Warum ist Israels Friedensbewegung gescheitert?

Über 50.000 Menschen aus allen Teilen Israels strömten am 4. November zu einer Kundgebung zum fünften Todestag von Yitzhak Rabin, des Ministerpräsidenten, der durch einen rechten, fanatischen Gegner der Friedensverhandlungen umgebracht worden war. Offensichtlich hat die Rechte mit ihrer Groß-Israel-Politik und ihrem Boykott der Verhandlungen mit den Palästinensern nicht soviel Einfluss in der Bevölkerung, wie die westlichen Medien immer behaupten.

Vor nicht einmal achtzehn Monaten waren Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Likud Block abgewählt und durch Ehud Barak abgelöst worden, der einen Friedensabschluss mit den Palästinensern anstrebte. Mehreren Umfragen zufolge sind auch heute, nach über fünf Wochen blutiger Unruhen, noch sechzig bis siebzig Prozent der Israelis für einen Friedensvertrag mit den Palästinensern.

Seit Ausbruch der Unruhen Ende September gab es jedoch nur einige kleinere, isolierte Mahnwachen und Demonstrationen, die gegen Baraks Militär- und Polizeieinsätze protestierten, die unter den weitgehend unbewaffneten Palästinensern über 170 Menschenleben gefordert und Tausende verletzt haben.

An den Ausfallstraßen hat man einige "Friedenszelte" aufgestellt. Sie werden von Israelis und Palästinensern besucht, die versuchen, einen normalen Dialog aufrechtzuerhalten. Ein Zelt wurde angezündet, aber die Aktivisten bauten es gleich wieder neu. 85 Palästinenser und Araber haben einen gemeinsamen Aufruf zur Beendigung der Gewalt in die liberale Zeitung Ha'aretz gesetzt. Vor zwei Wochen wurde eine gemeinsame Demonstration von israelischen Juden und Palästinensern in Haifa, einer Stadt mit gemischter Einwohnerschaft, organisiert.

Die israelische Journalistin und Schriftstellerin Amira Hass zum Beispiel hat ausführlich in Ha'aretz über die Lebensbedingungen der Palästinenser in den besetzten Gebieten und in Israel selbst geschrieben. Danny Rabinowitz, ein Anthropologe von der Universität Haifa, schrieb einen Artikel für Ha'aretz, in dem er die Israelis auffordert, anzuerkennen, dass der Gründung ihres Staates die Tragödie der Enteignung eines anderen Volkes zugrunde liegt. Er schlägt vor, die Regierung solle Gedenkstätten für die palästinensischen Opfer des israelischen "Unabhängigkeitskriegs" von 1948 errichten und eine andere Nationalhymne und Flagge wählen. Rabinowitz plädiert wie Israels "neue Historiker" dafür, dass der israelische Staat die palästinensische Geschichte anerkennen müsse.

Aber trotz dieser oppositionellen politischen Strömungen scheint Israel einem ausgewachsenen Krieg gegen die Palästinenser näher als je in seiner ganzen jüngeren Geschichte. Wie ist es möglich, dass eine Minderheit rechter Extremisten das Land an den Rand eines Kriegs bringen konnte, der den ganzen Nahen Osten zu destabilisieren droht?

Die Rechten halten in Israel die Zügel in der Hand, weil Frieden Jetzt und andere liberale und reformistische pazifistische Gruppen die Legitimität des zionistischen Staates akzeptieren. Dabei gründet sich dieser auf die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser und die unausgesetzte Behauptung der religiösen und ethnischen Vorherrschaft von Juden über Nichtjuden. Aus diesem Grund kann Israels Friedensbewegung, auch wenn sie Ausdruck der Besorgnis vieler Menschen ist, die legitimen demokratischen und sozialen Ansprüche sowohl der Israelis als auch der Palästinenser nicht erfüllen.

Die Impotenz der Friedensbewegung wurde auf der Kundgebung vom 4. November offensichtlich. Einige Demonstranten schwenkten israelische Fähnchen mit dem patriotischen Slogan: "Wir haben kein anderes Land. Stark, einig und stolz." Ha'aretz bezeichnete das Ereignis wegen seines ritualisierten Charakters als "religiöse Zeremonie ohne Gott".

Verglichen mit früheren Jahren nahmen nicht allzu viele Menschen daran teil. Der Grund war wohl weitverbreitete Skepsis angesichts des aktuellen Konflikts. Diejenigen, die gekommen waren, vernahmen eine Rede von Ministerpräsident Ehud Barak, in der er Arafat für den Konflikt verantwortlich machte. Außerdem hielt auch Moshe Katsav, der rechte Politiker, der den Nobelpreisträger Shimon Peres in der diesjährigen Präsidentschaftswahl besiegt hatte, eine Ansprache. Er erhielt Beifall, als er zur Versöhnung zwischen Israels rechtem und linkem Lager, den religiösen und den säkularen, den europäischen und den Juden aus Nahost aufrief.

Akzeptanz der politischen Rechtfertigung der Regierung für ihre Militäroffensive gegen die Palästinenser, Appelle an Patriotismus und nationale Einheit - diese Inhalte der Reden machen gleichzeitig die wesentlichen Konzepte der israelischen Friedensbewegung aus. Diese ist schon immer von der Notwendigkeit ausgegangen, den zionistischen Staat zu erhalten, wobei sie behauptet, dies könne nur gewährleistet werden, wenn den Palästinensern irgendein eigener Staat zugestanden werde. Das ist der Inhalt der "Zweistaaten"-Perspektive, wie sie vor allem von der Frieden-Jetzt-Bewegung vertreten wird.

Die Geschichte der Friedensbewegung

Früher hatten gewöhnlich Zehntausende an den Versammlungen und Protestmärschen von Frieden Jetzt teilgenommen. 1982 organisierte sie eine Massenversammlung mit über 400.000 Teilnehmern vor dem Rathaus von Tel Aviv, um gegen das Massaker an über tausend Palästinensern in den zwei Flüchtlingslagern Sabra und Shatila zu protestieren. Das bedeutet, dass jeder neunte Israeli - Männer, Frauen und Kinder - auf den Beinen war. Diese Massenversammlung zwang die Regierung, eine Untersuchung über jenes Massaker einzuleiten. Dadurch wurde die Verantwortung des damaligen Verteidigungsminister Ariel Sharon aufgedeckt, der zum Rücktritt gezwungen wurde. Yossi Sarid, heute Führer der Meretz Partei und ehemaliges Kabinettsmitglied von Baraks Koalitionsregierung, war damals der einzige jüdische Abgeordnete in der Knesset, der gegen die Invasion des Libanon auftrat.

In den vergangenen Wochen haben viele Prominente der Friedensbewegung offen ausgesprochen, ihre Friedensliebe sei zweitrangig gegenüber ihrer Sorge um die Erhaltung Israels. Sarid hat sich nicht nur geweigert, in irgend einer Weise gegen die Provokation des Likud-Führers Sharon zu protestieren, der mit seinem Besuch auf dem Tempelberg am 28. September die jüngsten Unruhen auslöste, sondern er unterstützt auch den Einsatz der israelischen Militärmaschine gegen faktisch unbewaffnete Palästinenser.

Frieden Jetzt war kurz nach dem Besuch des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat 1977 in Jerusalem gegründet worden. Ihre Gründung erfolgte, nachdem 350 Reserveoffiziere der israelischen Armee, viele von ihnen hoch dekoriert, ein Schreiben an den Likud-Ministerpräsidenten Menachem Begin unterzeichnet hatten, in dem sie sich gegen die zionistischen Siedlungen in den seit 1967 besetzten Gebieten aussprachen. Sie schrieben, sie zögen ein kleineres Israel, das in Frieden mit seinen Nachbarn lebt, einem "Großisrael" im permanenten Kriegszustand vor. Jede andere Politik würde "Zweifel in die Gerechtigkeit unserer Sache schüren. ... Wirkliche Gerechtigkeit kann es nur im Frieden geben. Die wirkliche Stärke der israelischen Armee wächst aus der Identifikation der Bürgersoldaten mit der staatlichen Politik", warnten sie.

Die Unterzeichner wurden als Verräter beschimpft, aber 40.000 Menschen gingen auf die Straße, um sie zu verteidigen. Daraus entstand die Massenbewegung, die heute als Frieden Jetzt bekannt ist. Ihre Führer glaubten, dass Frieden nicht nur mit Ägypten möglich sei, sondern auch mit Jordanien und den Palästinensern. Der Preis war die Bereitschaft, sich aus den seit 1967 besetzten Gebieten Westbank und Gazastreifen zurückzuziehen.

Frieden Jetzt konzentrierte sich auf die Siedlungen in den besetzten Gebieten als wichtigstes Hindernis für den Frieden. Im Juni 1979 organisierte sie Kundgebungen von mehr als 3.000 Menschen bei Elon Moreh, einer jüdischen Siedlung in der Nähe von Nablus. Die Demonstrationen ermutigten palästinensische Grundstücksbesitzer, Klage bei einem israelischen Gericht gegen die illegale Beschlagnahmung ihres Landes einzureichen. Dies war eine für das ganze Siedlerprojekt entscheidende Auseinandersetzung. Sogar Verteidigungsminister Ezer Weizman wandte sich in dieser Frage gegen den Ministerpräsidenten, weil Elon Moreh keine Bedeutung für die Sicherheit habe. Der Gerichtshof verfügte, dass Elon Moreh aufgelöst werden müsse.

Aber der Generalstabschef Rafael Eitan und der Landwirtschaftsminister Ariel Sharon kämpften mit allen Mitteln, um das zu vermeiden. Innerhalb von sechs Monaten gab das israelische Kabinett unter Verletzung internationaler Konventionen bekannt, dass fortan alles Land, das früher zu Jordanien gehört hatte oder das unregistriert oder unbebaut war, für Siedler enteignet werden konnte. Der große Landraub auf der Westbank hatte begonnen.

Nach der Invasion des Libanon hielten Aktivisten monatelang eine Mahnwache vor Begins offizieller Residenz, forderten den Rückzug aus dem Libanon und zeigten Schilder mit der Anzahl der israelischen Opfer. Viele dachten, dass ihre Aktion 1983 zu Begins plötzlichem, unerklärten Rücktritt beitrug, kurz nachdem die Zahl der israelischen Toten auf 500 gestiegen war.

Ein fanatischer Rechter ermordete damals einen der führenden Aktivisten von Frieden Jetzt, und prominente liberale Akademiker, Künstler und Journalisten wurden zu Zielobjekten rechter Gewalt. Als eine Meinungsumfrage herausfand, dass die Mehrheit der Israelis bereit war, Frieden gegen Land einzutauschen, wurde die Wohnung des Autors der Umfrage in Brand gesetzt. Politiker wie Sharon, der die Mitglieder von Frieden Jetzt als Verräter und Defätisten brandmarkte, stachelten das Klima von Einschüchterung und Furcht an.

Frieden Jetzt wurde radikaler. Es protestierte gegen die Bombardierung des Libanon, die Errichtung neuer zionistischer Siedlungen in den besetzten Gebieten und gegen die damit verbundene Verletzung von Menschenrechten: Die administrative Haft ohne Prozess, die Verhängung kollektiver Strafmassnahmen und die Zerstörung der Häuser von Verdächtigen noch vor einem Prozess.

Aber obwohl die Anhänger von Frieden Jetzt gegen den Krieg im Libanon kämpften, waren sie, anders als die amerikanische Jugend während des Vietnamkriegs, nicht gegen die Wehrpflicht, sondern betonten, dass sie Patrioten seien.

Frieden Jetzt unterstützte das Recht des palästinensischen Volkes auf eine "nationale Heimstatt". Während der Intifada, dem spontanen Aufstand der Palästinenser in den besetzten Gebieten, hatten Arafat und die PLO 1988 Israel anerkannt und den Terrorismus als Mittel zur Durchsetzung eines palästinensischen Staates verworfen. Frieden Jetzt forderte darauf, dass Israel "sofort mit der PLO über Frieden reden" müsse, und verlangte die Neuaufteilung Palästinas in selbständige jüdische und palästinensische Staaten.

1989 drängte Amoz Oz, Israels bekanntester Autor und liberaler Intellektueller, bei einer Kundgebung von Frieden Jetzt die Regierung, diese Gelegenheit nicht zu verpassen und den Konflikt beizulegen. Frieden Jetzt begann sich mit Führern der Westbank zu treffen, die die PLO unterstützten. Zu der Zeit forderte der religiöse Fundamentalist Rabbi Meir Kahane seine Anhänger auf, liberale Juden, die anderer Meinung waren, zu liquidieren.

Die Teilnehmerschaft der Kundgebungen von Frieden Jetzt begann jedoch zu schrumpfen. Die Konzentration auf die Frage Land für Frieden sah über die wirtschaftliche und soziale Lage des größten Teils der israelischen Bevölkerung hinweg, besonders der sephardischen (arabischen) Juden, die die schlechtesten Arbeitsplätze und Wohnungen hatten. Obwohl die Siedlungen Milliarden an Steuergeldern verschlangen, unternahm Frieden Jetzt keinen Versuch, die Verschlechterung der sozialen Bedingungen israelischer Arbeiter als direktes Ergebnis der Siedlungspolitik zu erklären. Das war kein Zufall. Sie fürchtete, andernfalls die Unterstützung von Teilen der israelischen Bourgeoisie zu verlieren.

Die Ereignisse, die dem Golfkrieg von 1991 vorausgingen, machten die Begrenztheit der Friedensbewegung noch deutlicher. Als die USA, Großbritannien und der Westen alle Nahoststaaten gegen den Irak mobilisierten, waren Arafat und die PLO vollkommen von den bürgerlichen Führern isoliert, von denen sie abhängig waren. Arafat unterstützte Saddam Hussein, der als einziger arabischer Führer angedroht hatte, im Kampf gegen die USA auch Israel anzugreifen. Das warf die Frieden-Jetzt -Aktivisten völlig aus der Bahn. Sarid wandte sich mit dem Ausspruch an die Palästinenser, er werde nicht mehr mit ihnen reden, und sie könnten seine Telefonnummer vergessen.

Wie alle Initiativen, die nur gegen einen einzelnen Missstand protestieren, wurde auch Frieden Jetzt zum Sammelbecken für Menschen mit ganz unterschiedlichem politischem Hintergrund, solchen, die Israels Besatzungspolitik aus rein moralischen oder pragmatischen Gründen ablehnten. Während sie eine wachsende Stimmung unter einfachen Israelis für Frieden zum Ausdruck brachte, wies sie eine historische oder Klassenanalyse des israelisch-palästinensischen Konflikts zurück.

Eine Apartheidlösung für die Palästinenser

1992 schlossen sich eine Anzahl Frieden-Jetzt-Aktivisten mit der Mapam und Shinui, früheren linken säkularen Parteien, zur Meretz-Partei zusammen. Meretz errang bei den Wahlen zwölf Sitze, wurde dadurch zur drittgrößten Partei und trat in Yitzhak Rabins Koalitionsregierung ein. Ihr Programm macht deutlich, dass ein Palästinenserstaat wenig mehr als ein Apartheid-ähnliches Bantustan sein würde: Die Grenzen Israels und des palästinensischen Staaten sollen nicht den Grenzen vor 1967 entsprechen, sondern entsprechend den Sicherheitsbedürfnissen Israels festgelegt werden. So wenig Palästinenser wie möglich sollen in Israel bleiben und so wenige Israelis wie möglich unter palästinensischer Herrschaft leben. Israels Wirtschafts-, Tourismus-, Verkehrs-, Umweltschutz- und Wasserinteressen sollten Vorrang haben. Jerusalem sollte die Hauptstadt Israels und unteilbar bleiben.

Für Meretz stellen palästinensische Arbeiter in Israel ein Sicherheitsrisiko dar und bedrohen die Löhne israelischer Arbeiter. In ihrem Programm hieß es: "Eine klare Trennung der beiden Bevölkerungen ist sowohl vom Sicherheitsstandpunkt wie auch für einen dauerhaften israelisch-palästinensischen Frieden wünschenswert." Dies soll eine strikte Kontrolle der Grenzen beinhalten, um "illegale" Übertritte zu verhindern. Das nordamerikanische NAFTA-Abkommen mit seinen Niedriglohnfabriken an der Südgrenze der USA dient dabei als Vorbild für die Wirtschaft Israels, Palästinas und Jordaniens.

Als die USA nach dem Golfkrieg von Israel forderten, zu einer Übereinkunft mit Arafat, der PLO und den arabischen Nachbarn zu kommen, sah sich die sozialdemokratisch geführte Regierung gezwungen, an den von den USA vermittelten Gesprächen über eine Lösung der Palästinafrage teilzunehmen. Es sah so aus, als ob die israelische Regierung das Programm der Friedensbewegung übernommen hätte. Aber die Verhandlungen wurden beständig durch die Notwendigkeit unterlaufen, die rechten Zionisten zu beschwichtigen, für die jede Aufgabe von Siedlungen ein Ding der Unmöglichkeit darstellte.

Die bittere Logik des Programms von Frieden Jetzt zeigte sich in den darauf folgenden sieben Jahren immer deutlicher. Die den Palästinensern zugestandene, begrenzte Autonomie bedeutete für diese verstärktes wirtschaftliches und soziales Elend und politische Unterdrückung. Nur eine Handvoll Auserwählter aus Arafats Umkreis zog Nutzen daraus. Die Israelis konnten oder wollten keine Zugeständnisse machen, die zu einer Verbesserung des Elends der palästinensischen Massen geführt hätten. Als dann Sharon seine Provokation vom 28. September inszenierte, brach die unterschwellige Erbitterung der palästinensischen Massen mit einer Intensität aus, die Arafat nicht mehr kontrollieren konnte.

Ein neuer Weg vorwärts

Die Friedensbewegung ist von den Ereignissen kalt erwischt worden. Noch im Juli letzten Jahres glaubte sie, schon in ein paar Wochen werde ein endgültiges Abkommen unterzeichnet, ein palästinensischer Staat gebildet und Israel werde in ein neues Stadium der Entwicklung und Prosperität eintreten. So ist die Reaktion der israelischen Friedensaktivisten denn auch sehr unterschiedlich.

David Newman zum Beispiel, der Leiter der Abteilung Regierung und Politik an der Ben Gurion Universität, hofft immer noch, dass "der aus dem Tritt geratene Friedensprozess irgendwann doch noch wieder in Gang kommt, weil es keine andere realistische Alternative gibt". "Es kann keine Rückkehr zur Situation vor Oslo geben. Und je schneller das von der ganzen israelischen Gesellschaft verinnerlicht wird, desto besser für uns alle", meint er.

Die meisten aber plappern wie Amoz Oz unkritisch den Rechten nach, die Arafat für den Zusammenbruch der Verhandlungen verantwortlich machen. In einem Gastbeitrag für den britischen Guardian benutzt Oz mehrfach die Worte "Wir lagen falsch", wenn er auf die Einschätzung Arafats zu sprechen kommt. Er stellt den gegenwärtigen Konflikt als unseliges, ja zufälliges Unglück dar. "Er ist unnötig und nutzlos", schreibt er. "Jeder weiß, dass es danach eine Zweistaatenlösung geben wird. Weder die Juden, noch die Palästinenser können irgendwas anderes erreichen. Sie können nicht wie eine glückliche Familie zusammenleben, weil sie keine sind. Die einzige Möglichkeit besteht darin, irgendwo eine Grenze durch das Land zu ziehen, die halbwegs in Übereinstimmung mit der demographischen Realität ist."

Frieden Jetzt akzeptiert das Sine qua non des Zionismus - die Unmöglichkeit einer Koexistenz zwischen Juden und Arabern. Die zionistische Ideologie trat weltweit gegen eine Assimilierung der Juden ein, und ihre Verfechter gründeten schließlich einen Staat, der auf der Diskriminierung der Araber basiert. Die Mehrheit der Palästinenser wurde durch gewaltsamen Terror vertrieben und jene, die geblieben sind und heute zwanzig Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, leiden verstärkt unter Arbeitslosigkeit, haben das doppelte Armutsrisiko, arbeiten in den schlecht bezahltesten Jobs und erhalten weder Wohngeld noch Hypotheken. Nichtjüdische Menschen dürfen im allgemeinen kein Land besitzen, so dass seit Gründung Israels 1948 keine arabische Stadt entstanden ist. Die soziale Diskriminierung betrifft auch die sephardischen und äthiopischen Juden und andere Einwanderer, die nicht europäischen Ursprungs sind.

Dies alles geschieht in einer Gesellschaft, in der ultra-orthodoxe politische Parteien in der Lage sind, vielen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens ihren Willen aufzuzwingen, obwohl säkulare Juden und diejenigen mit etwas freieren religiösen Anschauungen dagegen sind. Der Graben zwischen Reich und Arm wird immer tiefer, die Arbeitslosigkeit liegt bei zehn Prozent und Löhne und Sozialleistungen werden ständig angegriffen.

Ohne diese grundlegenden demokratischen und sozialen Fragen anzupacken, ist es unmöglich, eine wirkliche Opposition gegen die zionistischen Kriegstreiber zu entwickeln. Die fortschrittlichsten Arbeiter, Intellektuelle und Friedensaktivisten müssen am Scheitern der Frieden-Jetzt-Bewegung erkennen, dass es keinen anderen Weg vorwärts gibt, als den schwierigen politischen Kampf für die Einheit der arabischen und jüdischen Arbeiter auf einer demokratischen, säkularen und sozialistischen Grundlage.

Siehe auch:
Israels Schritte zum Krieg und das zionistische Erbe
(18. Oktober 2000)
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