Russische Parlamentswahlen: Putins Partei behält die Kontrolle

Zu den herausragenden Merkmalen des russischen Wahlkampfs gehörte die massive Propagandaarbeit der führenden, von der Regierung kontrollierten Medien zugunsten einer einzigen Partei - der Pro-Kreml-Partei Einiges Russland, deren Wahlliste seit dem 1. Oktober von Präsident Wladimir Putin angeführt wurde.

Diese einseitige Informationspolitik, die mindestens zwei Monate andauerte, sicherte in Verbindung mit so genannten "administrativen Mitteln" - d.h. der Einschüchterung von Wählern und der Manipulation von Stimmenzahlen - den eindrucksvollen Vorsprung von Einiges Russland bei den Parlamentswahlen vom 2. Dezember.

Laut Angaben der Zentralen Wahlbehörde vom 3. Dezember entfielen auf Einiges Russland nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmzettel 64,1 Prozent der Wählerstimmen. Und nach ersten Berechnungen sicherte es sich damit mehr als 300 der 450 Sitze in der Duma, dem Parlament.

Außerdem haben die Kommunistische Partei von G. Sjuganow mit 11,6 Prozent, die LDPR von V. Schirinowsky mit 8,2 Prozent und Gerechtes Russland mit 7,8 Prozent Mandate errungen. Letztere wird vom Sprecher des Föderationsrats (parlamentarisches Oberhaus) S. Mironow angeführt.

Mehrere Vertreter der politischen Elite verkündeten umgehend, die "Vertrauensabstimmung" über Putin sei ein voller Erfolg gewesen. Nach Meinung von Dimitri Orlow, dem Leiter der Agentur für politische und wirtschaftliche Kommunikation, "hat sich die Mehrheit der Bürger tatsächlich für den gegenwärtigen Kurs von Wladimir Putin ausgesprochen". Der Führer von Einiges Russland, Boris Gryzlow, verkündete den "Sieg Putins in der ersten Runde", offensichtlich in Hinblick auf die kommenden Präsidentschaftswahlen.

In den Worten desselben Gryzlow waren die Wahlen "absolut transparent und demokratisch", was der Einschätzung der Mehrheit der Beobachter und Experten widerspricht.

Ein anderer Teil des politischen Establishments äußert sich mit etwas mehr Vorsicht. Nach Meinung von Gleb Pawlowsky, einem der führenden politischen Experten des Kreml, bedeute es wenig "zu erklären, diese Wahlen seien eine Vertrauensabstimmung für Putin gewesen". Dieser Satz, meint er, sei nichts als eine Propagandaformel. Nach Pawlowskys Meinung "ist es Putins Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich das Vertrauen, das die Bürger ihm persönlich entgegenbringen, in Vertrauen gegenüber dem Staat verwandelt."

Hinter dieser Einstellung steht eine nüchternere Einschätzung des Wesens dieser Wahlen. Das für die Obrigkeit erforderliche Resultat wurde mit Hilfe von äußerst zweifelhaften Manipulationen erreicht. Außerdem wurden dafür Parolen benutzt, die bis zu einem gewissen Grad die Grundlage der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung in Russland in Frage stellen.

Verurteilung der 1990er Jahre

Einiges Russland führte seine Kampagne unter Bedingungen eines extremen Verfalls der Autorität aller Regierungsebenen und der offiziellen Politik. Die Entscheidung Putins, sich an die Spitze der Wahlliste Einiges Russland zu stellen, wurde von der Gefahr diktiert, der Kreml könnte nicht in der Lage sein, die Mehrheit in der Duma zu sichern. Ohne diese Mehrheit droht der gesamte Mechanismus der "vertikalen Macht" ins Schleudern zu geraten.

Die positiven Errungenschaften, auf die die Regierungspropaganda und Putin selbst verweisen - das Wachstum des Bruttosozialprodukts um das Mehrfache im Verlauf der letzten Jahre, die hohen Einnahmen des Staats aus dem Export von Rohstoffen, Einkommensverbesserungen bei Teilen der Bevölkerung - werden überschattet von Tendenzen, die für alle unübersehbar sind, wie der rasante Anstieg der Preise für grundlegende Konsumgüter, der in diesem Herbst 25 bis 30 Prozent erreicht hat. Putins "Errungenschaften" haben wenig Auswirkungen für die tagtäglichen Bedürfnisse der Mehrheit der Bürger.

Die Hauptstoßrichtung von Putins Wahlkampagne richtete sich nicht auf bestimmte positive Ziele (in dieser Hinsicht hat er den Menschen nichts zu bieten), sondern konzentrierte sich auf zwei Themen: auf die Verurteilung von Jelzins Politik der "Schocktherapie" und der Privatisierung der 1990er Jahre sowie auf den Kampf gegen die Gefahr einer "Orangenen Revolution" in Russland, die von liberalen westlichen Kräften mit Unterstützung und im Interesse des Weltimperialismus inspiriert wird.

Putins eigentliches Hauptthema während der Wahlkampagne war die Behauptung, er und das von ihm geschaffene Regime seien das kleinere Übel: Wenn "andere zurückkehren", werde es viel schlimmer. Das war alles, was die Ideologen des Kremls vorzubringen hatten, um die Unterstützung ihrer Wähler zu gewinnen.

Ihren Höhepunkt erlebte diese Linie des Präsidenten mit einer Rede vor 5.000 Anhängern in Luzhniki am 21. November. Putin verurteilte "diejenigen, die vor zehn Jahren, die Schlüsselpositionen sowohl im Föderationsrat als auch in der Regierung kontrolliert haben". Es dürfe nicht zugelassen werden, erklärte er, dass diejenigen an die Macht zurückkehren, "die in den 1990er Jahren hohe Ämter innehatten und dennoch zum Schaden der Gesellschaft und des Staats gehandelt haben, wobei sie den Interessen der oligarchischen Strukturen dienten und das Eigentum der Nation vergeudeten".

"Sie waren es", fuhr Putin fort, "die die Korruption zum wichtigsten Instrument der politischen und wirtschaftlichen Konkurrenz gemacht haben. Sie waren es, die ein Jahr nach dem anderen unausgeglichene und absolut unverantwortliche Haushaltspläne verabschiedet haben, die zu Zahlungsunfähigkeit, Zusammenbruch und einem unaufhaltsamen Niedergang des Lebensstandards unserer Bürger geführt haben."

Gleichzeitig verurteilte Putin diejenigen, die "völlig andere Ziele für und Ansichten über Russland haben. Er fuhr fort: "Sie brauchen einen schwachen, entkräfteten Staat, eine desorientierte und gespaltene Gesellschaft, um hinter ihrem Rücken Geschäfte zu machen und auf unsere Kosten zu kassieren. Bedauerlicherweise gibt es in unserem Land immer noch solche, die sich auf ausländische Botschaften und ausländische diplomatische Vertreter stützen und mit der Unterstützung ausländischer Stiftungen und deren Regierungen rechnen, statt mit der Unterstützung des eigenen Volks."

Diese Art von Rhetorik, die auf sehr reale Tendenzen Bezug nimmt, spielte keine geringe Rolle bei der Entscheidung vieler russischer Wähler, einen persönlichen Kompromiss zu schließen, sich im Endeffekt mit dem Druck der Obrigkeit abzufinden und für die Partei zu stimmen, die in Wirklichkeit all die Laster verkörpert, die Putin in Worten verurteilt hat.

Der heuchlerische und demagogische Charakter von Putins Tiraden ist jedem politisch informierten Menschen klar. Putin selbst ist vom gleichen Fleisch und Blut wie die Schichten der neuen herrschenden Elite, die in den 1990er Jahren die Grundlage für ihre gegenwärtigen Privilegien und ihren Reichtum gelegt haben.

Wenige Tage vor der oben erwähnten Rede bemerkte Dimitri Furman, Professor für Geschichte und leitender Wissenschaftler am Europäischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften, zu Recht: "Putin ist der ‚rechtmäßige’ Erbe von 1991. Er bekam die Macht vom wichtigsten Führer der,Dissidentenrevolution’ [Jelzin], und der zweite Präsident war selber der Assistent eines ihrer Führer, des Vaters von Ksenia Sobtschak. Nicht Putin hat das heutige System geschaffen, sondern diejenigen die 1991, 1993 und 1996 in Folge als Sieger hervorgegangen sind." (Independent Gazette, 14. November)

Menschen wie Pawlowsky sehen diese außerordentlich widersprüchliche Pose von Putin als ernsthafte Gefahr an. Demagogie funktioniert, hat aber ihre Grenzen. Sie kann unerwünschte und unvorhersehbare Folgen haben.

Als wichtigstes Ergebnis der Wahlkampagne hat sich in Russland ein öffentlicher Konsens herausgebildet, der auf einer außerordentlich negativen Haltung gegenüber den 1990er Jahren beruht.

Ruslan Grinberg, der Leiter des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, stellte am 20. September in der Iswestia Überlegungen dazu an. Als Antwort auf die Frage: "Hatten die Reformen letztendlich Erfolg?", schrieb er:

"Das hängt davon ab, wie man sie bewertet. Versetzen Sie jemanden zurück in das Jahr 1990 und erzählen Sie ihm, dass das Bruttosozialprodukt dasselbe ist wie damals. Er würde ausrasten. Die Verfügbarkeit der Waren ist zwar nicht vergleichbar. Aber trotz alledem geht es nur 20 Prozent der Bevölkerung besser, 30 Prozent geht es genauso gut und 50 Prozent geht es schlechter. Somit haben wir eine Vermischung von objektiven Zahlen und subjektiven Gefühlen."

"Es hat scheinbar ein erhebliches Wachstum gegeben", fuhr Grinberg fort. "Die Währungsreserven sind gewachsen, die Einkommen der Menschen sind gestiegen und die Inflation ist gesunken... Aber all das nur,im Durchschnitt’. Es gibt viel Besorgniserregendes. Ich sehe vier zentrale Probleme. Als erstes hält das Absinken der Wirtschaft auf eine primitivere Stufe an: Wir sind immer mehr vom Verkauf von Rohstoffen abhängig. Zweitens wird die völlig heruntergekommene Infrastruktur nicht erneuert - Straßen, Pipelines, Gebäude und so weiter. Drittens werden die Früchte der irren Flut an Petrodollars auf die schlimmste lateinamerikanische Art und Weise verteilt. Und als Letztes und Schlimmstes ist die allgemeine Produktivität der Wirtschaft niedriger als zu Sowjetzeiten.

Wir sollten uns jetzt daran erinnern, warum wir mit Perestroika und ihren Reformen begonnen haben: Wir wollten die Produktivität und die Wirtschaft verbessern, die Waren in ihrer Qualität heben, sie billiger machen und eine größere Vielfalt anbieten und damit den allgemeinen Lebensstandard anheben. Und was ist passiert? Statt mittelmäßig produzierter Güter fast gar keine; der Stromverbrauch steigt, der Ertrag der Kapitalanlagen sinkt, Innovationen gibt es so gut wie gar nicht... All das würde man sich noch nicht einmal in einem Alptraum vorstellen."

Der neue Premierminister Victor Subkow war kürzlich gezwungen, die ungeheure technologische Verwahrlosung der Produktionsinfrastruktur zuzugeben. Am 20. November schrieb die Regierungszeitung Russische Gazette, als Subkow die Moskauer Maschinenbaufabrik Salute Mitte Oktober besucht und den abgenutzten Maschinenpark gesehen habe, sei "er so bedrückt gewesen, dass er sich sogar geschämt hat, darüber zu sprechen".

Subkow kommentierte seinen Eindruck in der Fabrik mit den Worten: "Allein in den Fabriken von Roskosmos sind mehr als 70 Prozent der Maschinen veraltet und physisch abgenutzt und 15 Prozent der spezialisierten technischen Ausrüstungen werden seit mehr als 20 Jahren benutzt. In den letzten Jahren haben wir - es ist beschämend - weniger als ein Prozent des Maschinenparks erneuert."

Gleichzeitig verbessern sich die sozialen Umstände von mehreren zehn Millionen Russen nicht. Für die Mehrheit verschlechtern sie sich.

Das ist die Realität, die die Masse der normalen Einwohner in ihrem alltäglichen Leben vorfindet. Diese Realität weckt bei ihnen zwangsläufig ein Protestgefühl und den Wunsch, eine gesellschaftliche Alternative zu finden.

Bis heute haben diese Gefühle jedoch nur einen widersprüchlichen und rückwärts gewandten Ausdruck in Form eines umfangreichen Votums für das gegenwärtige Regime gefunden. Die Menschen wollen keine Wiederholung der katastrophalen Periode der 1990er Jahre, als die nationale Wirtschaft durch eine Gruppe von Halunken offen geplündert wurde, allenthalben Kriminalität herrschte und ein entsetzlicher gesellschaftlicher Zusammenbruch stattfand. Die Regierenden versuchen sich an diese gesellschaftlichen Hoffnungen anzupassen, mit der Absicht, die Massen erneut zu betrügen.

Das Wahlresultat von Sonntag ist vor allem die Folge der verräterischen Rolle sämtlicher offizieller Oppositionsparteien. Diese Parteien, und in erster Linie Sjuganows Kommunistische Partei, dienen als Instrument der bürokratisch-oligarchischen Elite und stehen den grundlegenden Interessen der Arbeiter feindlich gegenüber. Dadurch bieten sie den Arbeitern keine Alternative innerhalb des existierenden politischen Systems.

Der historische Bankrott des Liberalismus

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Wahlen ist die fortschreitende Degeneration des russischen Liberalismus, der jede maßgebliche Unterstützung in der Gesellschaft verloren hat.

Das wirkliche Wahlergebnis könnte für die zwei wichtigsten rechtsliberalen Parteien - die Union der rechten Kräfte (URF) und Jabloko - günstiger ausfallen. Laut den vorläufigen Zahlen der Wahlkommission erhielt Jabloko 1,6 Prozent der Stimmen und die URF ein Prozent. Die Behörden führten eine gezielte Kampagne gegen sie, da sie als gefährliche Konkurrenten auf dem Gebiet der kapitalistischen Politik angesehen wurden und als Kräfte, die vom Westen unterstützt werden.

Aber selbst bei einer wirklich ehrlichen Auszählung der Stimmen hätten sie schwerlich ein bedeutenderes Ergebnis erzielt. Der Einfluss von URF and Jabloko ist im letzten Jahrzehnt stetig zurückgegangen.

Der Hauptgrund für den Rückgang ihrer Popularität ist ihre konsequente Verteidigung der Rechte des Privateigentums und einer Politik, die die sozialen Strukturen immer weiter zerstört. Diese Tatsache konnte weder durch die angebliche Sorge um die Armen und Rentner, die die URF während der Wahlkampagne zur Schau gestellt hat, vertuscht werden, noch durch die Pose als "Schutzengel" demokratischer Prinzipien, die Jabloko gerne einnimmt.

Die Rolle von Boris Nemtsow, der wichtigsten Person auf der Wahlliste der URF - er war der Präsidentschaftskandidat der Partei - ist aus letzter Zeit noch gut in Erinnerung. Er war und ist weiterhin einer der engagiertesten Verteidiger der kapitalistischen Restauration, in der Form, wie sie während der Jelzin-Ära durchgeführt wurde. Obendrein sind seine bevorzugten Vorbilder in der Politik, wie er immer wieder verkündet, Personen wie Margaret Thatcher.

Was Grigori Jawlinski angeht, den Führer von Jabloko, so unterstrich er während des aktuellen Wahlkampfs demonstrativ, dass er an den Prinzipien des Marktes festhalte. In einem Interview mit der Wochenzeitschrift Moscow News (Ausgabe vom 28. September - 4. Oktober) betont er, eins der Hauptprobleme des Landes bestehe darin, dass "es keine Unantastbarkeit des Eigentumsrechts" gebe.

Jawlinski präzisierte: "Wir sind der Meinung, dass russische Großunternehmen eine nationale Errungenschaft sind, und wollen sicherstellen, dass sie sich in Russland sicher fühlen, denn ohne sie kann die Wirtschaft nicht existieren."

Unmittelbar nach dieser Erklärung, forderte er die vollständige Legitimierung der Ergebnisse der Privatisierung der 1990er Jahre, "ausgehend von den tatsächlichen Bedingungen, die sich in unserem Land entwickelt haben, und nicht von abstrakten Plänen". Zusätzlich erklärte Jawlinski; "Solange die Unternehmen nicht glauben, dass ihnen dies wirklich alles gehört, können sie kein Vertrauen in die Zukunft haben."

All das zeigt erneut, wie weit die Interessen der russischen "demokratischen" Parteien von den Interessen der Millionen von Arbeitern entfernt sind. Der heutige russische Liberalismus ist noch weniger in der Lage, der Nation Vorschläge zu machen, die ihre Probleme wirklich lösen können, als seine Vorgänger zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Der politische Bankrott des russischen Liberalismus ist einer der Faktoren, die es dem Kreml erlauben, die Pose des "Verteidigers des Volks" einzunehmen. Unterdessen wird die soziale Basis für Putins Kreml stetig, wenn auch langsam, ausgehöhlt. Eins der Anzeichen für diese Aushöhlung ist die Abnahme der Autorität von Putin persönlich und der Partei Einiges Russland in den führenden städtischen Zentren. Das haben die letzten Wahlen gezeigt.

Im ganzen Land bekam Einiges Russland 65 Prozent der Stimmen, in St. Petersburg dagegen nur 51 Prozent und in Moskau 53 Prozent. Indessen gewann die "Partei der Macht" in traditionell rückständigen und politisch konservativen Gegenden wie Tatarstan 87 Prozent der Stimmen und in Mordwinien erhielt sie 97 Prozent. In Tschetschenien sorgten die Bemühungen von "Putins Freund", dem autoritären Diktator Ramsan Kadyrow, für eine 100-prozentige Beteiligung und 100 Prozent der Stimmen für die "Partei der Macht".

Das Anwachsen von regierungsfeindlichen Stimmungen in führenden städtischen Zentren, wie beschränkt sie auch sein mögen, ist ein Vorbote des zukünftigen Heranwachsens einer neuen sozialen und politischen Bewegung, die in Russland als Ausdruck der wirklichen Interessen der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung entstehen muss. In Vorahnung dessen beginnt der Kreml nicht nur in zunehmendem Maße zu "administrativen Mitteln" und direkter Unterdrückung zu greifen, sondern sucht Unterstützung bei den Schichten mit der geringsten Bildung und bei den sozial Hilflosesten in der Bevölkerung. Deren Verwirrung und Probleme nutzt er aus, um ihre Unterstützung zu gewinnen.

Wie der Politikwissenschaftler am Institut für Geographie der Russischen Akademie der Wissenschaften, Dimitri Oreschkin, erklärte: "Während der Zeit der Spaltung innerhalb der Elite in den 1990er Jahren war Boris Jelzin der, ‘Präsident der Städte’. Zu der Zeit nahmen die Provinzen konservativ-kommunistische Positionen ein [d.h., sie sympathisierten mit der Kommunistischen Partei von Sjuganow]. Heute zeigt die Situation eine spiegelverkehrte Reflektion. Vladimir Putin ist eher ein ‘Präsident der Provinzen’, während die Städte im Wesentlichen die Wahlen ignorieren oder der Partei Einiges Russland zehn bis fünfzehn Prozent weniger Unterstützung geben."

In diesen Wahlen war der Kreml in der Lage, das Ergebnis zu erzielen, das er benötigte. Aber die Kontrolle über die Duma an sich ist nicht ausreichend, um die Krise zu lösen, in der das russische autoritäre Regierungssystem aufgrund seiner internen Widersprüche, seiner wachsenden Konflikte mit dem Westen und der zunehmenden Entfremdung von der Arbeiterklasse steckt. Unausweichlich wird die weitere Entwicklung der Ereignisse zu wachsenden Konflikten und Kämpfen innerhalb der herrschenden Gruppen des Regimes führen und wachsende soziale Proteste der arbeitenden Bevölkerung gegen alle Schichten der herrschenden Elite erzeugen.

Siehe auch:
Die Parlamentswahlen und die Krise des autoritären Regimes in Russland
(8. Dezember 2007)
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