Oktober 2007 besuchte Rice Abbas. Laut Beamten, die bei dem privaten Treffen zugegen waren, erklärte sie ihm sehr klar und deutlich, dass die USA von ihm erwarteten, die Regierung von Premierminister Ismail Haniyah so schnell wie möglich aufzulösen und Neuwahlen abzuhalten.

Wie schon vorher von Arafat, wurde von Abbas verlangt, einen Bürgerkrieg abzusegnen. Anders als Arafat willigte Abbas, wenn auch widerstrebend, ein, innerhalb von zwei Wochen zu handeln.

Als nichts geschah, schickte Rice Jake Walles, den Generalkonsul in Jerusalem, um Abbas vor ein Ultimatum zu stellen. Eine "Handreichung" des Außenministeriums, das von amerikanischen sowie palästinensischen Beamten als echt beglaubigt wurde, stellte fest:

"Wir müssen wissen, was Ihre Pläne in Bezug auf eine neue [palästinensische] Regierung sind. Sie haben gegenüber Außenministerin Rice erklärt, dass Sie bereit sind, innerhalb von zwei bis vier Wochen nach Ihrem Treffen etwas zu unternehmen. Wir sind der Meinung, dass es an der Zeit ist, dass Sie schnell und entschieden handeln.

Hamas sollte vor eine eindeutige Wahl gestellt werden, mit einer eindeutigen Frist: ...Entweder sie akzeptieren eine neue Regierung, die den Anforderungen des Quartetts entspricht, oder sie weisen sie zurück. Die Konsequenzen der Entscheidung von Hamas sollten ebenso klar sein. Wenn Hamas nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zeit zustimmt, dann sollten Sie Ihre Absicht deutlich machen, den Notstand auszurufen und eine Notstandsregierung zu bilden, die eindeutig dieser Plattform verpflichtet ist."

Da niemand daran zweifelte, dass ein solches Ultimatum zu Straßenkämpfen führen werde, erklärte das Dokument, dass die USA schon daran arbeiteten, die Sicherheitskräfte der Fatah zu stärken: "Wenn Sie in diese Richtung arbeiten, werden wir Sie sowohl materiell als auch politisch unterstützen, wir werden da sein, um Sie zu unterstützen." Abbas sollte ermutigt werden, "[sein] Team zu stärken" und "zuverlässige Persönlichkeiten mit großem Ansehen in der internationalen Gemeinschaft" aufzunehmen. Das war eine Anspielung auf Muhammad Dahlan.

Auf lange Sicht waren Abbas und die Handvoll Familien palästinensischer Millionäre und sogar Milliardäre, deren Interessen er vertritt, völlig abhängig von Washington und hatten keine andere Wahl, als sich zu fügen. Er zögerte jedoch immer noch, einen brudermörderischen Konflikt auszulösen und löste die Hamas-Regierung nicht auf. Deshalb arbeiteten die USA stattdessen daran, einen Bürgerkrieg heraufzubeschwören, von dem sie glaubten, dass die Hamas ihn verlieren werde, indem sie die militärische Unterstützung für die Fatah verstärkten. Abbas wurde zugunsten von direkten Gesprächen mit Dahlan kalt gestellt.

Dahlan war Jassir Arafats Sicherheitschef im Gazastreifen, den er als sein persönliches Lehensgut behandelte. Er war der Chef des Präventiven Sicherheitsdienstes, einer Gruppe von Schlägern, deren Markenzeichen Entführungen und Folter waren. Eine Tätigkeit, die ihn zu einem sehr reichen Mann gemacht hatte.

Der Artikel von Rose zitiert einen Beamten des Außenministeriums, der erklärte, dass David Welch, dem Stellvertretenden Außenminister, verantwortlich für den Nahen Osten, "die Fatah im Grunde gleichgültig war. Er wollte Resultate, und [er unterstützte] welchen Mistkerl auch immer man unterstützen musste. Dahlan war der Mistkerl, den wir zufällig am besten kannten. Er war der Ich-erledige-das-Typ. Dahlan war unser Mann."

Das beunruhigte offenbar Avi Dichter, Israels Minister für Innere Sicherheit und früherer Chef des Geheimdienstes Shin-Bet. Als er hörte, dass hohe amerikanische Regierungsbeamte in Bezug auf Dahlan als "unserem Mann" sprachen, sagte er: "Ich dachte mir, der Präsident der Vereinigten Staaten hat hier eine merkwürdige Einschätzung."

Bushs Pläne gerieten hier in Widerspruch zur vorangegangenen Politik der Regierung. Obwohl die Truppen der Fatah zahlenmäßig überlegen waren, so war doch ein großer Teil ihrer Schlagkraft durch die von den USA unterstützte Invasion der Westbank durch Israel im Jahr 2002 vernichtet worden. Diese Invasion hatte zum Ziel, Arafats politische und Sicherheits-Infrastruktur zu zerstören. Darüber hinaus gab es ohne die wirtschaftliche Unterstützung aus der EU kein Geld, um die Sicherheitskräfte der Fatah zu bezahlen. Was dazu führte, dass die Fatah weder die Straßen im Gazastreifen - die Machtbasis der Hamas -kontrollieren noch ihre eigenen Mitarbeiter schützen konnte.

Dahlan versuchte den Eindruck von Stärke zu erwecken. Er startete mehrere von Folterungen begleitete Entführungen. Zwischen Hamas und Fatah brachen Kämpfe aus. Gräueltaten wurden von beiden Seiten begangen. Binnen kurzer Zeit starben jeden Monat Dutzende.

Der US-Sicherheitskoordinator für die Palästinenser, Generalleutnant General Keith Dayton, traf sich mit Dahlan. Er erklärte, die USA würden Waffen und Ausbildung zur Verfügung stellen. Dahlan solle als nationaler Sicherheitsberater die Verantwortung für die gesamten palästinensischen Streitkräfte übernehmen und die Zahl der eigenständigen Einheiten würde reduziert werden. Das hätte auch bedeutet, Dahlans eigenen Präventiven Sicherheitsdienst aufzulösen, von dem allgemein bekannt war, dass er Entführungen und Folterungen beging.

Als Dahlan sich über die Idee lustig machte und sagte: "Die einzige Institution, die zur Zeit die Fatah und die palästinensische Regierung im Gaza beschützt, ist diejenige, die sie abschaffen wollen", antwortete Dayton: "Wir wollen Ihnen helfen. Was brauchen Sie?"

Das Projekt war außerordentlich umstritten, selbst innerhalb der Regierung. Einige waren mit der allgemeinen Richtung einverstanden, dachten aber Dahlan sei ein Ladenhüter und wollten nichts mit ihm zu tun haben. Andere waren nicht mit der Art der Waffen und den Kosten einverstanden. Israel selbst befürchtete, dass Waffen, die für die Fatah bestimmt waren, in den Händen der Hamas landen könnten und zögerte mitzuarbeiten. Es machte zur Bedingung, dass nur leichte Waffen akzeptabel seien.

Das 86,4-Millionen-Dollar-Unterstützungspaket, das Dayton versprochen hatte, kam nie zustande. Laut einem US-Dokument, das von Reuters veröffentlichte wurde, war das angebliche Ziel dieser Zahlung "die Infrastruktur des Terrorismus aufzulösen und Recht und Ordnung in der Westbank und im Gazastreifen herzustellen".

Der Kongress ließ sich Zeit und blockierte schließlich die Zahlung im Januar 2007. Der Unterausschuss des Parlaments für den Nahen Osten und Südafrika befürchtete, dass militärische Hilfe für die Palästinenser letztendlich gegen Israel benutzt würde, eine Prognose, die sich am Ende als richtig herausstellte. Der Kongress bewilligte schließlich im April 2007 eine reduzierte 59-Millionen-Dollar-Hilfe für nicht tödliche Waffen.

Geheime Mittel

Laut dem Artikel in Vanity Fair sah sich der Kreis um Bush gleichzeitig nach alternativen, verdeckten Möglichkeiten um, Dahlan mit Geld und Waffen zu versorgen. Das Widerstreben des Kongresses bei der Bewilligung von Geldern bedeutete, dass "man sich nach anderen Geldtöpfen, anderen Geldquellen umsehen musste", erklärte ein Beamter des Pentagon.

Ein Beamter des Außenministeriums fügte hinzu: "Die für die Durchsetzung der Politik Verantwortlichen erklärten:,Macht, was immer notwendig ist. Wir müssen Fatah in die Lage versetzen, Hamas militärisch zu besiegen und nur Mohammed Dahlan verfügt über die Entschlossenheit und die Ressourcen, das zu tun.’ Man erwartete, dass es zu einer militärischen Kraftprobe kommen werde."

Es gab, wie dieser Beamte erklärte, zwei "parallele Programme" - das öffentliche, das die Regierung dem Kongress vorlegte, und "ein geheimes, mit dem nicht nur Waffen gekauft, sondern auch die Gehälter des Sicherheitspersonals bezahlt werden sollten".

Der geheime Plan bestand laut Beamten des Außenministeriums darin, dass Rice mit den Führern von vier arabischen Nationen - Ägypten, Jordanien, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten - telefonierte und sich mit ihnen traf. Sie wollte, dass sie die Fatah militärisch ausbildeten, sich zu finanzieller Unterstützung verpflichteten, um Waffen für deren Streitkräfte zu kaufen und Geld auf die von Präsident Abbas kontrollierten Konten zahlten.

Wie David Rose erklärt, war der Plan ähnlich wie bei dem Iran-Contra-Skandal, bei dem die Reagan-Regierung Waffen an den mit den USA verfeindeten Iran verkaufte, und den Gewinn daraus benutzte, um die Contra-Rebellen in Nicaragua unter Verstoß gegen ein Verbot des Kongresses zu finanzieren. Ein Teil der Gelder für die Contras, wie die für die Fatah, wurde auf Drängen der USA von arabischen Verbündeten zur Verfügung gestellt, und die Waffen wurden durch Israel geschleust.

Dahlan und die Fatah mit Waffen zu versorgen war nicht illegal, weil der Kongress es nie ausdrücklich verboten hatte. Aber "es war hart an der Grenze", wie ein früherer Geheimdienstmitarbeiter, der Erfahrung mit geheimen Programmen hatte, gegenüber Rose erklärte.

Ende Dezember 2006 überquerten vier ägyptische Lastwagen den israelisch kontrollierten Grenzposten in den Gazastreifen und übergaben den Inhalt an die Fatah. Dazu gehörten 2000 ägyptische Maschinengewehre, 20.000 Magazine und zwei Millionen Kugeln. Als die Nachricht von der Lieferung durchsickerte, erklärte der israelische Minister Benjamin Ben-Eliezer im israelischen Radio, die Gewehre und die Munition würden Abbas "in die Lage versetzen, mit den Organisationen fertig zu werden, die alles zugrunde zu richten versuchen" - womit Hamas gemeint war.

Wie Avi Dichter deutlich gemacht hat - war von Israel nicht zu erwarten, dass es der Lieferung von hochtechnologischen Waffen in den Gazastreifen zustimmen werde - aus Furcht, sie könnten gegen Israel eingesetzt werden. Ein Beamter des Außenministeriums wird folgendermaßen zitiert: "Eins ist sicher, es ging nicht um schwere Waffen. Es waren kleine Waffen, leichte Maschinengewehre, Munition."

Rose glaubt, dass es sogar Elliott Abrams selbst gewesen sein könnte, der davor zurückschreckte, schwere Waffen zu schicken, um nicht ein zweites Mal auf die gleiche Weise das Gesetz zu brechen. 1991 war Abrams verurteilt und mit einem Bußgeld belegt worden, weil er dem Kongress in der Iran-Contra-Affäre unrechtmäßigerweise Informationen vorenthalten hatte. Er wurde später vom ersten Präsident Bush begnadigt.

Einer seiner Mitarbeiter erklärte, Abrams, der ein Interview zu dem Artikel in Vanity Fair verweigerte, sei in dieser Frage hin und her gerissen gewesen - zwischen Verachtung gegenüber Dahlan und seiner außerordentlichen Loyalität gegenüber der Regierung Bush. David Wurmser, der frühere Berater von Vizepräsident Dick Cheney, räumte ein, dass Abrams nicht der einzige gewesen sei: "Unter den Neokonservativen kam es zu tiefen Spaltungen in dieser Frage. Wir haben uns gegenseitig in Stücke gerissen."

Rice selbst stand ein Schock bevor. Als sie im Januar 2007 in den Nahen Osten reiste, mauerten ihre arabischen Verbündeten und weigerten sich, Geld herauszurücken. Der Grund lag nicht einfach darin, dass sie Meinungsverschiedenheiten mit Washington hatten. Sondern, wie einer der Beamten Rose gegenüber erklärte: "Die Araber hatten den Eindruck, dass die USA es nicht ernst meinten. Sie wussten, wenn die Amerikaner es ernst meinten, dann würden sie eigenes Geld investieren. Sie hatten kein Vertrauen, dass Amerika in der Lage sein werde, eine wirkliche Streitmacht aufzustellen. Es gab kein konsequentes Handeln. Zahlen war etwas anderes als etwas zu versprechen, und es gab keinen Plan."

Der Beamte glaubt, dass die Reise von Rice mit der Sammelbüchse "ein paar Zahlungen in Höhe von 30 Millionen Dollar" brachte - das meiste davon, wie andere Quellen meinen, von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dahlan selbst sagt, die gesamte Summe habe nur 20 Millionen Dollar betragen, und bestätigt, dass "die Araber mehr Versprechungen gemacht haben, als sie jemals gezahlt haben."

Laut dem Artikel von David Rose "Die Gaza-Bombe" in Vanity Fair besaß der starke Mann der Fatah, Mohammed Dahlan, im Januar 2007 keine ausreichenden finanziellen Mittel, um den Putschversuch durchzuführen, den Washington von ihm erwartete, da die soziale Basis der Fatah sich fast vollständig aufgelöst hatte und die arabischen Regimes ihre versprochenen Zahlungen nicht leisteten.

Er benutzte seine neuen Waffen, um die Islamische Universität in Gaza, eine Festung der Hamas in Gaza, zu stürmen, und provozierte damit, dass die Hamas Polizeistationen der Fatah angriff. Selbst jetzt war Präsident Mahmud Abbas nicht bereit, einen Bürgerkrieg zu verantworten. Deshalb schloss er sich dem saudischen König Abdullah an, der schon lange versucht hatte, ein Abkommen zwischen den beiden Fraktionen zu vermitteln und reiste mit Dahlan zu einem Treffen mit der Hamas nach Mekka. Am 8. Februar 2007 traf er mit Hamas eine Vereinbarung über eine Regierung der Nationalen Einheit.

Ismail Haniya sollte Premierminister bleiben und Fatah-Mitgliedern mehrere Schlüsselpositionen im Kabinett einräumen. Haniya stimmte aber nicht zu, Israel anzuerkennen - das war eine der drei Bedingungen, die das Nahost-Quartett (USA, Vereinte Nationen, Europäische Union und Russland) zur Wiederaufnahme der Wirtschaftshilfe gestellt hatte. Dafür willigte der saudische König Abdullah ein, die Gehälter der Palästinenser-Behörde zu zahlen.

Während auf den Straßen in Gaza Jubel herrschte, war die Bush-Regierung erstaunt über diese Nachricht. Das war nicht, was sie von ihrem wichtigsten Verbündeten in der Region wollte und erwartet hatte. Laut einem Beamten des Außenministeriums "war [Außenministerin] Condi [Condoleezza Rice] rasend vor Wut".

Plan B - Der Plan für einen Putsch

David Rose zitiert und veröffentlicht auf der Webseite von Vanity Fair eine außergewöhnliche Reihe von Dokumenten, um zu zeigen, wie die USA mit einer Verdoppelung des Drucks auf ihre palästinensischen Verbündeten reagierten, um Hamas loszuwerden. Dafür entwickelte das Außenministerium eine Alternative zur neuen Einheitsregierung: den "Plan B".

Dass diese Dokumente weitergegeben und von Beamten als echt bestätigt wurden, zeigt, wie erbittert die Grabenkämpfe in Washington geworden sind.

Laut einer Aktennotiz des Außenministeriums war das Ziel von Plan B "[Abbas] und seine Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, Ende 2007 die Endphase zu erreichen. Diese Endphase sollte mit demokratischen Mitteln zu einer Regierung [der Palästinenser] führen, welche die Prinzipien des Nahost-Quartetts akzeptiert.

Plan B wiederholte das Ultimatum von Walles, das Ende 2006 gestellt worden war und Abbas aufgefordert hatte, "die Regierung zu stürzen", falls Hamas sich weigern sollte, die Bedingungen des Quartetts zu akzeptieren. Abbas sollte vorgezogene Neuwahlen abhalten oder eine Notstandsregierung ausrufen.

Plan B skizzierte genaue Maßnahmen, um palästinensische Militante und die Opposition gegen Abbas zu unterdrücken und Angriffe auf Israel zu verhindern. Die Einheitsregierung sollte im Amt bleiben, aber Abbas sollte "die unabhängige Kontrolle über zentrale Sicherheitsdienste" behalten. Er sollte "die Integration der Hamas in diese Dienste vermeiden und die,Executive Force’ der Hamas ausschalten oder sie zumindest neutralisieren."

Washington erwartete eindeutig, dass die geheimen Gelder, zu denen sich die arabischen Verbündeten verpflichtet hatten, gezahlt würden. Die Aktennotiz empfahl: "Dahlan beaufsichtigt die Maßnahmen in Zusammenarbeit mit [dem US-Sicherheitskoordinator für die Palästinenser], General [-Leutnant Keith] Dayton und den arabischen [Nationen], um eine 15.000 Mann starke Truppe unter der Kontrolle von Präsident Abbas auszubilden und auszurüsten, mit dem Ziel, innere Sicherheit und Ordnung herzustellen, Terrorismus zu stoppen und ungesetzliche Kräfte abzuschrecken."

Die Quellen von Vanity Fair bestätigen, dass das Außenministerium die Ziele von Plan B in einem Dokument mit dem Titel "Ein Aktionsplan für die palästinensische Präsidentschaft" in Abstimmung mit der palästinensischen Autonomiebehörde und der jordanischen Regierung entwickelt hat.

Die ersten Entwürfe des Plans unterstrichen die Notwendigkeit, die Streitkräfte der Fatah zu stärken, um Hamas "abzuschrecken". Das "erwünschte Ergebnis" war, Abbas "das Potential" zur Verfügung zu stellen, um die erforderlichen strategischen und politischen Entscheidungen zu treffen ... wie z.B. das Kabinett zu entlassen, und ein Notstandskabinett zu bilden".

Rose erklärt, dass "die Entwürfe forderten, das,Niveau und die Leistungsfähigkeit’ der 15.000 Sicherheitskräfte der Fatah zu heben und um 4700 weitere Kräfte zu ergänzen, die in sieben neuen,speziell ausgebildeten Bataillonen für kampfstarke Polizeiarbeit’" organisiert sein sollten. Der Plan sah "spezialisierte Ausbildung im Ausland" vor, d.h. in Jordanien und Ägypten, und versprach, "das Sicherheitspersonal mit der notwendigen Ausrüstung und den Waffen auszustatten, um seinen Auftrag erfüllen zu können".

Der Kostenrahmen für Gehälter, Ausbildung und die "notwendige Sicherheitsausrüstung, tödlich und nicht-tödlich," wurde auf weitere 1,27 Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von fünf Jahren geschätzt, eine gewaltige Summe für so ein kleines Land.

Der Plan stellt fest: "Die Kosten und das gesamte Budget wurden von General Daytons Team zusammen mit dem palästinensischen Technischen Reformteam" entwickelt. Das palästinensische Team bestand aus einer Gruppe, die von Dahlan zusammengestellt und seinem Freund und Politikberater Bassil Jaber geführt wurde.

Jaber erklärte gegenüber Rose, das Budget sei das Ergebnis der Zusammenarbeit mit Dayton und seinem Team gewesen. Er sagte: "Der Plan sah vor, Sicherheitskräfte zu schaffen, die einen friedlichen palästinensischen Staat schützen und stärken konnten, der Seite an Seite mit Israel existiert." In Wirklichkeit bedeutete das, einen brutalen Bürgerkrieg gegen Hamas und gegen jede Opposition gegen Israel zu beginnen.

Mitglieder der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah setzten die letzte Version auf, die sich von den früheren Entwürfen nur darin unterschied, dass sie den Plan so formulierte, als käme er ursprünglich von den Palästinensern und nicht vom amerikanischen Außenministerium und von Jordanien. Er behauptete, die Vorschläge seien von "Präsident Mahmud Abbas genehmigt worden, nachdem sie von General Daytons Team diskutiert und gebilligt worden waren".

Abbas hatte damit ausdrücklich einem Plan des US-Außenministeriums für den Putsch gegen eine Regierung beigepflichtet, an der seine eigene Partei beteiligt war, sowie einem offenen Bürgerkrieg gegen die Hamas und der Unterdrückung jeglicher Opposition gegen Israel. Im Gegenzug bekam er eine vage Unterstützungszusage für einen nicht zusammenhängenden Ministaat, in dem die palästinensischen Geschäftsleute die Lizenz erhielten, ihre eigene Arbeiterklasse auszubeuten, solange sie nach Washingtons Pfeife tanzten.

Ende April 2007 sickerte ein Teil eines frühen Entwurfs durch und wurde in der jordanischen Zeitung Al-Majd veröffentlicht. Hamas erkannte es als das, was es war: der Plan für einen von den USA unterstützten Putsch der Fatah.

Die Veröffentlichung des Aktionsplans beendete die relative Ruhe, die die Einheitsregierung den besetzten Gebieten gebracht hatte. Erbitterte Fraktionskämpfe brachen erneut überall aus. Durch Zufall hatte Dahlan den Gazastreifen Richtung Berlin verlassen, wo er am Knie operiert wurde. Über Fatahs angebliche Stärke hatte er gesagt: "In meinem Herzen wusste ich, dass es nicht stimmt." Bei einer anderen Gelegenheit lautete seine Einschätzung: "Wir sind spät dran in diesem Spiel, und wir liegen zurück."

Die Spannungen wurden noch größer, als 500 der frisch ausgebildeten Nationalen Sicherheitskräfte der Fatah aus Ägypten ankamen, voll ausgerüstet mit neuen Waffen, Fahrzeugen und Uniformen. Ein Mitarbeiter einer westlichen Hilfsorganisation, der sich häufig dort aufhielt, erklärte: "Sie hatten neue Gewehre mit Zielfernrohren und trugen schwarze Splitterschutzwesten. Sie hoben sich ziemlich stark von den üblichen schmuddeligen Gruppen ab."

Die Kämpfe eskalierten; 250 Hamas-Mitglieder waren seit Anfang 2007 von der Fatah getötet worden.

Am 23. Mai ging Generalleutnant Dayton selbst mit dem Thema an die Öffentlichkeit, indem er die neue Einheit in einem Bericht vor dem parlamentarischen Unterausschuss für den Nahen Osten erläuterte. Er beteuerte, die gesamten Hilfslieferungen Washingtons an die Fatah seien "zu 100 Prozent nicht tödlich". Das war offenkundig unwahr.

Am 7. Juni berichtete die israelische Zeitung Ha’aretz, Abbas und Dayton hätten Israel darum gebeten, die bisher größte ägyptische Waffenlieferung zu erlauben, wozu Hunderte gepanzerte Fahrzeuge, Hunderte Panzer brechende Raketen, Tausende Handgranaten und Millionen Stück Munition gehörten.

Einige Tage später, kurz bevor die nächsten Einheiten von Fatah-Rekruten zur Ausbildung nach Ägypten abreisen sollten, begann Hamas mit ihrer Gegenoffensive.

Fawzi Barhoum, der Hauptwortführer der Hamas, erklärte gegenüber Rose: "Wir entschlossen uns schließlich, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Wenn wir sie in Gaza hätten frei agieren lassen, dann hätte es noch mehr Gewalt gegeben." Mahmoud Zahar, der ehemalige Außenminister der Haniya-Regierung, der jetzt den militanten Flügel der Hamas im Gazastreifen leitet, erklärte Rose: "Jeder hier weiß, dass Dahlan versucht hat, mit amerikanischer Hilfe das Ergebniss der Wahlen zu untergraben... Er war derjenige, der einen Putsch geplant hat."

Laut Zahar war der ursprüngliche Plan der Hamas ziemlich begrenzt: "Die Entscheidung lautete, nur den Präventiven Sicherheitsdienst zu beseitigen. Die standen an jeder Straßenkreuzung, und jeder, der verdächtigt wurde, mit Hamas zu tun zu haben, lief Gefahr gefoltert oder getötet zu werden."

Als die Einheiten der Fatah schnell zum Rückzug bliesen, entschied die Hamas, sie ein für allemal los zu werden. Die Kämpfe waren heftig und grausam. Innerhalb von fünf Tagen übernahmen ihre Kräfte im Juni 2007 die Kontrolle über den Gazastreifen und besiegten die Fatah, deren Kämpfer entweder abtauchten oder in die West Bank gingen.

Einige Fatah-Anhänger beteiligten sich nicht an den Kämpfen, weil sie befürchteten, dass die Einheiten Dahlans in seiner Abwesenheit verlieren würden. "Ich wollte den Kreislauf des Tötens beenden", erklärt Ibrahim abu al-Nazar, ein erfahrener Partei-Oberer. "Was hat Dahlan erwartet? Hat er geglaubt, die US-Marine würde kommen, um Fatah zu retten? Sie haben ihm viel versprochen, aber was haben sie unternommen? Aber er hat sie auch betrogen. Er hat ihnen erzählt, er sei der Machthaber in der Region. Selbst die Amerikaner könnten sich jetzt betrübt und frustriert fühlen. Ihr Freund hat die Schlacht verloren."

Fatah war und ist von Fraktionen zerrissen. Es gab einige, die den Kampf gegen Israel weiterführen wollten und sich auch weigerten, gegen Hamas zu kämpfen. Khalid Jaberi, ein Anführer der al-Aksa-Brigaden der Fatah erklärte gegenüber Rose: "Fatah ist eine große Bewegung mit vielen Fraktionen. Dahlans Fraktion wird von den Amerikanern finanziert und glaubt an Verhandlungen mit Israel als strategische Alternative. Dahlan hat versucht, die gesamte Fatah zu kontrollieren, aber es gibt Kader die wesentlich bessere Arbeit leisten könnten. Dahlan hat uns diktatorisch behandelt. Es gab keine Entscheidung der gesamten Fatah, in eine Konfrontation mit Hamas zu gehen. Deshalb sind unsere Gewehre in der al-Aksa die saubersten. Sie sind nicht durch das Blut unseres Volkes beschmutzt."

Mit Plan B ging die Bush Regierung mit Pauken und Trompeten baden.

Im Gaza-Streifen nahm die Hamas Waffen und Munition der Fatah in Besitz - einschließlich der neuen ägyptischen Waffen, die unter dem verdeckten US-arabischen Hilfsprogramm geliefert worden waren. Täglich feuern verschiedene Gruppen auch weiterhin Raketen auf die Städte im Süden Israels ab.

Abbas und die Fatah sind jetzt noch mehr diskreditiert. In den Augen der Palästinenser hat sich erneut bestätigt, dass sie Jerusalems und Washingtons bezahlte Erfüllungsgehilfen sind. Die Opposition gegen die Fatah ist in der Westbank mittlerweile so groß, dass der Einfluss von Abbas und seiner so genannten Fatah-Regierung kaum noch über Ramallah hinausreicht.

Obwohl sie als Ergebnis einer allgemeinen Empörung über die Fatah und ihre Zusammenarbeit mit den Amerikanern und Israelis an die Macht kam, ist die Hamas keine politische Alternative für die palästinensischen Massen. Sie tritt für kleinbürgerliche und bürgerliche arabische Interessen ein.

Die politischen Konsequenzen

Die große Zahl durchgesickerter Dokumente und Interviews, die der Artikel von Rose in Vanity Fair verarbeitet, und ihre Bestätigung durch so viele offizielle Stellen so kurz nach den Ereignissen ist äußerst ungewöhnlich. Sie stammen von hochrangigen Republikanern, die zwar den US-Militarismus im Nahen Osten unterstützen, um die geostrategischen Interessen der USA zu fördern, die aber über ein weiteres Fiasko bei der Umsetzung dieser Politik aufgebracht sind.

Nach der anhaltenden Erfolglosigkeit der Besetzungen im Irak und Afghanistan, dem Misserfolg Israels bei dem Versuch, die Hisbollah aus dem Libanon "zu vertreiben," und in jüngster Zeit, dem Massenausbruch der Palästinenser aus dem Gazastreifen nun noch dies. Der Massenausbruch hat die sozialen Beziehungen in Ägypten tief greifend destabilisiert und die Hamas gestärkt. In soweit sowohl die Hamas als auch die Hisbollah als Verbündete des Iran angesehen werden, war Washington nicht in der Lage, irgendeinen Erfolg gegen den Iran zu verbuchen.

Der Misserfolg des Putschversuchs der Fatah hat zu erbitterten gegenseitigen Beschuldigungen innerhalb der Bush-Regierung geführt. Das Büro des Vizepräsidenten ist eindeutig in Fraktionen zerrissen und andererseits wieder mit Rice und dem Außenministerium, dem Pentagon und der CIA zerstritten, die alle eng in den Israel-Palästina-Konflikt verwickelt sind.

David Wurmser, der Berater von Vizepräsident Dick Cheney für den Nahen Osten, hat seinen Posten innerhalb von Wochen, nachdem die Hamas die Kontrolle übernommen hatte, verlassen. Er hat bei der Vorbereitung des Artikels in Vanity Fair geholfen. Seine Einschätzung der Situation im Gazastreifen widerspricht der offiziellen Linie Washingtons, die Hamas haben einen illegalen Putsch gegen die Fatah inszeniert. Er erklärt: "Für mich sieht es so aus, dass das nicht so sehr ein Putsch der Hamas, sondern ein versuchter Putsch der Fatah war, dem zuvorgekommen wurde, bevor er durchgeführt werden konnte."

Rose zitiert Kommentare von neo-konservativen Kritikern, die früher führende Rollen in der Bush-Regierung gespielt haben, darunter auch Wurmser und der ehemalige UN-Botschafter John Bolton, die dem Außenministerium die Schuld geben, weil es einen lokalen starken Mann gesucht hat, um seine Arbeit zu machen.

Bolton erklärte gegenüber Rose, sich auf lokale Vertreter wie Mohammed Dahlan zu verlassen sei "ein institutionelles Versagen, ein Versagen der Strategie". Er warf Rice vor, darauf fixiert zu sein, "in den letzten Tagen der Regierung zu versuchen, der Geschichte noch einmal ihren Stempel aufzudrücken. Erst seien die Empfehlungen in den Wind geschlagen worden, die Wahlen nicht abzuhalten, dann wurde versucht, den Folgen mithilfe von Dayton [der US-Sicherheitskoordinator, der das Abkommen mit Dahlan geschlossen hatte] zu entrinnen".

Bolton hat ein Buch mit dem Titel Kapitulation ist keine Alternative geschrieben, in dem er die Bush-Regierung kritisiert, weil sie die Ziele ihrer Außenpolitik in der zweiten Amtsperiode geändert habe.

Der Artikel in Vanity Fair erschien genau zu dem Zeitpunkt, als Rice zu einem weiteren Besuch in den Nahen Osten aufbrach, und zielte offenbar darauf ab, ihre Position zu unterminieren.

Der Artikel hat ärgerliche Dementis der Bush-Regierung provoziert. Bushs Sprecherin Dana Perino erklärte: "Diese Geschichte trifft nicht zu." Der Sprecher des Außenministeriums Tom Casey nannte den Beitrag "absurd", "unwahr" und "lächerlich". Rice selbst tat den Vanity Fair -Artikel als "haarsträubend" ab. Gleichzeitig machte sie klar, dass die USA die Palästinensische Autonomiebehörde finanziell unterstützt haben und weiterhin unterstützen und mit Waffen versorgen werden. "Wenn die Hamas von den Iranern bewaffnet wird und niemand hilft, die Sicherheit der legitimen palästinensischen Sicherheitskräfte zu verbessern, dann ist das keine gute Situation", erklärte sie. "Solange der Iran Hamas unterstützt, werden die USA dafür sorgen, dass Mittel für die Sicherheit der Palästinensischen Autonomiebehörde zur Verfügung gestellt werden."

Der Artikel Die Gaza-Bombe offenbart, wie sehr das politische Leben in den Vereinigten Staaten in Intrigen verstrickt ist, in denen kleine Cliquen innerhalb der herrschenden Klasse wichtige Fragen auskämpfen und die willfährigen Medien dazu benutzen, die öffentliche Meinung zu manipulieren und die wirklichen Probleme zu vernebeln.

Die angeblich liberalen Medien haben nur sehr knapp über die Enthüllungen von Vanity Fair berichtet und stützten sich dabei auf eine kurze Zusammenfassung von Roses Artikel. Keins dieser Medienorgane kommentierte die Bedeutung von Roses Artikel. Sie sahen auch keine Veranlassung, ihre Einschätzung der US-Außenpolitik im Nahen Osten zu ändern, die den Anspruch von Bush und Rice akzeptiert, als Friedensstifter zwischen Israel und den Palästinensern zu agieren.

In Großbritannien hatte der Guardian - die Schwesterzeitschrift des Observers, für den Rose schreibt - Einsicht in die Dokumente, zog aber offensichtlich nicht in Betracht, Rose mit einer Enthüllungsgeschichte zu beauftragen. Wir wissen, dass der Guardian die Dokumente gesehen hat, weil der Kolumnist und Mitherausgeber Seumas Milne in einem kurzem Kommentar äußerte: "Wie in geheimen Dokumenten bestätigt wird, die in die Hände der US-Zeitschrift Vanity Fair gelangten - und auch an den Guardian weitergereicht wurden..." Wenn Milne das nicht geschrieben hätte, dann hätte niemand davon gewusst.

Siehe auch:
US-Außenministerin will Palästinensern israelisches Diktat aufzwingen (27. Oktober 2007)

Die Krise in Gaza und das Scheitern des palästinensischen Nationalismus ( 27. Juni 2007)

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