Der asiatische Tsunami: Warum es keine Warnung gab

Während in Südasien die grauenerregenden Opferzahlen immer weiter steigen und das Ausmaß an Zerstörung ins Unermessliche wächst, wird immer klarer, dass viele Menschenleben hätten gerettet werden können, hätte ein Tsunami-Warnsystem existiert. Hätten die Menschen nur 15 bis 30 Minuten Zeit und klare Anweisungen zur Flucht gehabt, dann hätten sich viele von ihnen in Sicherheit bringen können, anstatt ohne jede Vorahnung und Gegenmaßnahme der Flut ausgeliefert zu sein.

Der Tsunami und seine Ursache, das Erdbeben, sind Naturerscheinungen. Erdbeben kann man zwar nicht verhindern, man kann sie jedoch sehr schnell lokalisieren. Ja noch mehr: mit angemessenen wissenschaftlichen Instrumenten kann schon die Entstehung eines Tsunami wahrgenommen und sein wahrscheinlicher Weg vorausgesagt und recht genau aufgezeigt werden.

Ein Tsunami-Warnsystem existiert im Pazifischen Ozean seit Ende der vierziger Jahre. Es wurde bedeutend verbessert, nachdem eine Flutwelle, ausgelöst durch ein massives Erdbeben, 1964 in Alaska über hundert Menschen tötete. Außer den seismologischen Instrumenten, die jedes Erzittern der Erde registrieren, gibt es auf Hawaii, Alaska und Japan ein Netz von Meerespegeln und Tiefseesensoren - sogenannte "Tsunameter" -, die über Satelliten mit Überwachungsstationen verbunden sind und rund um die Uhr überwacht werden. Mit der Hilfe von Computermodellen können Wissenschaftler die vermutete Ausbreitung eines Tsunamis und seine wahrscheinlichen Auswirkungen voraussagen.

Im Indischen Ozean gibt es kein solches System. Von den elf Ländern, die letzte Woche von der Katastrophe betroffen waren, gehören nur Thailand und Indonesien zum Tsunami-Warnsystem des Pazifischen Ozeans. Die meisten Länder verfügen über seismologische Instrumente, die das Erdbeben registrierten. Aber nicht alle Beben erzeugen einen Tsunami. Wenn es keine Planungen, Vorbereitung und Ausrüstung gibt, ist es schwer, genaue Voraussagen zu treffen. Und die Zeit ist außerordentlich begrenzt, wenn man bedenkt, dass sich Tsunami-Wellen je nach Wassertiefe mit Geschwindigkeiten von bis zu 800 km/h vorwärtsbewegen.

Das Erdbeben vom 26. Dezember erreichte die Stärke 9 auf der Richter-Skala. Es war das stärkste seit dem Beben von Alaska und einem weiteren außerordentlich starken Beben im letzten Jahrhundert. Das Epizentrum des ersten Erdstoßes lag vor der nordwestlichen Küste der indonesischen Insel Sumatra, gefolgt von einer Reihe weiterer Beben, die durch die Andamanen- und Nikobaren-Inseln im Golf von Bengalen nach Norden verliefen. Zwei tektonische oder kontinentale Platten - die asiatische und die indische - verschoben sich längs einer tausend Kilometer langen Bruchlinie um bis zu zwanzig Meter, wodurch mehr Energie freigesetzt wurde als von 20.000 Hiroshima-Atombomben.

Das Beben ereignete sich nach Sumatraer Ortszeit um kurz vor acht Uhr morgens, nach Weltzeit (GMT) um ein Uhr früh. Acht Minuten später wurde im pazifischen Tsunami-Warnzentrum auf Hawaii Alarm ausgelöst, weil man seismische Signale empfangen hatte, die von Stationen in Australien kamen. Drei Minuten später wurde an die anderen Observatorien im Pazifik eine Nachricht ausgegeben. Um 8.14 Uhr erging eine Meldung über das Beben an alle Länder, die dem Netz angeschlossen sind, der zufolge der Pazifik nicht durch einen Tsunami bedroht sei.

Eine Stunde später berichtigte die Station ihre erste Einschätzung der Erdbebenstärke von 8 auf 8,5, und gab eine zweite Meldung heraus, die vor einem möglichen Tsunami im Indischen Ozean warnte. Es folgten hektische Telefonanrufe, um Warnungen abzusetzen. Aber weil es keine Vorkehrungen für den Indischen Ozean gab, stießen sie ins Leere. "Wir überlegten, wen wir anrufen könnten. Wir sprachen mit dem Operationszentrum des Außenministeriums und mit dem Militär. Wir riefen Botschaften an. Wir sprachen mit der Marine in Sri Lanka und mit jedem nationalen Regierungsvertreter, den wir erreichen konnten", erklärte der Geophysiker Barry Hirshorn dem Honolulu Advertiser.

In den Ländern, die auf dem Weg des Tsunamis liegen, war die Reaktion chaotisch und träge. Die Wenigen, die das Ausmaß der Gefahr erkannten, wurden durch mangelnde Vorbereitung, Bürokratismus und eine inadäquate Infrastruktur behindert. Andere wussten entweder nicht, was die Warnsignale bedeuteten, oder es war ihnen gleichgültig. Kein einziges Land um den Golf von Bengalen gab eine offizielle Warnung heraus, und Millionen Menschen wurden der anrollenden Sturmwelle auf Gedeih und Verderb ausgesetzt.

Indonesien

Nord-Sumatra liegt dem Epizentrum des Bebens am nächsten. Dem gewaltigen Erdbeben, das sofort die Gebäude in der gesamten Provinz Aceh zerstörte, folgte innerhalb einer halben Stunde der Tsunami, der auf die Westküste traf. Er überrollte die nördliche Inselspitze, verwüstete die Provinzhauptstadt Banda Aceh und flutete darauf die Ostküste hinunter. Alle wurden überrascht, auch die Polizei und das Militär.

Während an der Westküste von Aceh eine offizielle Warnung wohl für viele zu spät gekommen wäre, stieg die Opferzahl wahrscheinlich um Tausende, weil jede Vorbereitung fehlte. Nach dem Beben zog sich das Meer auf einmal um Hunderte Meter zurück, aber niemand wusste, was dies bedeutete. Im Banne des Naturschauspiels folgten viele Einwohner, besonders Kinder, dem Wasser und sammelten aufs Land geworfene Fische, nur um von der folgenden, meterhohen Welle mitgerissen zu werden. Viele standen einfach da, erstarrt und verständnislos.

Einem Artikel zufolge, der in dem Wissenschaftsmagazin Nature erschien, steht die einzige seismologische Station in Indonesien, die eine Frühwarnung hätte herausgeben können, auf der Inseln Java. Sie wurde 1996 installiert, verfügt aber seit einem Umzug im Jahr 2000 über keine Telefonverbindung mehr. Laut Nanang Puspito, dem Chef des Erdbebenlabors des Technologischen Instituts von Bandung, wussten führende Politiker in Jakarta von einer Erdbebenwarnung, gaben aber keine Tsunami-Warnung heraus, weil die Daten der spezialisierten Java-Station fehlten.

Thailand

Seismologen in Thailand registrierten das Erdbeben von Sumatra kurz nach seinem Ausbrechen. Die Leiter der thailändischen Meteorologen-Abteilung nahmen gerade an einem Seminar teil, als die Nachricht eintraf. Sie organisierten auf der Stelle eine Krisensitzung, die vom Generaldirektor der Abteilung, Supharerk Tansrirat-Tanawong, geleitet wurde. Die Zeitung Nation, die sich auf ungenannte Quellen aus der Sitzung beruft, berichtete, dass die Gefahr eines Tsunamis diskutiert wurde, aber die Versammlung beschloss, keine Warnung herauszugeben.

Ohne ein Flutmeldegerät oder anderer Sensoren vor Ort hatten die Meteorologen keine Möglichkeit, das Heranrollen eines Tsunamis zu überprüfen. Außerdem mussten sie davon ausgehen, dass es Schwierigkeiten sowohl von Seiten der Regierung als auch der Wirtschaft geben würde, würde sich herausstellen, dass sie eine Falschmeldung herausgegeben hätten. Die Touristensaison war auf dem Höhepunkt und die Hotels waren voll. So erklärte ein Sprecher gegenüber Nation : "Hätten wir eine Warnung herausgegeben, die zur Evakuierung geführt hätte, [und es wäre nichts geschehen,] was wäre die Folge gewesen? Die Wirtschaft wäre sofort in Mitleidenschaft gezogen worden. Das hätte die Kompetenzen der Meteorologischen Abteilung überschritten. Wir wären erledigt gewesen, wenn er [der Tsunami] nicht gekommen wäre."

Als die Sitzung vorbei war, war noch fast eine Stunde Zeit, ehe der Tsunami auf die Küste von Südthailand, auf die Touristenparadiese von Phuket und Phangnga traf.

Sri Lanka

Obwohl Sri Lanka nicht in das pazifische Tsunami Warnsystem eingebunden ist, waren einige Beamte aufgrund der Initiative der Station in Hawaii über die Möglichkeit eines heranrollenden Tsunami informiert. Die Welle brauchte etwa zwei Stunden, um den Golf von Bengalen zu überqueren und die Ostküste der Insel zu erreichen.

Sarath Weerawarnakula, Direktor des sri lankischen Instituts für Geologische Untersuchungen und Bergbau, sagte gegenüber der World Socialist Web Site, dass sein Institut eine Warnung internationaler Stellen wegen des Seebebens erhalten habe. Auf die Frage nach seiner Reaktion antwortete Weerawarnakula ausweichend. Es habe eine Weile gedauert, die Bedeutung der Nachrichten zu verstehen, sagte er. Er lehnte aber ab, den genauen Zeitpunkt des Eingangs der Benachrichtigung zu nennen. Er verglich ein Erdbeben mit einem Herzanfall und sagte: "Niemand kann sie vorhersagen." Auf die Frage nach Tsunamis gestand er, dass es manchmal möglich sei, Warnungen vor ihnen herauszugeben. Er betonte aber, dass das am 26. Dezember "unmöglich" gewesen sei und legte auf.

In einer Erklärung gegenüber der Zeitung Lankadeepa rechtfertigte Weerawarnakula, dass keine Warnung ausgesprochen worden sei. Einerseits behauptete er, die Ausrüstung und die internationalen Verbindungen seines Instituts seien ausreichend, andererseits erklärte er, Erdbebendaten müssten zur Auswertung an ein Zentrum in Kalifornien geschickt werden. "Das dauert mindestens eine Stunde. Diese Informationen geben aber keinen Aufschluss darüber, wie schwer der Welleneffekt eines bestimmten Erdbebens sein wird... Ungeachtet der Vorwürfe gegen unser Institut: Wir arbeiten rund um die Uhr effizient. Deshalb weise ich die Vorwürfe zurück."

Es ist unbestreitbar, das die Warnsysteme in Sri Lanka und in der ganzen Region völlig unzureichend sind. Weerawarnakulas Versuch, das nicht zu rechtfertigende zu rechtfertigen zeigt, dass die Behörden auf der Insel angesichts des schweren Erdbebebens und möglichen Tsunamis wie gelähmt waren. Wer genau wann was wusste, wird vermutlich niemals wirklich untersucht werden. Selbst nachdem der Tsunami auf die Ostküste getroffen war, wurden keinerlei Maßnahmen ergriffen, die Menschen in anderen Regionen zu warnen. In den relative seichten Gewässern brauchte die Welle fast eine weitere Stunde, um die Süd- und westküste der Insel zu erreichen.

Indien

Die indischen Behörden hatten mit den gleichen Problemen zu kämpfen, wie die anderer Länder. Aber sie hatten einen Vorteil: Die indische Luftwaffe unterhält auf den weit vorgelagerten Inselgruppen der Andamanen und Nikobaren einen Stützpunkt - d.h. auf indischem Territorium, mitten im Golf von Bengalen und nahe dem Epizentrum des Erdbebens. Es war also keine offene Frage, ob sich ein Tsunami entwickeln würde. Kurz nach dem Erdbeben wurden die Inseln und die Luftwaffenbasis von den Wellen überrollt.

Dem Indian Express zufolge erhielt die Luftwaffe in Madras Mitteilungen von den Nikobaren eine Stunde bevor der Tsunami die südindische Küste traf. Der Oberkommandierende der Luftwaffe, S. Krishnaswamy, sagte der Zeitung: "Die letzte Meldung der Basis Car auf den Nikobaren besagte, dass die Insel versinke und das Wasser überall sei." Der General wies seinen Assistenten an, Neu Delhi zu benachrichtigen, was dieser auch tat - mittels eines Faxes, das er an die Wohnung des Ex-Ministers für Wissenschaft und Technologie schickte. Weitere Maßnahmen wurden nicht ergriffen, und eine Tsunami-Warnung an Madras und andere Städte und Dörfer an der südindischen Küste wurde nicht herausgegeben.

Warum gab es kein Alarmsystem für den Indischen Ozean?

Nach dem Unglück wird jetzt die Errichtung eines Alarmsystems für Tsunamis im Indischen Ozean gefordert. Von den Regierungen Indiens und Thailands bis zu denen in Canberra und Washington versprechen alle, dass ein solches System eingerichtet wird. Nach Meinung der UN könnten die notwendigen Maßnahmen innerhalb eines Jahres eingeleitet werden. Es drängt sich aber die Frage auf, weshalb dort nicht schon früher ein ähnliches System wie im Pazifik aufgebaut wurde.

Die wenigen Wissenschaftler, die sich vor der Katastrophe für ein solches Alarmsystem im Indischen Ozean eingesetzt hatten, wurden als Spinner abgetan. Vor sieben Jahren warnte der damalige Direktor des thailändischen meteorologischen Departments, Amith Dhamasaroj, dass ein gewaltiger Tsunami durchaus die Südküste des Landes zerstören könne. Von einigen wurde er für "verrückt" erklärt und kaltgestellt.

Im Australian erklärte er: "Ich schlug ein Frühwarnsystem für Springfluten vor, zum Beispiel Alarmanlagen an Strandhotels in Phuket, Phagnga und Krabi sowie in den drei jetzt betroffenen Provinzen. Ich warnte leitende Beamte dieser Provinzen, aber keiner hörte auf mich." Er berichtete auch, dass er einige Provinzen nicht einmal betreten durfte, da "sie sagten, ich würde ihrem guten Ruf bei ausländischen Touristen schaden."

Ähnliche Vorschläge wie Dhamasaroj unterbreiteten auch andere Wissenschaftler. Sie wurden nicht beachtet, oder entsprechende Projekte wurden wegen fehlender Mittel immer wieder aufgeschoben. Die Zeitschrift Nature schreibt : "Von der Ozeanographischen Kommission der Regierungen, einer UN-Körperschaft, die das Pazifische Netzwerk verwaltet, wurde mindestens seit 1999 in regelmäßigen Abständen die Notwendigkeit eines (dem im Pazifik) ähnlichen Systems im Indischen Ozean diskutiert." Wasily Titow, ein in den USA arbeitender Tsunami-Forscher, sagte dem Magazin: "Es steht immer wieder auf der Tagesordnung... Noch vor zwei Wochen hätte es wieder einmal abwegig gewirkt. Aber jetzt klingt es sehr vernünftig. Die Millionen Dollar, die es gekostet hätte, hätten abertausende Menschenleben gerettet."

Erst vor kurzer Zeit, im Oktober 2003, forderte der australische Seismologe, Dr. Phil. Cummins, die Internationale Koordinationsgruppe für ein Tsunami-Alarmsystem im Pazifik auf, ihr Tätigkeitsfeld auf den Indischen Ozean auszuweiten. Der New York Times zufolge wurde dies auf der Sitzung in Wellington in Neuseeland zurückgewiesen. Im Protokoll der Sitzung wurde festgehalten, dass eine derartige Ausweitung eine Neudefinition des Zuständigkeitsbereichs der Koordinationsgruppe bedeuten würde. Stattdessen wurde beschlossen, eine "periodisch tagende Arbeitsgruppe" zur Untersuchung des Problems einzurichten.

Die Kosten von Cummins Vorschlag wären verhältnismäßig gering. Die Los Angeles Times zitierte einen Wissenschaftler, dessen Kostenschätzung für ein hoch entwickeltes System, nicht nur für den Indischen Ozean, sondern für alle Weltmeere, bei nur 150 Millionen Dollar liegt. Meerespegel-Messgeräte kosten 5.000 Dollar pro Stück. Qualitativ bessere, die an Hochgeschwindigkeits-Kommunikationssysteme angeschlossen sind, sind teuerer und liegen bei 20.000 Dollar. Sogenannte Tsunameter, die einen Tsunami im tiefem Wasser registrieren, kosten pro Stück 250.000 Dollar und erfordern regelmäßige Wartung.

Alle Sensoren, auch seismologischen Daten, müssen mit Kontrollstationen, die rund um die Uhr besetzt sind, verbunden werden. Die Besatzungen dieser Stationen müssen wissenschaftlich ausgebildet sein. Ebenso wichtig sind Trainings- und Informationsprogramme, die Behörden und Öffentlichkeit für die Gefahren sensibilisieren und Verhaltensrichtlinien für den Notfall vermitteln.

Das Versäumnis, ein solches System einzurichten, resultiert aus Kurzsichtigkeit, Trägheit und totaler Geringschätzung des Lebens der unterdrückten Massen in Südasien - besonders von Seiten der Großmächte. Zerstörerische Tsunamis kommen tatsächlich im Indischen Ozean häufiger als im Pazifik vor, aber kein G-8 Land grenzt an diese Region. Sowohl Japan als auch die USA haben zum Schutz ihrer Küsten Millionen für Tsunameter-Schirme und Kontrollstationen im Pazifik ausgegeben, aber vor dem Unglück Ende Dezember stellte keines dieser Länder Geld für Schutzmaßnahmen im Indischen Ozean bereit.

Die Katastrophe wirft noch weitere Fragen auf. Das Fehlen eines Tsunami Alarmsystems ist symptomatisch für die allgemeinen Zustände im Katastrophenschutz, zum Beispiel bei Überschwemmungen oder Wirbelstürmen, die in der ganzen Region immer wieder vorkommen. Das riesige Ausmaß der gegenwärtigen Tragödie hat das Mitgefühl der einfachen Menschen auf der ganzen Welt ausgelöst und zwingt die Regierungen - unzureichend und zu spät - darauf zu reagieren. Aber jedes Jahr sterben Tausende verarmter Menschen oder verlieren in Folge von Naturkatastrophen in Asien ihr Dach über dem Kopf. Das ist den internationalen Medien kaum eine Erwähnung wert.

In einem Kommentar über die derzeitige Krise stellte der indische Wissenschaftler Roddam Narasimha die sarkastische Frage: "Selbst wenn wir wissenschaftlich fundierte, zweistündige Warnungen vor Tsunamis hätten, was würde die (indische) Regierung damit anfangen? Wer hätte wen angerufen, und wie hätten sie den Alarm an die Bevölkerung weitergeleitet?" Er zeigte auf, dass Neu-Delhi keinerlei Lehren aus der Zerstörung des indischen Bundesstaates Orissa vor sieben Jahren gezogen hat. "Zwei Tage vor dem Super-Zyklon in Orissa waren die Behörden gewarnt worden, aber was geschah? Was hätten sie wohl in zwei Stunden fertig gebracht, was sie in zwei Tagen nicht fertig gebracht haben?"

Narasimhas Empörung richtet sich zwar gegen die indischen Behörden, sein Kommentar ist aber auch eine Anklage an die anderen Regierungen in der Region und die wichtigsten kapitalistischen Mächte, die routinemäßig alle Verantwortung für das Massenelend in Südasien von sich weisen. Die Kosten für ein Tsunami-Warnsystem im Indischen Ozean sind, angesichts der Riesenprofite, die amerikanische, europäische und japanische Unternehmen durch die Ausbeutung der billigen Arbeitskräfte der Region angehäuft haben, gering. Letztlich ist das Fehlen von angemessenen Systemen für den Katastrophenschutz ein Produkt der selben sozialen und ökonomischen Ordnung, die Milliarden von Menschen zu bitterster täglicher Armut verdammt und so tut, als seien ihre Leiden zwangsläufig und unvermeidlich.

Siehe auch:
Powell erklärt Tsunami-Hilfe zum Bestandteil vom globalen Krieg gegen den Terror
(7. Januar 2005)