WSWS -Interview mit Mitgliedern der französischen Bewegung Junger Kommunisten

Die Gymnasiasten Eloïse Vis und Maxime Carliez sind Mitglieder der französischen Bewegung Junger Kommunisten (Mouvement Jeunes Communistes), der Jugendbewegung der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF). Sie leben in Amiens in einem Wahlkreis, der seit vielen Jahren von dem KPF-Abgeordneten Maxime Gremetz in der Nationalversammlung vertreten wird. Die WSWS brachte am 28. Juni bereits ein Interview mit Gremetz. Obwohl die stalinistische Partei sich in ihrer Todeskrise befindet, hat sie offensichtlich immer noch einen Apparat und einen gewissen politischen Einfluss in der Gegend.

Eloïse und Maxime waren an der Organisierung von Streiks und Demonstrationen von Schülern in Amiens beteiligt, nachdem der ultrarechte Jean-Marie Le Pen von der Nationalen Front (NF) in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen vom 21. April zweiter geworden war.

Die beiden, die gerade ihr letztes Jahr am Gymnasium Robert de Luzarches absolvieren, gaben der WSWS dieses Interview am 12. Juni, dem Tag vor ihrer ersten Abiturprüfung im Fach Philosophie und vier Tage vor der zweien Runde der Parlamentswahlen.

Die beiden Gymnasiasten sind beredte und ernsthafte junge Leute, aber es war nicht zu übersehen, dass sie schon in ihren jungen Jahren die stalinistische politische Linie ziemlich verinnerlicht haben. Ihre Ansichten sind von kleinbürgerlich demokratischen Vorstellungen geprägt - Kampf gegen den Faschismus durch die Verteidigung der französischen Republik und ihrer Institutionen - und nicht sozialistisch oder marxistisch. Sie verteidigen die Kampagne der Sozialistischen Partei und der KPF, nach dem 21. April für den Amtsinhaber Jacques Chirac zu stimmen, obwohl diese zu einem politischen Debakel für die linken Parteien bei den Parlamentswahlen führte. Die politische Bedeutung dieser Kampgange, oder das politische Potential, das ein Boykott der Arbeiterklasse bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl hätte haben können, bleibt ihnen unverständlich, so sehr sind sie der Verteidigung des existierenden politischen Systems Frankreichs verpflichtet.

Eloïse und Maxime äußern ihre Opposition gegen die soziale Revolution und gegen die Abschaffung des Kapitalismus recht offen. Sie sind im Grunde sehr konservative Jugendliche. Der Nationalismus ist tief in ihrem Denken verwurzelt. Die französischen Stalinisten haben ihn Jahrzehnte lang ermutigt und das Konzept der Verteidigung der nationalen Wirtschaft gefördert. In der letzten Wahl wechselten zahlreiche frühere Wähler der KPF zu Le Pen, der ein chauvinistisches und pseudo-populistisches Programm propagierte, in dem er den Rückzug Frankreichs aus der EU forderte, um französische Arbeitsplätze und Waren zu schützen. Seine Maastricht-feindliche Rhetorik entspricht der Propaganda vieler französischer Linker und Gewerkschaftsbürokraten gegen die EU. Es ist kein Zufall, wenn Eloïse sagt: "Wir müssen zugeben, dass Le Pen eine recht attraktive Linie verfolgte."

Was den Stalinismus angeht, lehnen Eloïse und Maxime die schrecklichen Verbrechen ab, die die Bürokratie an der sowjetischen Bevölkerung und anderen Völkern begangen haben, aber nicht die national-opportunistische Politik, die das Wesen des Stalinismus ausmacht und das konterrevolutionäre Regime dazu führte, zur Verteidigung ihrer Macht und Privilegien zum Terror zu greifen.

Das Paar findet seine politischen Ideale, die sie offensichtlich von ihren stalinistischen Mentoren entlehnt haben, in China verwirklicht, dem Land des "roten Kapitalismus". Teile des KP-Apparats, und zwar die Fraktion, die für eine "Neugründung" der Partei eintritt, zerbrechen sich offensichtlich über die Frage den Kopf, wie sie unter wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen, die sich so rapide verändern, ihren Einfluss und ihre Privilegien verteidigen können. Das chinesische Modell erscheint ihnen attraktiv, weil dort im Gegensatz zur UdSSR die stalinistische Bürokratie kapitalistische Marktbeziehungen eingeführt hat ohne die politische Macht aus der Hand zu geben.

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WSWS : Wie habt ihr auf die Wahlen reagiert?

Eloïse Vis : Auf dem Gymnasium waren die Leute einigermaßen schockiert, aber es war zu erwarten. Es wurde schon vor dem ersten Durchgang gesagt, dass Le Pen bei 15 Prozent liege. Aber am Gymnasium gab es Reaktionen darauf: es wurde z.B. demonstriert. Man muss wissen, dass drei Viertel der Schüler noch nicht wählen können. Es ist ihre Art, sich auszudrücken. Danach wurden Unterschriften gesammelt und einige Parteien nahmen an den Jugenddemonstrationen teil.

WSWS : Welche Parteien?

Eloïse : Die Kommunistische Jugend und auch die UNEF [die von der KP geführte Studentengewerkschaft]. Einige Studenten sagten, es sei normal, dass Le Pen in die zweite Runde gekommen sei, denn solche Stimmen würden aus Protest abgegeben.

Maxime Carliez : Ich kenne einige Abiturienten, die für Le Pen stimmten und gesagt haben, dass sie dadurch ihren Protest ausdrücken wollten; aber ich glaube, in meinem Alter kennt man sich in der Politik noch nicht wirklich aus.

WSWS : Was waren die Parolen und die Perspektiven der Demonstrationen?

Maxime : Es wurde hauptsächlich vertreten, dass Frankreich ein Einwanderungsland sei, besonders seit dem zweiten Weltkrieg; dass Frankreich immer eine Demokratie war, und dass es ein Schlag gegen die Demokratie wäre, Le Pen an die Macht zu bringen. Es sollte also gezeigt werden, dass wir alle Einwanderer sind. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen viele Belgier und Italiener nach Frankreich, um das Land wieder aufzubauen. Das geht in gewisser Weise an die Wurzeln Frankreichs. Man kann seine Wurzeln nicht in einem Kahlschlag beseitigen! Frankreich hat die nordafrikanischen Einwanderer nach dem zweiten Weltkrieg geholt, es ist unglaubwürdig, sie jetzt wieder davon zu jagen.

WSWS : Ich verstehe die Feindschaft gegen Le Pen. Aber warum die Kampagne für Chirac?

Maxime : Der Aufruf, für Chirac zu stimmen, war eine Art Referendum, um die Republik zu retten. Es war nicht eine Stimme für Chirac, sondern eine Stimme gegen Le Pen, gegen den Faschismus.

Eloïse : Trotzdem haben sich viele Leute enthalten. Die Regierung hat viele Versprechungen gebrochen. Es war keine Stimme für Chirac, sondern gegen Le Pen.

WSWS : So wurde argumentiert. Aber das Ergebnis ist, dass Chirac gewählt wurde und es eine rechte Regierung gibt.

Eloïse : Wir wollten das Blatt bei den Parlamentswahlen eigentlich wieder wenden. Aber es stimmt, das ist das Ergebnis.

WSWS : Zwei Wochen lang sagten die Linken: "Wählt Chirac", und dann drehten sie sich um und sagten: "Stimmt für uns".

Eloïse : Das ist nicht mehr glaubwürdig.

WSWS : Sie überzeugten einen Teil der Bevölkerung, für Chirac zu stimmen, und der Rest ist demoralisiert.

Maxime : Die Jungen Kommunisten sagten: Stimmt für Chirac, damit er gewählt wird und Le Pen gestoppt wird, aber wir müssen auch gegen Chirac mobilisieren, weil er die Bosse begünstigen wird und nicht die Arbeiter.

WSWS : Das Ergebnis ist jetzt, dass es eine rechte Regierung gibt, die die Arbeiterklasse angreifen wird, und dass die Arbeiterklasse wegen dieser Kampagne, die Chirac als den Verteidiger republikanischer Prinzipien hinstellte, weniger gut vorbereitet ist. Das war eine Lüge! Es gibt keine chinesische Mauer zwischen Chirac und Le Pen. Es gibt eine Menge Verbindungen zwischen ihnen, zwischen der Nationalen Front und den sogenannten demokratischen Parteien. Jetzt verurteilt die Sozialistische Partei die rechten Kontakte mit [dem neofaschistischen Führer Bruno] Mégret und Le Pen. Welche Überraschung!

Eloïse : Das ist keine so große Überraschung, weil viele Arbeiter Le Pen wegen der Inneren Sicherheit gewählt haben. Wir müssen zugeben, dass Le Pen eine recht attraktive Linie verfolgte. Die Hälfte der Arbeiterklasse ging zu den Rechten über oder enthielt sich. Die Linke hat ihren Teil der Verantwortung, weil sie keine linke Politik gemacht hat. Ihre Politik war zentristisch. Wenn die Linke nichts tut, dann wenden sich die Leute natürlich anderen Partien zu.

Maxime : Vor allem die Medien sind dafür verantwortlich, dass Le Pen in die zweite Runde gekommen ist. Sie haben überall vorhergesagt: "Jospin [der Führer der Sozialistischen Partei] und Chirac werden das Rennen machen." Na, und die Franzosen hatten es jetzt ein bisschen satt, dass es schon wieder dieselben beiden sein sollten. Das Gleiche mit der Inneren Sicherheit: die Presse hat zu diesem Klima beigetragen. Früher sagten sie, wenn es einen Angriff gegeben hatte: "Ein Jugendlicher hat einen anderen angegriffen." Jetzt sagen sie: "Ein Jugendlicher mit einer bestimmten ethnischen Herkunft hat einen anderen Jugendlichen angegriffen," und das spielt Le Pen in die Hände. Also für mich ist ein Jugendlicher, sagen wir, algerischer Herkunft, der hingeht und ein paar Kuchen aus dem Supermarkt klaut, weniger bedrohlich als jener Franzose - ein Mitglied der laut Le Pen überlegenen Rasse - der hingegangen und in Nanterre fünf Menschen umgebracht hat. Das, glaube ich, haben die Leute nicht verstanden.

WSWS : In Longueau [einer Stadt in der Region Amiens] haben die meisten Leute in den Präsidentschaftswahlen Le Pen gewählt und in der ersten Runde der Parlamentswahlen Gremetz. Man bekommt den Eindruck, dass man einfach von einem zum anderen springen kann.

Eloïse : In Longueau ist der Stadtrat kommunistisch, aber jetzt gibt es dort viel mehr rechte als linke Leute. Longueau wächst und ist nicht mehr wirklich die alte kommunistische Stadt, die sie einmal war. Sie hat sich stark geändert. Es ist wahr, dass es seltsam ist, diese vielen Stimmen für Le Pen in den Präsidentschaftswahlen, und danach dann wieder Gremetz an der Spitze. Vielleicht ist es eine Reaktion nach dem Schock der Präsidentschaftswahlen.

WSWS : Die Kommunistische Partei hat viele Stimmen verloren. Warum?

Maxime : Ich glaube, es liegt am nationalen Kandidaten. Das Ergebnis von Robert Hue in Amiens muss bei fünf Prozent gelegen haben. Gremetz hat über 30 Prozent in den Parlamentswahlen bekommen. Na ja, die Medien haben eben mehr über Chirac und Jospin als über die kleineren Kandidaten berichtet.

WSWS : Was ist das Programm der Kommunistischen Partei?

Eloïse : Solidarität in der Arbeiterklasse. Weil Chirac nur für die Bosse steht. Es geht nicht um spezielle Vorrechte für Proletarier und die Arbeiterklasse, sondern um mehr Rechte für die Arbeiter und die im öffentlichen Dienst Beschäftigten, und um Gleichheit zwischen den verschieden Berufen. Außerdem, keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Rassen, ein egalitäreres Frankreich in allen Bereichen: wirtschaftlich, in der Arbeit, im Handel. Es geht auch um Solidarität.

Maxime : Der Versuch, von den Reichen zu nehmen, um den Armen zu geben. Klingt ein bisschen nach Robin Hood, aber darum geht es. Die Kommunistische Partei ist ein Partei, die die Arbeiter verteidigt. Sie will soziale Gleichheit, aber auch Gleichheit zwischen den Völkern. Es soll nicht Profit um jeden Preis gemacht werden. Sie versucht, die Bevölkerung zu ernähren. Wie Mao, als er an die Macht kam: Er hat seine Bevölkerung ernährt, statt zu exportieren. In Frankreich gibt es viele Obdachlose, die nicht jeden Tag etwas zu essen haben. Ich glaube, es ist sehr wichtig, diese Leute zu ernähren, anstatt zu versuchen, im Ausland Profite zu machen.

WSWS : In Jospins Regierung waren kommunistische Minister. Was haben die gemacht?

Maxime : Marie-Georges Buffet, Ministerin für Jugend und Sport, hat besonders versucht, das Dopingproblem im Sport zu lösen und auch Recht und Ordnung durchzusetzen: Fußballspiele in der Pariser Region waren früher oft in Schlägereien ausgeartet.

Eloïse : Es gab Plakat-Kampagnen mit führenden Sportlern gegen Kriminalität und für Sport usw., die zeigten, dass Sport für Solidarität und gegen Gewalt ist.

WSWS : Denkt Ihr, dass das kapitalistische System ersetzt werden sollte?

Maxime : Ich würde sagen, dass es wie in China sein sollte. Das Problem in der UdSSR war, dass ihre Wirtschaft zu stark abgeschnitten war. In China gibt es, was sie den roten Kapitalismus nennen, das läuft wirtschaftlich hervorragend. Sie behalten die großen verstaatlichten Firmen, aber sie lassen Export und Import zu. Es gibt Handel mit anderen Ländern. Man muss nach außen sehen.

Eloïse : Im Kapitalismus hat man den Wettbewerb mit andern Ländern. Man müsste autonom sein, in der Lage sein, sich mit dem Notwendigen zu versorgen, und dann wäre es in Bezug auf den Außenhandel schon ein bisschen besser, denn der Kapitalismus ist vor allem Außenhandel, nicht die Erhöhung des Lebensstandards der Menschen im Land.

Ich will keine soziale Revolution, nur eine Reform des Kapitalismus, keine völlige Veränderung des Kapitalismus. Man muss den internationalen Wettbewerb beibehalten, aber ihn im Vergleich zu heute reduzieren und mehr Mittel im Land selbst einsetzen.

WSWS : Habt Ihr Euch mit der Sowjetunion beschäftigt? Was denkt Ihr über die russische Revolution und den Stalinismus?

Eloïse : Ich stimme nicht mit der stalinistischen Bewegung überein, aber immerhin waren sie es, die den Kommunismus mit der Ideologie von Marx aufgebaut haben. Stalin ist eine Art übertriebener Anwendung des Kommunismus.

WSWS : Übertriebene Anwendung oder Opposition dagegen?

Eloïse : Im zweiten Weltkrieg hat die UdSSR für Stalin gekämpft. Er war ein Gott und die Menschen haben in Stalins Namen gekämpft.

Maxime : Es war der Personenkult. Aber meine Mutter ist in die UdSSR gegangen, und egal was die Leute draußen gesagt haben, ihr kamen die Menschen dort frei und kultiviert vor. Sie haben um sechs aufgehört zu arbeiten und sind dann ins Theater oder Kino gegangen. In Frankreich oder sonst irgendwo sieht man so etwas nicht. Obwohl das Land auch seine Probleme hatte. Es gab aber immer noch nur wenig Arbeitslosigkeit, weil es Aufgabe des Staates war, jedem Bürger Arbeit und Wohnung zu geben. Die ursprüngliche Idee war gut. Oder vielleicht hatte Stalin ein bisschen zuviel Macht.

Eloïse : Viele Menschen in Frankreich denken heute, dass Kommunismus Stalins Kommunismus sei, obwohl sie völlig unterschiedlich sind. Deshalb wird Kommunismus stark abgelehnt. Stalin ist wirklich extremer Kommunismus, sogar Antikommunismus.

WSWS : Habt Ihr Trotzkis Schriften gelesen?

Maxime : Nein, ich gebe zu, nicht viel gelesen zu haben. Ich habe versucht, ein paar Absätze aus dem Kapital zu lesen, aber es ist sehr schwierig.

WSWS : Was denkt Ihr über die äußerste Linke?

Eloïse : Das sind die Linksextremen. Ein bisschen wie die Rechtsextremen, aber nicht so mächtig. Nehmen wir die Bewegung von Lutte Ouvrière und [deren Präsidentschaftskandidatin] Arlette Laguiller: Sie appelliert nur an eine Schicht, die Arbeiter. Sie versucht nicht, an irgend jemand anderes zu appellieren. Wenn sie an die Macht kommen würde, wären die Arbeiter privilegiert und für alle anderen gäbe es nichts. Es ist, wie wenn Le Pen an die Macht käme, dann wären die einzigen Leute mit Privilegien die Franzosen und sonst niemand. Es ist das gleiche. Bei ihr wären es eben nur die Arbeiter.

Maxime : Dieses Jahr hat sie auch Kandidaten bei den Parlamentswahlen aufgestellt, was sie in früheren Jahren nicht gemacht hat. In gewisser Hinsicht ist es einfach, in den Präsidentschaftswahlen Sprüche zu machen, aber wenn sie nichts in der Regierung tut, um die Lebensbedingungen der Arbeiter zu verbessern, sie zu verteidigen, ist es meiner Meinung nach Verschwendung, für Arlette oder [den Präsidentschaftskandidaten der Ligue Communiste Révolutionnaire, Olivier] Besancenot zu stimmen.

Eloïse : Viele Leute haben Besancenot oder Arlette gewählt Die beiden haben zehn Prozent in der ersten Runde bekommen. Arlette war damit zufrieden und hat danach nicht zur Wahl von Chirac aufgerufen. Das sind Parteien, die nicht mit anderen Parteien solidarisch sind, die nur gewinnen wollen und sonst nichts.

Maxime : Jedenfalls hat Wahlenthaltung Le Pen genützt. Wenn man sich seine Resultate 1995 und 2002 anschaut, sieht man, dass er sich nicht verbessert hat. Es waren die Enthaltungen, die ihm in die zweite Runde verholfen haben. Dass Arlette in der zweiten Runde die Leute zur Enthaltung aufgerufen hat, hat Le Pen in gewisser Weise zu einem guten Ergebnis verholfen. Ich habe klar gesagt: Wir müssen Chirac wählen. Wir haben keine Wahl, das ist alles, was wir machen können.

Eloïse : Es ist richtig, dass die Linke schuld ist. Sie haben keine Politik. Sie waren völlig zentristisch. Sie haben Fehler über Fehler gemacht, besonders mit [Jospins Bildungsminister Claude] Allègre, zum Beispiel. Deshalb haben sich alle zur Rechten oder extremen Rechten gewandt. Jedenfalls war es Mitterrand [der frühere sozialistische Präsident], der die Nationale Front ins Parlament gebracht hat. Jeder weiß, dass der Kapitalismus aus dem Kalten Krieg als Sieger über den Kommunismus hervorgegangen ist, und dass sich jetzt viele Leute eher zum Kapitalismus als zum Kommunismus orientieren. Das ist eine lange Geschichte, die die Linke zu dem gemacht hat, was sie jetzt ist. Heute ist sie weniger als nichts.

WSWS : Was denkt Ihr, wird mit der Regierung von Chirac passieren?

Eloïse : Es wird Reformen im Bereich der Inneren Sicherheit geben. Das wird ganz sicher passieren. Zwei oder drei Tage nach Chiracs Wahl sind solche Änderungen schon gemacht worden.

Maxime : Jetzt wird es eine wirklich rechte Regierung geben, wirklich rechts. Einerseits ist das auch nicht schlimmer, die Leute werden aufwachen und merken, was eine rechte Regierung wirklich bedeutet. Die Arbeiter, die rechts gewählt haben, werden erkennen, dass es enorm gegen ihre Interessen läuft. Das könnte später wichtig werden.

Eloïse : Es kann eine Lehre sein, aber sie wird fünf Jahre dauern.

WSWS : Was für eine politische Alternative seht Ihr für die Arbeiter?

Eloïse : Die Linke muss wirklich ihre Politik ändern.

WSWS : Seid Ihr persönlich optimistisch, was die Zukunft angeht?

Eloïse : In Frankreich? Nein. Wenn ich einige Reaktionen in der Schule sehe, denke ich, dass wir niemals von der Rechten oder extremen Rechten wegkommen werden. Die jungen Leute werden wirklich von ihren Eltern oder Freunden beeinflusst. Ich hatte einen Freund, der in der Kommunistischen Partei war. Jetzt wählt er die Nationale Front. Er ist Rassist. Er sagt, er habe die Nase voll, sich dauernd anmachen zu lassen. Das ist alles Schwachsinn; er hatte vielleicht ein einziges Mal Ärger. Aber dann gibt's die ganzen Gerüchte, das verbreitet sich sehr schnell. Und die Medien machen es noch schlimmer.

Siehe auch:
Interview mit Maxime Gremetz einem Abgeordneten der Kommunistischen Partei Frankreichs
(28. Juni 2002)
Interview mit Robert Hue dem Generalsekretär der KPF
( 15. Juni 2002)
Robert Hue und die Fäulnis des französischen Stalinismus
( 15. Juni 2002)
weitere Artikel zur politischen Lage in Frankreich

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