Warum hat Bush Südostasien zur zweiten Front seines "Kriegs gegen den Terrorismus" gemacht?

Nur wenige Monate, nachdem das US-Militär begonnen hatte, Afghanistan zu bombardieren und das Taliban-Regime zu stürzen, eröffnete die Bush-Regierung in Südostasien eine Offensive, die von den amerikanischen Medien die "zweite Front" im globalen Krieg gegen den Terrorismus getauft wurde.

Seit Januar haben die USA 660 Soldaten zu einer "Ausbildungsmission" in die südlichen Philippinen geschickt, Singapur und Malaysia ermutigt, militante islamische Fundamentalisten zu jagen und die indonesische Regierung gedrängt, das Gleiche zu tun. Weitere amerikanische Truppen treffen auf der philippinischen Insel Basilan ein, um einige Bauprojekte als Vorbereitung auf militärische Operationen zu verwirklichen.

Ein Strom von Vertretern des Pentagon und des US-Außenministeriums sowie der Generaldirektor des FBI haben die Region besucht. Die Präsidentinnen von Indonesien und den Philippinen, Megawati Sukarnoputri und Gloria Arroyo, sind nach Washington gereist und Malaysias Premierminister Mahathir Mohamad wird im Mai erwartet. Ein zweitägiges Treffen hochrangiger indonesischer und amerikanischer Militärs fand diese Woche statt.

Die US-Presse hat den Boden für die "zweite Front" mit einer Reihe von Artikeln bereitet, in denen die Region als ein "Dorado" für al-Qaida und andere islamisch-fundamentalistische Gruppen beschrieben wurde. Mehrere Verhaftungen in Singapur und Malaysia waren Wasser auf diese Mühlen; das Magazin Times schrieb Anfang Februar: "In ganz Südostasien werden Terroristen entdeckt, mit ruchlosen Plänen, Bomben - und erstaunlichen Verbindungen." Keine Beweise wurden für diese Vorwürfe vorgelegt, außer unbewiesene Behauptungen aus Polizei- und nachrichtendienstlichen Quellen.

Dass die USA Südostasien aufs Korn genommen haben, hat in der Region Kritik provoziert. In einem Artikel mit dem Titel "Das falsche Ziel" berichtete die Far Eastern Economic Review : "Viele Menschen in der Region sagen jetzt, dass der Kampf der USA gegen den globalen Terrorismus droht, ebenso viel Schaden anzurichten, wie Gutes zu tun. Die USA werden kritisiert, weil sie plump uninformiert vorgehen und sich in lang anhaltende lokale Konflikte einmischen, die schon seit Jahren schwären und international nur eine geringe Bedrohung darstellen."

Lee Poh Peng, Professor an der Universität Kebangsaan in Malaysia, sagte dem Magazin: "Die US-Kampagne ist unverhältnismäßig gemessen an den gesicherten Erkenntnissen über Terrorismus in Südostasien." Der Artikel fuhr fort: "Es ist Lee und einigen anderen Analysten ein Rätsel, warum Südostasien für Bushs ‚zweite Front' im Kampf der USA gegen den Terrorismus ausgewählt wurde. Einige spekulieren über verborgene Motive und vermuten, dass die USA die strategische Position wiedererlangen wollen, die sie verloren hatten, als sie vor einem Jahrzehnt ihre Basen auf den Philippinen räumen mussten."

Die Far Eastern Economic Review beließ es bei diesen zahmen Andeutungen über mögliche "verborgene Motive" der USA. Aber der Gedanke ist nicht weit her geholt und nicht nur spekulativ. Mehrere von amerikanischen Think Tanks in den letzten Jahren veröffentlichte Dokumente zeigen, dass schon lange vor den Anschlägen vom 11. September in den herrschenden Kreise eine Debatte über die Notwendigkeit einer aggressiveren US-Intervention in der Region im Gange war.

Nach Bushs Amtsübernahme unternahmen rechte Kreise einen konzertierten Vorstoß, dem US-Engagement in Südostasien eine höhere Priorität einzuräumen, weil Washington dort wichtige strategische und ökonomische Interessen habe. Zwar sind die Formulierungen in diesen öffentlichen Dokumenten vorsichtig gewählt, aber die Betonung liegt auf militärischem Eingreifen und auf der "Bedrohung" durch ein "expansionistisches" China - eine Linie, die mit Bushs kriegerischerer Haltung gegenüber Peking als einem "strategischen Konkurrenten" zusammenpasst.

Einige der wichtigsten Argumente werden in dem Bericht einer Projektgruppe aus Akademikern, Wirtschaftsführern und Staatsbeamten vom Mai 2001 im Namen des Außenpolitischen Rates der US-Regierung dargelegt. In ihrem Memorandum, das sie Bush unterbreitete, erklärte die Projektgruppe: "Dies ist eine passende Gelegenheit für Ihre Regierung, einer Region wieder mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, die in der Vergangenheit allzu oft aus unserem Blickfeld geraten ist - immer zu unserem Schaden." (The United States and Southeast Asia: A Policy Agenda for the New Administration, S. 1).

Ohne Clinton beim Namen zu nennen, richtete sich die Kritik des Berichts am Mangel einer "klaren, zusammenhängenden Strategie" gegen ihn. Die Clinton-Regierung benutzte die Asienkrise, die 1997 ausbrach, um schon lange bereitliegende Pläne des IWF für eine umfassende ökonomische Umstrukturierung durchzusetzen. Ihr Ziel bestand darin, die Volkswirtschaften der Region für US-Investitionen zu öffnen. Gleichzeitig drängte Washington auf "demokratische Reformen", besonders in Indonesien, um die sogenannten kapitalistischen Günstlingswirtschaften an die Erfordernisse des internationalen Kapitals anzupassen. Die Projektgruppe ließ diese ökonomischen Ziele zwar nicht fallen, argumentierte aber für andere Prioritäten, gestützt auf eine entschlossenere Militärpräsenz in der Region.

Der Bericht fasste die Kritik folgendermaßen zusammen: "Der amerikanische Einfluss in der Region ist aufgrund einer Mischung aus Unaufmerksamkeit, gebieterischer Einschüchterung und einer, vermeintlich oder tatsächlich, verspäteten und unzureichenden Reaktion auf die traumatische Finanzkrise von 1997-98 geschwunden. Zusätzlich hat eine übermäßige Beschäftigung der USA mit den Entwicklungen in Osttimor die allgemeine Haltung der USA gegenüber Indonesien verzerrt und die Politstrategen von der Konzentration auf breitere regionale Fragen abgelenkt. Ein Beispiel dafür ist unsere verspätete und uninteressierte Haltung gegenüber chinesischen Übergriffen im Südchinesischen Meer 1995 und dann wieder 1999." (ebd. S. 23)

Die Botschaft an Bush war: Höre mit Clintons Missionieren in Sachen Demokratie auf, besonders gegenüber Indonesien, wo die "übermäßige Beschäftigung" mit Osttimor den Kongress dazu verleitet hat, eine Sperre über militärische Kontakte zu Indonesien zu verhängen, und stelle dich dem Einfluss Chinas in der Region in den Weg, besonders im Südchinesischen Meer. In Richtung Indonesien bestand der Bericht darauf, dass "die Vereinigten Staaten aufhören müssen, Jakarta zu bedrängen, und stattdessen alles tun müssen, die indonesische Demokratie zu stabilisieren, die indonesische Ökonomie zu stärken, und wieder in Kontakt mit dem indonesischen Militär zu treten".

Im Hintergrund dieser Sorge um den abnehmenden Einfluss in der Region stehen die Auswirkungen der Niederlage der USA in Vietnam. Nachdem die USA in den frühen siebziger Jahren gezwungen waren, ihr Militär aus Indochina abzuziehen, verloren sie auch die großen Basen auf den Philippinen - die Marinebasis Subic Bay und den Luftwaffenstützpunkt Clark Air Base. 1998 musste der indonesische Militärdiktator Suharto zurücktreten, auf den sich Washington besonders nach der Niederlage in Vietnam stark gestützt hatte. Diejenigen, die für ein Ende der "geringen Aufmerksamkeit" argumentieren, drängen auf eine Umkehr dieser politischen und strategischen Rückschläge, insbesondere weil die Interessen der USA in der Region und ihrem Umfeld zugenommen haben und die politische Instabilität nach der Finanzkrise von 1997-98 gestiegen ist.

US-Interessen in Südostasien

Der Bericht der Projektgruppe des Außenpolitischen Rates merkte an: "Ein Vierteljahrhundert, nachdem die USA in Südostasien einen blutigen Krieg geführt haben, ein Krieg, der eine ganze Generation geprägt hat, stellt die Region nach wie vor eine komplexe Herausforderung für amerikanische Politstrategen und für die Öffentlichkeit dar." Dann geht er dazu über, das Ausmaß der amerikanischen Interessen zu definieren.

"Selbst wenn man die Tragödie des Vietnamkriegs berücksichtigt, ist es schwer zu verstehen, wie eine derart große Region mit beinahe 525 Millionen Einwohnern und einem Bruttosozialprodukt von 700 Mrd. Dollar, unser fünftgrößter Handelspartner, derart aus dem Blickfeld der US-Politik verschwinden konnte. So etwas sollte nicht passieren, dazu noch in einem Teil der Welt, in dem die Vereinigten Staaten in den letzten sechs Jahrzehnten drei große Kriege geführt haben und wo die Währungskrise von 1997-98 das gesamte Weltfinanzsystem zu destabilisieren drohte."(ebd. S. 14)

Es wurde festgehalten, dass US-Firmen nach japanischen Firmen den zweiten Platz bei Investitionen in der Region einnehmen; die meisten der in der Fortune-500-Liste aufgeführten internationalen Konzerne verfügen in Südostasien über bedeutende Interessen. In vier Ländern - Thailand, Singapur, Malaysia, Philippinen - wurden 1998 zusammen 35 Mrd. Dollar Investitionen getätigt. Mit der Ausnahme von Indonesien beginnen amerikanische Direktinvestitionen nach der Asienkrise wieder zu wachsen.

"Besonders hervorzuheben sind die Öl- und Gasreserven und die Produktionsniveaus von Indonesien und Brunei. Indonesien, das einzige asiatische OPEC-Mitglied, tätigt 20 Prozent der Exporte von verflüssigtem Erdgas (LNG), und seine Reserven sind immer noch nicht vollkommen bekannt. Neue Öl- und Gasfelder werden dort, in Malaysia, Vietnam und auf den Philippinen entdeckt." (ebd. S. 29)

Der Bericht wies auf die strategische Bedeutung der Region hin, "die eine große geopolitische Rolle spielt, da einige der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt hier entlang führen". Mehr als 1,3 Billionen Dollar Handelsvolumen passierte 1999 die Straße von Malakka und Lombok - fast die Hälfte des Welthandels - darunter fielen wichtige Öllieferungen vom Persischen Golf nach Japan, Südkorea und China. "Folglich hätte jede Unterbrechung oder Beeinträchtigung der Energieversorgung unmittelbare und verheerende Folgen für die Volkswirtschaften Südostasiens und würde sich auch erheblich auf die amerikanische Wirtschaft auswirken."

Der Bericht gibt der Frage einen defensiven Charakter: Störungen durch andere Mächte sollen verhindert werden. Aber die Kontrolle der Schifffahrtswege und Transport-Nadelöhre in Südostasien würde Washington eine starke Stellung geben, um Druck auf China und, nötigenfalls, seinen Handelsrivalen Japan auszuüben. Eine stärkere Militärpräsenz in der Region würde den USA auch ermöglichen, Chinas Ansprüche auf das Südchinesische Meer und seine umstrittenen Inselgruppen - die Spratlys und die Paracels - herauszufordern, die über bedeutende Ölreserven verfügen sollen.

Ganz oben auf der Liste der Vorschläge, wie die amerikanischen Interessen gewahrt werden könnten, steht die Forderung, die US Militärpräsenz zu stärken. "Höchste Priorität sollte die Erhaltung regionaler Stabilität durch die Verhinderung innerregionaler Konflikte und die Vermeidung des beherrschenden Einflusses einer auswärtigen Macht oder Koalition haben. Die Regierung sollte eine glaubwürdige Militärpräsenz und eine ausreichende Ausbildungs- und Versorgungsstruktur unterhalten", heißt es. Speziell vorgeschlagen werden "Maßnahmen mit höchster Priorität" auf dem Gebiet "gemeinsamer militärischer Übungen und des Austauschs und der Ausbildung von Individuen und kleinen Gruppen."

China im Visier

Ähnliche Schlussfolgerungen wurden von einer Studie der RAND-Corporation für die US-Luftwaffe im Jahre 2000 unter dem Titel "Die Rolle Südostasiens in der US-Strategie gegenüber China" gezogen. Der konservative Think Tank hat nicht nur enge Beziehungen zum Pentagon und zur Rüstungsindustrie, sondern auch zur Bush-Regierung. Bezeichnenderweise steht Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Bushs führender Befürworter nachdrücklicher Militäraktionen, seit langem in Verbindung zu RAND, und zwar als ihr Vorsitzender. Zalmay Khalilzad, eine Schlüsselfigur unter den Sondergesandten Bushs in Afghanistan, zeichnete für die Studie verantwortlich.

Der Bericht lenkte ausdrücklich die Aufmerksamkeit auf die Gefahr, die China für die gegenwärtige Vorherrschaft der USA in Südostasien bedeute, und empfahl eine "Eingrenzungsstrategie", um die US-Militärpräsenz und den Zugang zu den Einrichtungen in der Region zu stärken. Es wurde keine Erklärung gegeben, warum China - ein wirtschaftlich rückständiges Land, das stark von Auslandsinvestitionen und Exportmärkten, vor allem in den USA, abhängig ist und über keine hochentwickelte Marine oder Luftwaffe verfügt - eine Bedrohung für die USA darstellen sollte. Wie in Nordostasien, wo die USA Tausende Soldaten mit Luft- und Seeunterstützung unterhalten, ist auch in Südostasien die "chinesische Bedrohung" ein nützlicher Vorwand für die Aufrechterhaltung und Stärkung von Washingtons militärischer Position.

Der Bericht begann mit der unverblümten Erklärung: "Chinas Entwicklung zu einer wichtigen Regionalmacht in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren könnte die Konkurrenz zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China (VRC) verschärfen und das Potential für eine bewaffnete Auseinandersetzung erhöhen. Die USA sind gegenwärtig die beherrschende auswärtige Macht in Südostasien... Das Wirtschaftswachstum in der asiatisch-pazifischen Region, das für die wirtschaftliche Sicherheit und das Wohlergehen der Vereinigten Staaten und anderer Mächte wichtig ist, hängt von der Aufrechterhaltung von Anwesenheit und Einfluss der USA in der Region und von dem ungehinderten Zugang zu den Schifffahrtsrouten ab."

Zu den Schlüsselelementen der in dem Bericht vorgeschlagenen Strategie gehören "die Herstellung einer günstigeren Sicherheitslage durch Engagement, Dialog, Rückversicherung, und Vertrauensbildung" und die Kultivierung "engerer Beziehungen zu vielen ASEAN-Staaten." Singapur, die Philippinen und "vielleicht Vietnam" wurden als Schlüsselgebiete identifiziert, in denen besonders die Air Force Zugang zu Stützpunkten haben sollte. Während Singapur ideal zu strategischen Nadelöhren wie der Straße von Malakka liegt, würde der Zugang zu den Philippinen und zu Vietnam helfen, die Luftüberlegenheit im Gebiet der Schifffahrtsstraßen im Südchinesischen Meer zu erringen."

Die RAND-Studie empfahl, "ein robustes Sicherheitsbeistandsprogramm mit den Verbündeten in der Region zu entwickeln, vor allem mit den Philippinen". Sie forderte die Lieferung von "dringend benötigter Luftabwehr und Marine-Hardware an die Philippinen... um die Abschreckung gegenüber China wieder herzustellen", und trat für die Wiederbelebung "voller militärischer Kooperation mit Indonesien und die Wiederaufnahme der Lieferung von militärischer Ausrüstung und Ersatzteilen" ein, um "eine weitere Schwächung der indonesischen Verteidigungsfähigkeit zu verhindern".

Bushs "Krieg gegen den Terrorismus"

Obwohl diverse amerikanische Strategen und Analytiker, besonders diejenigen, die dem Pentagon nahe standen, die Machtübernahme der Bush-Regierung als eine hervorragende Gelegenheit betrachteten, ein entschiedeneres Vorgehen der USA in Südostasien zu erreichen, trafen ihre Pläne vor dem 11. September allesamt auf das gleiche entscheidende Hindernis. Die Regierungen in der Region, selbst die konservativen, schreckten vor dem Risiko zurück, durch den Aufbau enger Beziehungen zum US-Militär eine anti-amerikanische Opposition in ihren eigenen Ländern heraufzubeschwören oder Peking unnötig vor den Kopf zu stoßen.

In der RAND-Studie hieß es dazu: "Ohne klare und eindeutige Anzeichen, dass China versucht, den Status quo zu ändern, werden viele ASEAN-Staaten zögern, sich den Unwillen Chinas durch Maßnahmen zuzuziehen, die China als Provokation ansehen müsste." Mit anderen Worten, ohne Beweise, dass China eine Bedrohung darstelle, würden es sich die ASEAN-Führer zweimal überlegen, amerikanische Militärpräsenz in Reichweite nicht nur des Südchinesischen Meers, sondern des chinesischen Festlands selbst zuzulassen.

Nach dem 11. September verlor die Bush-Regierung keine Zeit und nutzte die Gelegenheit, um die von RAND und der Projektgruppe des Außenpolitischen Rates entwickelten Vorschläge in die Tat umzusetzen. Der "globale Krieg gegen den Terrorismus" erwies sich als das ideale Instrument, um die Feindseligkeit vor Ort gegenüber einer verstärkten Militärpräsenz in Südostasien hinwegzufegen. Unter starkem Druck aus Washington sah sich ein Staatsführer nach dem anderen gezwungen, Unterstützung anzubieten: das schloss die Nutzung von Stationierungseinrichtungen und Militärbasen ebenso ein, wie die Gewährung von Überflugrechten für amerikanische Flugzeuge auf dem Weg nach Afghanistan. Die philippinische Präsidentin Gloria Arroyo ging dabei vorneweg, aber alle anderen Regierungen folgten in unterschiedlichem Maße nach, auch die indonesische Präsidentin Megawati Sukarnoputri, die verschiedentlich wegen unzureichender Kooperationsbereitschaft gescholten worden war.

Verschiedene amerikanische Spezialisten für Südostasien haben nach dem 11. September mit nur mühsam unterdrücktem Enthusiasmus auf die Möglichkeiten reagiert, die sich in der Region eröffnen. Catharin Dalpino, Mitglied des Brookings Institute, schrieb im Februar in der International Herald Tribune : "Diese Entwicklungen sind auch ein Warnsignal, dass die Beziehungen der USA zu Südostasien ernsthaft beschädigt sind... Das war ein langer, allmählicher Abstieg. Das amerikanische Interesse nahm 1973, als die US-Truppen aus Südvietnam abgezogen wurden, rapide ab. In den letzten drei Jahrzehnten sahen Politiker und Analysten die Region für die Sicherheit in Asien als nebensächlich an; sie konzentrierten sich stattdessen auf die Bedrohung für die Straße von Taiwan und auf die koreanische Halbinsel."

Oft sind diejenigen, die schon vor dem 11. September auf eine größere "Beachtung" Südostasiens gedrängt hatten, auch die führenden Protagonisten der Eröffnung einer "zweiten Front" im sogenannten Kampf gegen den Terrorismus. Der politische Chefanalytiker von RAND, Angel Rabasa, einer der Autoren der Studie aus dem Jahr 2000, sagte im Dezember letzten Jahres vor dem Unterausschuss des Kongresses zu Ostasien und dem Pazifik aus. Dabei argumentierte er fast wortgleich mit dem ursprünglichen Bericht, dass "Chinas Auftreten als wichtige Regionalmacht einen robusten Sicherheitsbeistand... vor allem für die Philippinen" erfordere; die USA müssten "dringend benötigte Luftabwehr und Marine-Hardware liefern, um die Abschreckung gegenüber China wiederherzustellen".

Rabasa gab auch nicht mehr Details über angeblich reale, von islamisch-fundamentalistischen Gruppen ausgehende Gefahren preis, als die amerikanischen Medien. Trotzdem nutzte er die Gelegenheit um zu argumentieren, wie der RAND-Report es schon lange vor dem 11. September getan hatte, dass "die Vereinigten Staaten ihren Zugang und ihre Nachschublinien in Südostasien stärken und diversifizieren sollten, um effektiv und kurzfristig auf unerwartete Eventualfälle reagieren zu können". Wer hätte denn, fragte er rhetorisch, "vor sechs Monaten damit gerechnet, dass das amerikanische Militär vor der Aufgabe stehen würde, einen Feldzug in Afghanistan zu planen und zu führen?"

Es blieb der Heritage Foundation, einem rechten Think Tank mit engen Beziehungen zur Republikanischen Partei, überlassen, auszusprechen, dass der "Krieg gegen den Terrorismus" in Südostasien, wie in Afghanistan, letztlich mit oder ohne die ausdrückliche Zustimmung der örtlichen Regierungen geführt werden würde. Ein Artikel von Dana Dillon und Paolo Pasicolan vom Oktober letzten Jahres mit dem Titel "Südostasien und der Krieg gegen den Terrorismus" machte eine Reihe von Vorschlägen für die Stärkung der amerikanischen Bindungen zu der Region und schloss dann folgendermaßen:

"Zwar sollten vorzugsweise örtliche Regierungen und ihre Sicherheitskräfte benutzt werden, um den Terrorismus an seinen Wurzeln anzugreifen und um Amerikaner vor Terrorangriffen zu schützen; Washington muss sich aber immer auch die Option offen halten, direkt militärisch zu intervenieren. Sollte es eine unmittelbare Bedrohung für US-Bürger oder amerikanisches Eigentum geben, mit der die örtlichen Sicherheitskräfte in Südostasien nicht fertig werden, muss Washington in der Lage sein zu handeln."

Wie eine Untersuchung der Dokumente zeigt, war die Entscheidung der Bush-Regierung, eine "zweite Front" in Südostasien zu eröffnen, weder zufällig noch die Reaktion auf eine ernst zu nehmende Bedrohung der USA. Die Anschläge vom 11. September wurden vom Weißen Haus und dem Pentagon zum Vorwand genommen, langgehegte Pläne zu forcieren, den Niedergang der amerikanischen Militärpräsenz in der Region umzukehren und die ökonomischen und strategischen Interessen der USA aggressiv zu verfolgen.

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