Frankreich: Gewerkschaftstag der CGT segnet Orientierung auf Sarkozy ab

Die Allgemeine Arbeitergewerkschaft (CGT) hielt vom 7. bis 11. Dezember ihren 49. Gewerkschaftstag ab. Die CGT ist die größte französische Gewerkschaft und pflegt historisch enge Verbindungen zur stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF). Bernard Thibault wurde für die Dauer von drei Jahren als Generalsekretär der CGT wiedergewählt - er hat diese Position seit 1999 inne.

Politisches Hauptziel dieses Kongresses war die Bekräftigung der engen Zusammenarbeit zwischen CGT-Chef Thibault und Frankreichs rechtem Präsidenten Nicolas Sarkozy, die seit der Wahl Sarkozys im Mai 2007 besteht.

Das Hauptproblem der Gewerkschaftsführung auf dem Kongress war es, den Schein von Opposition zu wahren, ohne dass die mit den Konservativen geschmiedeten Verbindungen in Gefahr geraten. Deshalb zog die Gewerkschaft ihre Einladung an den Generalsekretär der rechten CFDT, Francois Chérèque wieder zurück. Die CFDT ist eng mit der vollständig diskreditierten Sozialistischen Partei (SP) verfilzt. Thibault erklärte: "Mit ziemlicher Sicherheit hätte seine Anwesenheit ein paar Delegierte zu beleidigenden Zwischenrufen gereizt."

Die CFDT ihrerseits äußerte sich dazu so: "Diese unglückselige Panne muss die Beziehungen zwischen den beiden Generalsekretären und den Anfang 2009 begonnenen Dialog zwischen den Gewerkschaften nicht stören."

Zum ersten Mal seit 1947 trat ein Gegenkandidat für den Generalssekretärsposten an: Jean-Pierre Delannoy, früher Mitglied der Kommunistischen Partei und leitender Funktionär der Gewerkschaft der Maschinenbauarbeiter vom nördlichen Pas-de-Calais. Er war von einem Gewerkschaftskollektiv, das sich Où va la CGT? (Wohin geht die CGT?) nennt, nominiert worden. In diesem Kollektiv haben sich, so Dalannoy, "linke" politische Strömungen zusammengetan: "Wie ich feststellte, gab es in meinem Umfeld Jungs aus der NPA (Neue Antikapitalistische Partei Olivier Besancenots), von LO (Arbeiterkampf), Maoisten, Genossen aus der (Kommunistischen) Partei, selbst Gesinnungsgenossen aus der Sozialistischen Partei."

Die CGT-Statuten ließen seine erst spät eingereichte Kandidatur jedoch nicht zu.

Aufgabe Delannoys ist vor allem, die Unzufriedenheit der Arbeiter mit Thibault zu kanalisieren und gleichzeitig grundsätzliche Kritik an der trauten Beziehung zwischen CGT und Sarkozy abzuwehren. So sagte er gegenüber der Zeitschrift Challanges : "Dass der Generalsekretär Verbindungen mit der Regierung und dem Präsidenten pflegt, ist eine Sache. Wenn indessen in einem Jahr 400.000 Arbeitsplätze verloren gehen, wenn die Arbeiter von Freescale, von Canterpillar, von Continental und weiteren Betrieben mit umfangreichen Einsparplänen konfrontiert werden, dann kommt der Punkt, an dem man sich ganz auf die Seite der Bedrückten stellen muss. In diese Richtung ist bisher nichts unternommen worden."

Den Verlauf des Kongresses beeinflusste Delannoys Opposition kaum. Die von der bisherigen Führung vorgelegten Resolutionen erreichten Mehrheiten von 70 bis 80 Prozent, der neue Vorstand wurde mit über 90 Prozent gewählt.

Diese Ergebnisse zeigen eindeutig, dass ausschlaggebende Teile der CGT-Bürokratie fest hinter der Politik Thibaults stehen. Dieser hat sich inzwischen zu einem der entscheidendsten Instrumente zur Aufrechterhaltung der Herrschaft der französischen Bourgeoisie entwickelt.

An der Verteidigung des Kapitalismus durch die CGT ist gewiss nichts Neues. Immerhin war sie schon beim Verrat der KPF an den Generalstreiks von 1968 und 1936 deren wichtigstes Instrument. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion trat die CGT aus der (stalinistisch dominierten Organisation) Weltunion der Gewerkschaften aus und schloss sich der ETUC (der Europäische Gewerkschaftsunion) an. Diese wird von erklärtermaßen pro-kapitalistischen Gewerkschaften wie der CFDT beherrscht.

Die Wahl Sarkozys im Mai 2007 leitete jedoch ein neues Stadium der Einbeziehung der CGT in die Strategien des französischen Staates ein.

Dass Sarkozy an der Macht bleiben konnte, hat er zum einen direkt den Gewerkschaften zu verdanken, zum zweiten seinem extrem rechten Nationalismus. Mehr noch als durch Sarkozys Stimmenfang im Lager der neofaschistischen Nationalen Front wird dieser Nationalismus von der Kommunistischen Partei, der NPA und anderen Fraktionen der so genannten "Linken" angeheizt. Mehr oder weniger aktiv unterstützen diese den Krieg in Afghanistan und ein französisches Anti-Burka-Gesetz. Die Hauptaufgabe der CGT besteht darin, scheinbaren Widerstand zu organisieren, der aber für die Regierung akzeptabel ist, und so zu verhindern, dass sich eine Opposition entwickelt, die der Regierung gefährlich werden könnte.

Der geheime Teil dieser Zusammenarbeit wurde in der Presse, insbesondere in der Wochenzeitung Marianne enthüllt. In einem Artikel von 2007 mit dem Titel "Weshalb Sarkozy die CGT Bernard Thibaults bewahren will" berichtete Marianne über die Verbindungen zwischen Sarkozy (dem damaligen Finanzminister) und Thibault, die 2004 aufgebaut wurden, als der staatliche Gas-und Elektrizitätsversorger EDF-GDF reformiert, d.h. privatisiert werden sollte.

Mit der Drohung, "den Umgang des (gewerkschaftlichen) Arbeitskomitees mit den von EDF-GDF zur Verfügung gestellten Sozialgeldern" öffentlich zu machen, konnte Sarkozy erreichen, dass Thibault zu "begrenzten Zugeständnissen" bereit war. Mit den von der EDF-GDF gezahlten Sozialgeldern waren die schwarzen Kassen der CGT gefüllt worden. Nach "einigen Monaten perfekt im Zaum gehaltener Arbeitskämpfe wurde ein modus vivendi gefunden: die Rechtsstellung des Konzerns sollte geändert werden... und es wurde die (später gebrochene) Zusage gemacht, dass der Staat für immer die Mehrheit des EDF-GDF-Kapitals halten werde."

Nach seiner Wahl - besonders während des Eisenbahnerstreiks gegen die Reformierung ihrer Rentenkasse im Herbst 2007 - erinnerte sich Sarkozy seiner kostbaren Zusammenarbeit mit Thibault. Sarkozys Berater Claude Guéant sagte, dass Thibault die Krise von einem Tag auf den anderen gelöst habe, als er das Prinzip von 40 Dienst- und Beitragsjahren und Abzüge bei fehlenden Zeiten akzeptierte." Marianne schrieb weiter: "Sarkozy wusste die Tatsache zu schätzen, dass Thibault die Studenten kritisiert hatte, die die Bahnhöfe lahm legen wollten, und sogar den damaligen Sprecher der LCR (jetzt der NPA) Olivier Besancenot angerufen, und ihn aufgefordert hatte, den Arbeitskampf nicht zu politisieren." Selbstredend stimmten Besancenot und die LCR zu.

Was vom "militanten" Ruf der CGT übrig bleibt, hängt davon ab, ob sie ihre Taten vor den Arbeitern verschleiern kann. Marianne preist Thibault als "einen zu intelligenten Politiker, um seine Unterschrift leichtfertig unter irgendeine Vereinbarung zu setzen."

In einem anderen Artikel von Marianne mit dem Titel "Wenn Sarkozy in die CGT eintritt" drückt die Regierung ihre Dankbarkeit aus. Arbeitsminister Xavier Darcos sieht Thibault als "äußerst verantwortungsvolle, sehr intelligente" Person an. Ein Kollege des vormaligen Arbeitsministers meinte hierzu: "Es ist eine unsagbare Wonne mit der CGT zu arbeiten - voller Offenheit, die Positionen sind klar." Der Wirtschaftsanalyst und Berater Alain Minc "spricht vorbehaltlos davon‚ dass Sarkozy und Thibault ‚gemeinsamem die Macht ausüben’".

Es war unbezahlbar, wie die CGT den Widerstand während der gegenwärtigen Wirtschaftskrise erstickte. Während Hunderttausende von Arbeitern auf die Straße geworfen werden, erklärt ein Berater Sarkozys: " Es war ein wundersamer Herbst... nicht ein gekidnappter Chef, nicht ein Student auf der Straße, keine einzige Demonstration... Sarkozy und Thibault hielten die Unzufriedenheit unter Kontrolle, miteinander löschen sie aufkommende Brände und so kamen wir friedlich durch miserable Zeiten."

Diesem Portrait der CGT ist kaum etwas hinzuzufügen, außer dass eine solche Politik nichts mit Sozialismus und Marxismus zu tun hat, die der Stalinismus betrügerisch zu verkörpern vorgibt. Diese hin und wieder "militant" genannte Gewerkschaft gehört in Wahrheit zu den wichtigsten Verteidigern der in Frankreich herrschenden Verhältnisse.

Siehe auch:
Frankreich: Mit seiner Kampagne zur nationalen Identität stärkt Sarkozy die Nationale Front
(6. Januar 2010)
Frankreich: Die NPA schmiedet für die Regionalwahlen rechte Allianzen
( 11. Dezember 2009)
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