Irak: US-Besatzung im Irak fördert Unterdrückung und ethnische Säuberung

Mehrere Berichte über die Zustände im Irak, die vergangene Woche freigegeben wurden, bestätigen, dass die Aufstockung der US-Truppen in diesem Jahr die ethnisch-religiöse Spaltung der irakischen Bevölkerung verschärft und die Zahl der Iraker dramatisch erhöht hat, die unter barbarischen Bedingungen gefangen gehalten werden.

Der irakische Rote Halbmond berichtete, dass die Anzahl der innerhalb des Irak entwurzelten Iraker sich seit der letzten Verstärkung amerikanischer Truppen im Februar mehr als verdoppelt hat (von 499.000 auf 1,1 Millionen). Laut New York Times "hat das Ausmaß dieser Migration die irakischen Regierungs- und Wohlfahrtsämter derart beansprucht, dass einige Provinzen sich geweigert haben, noch mehr vertriebene Menschen zu registrieren, oder sie akzeptieren nur noch jene, deren Familien ursprünglich aus der jeweiligen Provinz stammen."

Die große Mehrheit der Vertriebenen sind Sunniten, die aus Gebieten vertrieben werden, die von Schiiten dominiert sind, oder umgekehrt Schiiten, die aus von Sunniten beherrschten Gebieten vertrieben werden: Opfer einer ethnischen Säuberung, die auf der Basis der Religionszugehörigkeit durchgeführt wird. Laut einer Zusammenfassung von Daten des Roten Halbmonds in der New York Times besteht der "Effekt dieser enormen Migration darin, religiös gemischte Gebiete im Zentrum Iraks zu bereinigen, indem schiitische Flüchtlinge in die überwiegend von Schiiten bewohnten südlichen Gebiete geschickt werden, Sunniten in die größtenteils von Sunniten bewohnten nördlichen und westlichen Regionen."

Die Internationale Organisation für Migration, eine Behörde der Vereinten Nationen, befand, dass die Rate der Vertreibungen aus Bagdad, dem Hauptziel der aufgestockten militärischen US-Gewalt, sich um den Faktor 20 vergrößert hat, ein Anstieg, der so Atem beraubend ist, dass es scheint, als sei es ein bewusstes Ziel der amerikanischen Militärpolitik, die irakische Hauptstadt zu teilen. Während Bagdad früher mutmaßlich etwa im Verhältnis 60 zu 40 geteilt war (mit Sunniten in der Mehrheit), könnte die gegenwärtige konfessionelle Aufgliederung bis zu einem Verhältnis von 80 zu 20 (Schiiten die Mehrheit) führen.

Zumeist durch Religionszugehörigkeit induzierte Gewalt war der Hauptgrund für erzwungene Migration. Die UN Behörde berichtet, dass 63 Prozent der innerirakischen Flüchtlinge in einer Umfrage sagten, sie seien aus ihren Vierteln wegen direkter Bedrohung ihres Lebens geflüchtet. Mehr als 25 Prozent sagten, sie seien gewaltsam aus ihren Wohnungen vertrieben worden.

Der dritte Bericht stammt von der amerikanischen Task Force 134, die Verhaftungen im Irak durchführt. Er besagt, dass seit Februar die Zahl der Gefangenen, die von amerikanischen und anderen ausländischen Militärkräften inhaftiert wurden, um 50 Prozent gestiegen ist: von 16.000 im Februar auf 24.500 heute. Etwa 80 Prozent dieser Häftlinge sind sunnitische Araber, der Rest größtenteils Schiiten. Entgegen der Propaganda der Bush-Administration, die vorgibt, dass der bewaffnete Widerstand gegen die amerikanische Besatzung zum Großteil das Werk von ausländischen Terroristen sei, stammen nur 280 der Häftlinge nicht aus dem Irak, wobei viele davon Bürger von Staaten sind, mit denen die USA alliiert sind: von Ägypten, Saudi-Arabien und Jordanien.

Sowohl der Rote Halbmond als auch die UN Behörde für Migration legen nahe, dass das verschärfte Tempo der amerikanischen Militäroperationen direkt mit der schnellen Zunahme erzwungener Migration zusammen hängt. Laut Dr. Said Hakki, Chef des irakischen Roten Halbmonds, flohen 100.000 Menschen pro Monat aus ihrer Heimat, seit der amerikanische Truppenaufbau begann.

Die amerikanischen Truppenverstärkungen haben tatsächlich mehr interne Flucht und Bevölkerungsverschiebung hervorgebracht als das Aufflammen der sunnitisch-schiitischen Gewalt nach dem Bombenanschlag auf die schiitische Goldene Moschee in Samarra im Februar 2006. Dieses Ereignis wird häufig (aber fälschlich) von der Bush-Administration als Ausgangspunkt der religiösen Gewalt angeführt.

Die interne Bevölkerungsbewegung, die nach der amerikanischen Eskalation im Februar begann, ist größer als bei irgendeinem der blutigen Konflikte der letzten drei Jahrzehnte im Irak: dem Iran-Irak Krieg der 1980er Jahre, dem Kurdenaufstand von 1987-88, dem ersten Golfkrieg von 1990-91, den misslungenen Aufständen von Kurden und Schiiten 1991 und der amerikanischen Invasion und Eroberung 2003.

Die Times bemerkte "Die demographischen Verschiebungen könnten denen gelegen kommen, die den Irak gern in drei halb-autonome Regionen aufgeteilt sähen: einen schiitischen Süden und einen kurdischen Norden, welche ein sunnitisches Territorium in der Mitte umschließen." Das amerikanische Nachrichtenblatt vermied es feinfühligerweise, diejenigen zu nennen, die eine solche Aufteilung unterstützen. Aber zu ihnen gehören nicht nur schiitische und kurdische Religionsführer, sondern große Teile des politischen und militärischen Establishments der USA, wie etwa auch führende Mitglieder der demokratischen und der republikanischen Partei.

Eine solche Politik des erzwungen Bevölkerungstransfers, der sich an religiöser und ethnischer Zugehörigkeit orientiert, dabei Gewalt und Einschüchterung gegen die einsetzt, die nicht weggehen möchten, ist ein Kriegsverbrechen gemäß der Prinzipien, die in den Nürnberger Prozessen nach dem zweiten Weltkrieg niedergelegt wurden. Anklage wegen ethnischer Säuberung könnte gegen Bush, Cheney, Rumsfeld, Condoleezza Rice und die übrige Führungsschicht der Bush-Administration erhoben werden, ebenso gegen ihre Komplizen im Kongress und die Offizierskaste, die ihre Befehle ausführt.

Der führende Demokrat Senator Joseph Biden, Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses des Senats, ging soweit, die Teilung des Iraks zu fordern - d.h. ein Kriegsverbrechen zu befürworten - er macht diese Frage zu einem Hauptelement seiner Kampagne um die Präsidentschaftsnominierung der Demokraten.

Je länger die amerikanische Besatzung anhält, desto blutiger werden die Verbrechen werden. Die sich intensivierende Krise der Marionetten-Regierung von Premierminister Nouri al-Maliki hat kürzlich eine Anzahl amerikanischer Vertreter aus Militär und Politik veranlasst, die Bush-Regierung aufzufordern, ihren Anspruch fallen zu lassen, im Irak eine "Demokratie" zu errichten. Stattdessen soll eine offene Militärdiktatur errichtet werden, die noch brutalere Maßnahmen gegen die irakische Bevölkerung ergreift.

Brigadegeneral John Bednarek, einer der Kommandeure der Task Force Lightening Offensive in der nordöstlich von Bagdad gelegenen Provinz Diyala, sagte am Mittwoch gegenüber CNN: "Demokratische Institutionen sind für den Irak nicht notwendigerweise der Weg in die Zukunft". Der Sender zitierte diesen Ausspruch auf seiner Webseite und kommentierte: "Verzweifelte US Generäle sprechen öffentlich über nicht-demokratische Alternativen..."

Generalmajor Benjamin Mixon, Kommandeur der Task Force Lighting, sagte, sein Ziel sei "eine wirksame und funktionierende Regierung, die ein echter Partner der USA und des Rests der Welt im Kampf gegen die Terroristen ist." Seine Soldaten kämpften für Sicherheit, nicht für Demokratie, sagte er gegenüber CNN: "Demokratie ist lediglich eine Option. Den Irakern steht es frei, sie zu wählen oder zurückzuweisen."

Ein führender Republikaner im Kongress, der Abgeordnete Peter Hoekstra aus Michigan, wiederholte diese Ansicht am Freitag. Bei einem Auftritt im lokalen Fernsehen in Lansing erklärte Hoekstra, ranghöchster Republikaner im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses: "Der Präsident muss gewillt sein zu sagen 'Ich werde die Demokratie unter den Tisch fallen lassen. Wir zielen auf Sicherheit und Stabilität ab.'" Ein anderer republikanischer Abgeordneter aus Michigan, Mike Rogers, sekundierte Hoekstras Meinung mit der Bemerkung, das amerikanische Ziel im Irak sollte eher ein "strategischer Sieg" als Demokratie sein.

Diese Entwicklungen unterstreichen die Unehrlichkeit des Argumentes, das von der Bush-Administration und liberalen Befürwortern des Krieg vermehrt angeführt wird - die Behauptung, die USA müssten Streitkräfte mehr oder weniger unbegrenzt im Irak lassen, um ein Blutbad innerhalb der Zivilbevölkerung zu vermeiden.

Der demokratische Präsidentschaftskandidat John Edwards, zum Beispiel, der als bekehrter Widersacher des Krieges posiert, den er 2002 mit seiner Stimme mit autorisierte, erklärte, dass "die USA ausreichende Kräfte in der Region lassen müssen, um einen Genozid zu verhindern". Ähnliche Argumente finden sich quer durch das Spektrum der von der Wirtschaft kontrollierten Medien, von der New York Times bis zum Wall Street Journal, sowie auch im Weißen Haus.

Die Wahrheit ist, dass das Blutbad unter Zivilisten im Irak schon im Gange ist - und zwar unter der Schirmherrschaft der amerikanischen Besatzung. Je länger die Besetzung dauert, desto größer die Zerstörung der irakischen Gesellschaft und umso größer die Gefahr, dass der Krieg die Grenzen des Iraks überspringt und ein militärischer Flächenbrand entsteht.

Die amerikanische Invasion und Eroberung des Irak ist direkt für den Blutzoll verantwortlich, der eine Million Menschenleben überschreiten wird, lange bevor Bush sein Amt verlässt. Dieser Krieg ist eines der größten Verbrechen in der Geschichte, und alle, die dafür verantwortlich sind, müssen juristisch und strafrechtlich dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Siehe auch:
Amerikas Krieg und Besatzung des Irak - Eine Gesellschaft wird liquidiert
(26. Mai 2007)
Weißes Haus berät militärisches Vorgehen gegen den Iran
( 20. Juli 2007)
US-Senator John McCain erläutert die Interessen des amerikanischen Imperialismus im Irak
( 19. April 2007)
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