Bush, Cheney, Rumsfeld trommeln erneut für Krieg

Mit einer Reihe aufeinander abgestimmter Reden haben die höchsten Vertreter der Bush-Regierung in der vergangenen Woche eine öffentliche Kampagne begonnen, die zwei miteinander verbundenen Zielen dient: Gegner des Irakkriegs sollen verleumdet und eingeschüchtert werden und gleichzeitig soll politische Vorarbeit geleistet werden, um die amerikanische Bevölkerung in einen neuen und noch entsetzlicheren Krieg zu ziehen - diesmal gegen den Iran.

Die Reden von Vizepräsident Dick Cheney auf dem Luftwaffenstützpunkt Offutt in Nebraska und von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor Veteranen in Utah bildeten den Auftakt, am Donnerstag folgte dann Bushs Rede vor Veteranen. Bush soll noch vier weitere Reden im Rahmen dieses Propagandafeldzugs halten, dessen Höhepunkt eine Ansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 19. September sein wird.

Die amerikanischen Medien haben die Reden überwiegend als alten Wein in neuen Schläuchen abgetan und bringen sie mit der Sorge des Weißen Hauses, dass die Republikanische Partei bei den Kongresswahlen am 7. November ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus und möglicherweise auch im Senat verlieren könnte, in Zusammenhang. Zweifellos verbirgt sich eine gehörige Portion Verzweiflung, ja sogar Panik hinter dem hemmungslosen Schüren von Angst durch die Regierung. Es geht hierbei jedoch um mehr als kurzfristige Wahlerfolge.

Es gibt kaum Grund zu der Annahme, dass die hysterische Sprache und die kruden historischen Vergleiche wirklich den Zweck verfolgen, die amerikanische Bevölkerung von der mittlerweile stark verbreiteten Ablehnung des Irakkrieges abzubringen. Die offensichtlich absurde Argumentation und ihre plumpe Präsentation werden höchstens dazu beitragen, die öffentliche Meinung noch stärker von der Regierungspolitik zu entfremden: Wer würde das Leben seiner Söhne und Töchter politischen Führern anvertrauen, die so offensichtlich die Orientierung verloren haben?

Die Bush-Regierung will die amerikanische Bevölkerung nicht überzeugen, sondern unter Druck setzen und einschüchtern. Abgesehen von nebensächlicher Kritik, die die Demokratische Partei bezüglich der militärischen Taktik und Kompetenz vorbringt, soll jeder Kritik am Irakkrieg die Berechtigung abgesprochen werden. Die grundlegenden Prämissen hinter dem Bemühen des amerikanischen Imperialismus, den Nahen und Mittleren Osten zu erobern und neu zu organisieren, dürfen nicht in Frage gestellt werden.

Ganz im Sinne von Bushs Doktrin des Präventivkrieges dient die derzeitige Offensive gegen Kriegsgegner dem Zweck, vorsorglich gegen all jene vorzugehen, die den nächsten Krieg in Bushs Terminkalender ablehnen könnten - einen Krieg gegen den Iran, einem Land das hinsichtlich seiner Größe und Bevölkerungszahl dreimal größer als der Irak ist und eine tausendjährige Geschichte des Widerstands gegen Fremdherrschaft und Besatzung hat.

In diesem Zusammenhang gesehen folgt die im August angeschobene Medienkampagne für den Krieg einem unheilvollen Präzedenzfall. Im August 2002 hielt Cheney, ebenfalls auf einem Veteranentreffen, seine erste Rede die dem Irak mit Krieg drohte. Auch wenn die Bush-Regierung noch zum Schein eine Debatte bei den Vereinten Nationen und im Kongress abwartete sowie Resolutionen verabschiedete, in denen der Irak zur Erfüllung der amerikanischen Forderungen aufgefordert wurde, hatten Bush und Cheney doch bereits mehrere Monate vor Cheneys Rede beschlossen, Krieg gegen den Irak zu führen.

Das Muster ist durchschaubar und die Warnung muss ausgesprochen werden: Es ist gut möglich, dass die Bush-Regierung sich bereits für den Krieg gegen den Iran entschieden hat. So bemerkte Bush während seiner Rede vor der Veteranenversammlung, als er den Iran aufforderte, die amerikanischen Forderungen zu erfüllen und das Atomprogramm einzustellen: "Es ist für den Iran an der Zeit, sich zu entscheiden. Wir haben uns entschieden."

Die Bush-Regierung hat Pläne für mögliche Luftschläge gegen den Iran aktualisieren lassen. Laut einem Artikel des Enthüllungsjournalisten James Bamford in der Zeitschrift Rolling Stone vom 10. August genehmigte Rumsfeld im November 2003 "einen Plan mit dem Titel CONPLAN-8022-02, der zum ersten Mal von der Möglichkeit eines Präventivschlags gegen den Iran ausgeht. Dem folgte 2004 ein streng geheimer 'Interimsbefehl Globaler Angriffsalarm', der das Militär in Bereitschaft versetzte, einen Luft- und Raketenangriff gegen den Iran zu beginnen, sobald Bush den Befehl dazu gibt."

Groteske Geschichtsfälschung

Das bemerkenswerteste neue Element in den Reden von Cheney, Rumsfeld und Bush ist der Versuch, die verschiedenen nationalistischen, islamischen und terroristischen Gruppen, die nun in Konflikt mit der amerikanischen Außenpolitik geraten sind, mit dem Faschismus des 20. Jahrhunderts gleichzusetzen. Am deutlichsten war dies in der Rede von Rumsfeld, der die Gegner des derzeitigen Kriegs im Irak als die politischen und moralischen Erben von Neville Chamberlain bezeichnete, des britischen Premierministers Mitte der 1930er Jahre, der die so genannte Appeasement- oder Beschwichtigungspolitik gegenüber Hitler vertrat.

Solche Analogien stützen sich auf die abgrundtiefe Wissenslücke, die sich dank des US-Bildungssystems, der Massenmedien und der zwei großen politischen Parteien bei der amerikanischen Bevölkerung in Geschichtsfragen auftut. Rumsfeld stellt die Wirklichkeit auf den Kopf. Der deutsche Faschismus war das Regime eines imperialistischen Staates, des mächtigsten und industriell stärksten Landes in Europa, dessen herrschende Klasse die Kontrolle über den Kontinent und letztlich die Weltherrschaft anstrebte. Die islamischen Dschihadisten dagegen stammen aus Ländern, die historisch vom Imperialismus unterdrückt waren und sind - zunächst als Kolonien von Großbritannien, Frankreich und anderen europäischen Mächten, später als Staaten, die von den Vereinigten Staaten, der dominanten imperialistischen Macht auf der Welt, abhängig oder Ziel ihrer Militäraktionen sind.

Das Land, das heute in seinen außenpolitischen Zielen und Methoden am deutlichsten die Züge Nazi-Deutschlands trägt, sind die Vereinigten Staaten unter Bush. Die Merkmale der Weltkrise der 30-er Jahre sind tatsächlich im Jahr 2006 wieder auferstanden: grassierender Militarismus, wobei große Nationen kleinere und schwächere Staaten überfallen und besetzen; eine unverfrorene Missachtung des Völkerrechts durch Großmächte, die sich in der Lage sehen, ihre Militärmacht ungestraft zum Einsatz zu bringen; der Gebrauch der "Großen Lüge" als Methode, mit der das Bewusstsein der Bevölkerung durch die Propaganda in den Massenmedien manipuliert werden soll; die Schaffung einer durchdringenden Atmosphäre der Angst, um Unterdrückung im Innern ebenso zu rechtfertigen wie Gewalt gegen Minderheiten, die als Sündenböcke herhalten müssen; der Einsatz von staatlicherseits herbeigeführten oder manipulierten Provokationen (Reichstagsbrand / 11. September), um die öffentliche Meinung auf Kurs zu bringen und diktatorische Methoden durchsetzen zu können.

Trotz aller Unterschiede bezüglich der politischen Methoden und historischen Bedingungen existiert eine übergreifende Gemeinsamkeit zwischen Hitlerdeutschland und Bushs Amerika. In beiden Fällen hat die kapitalistische Elite die Macht einem rücksichtslosen und instabilen Regime übertragen, dessen Ziel darin besteht, die bestehenden Strukturen der internationalen Beziehungen aufzubrechen und sie im eigenen nationalen Interesse umzugestalten. Hitlers "Drang nach Osten" hat sein Gegenstück in Bushs Drang zum Nahen und Mittleren Osten: Was als Invasion in Afghanistan begann und angeblich eine Antwort auf die Terroranschläge des 11. Septembers war, ist mittlerweile der amerikanische Versuch, die ganze Region zu unterwerfen, von der Mittelmeerküste bis zu den weit entfernten Gebieten Zentralasiens, und die amerikanische Vorherrschaft über ihre gewaltigen Öl- und Gasreserven sicherzustellen.

Auch wenn eine solche Politik ein Element des Wahnsinns enthält, folgt daraus nicht, dass Bush & Co. vor ihrer Umsetzung zurückschrecken. Hitlers Politik war sicherlich wahnsinnig und führte den deutschen Imperialismus mit voller Absicht in einen Zweifrontenkrieg, den alle vorherigen deutschen Herrscher immer bewusst zu vermeiden versuchten. Ähnlich missachtet Bush die Meinung ehemaliger Außenpolitiker, nicht nur derjenigen, die unter früheren Demokratischen Präsidenten gedient haben, sondern auch solcher aus der Regierungszeit seines Vaters.

Jede Menge Widersprüche

Der Inhalt der Rede Bushs zeigt das erbärmliche intellektuelle Niveau dieser Regierung. Bereits ein kurzer Blick auf den Redetext ruft Erstaunen hervor, vielleicht nicht so sehr, dass Bush sie für gut befunden und gehalten hat. Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass erfahrene Redenschreiber sie geschrieben und erfahrene politische und außenpolitische Berater sie von langer Hand als politische Erklärung des Präsidenten der Vereinigten Staaten konzipiert haben. Das Ergebnis ist jedenfalls eine Tirade, die nicht nur verlogen, sondern offenkundig verlogen, widersprüchlich und absurd ist.

Zum Beispiel wirft Bush alle Varianten des muslimischen Radikalismus, ob sunnitisch oder schiitisch, in einen Topf und nennt das "eine einzige Bewegung, ein weltweites Netzwerk von Radikalen". Doch im amerikanisch besetzten Bagdad richten sunnitische und schiitische Kämpfer in einem zunehmend blutigen Bürgerkrieg das Feuer eher gegeneinander als gegen die US-Besatzer. Bei Bush werden diese historischen, geographischen und kulturellen Unterschiede planiert und im "Terrorismus" aufgelöst, einem Begriff der keine Ideologie, sondern eine bestimmte Taktik der Gewaltanwendung beschreibt - eine Taktik, die von der amerikanischen Regierung wesentlich häufiger angewandt wird als von ihren Gegnern.

Bush sagte, sein Krieg gegen den Terrorismus sei "die entscheidende ideologische Schlacht des 21. Jahrhunderts", in der die Vertreter der Freiheit gegen "das Recht einiger Selbsternannter kämpfen, allen anderen ihre fanatischen Ansichten aufzudrücken". Der letzte Satz könnte als akkurate Beschreibung der gesellschaftlichen und politischen Basis der Bush-Regierung selbst durchgehen. Diese stützt sich auf fanatische christliche Fundamentalisten, die nicht nur die Freiheit fordern, ihre Religion zu praktizieren - die ihnen im Übermaß gewährt wird - sondern ebenfalls die Freiheit, ihre mittelalterliche Bigotterie allen anderen in Amerika aufzudrücken.

Die Frau, die eine zentrale Rolle dabei spielte, Bush bei den gestohlenen Wahlen 2000 ins Präsidentenamt zu verhelfen - Katherine Harris, ehemalige Innenministerin von Florida - war nur wenige Tage vor Bushs Rede in die Schlagzeilen geraten, als sie die Trennung von Staat und Kirche als bösartige Lüge bezeichnete, die von den Feinden der Christenheit geschürt wurde. "Gott ist derjenige, der unsere Führer erwählt", erklärte sie einem Interviewer im Zuge ihres Wahlkampfes für einen Sitz im US-Senat. "Wer keine Christen wählt, macht die Sünde zum Gesetz. Sie können die Sünde zum Gesetz machen. Sie können sagen, dass Abtreibung in Ordnung ist. Sie können dafür stimmen, dass die schwule Ehe bestehen bleibt."

Bush erklärte weiter, seine Außenpolitik repräsentiere eine "Freiheitsagenda" für die Errichtung von demokratischen Regierungen im ganzen Nahen und Mittleren Osten. Er ignorierte dabei praktischerweise, dass die wichtigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten in der Region die despotischen Regime von Mubarak in Ägypten, der Saudi-Familie und der verschiedenen Scheichtümer am Persischen Golf sind.

"Regierungen, die sich den Wählern gegenüber verantwortlich verhalten, konzentrieren sich darauf, Straßen und Schulen zu bauen, nicht Massenvernichtungswaffen", sagte Bush, auch wenn er nicht weiter erklärte, wie diese Binsenweisheit auf die Vereinigten Staaten anzuwenden ist, dem Land, das bei weitem die meisten Massenvernichtungswaffen weltweit besitzt und baut. Darüber hinaus machte Bush diese Bemerkung nur zwei Tage, nachdem er das vom Hurrikan zerstörte New Orleans besucht hatte - die Stadt, die zeigt, dass die amerikanische Demokratie, d.h. bürgerliche Demokratie unter der Kontrolle einer Finanzoligarchie, nicht in der Lage ist, auch nur die Grundbedürfnisse der arbeitenden Menschen zu befriedigen.

Es ist schwer, sich eine idiotischere Äußerung vorzustellen, als die Passage aus Bushs Rede, die sich auf die Krise im Libanon bezieht: "Ich begrüße, dass Frankreich und Italien und andere Verbündete Truppen für diesen wichtigen internationalen Einsatz zugesagt haben. Gemeinsam werden wir der Welt zeigen, dass ausländische Soldaten und Terroristen keinen Platz im freien und demokratischen Libanon haben."

Ausländische Soldaten haben keinen Platz im Libanon, und das soll der Einsatz dieser gewaltigen Besatzungstruppe zeigen, die aus Tausenden Soldaten besteht - die aus Frankreich und Italien kommen!

Es gab nur wenige Passagen mit Substanz in Bushs Rede. Die Warnung vor bevorstehenden Aktionen gegen den Iran ist bereits angeführt worden. Zudem bemerkte Bush über das Marionettenregime von Nuri al Maliki im Irak, dass die Vereinigten Staaten es weiter unterstützen würden, "so lange wie die neue Regierung die notwendigen harten Entscheidungen trifft". Dies sind politische Codewörter, mit denen die Maliki-Regierung aufgefordert wird, das scharfe Vorgehen gegen die Schiitenmiliz von Moktada al Sadr aktiv zu unterstützen, auch wenn die Regierungsmehrheit im Parlament von al Sadrs Mitwirkung abhängt.

Schließlich versuchte Bush seine Charakterisierung des Iraks als dem zentralen Schlachtfeld im Krieg gegen den Terrorismus zu untermauern, indem er darlegte, dass Osama bin Laden, Aiman al Sawahiri und andere Al Qaeda-Führer diese Auffassung teilen. Al Qaeda hat wiederholt erklärt, dass der Irak im Brennpunkt ihrer derzeitigen Aktivitäten steht - obwohl Al Qaeda praktisch erst seit der US-Invasion und Saddam Husseins Sturz im Irak präsent ist. Es ist allerdings bedeutsam, dass Bush für seine Behauptung dass die amerikanische Invasion im Irak ein Rückschlag für terroristische Gruppen gewesen sei, keine einzige weitere Autorität anführen konnte.

Die Reaktion der Demokraten

Führende Demokraten beteuerten ihre Entrüstung über Rumsfelds Bemerkung, sie hätten sich Terroristen gegenüber nachgiebig verhalten. Senator Charles Schumer aus New York, der dem Wahlkampfkomitee der Demokraten für den US-Senat vorsteht, sagte: "Wir Demokraten wollen einen entschiedenen Kampf gegen den Terrorismus führen. Niemand hat von Appeasement gesprochen." Senator Edward Kennedy, ein angeblicher Gegner des Irakkriegs, erklärte: "Seine eindringlichen Warnungen vor dem Preis eines Scheiterns im Irak tragen nicht dazu bei, den Erfolg wahrscheinlicher zu machen." Der Vorsitzende der Demokratischen Senatsfraktion Harry Reid fügte hinzu: "Der Irak steckt in der Krise, unser Militär ist stark beansprucht und Terrorgruppen wurden ebenso wie extremistische Regime im ganzen Nahen Osten und weltweit gestärkt und ermutigt."

Die Kongressabgeordnete Nancy Pelosi, Vorsitzende der Demokratischen Minderheitsfraktion und nach den Wahlen im November wahrscheinlich die künftige Parlamentssprecherin, wiederholte die Kritik der Demokratischen Senatoren, dass der Irakkrieg die Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten weltweit verletzt habe. "Die Belastung, die der Irakkrieg für unser Militär bedeutet, hat unsere Fähigkeit den Krieg gegen den Terrorismus zu führen stark angeschlagen und unsere Fähigkeit auf echte Gefährdungen unserer nationalen Sicherheit weltweit zu reagieren auf bedrohliche Weise begrenzt", sagte sie.

Nicht ein einziger führender Demokrat kann die einfache Wahrheit aussprechen, dass Bushs "Krieg gegen den Terrorismus" von vorne bis hinten falsch und verlogen ist. Die Tragödie vom 11. September - deren Verbindungen zu verdeckten Operationen von US-Geheimdiensten noch ernsthaft zu untersuchen sind - wurde benutzt, um einen Feldzug mit offenem Ende zu rechtfertigen, der Gewalt nach außen und staatliche Unterdrückung im Innen bedeutet, und unter anderem die Einrichtung von Konzentrationslagern in Guantánamo und anderswo umfasst.

Die Reden von Bush und seinen höchsten Mitarbeitern haben daher einen heilsamen Effekt: Sie zwingen die Demokratische Partei, einmal mehr ihre Rolle als zweite Partei des amerikanischen Imperialismus zu zeigen, die, während sie in nebensächlichen Fragen der Taktik und Methoden herumkrittelt, mit dem kriminellen Vorhaben im Nahen und Mittleren Osten ebenso verbunden ist wie die Bush-Regierung selbst.

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