Landtagswahlen in Österreich

Klare Absage an die unsoziale Politik der Wiener Regierung

Bei den Landtagswahlen in den beiden österreichischen Bundesländern Steiermark und Burgenland, die am letzten und vorletzten Sonntag stattfanden, mussten die Parteien der Mitte-Rechts-Regierung in Wien - Volkspartei ÖVP und BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich - Haiders Abspaltung von der FPÖ) - deutliche Stimmenverluste hinnehmen. Die im Bund oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) gingen in beiden Bundesländern als Sieger aus den Wahlen hervor.

Im Burgenland erreichte die SPÖ mit 52,2 Prozent die absolute Mehrheit. Landeshauptmann Hans Niessl und seine Partei konnte ihr Ergebnis gegenüber der Wahl vor fünf Jahren um mehr als 5 Prozent verbessern. Von den Verlusten der Freiheitlichen, die 6,9 Prozentpunkte verloren und nur noch 5,7 Prozent erreichten, konnte die ÖVP nur geringfügig profitieren. Mit 36,6 Prozent blieb sie weit hinter den Erwartungen zurück und verfehlte ihr Wahlziel eindeutig. Auch die Grünen verloren mit 5,2 Prozent leicht gegenüber der letzten Wahl.

Noch deutlicher war die Absage an die rechte Bundespolitik in der Steiermark. Die Volkspartei, die vor fünf Jahren noch 15 Prozentpunkte Vorsprung vor den Sozialdemokraten hatte, erreichte nur noch 38,7 Prozent und fiel damit drei Prozent hinter die SPÖ (41,7%) zurück.

Auch hier war die Niederlage der extremen Rechten sehr deutlich. Jörg Haiders BZÖ erreichte gerade mal 1,7 Prozent der Stimmen und schaffte den Einzug ins steirische Parlament ebenso wenig wie die FPÖ (4,6 Prozent), die gegenüber den Landtagswahlen 2000 fast 8 Prozent einbüßte. Im neuen Landtag vertreten sind dagegen, trotz leichter Verluste, die Grünen mit 4,7 und die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) mit 6,3 Prozent. Die KPÖ konnte ihren Stimmenanteil gegenüber der Wahl vor fünf Jahren nahezu versechsfachen.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen müssen als sehr eindeutige Abrechnung mit der Wiener Regierung verstanden werden. Sämtliche Umfragen kamen zu der Einschätzung, dass landesspezifische Themen bei der Stimmabgabe nur eine untergeordnete Rolle spielten.

Bislang bekam in den Wahlen vor allem der bisherige kleine Partner der Volkspartei, die FPÖ, den Unmut über die reaktionäre und unsoziale Politik der Bundesregierung zu spüren. Jetzt muss auch die ÖVP von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel mehr und mehr Federn lassen.

Vor fünf Jahren war es der ÖVP-Spitzenkandidatin Waltraud Klasnic in der Steiermark noch gelungen, sich erfolgreich von der Politik der Wiener Regierung zu distanzieren. Dieses Mal ließen sich die Wähler nicht mehr täuschen und Klasnic legte unmittelbar nach der Wahlniederlage ihre politischen Ämter nieder. Kanzler Schüssel zeigte sich sichtlich schockiert über das Wahlergebnis, auch deshalb, weil Waltraud Klasnic als seine große Stütze gegen Widersacher in der eigenen Partei galt.

Mit dem Verlust der Mehrheit in der Steiermark verliert die ÖVP - nach Salzburg im letzten Jahr - die zweite traditionelle Hochburg der Konservativen. Zum selben Zeitpunkt musste sie mit etwas über 11 Prozent in Kärnten ihr schlechtestes Ergebnis in den 118 Nationalrats- und Landtagswahlen der Zweiten Republik einstecken. Erstmals seit 1945 hat nun auch die Mehrheit der Volkspartei in der Länderkammer ein Ende gefunden. Jeweils vier Bundesländer werden jetzt von den großen Parteien ÖVP und SPÖ regiert.

Das miserable Abschneiden von Haiders BZÖ wird die Regierungskoalition zusätzlich schwächen. Die Steiermarkwahl galt als erster Test, ob die orange Regierungspartei überhaupt Überlebenschancen hat. Nach dem Ergebnis wird nun innerparteilich über Auflösung oder Wiedervereinigung mit der FPÖ diskutiert.

Der Wunsch nach einer anderen Politik äußerte sich in Stimmengewinnen für die SPÖ. Besonders in den steirischen Industriezentren und in den großen Städten konnten die Sozialdemokraten zulegen. In Bruck, Fohnsdorf und Weiz gewannen sie zwischen 10 und 15 Prozent hinzu. In einigen Gebieten erreichten SPÖ, KPÖ und Grüne zusammen über 80 Prozent der Wählerstimmen.

Auch in den ländlichen Gebieten des Burgenlandes verloren die Konservativen und Rechten. Dort konnte die SPÖ auch teilweise bis zu 80 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Das östlichste und ärmste Bundesland Österreichs ist von hoher Arbeitslosigkeit gezeichnet. Von den Fördergeldern der EU profitierte zwar die ansässige Industrie, doch blieben dadurch die Beschäftigten nicht vor Schließungen und Abwanderungen der Unternehmen verschont.

In beiden Bundesländern ist sehr deutlich zu sehen, dass zwischen dem Wunsch der Bevölkerung nach einer sozialen und fortschrittlichen Politik und der Politik der SPÖ eine unüberbrückbare Kluft besteht. So hinderte das deutliche Wählervotum gegen die Volkspartei den Spitzenkandidaten der SPÖ in der Steiermark und künftigen Landeshauptmann Franz Voves nicht, unmittelbar nach der Wahl eine Koalition mit der ÖVP anzusteuern.

Voves steht auf dem rechten Flügel der Sozialdemokratie und kam als Quereinsteiger aus der Wirtschaft in die Politik. Der 52-jährige, der bei offiziellen Anlässen gerne seine Herkunft aus einer Arbeiterfamilie erwähnt, stieg vor fünfzehn Jahren in den Vorstand der Merkur-Versicherung auf, kam von dort in die steirische SPÖ und wurde 2002 Vorsitzender des Landesverbandes.

Seine Politik unterscheidet sich nicht im Geringsten von der seiner konservativen Vorgängerin. Voves kündigte bereits an, kaum personelle Veränderungen vorzunehmen, das heißt, die wichtigen Ressorts, wie beispielsweise das Wirtschaftsministerium, in den Händen der Konservativen zu belassen. Sein Hauptanliegen für die kommende Legislaturperiode ist die "Steiermark-Holding". Mit der strategischen Beteiligung an diversen Unternehmen ist allerdings keine Rückführung in öffentliches Eigentum gemeint. Vielmehr drängt Voves darauf, dass sich das Land aus Steuermitteln an den Kosten und Risiken bei der Umstrukturierung von Unternehmen beteiligt, um so die Unternehmer zu entlasten.

Auch im Burgenland strebt Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) trotz der absoluten Mehrheit seiner Partei weiter eine "breite Zusammenarbeit mit der ÖVP" an. Eine ausnehmend wirtschaftsfreundliche Politik hat schon bisher dafür gesorgt, dass im traditionell sozialdemokratischen Burgenland in vieler Hinsicht die schlechtesten und schwierigsten Lebensbedingungen in Österreich zu finden sind.

Die Arbeitslosigkeit liegt mit 10 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Ein Beschäftigter verdient dabei durchschnittlich 200 Euro weniger als in anderen Teilen der Republik. Darüber hinaus ist der Anteil an Teilzeit- und Saisonarbeit überdurchschnittlich hoch.

Wenn es allerdings um die Interessen der Wirtschaft ging, tat sich die SPÖ unter Niessl hervor. Die Privatisierung der Bank Burgenland, die in letzter Minute scheiterte, war das große Projekt der letzten Regierung. Die durch Betrug und Veruntreuung heruntergekommene landeseigene Bank wurde in den vergangenen Jahren mit Landesmitteln in der Höhe eines halben Jahresbudgets saniert und sollte anschließend dem Großindustriellen Mirko Kovats zu sehr günstigen Konditionen verkauft werden. Da alle Parteien - auch Grüne, FPÖ und ÖVP - der geplanten Privatisierung generell zustimmen, gilt es als wahrscheinlich, dass Niessl sein Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umsetzen wird.

Neben dem Sieg der SPÖ spiegelte auch der Gewinn der KPÖ in der Steiermark - im Burgenland trat die Partei nicht an - die oppositionelle Stimmung der Bevölkerung wieder. Nach 35 Jahren schaffte die KPÖ zum ersten Mal wieder den Einzug in den steirischen Landtag. Bereits bei den Gemeinderatswahlen in Graz vor zwei Jahren hatte ihr jetziger Spitzenkandidat Ernest Kaltenegger einen Stimmenanteil von 21 Prozent erreicht.

Der Erfolg der KPÖ resultiert zu einem gewissen Teil aus der Person Kalteneggers. Seit Jahren spendet er einen großen Teil seiner Politikerbezüge für einen Fond, aus dem Bedürftigen geholfen wird. Sein Einsatz für sozial Schwache, der ihn in krassen Gegensatz zu den ignoranten Vertretern von SPÖ und ÖVP stellte, machte ihn zu einem der beliebtesten Politiker der Steiermark.

Die KPÖ, die als einzige Partei die soziale Frage im Wahlkampf überhaupt thematisierte, zog besonders ehemalige SPÖ-Wähler, Nicht- und Erstwähler an, die klar eine Alternative links der SPÖ suchten. Doch die KPÖ ist alles andere als eine solche Alternative. Auf Bundesebene vegetiert die ehemals erzstalinistische Partei seit Jahren dahin, und neben der Kommunalpolitik ist sie vor allem auf die Arbeit in Bündnissen mit Teilen der Gewerkschaftsbürokratie und Globalisierungsgegnern wie Attac ausgerichtet.

In ihrem Wahlkampf versicherten Kaltenegger und die KPÖ, das sich ihre Politik in keiner Weise gegen die kapitalistische Ordnung richte. Die Parolen auf den Wahlplakaten - beispielsweise "Helfen statt reden" - erinnerten eher an Slogans der Caritas. Ihr Wahlmanifest beschränkte sich auf einige abgedroschene reformistische Forderungen. Das Wort Sozialismus kommt darin kein einziges Mal vor.

Siehe auch:
Weitere Artikel zu Österreich
Loading