Europawahlkampagne der PSG findet Unterstützung

"Wir leben in einer Klassengesellschaft"

Seit vier Wochen sammeln Unterstützer der Partei für Soziale Gleichheit (PSG) Unterschriften für die Wahlzulassung der Partei zu den Europawahlen. In wenigen Tagen wird die PSG 4.200 gültige Unterstützungsunterschriften beim Bundeswahlleiter einreichen.

Jede Unterschrift muss auf einem amtlichen Formular mit Angaben zur Person geleistet und vom zuständigen Meldeamt schriftlich bestätigt werden. Trotz der bürokratischen Hürden ist die Unterstützung für die PSG sehr groß. An Arbeitsagenturen, JobCentern, vor Einkaufszentren und an öffentlichen Plätzen entwickelten sich rege Diskussionen über die Notwendigkeit einer neuen sozialistischen Partei, die offen ausspricht, dass der Kapitalismus gescheitert ist und durch eine sozialistische Gesellschaft mit demokratischer Kontrolle über die Wirtschaft ersetzt werden muss.

In dem Wahlaufruf, der in den vergangenen Wochen zu Tausenden verteilt wurde, heißt es: "Wir kämpfen für die Errichtung einer Arbeiterregierung, die den Bedürfnissen der Gesellschaft Vorrang gegenüber den Profitinteressen der Kapitalbesitzer einräumt, und setzen uns für die Vereinigung Europas auf sozialistischer Grundlage ein, für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa."

PSG-Stand in Berlin-Friedrichshain PSG-Stand in Berlin-Friedrichshain

Im Zuge der Wahlkampagne organisierte die PSG vergangenen Samstag einen Stand im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Plakate auf denen zu lesen war, "Gemeinsam gegen das Europa der Konzerne" und Bücher von Leo Trotzki über die "Verratene Revolution" oder andere Klassiker des Marxismus stießen auf großes Interesse bei den Passanten. Immer wieder wurde in Diskussionen die große Empörung über die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft sichtbar. Auch die offene Klassenpolitik der Regierung im Interesse der Banken und Superreichen stieß auf vehemente Kritik.

Reporter der World Socialist Web Site sprachen mit einigen der Passanten.

Eva-Maria Eva-Maria

Aus Sicht der 25jährigen Kulturwissenschaftsstudentin Eva-Maria wird jeder Aspekt des gesellschaftlichen Lebens von den Interessen der Kapitalbesitzer bestimmt. Auch das 500 Milliarden Banken-Rettungspaket der Bundesregierung diene ausschließlich dazu, den Kapitalismus zu erhalten und die Privilegien des obersten Prozent der Gesellschaft zu verteidigen, betonte sie und fügte hinzu: "Die Interessen der Kapitalisten sind denen der Bevölkerung in jeder Hinsicht übergeordnet. Schließlich ist die Politik so eng mit der Wirtschaft und ihren Lobbygruppen verflochten, dass sie deren Interessen völlig ausgeliefert ist."

Obwohl die Bevölkerung keinerlei Verantwortung für die Krise trage, werde die Last des wirtschaftlichen Zusammenbruchs auf ihre Schultern abgewälzt. "Wir leben heute in einer Klassengesellschaft", so Eva-Maria weiter. "Der Kapitalismus ist historisch aus dem Feudalismus entstanden, welcher zuvor aus der Sklavenhaltergesellschaft entstand. Das ist zwar heute eine andere Form der Unterdrückung, aber für mich bedeutet der Kapitalismus nichts weiter als Ausbeutung pur.

Über den Aufbau einer neuen Arbeiterpartei und die Arbeit der PSG sagt sie, dass dies heute "dringend notwendig" sei. "Ich fühle mich durch keine der etablierten Parteien in meinen Interessen vertreten." Die Linkspartei mit ihrer SED-Vergangenheit ist für sie keine Alternative. "Bei denen läuft alles schon wie bei den Grünen. Da warf Joschka Fischer in den Siebzigern auch noch Steine, und wurde später zum Außenminister." Bei der Linkspartei sei das im Grunde nicht anders.

Kai Exner Kai Exner

Kai Exner arbeitete für eine Zeitarbeitsfirma, die ihn an eine andere Firma verlieh. Er bekam einen Jahresvertrag und arbeitete im Lager als Gabelstaplerfahrer. Aufgrund der Finanzkrise wird er Anfang nächsten Monats, wie alle seine Leiharbeiterkollegen entlassen. Reporter der WSWS trafen ihn auf dem Weg zum Arbeitsamt.

Kai's Betrieb stellte Graader für den Straßenbau her. Eine halbe Million Euro oder mehr kostet solch ein Graader. Wie Kai erzählte, "konnten Baufirmen derartige Maschinen in der Vergangenheit nur über Kredit finanzieren." Die Finanzkrise habe die Bauindustrie mit voller Wucht getroffen. "Hunderte von Maschinen stehen nun unnütz auf Halde und wir verlieren unsere Jobs", so Kai weiter.

Der WSWS sagte Kai: "Ich denke die Krise geht gerade erst richtig los. Mein Vertrag lief nach einem Jahr aus und wurde nicht verlängert. Das liegt daran, dass die Zeitarbeitsfirmen von der Krise besonders hart betroffen sind und sich keiner darum kümmert. Die Milliarden für die Banken müssten anders eingesetzt werden." Das Ziel müsse sein, dass kein einziger Arbeiter aufgrund der Krise entlassen werde. "Dafür sollte sich die Bundesregierung einsetzen und auch Geld bereitstellen."

Daniel Winkler ist 35 Jahre alt und Sozialpädagoge. "Was die Politik derzeitig macht, ist, alles daran zu setzen, dass das alte System weiter geht. Ich denke, das kann heute nur noch durch die Enteignungen von Banken und Großbetrieben geändert werden. Es kann einfach nicht sein, dass Top Manager sich weiter bereichern." Eine solche schreiende Ungerechtigkeit wie sie heute herrscht, so Daniel, halte keine Gesellschaft lange aus.

Für ihn sind "Weimarer Zeiten" heute beinahe erreicht. Wie damals versuche sich eine kleine Schicht von Superreichen hemmungslos zu bereichern und richte dabei die Gesellschaft zugrunde.

Dieselben Bankmanager, die für die Katastrophe verantwortlich seien, verlangten nun auch noch Millionen an Boni. Gleichzeitig werde die Bevölkerung "bis zum Hungertuch geschröpft". Irgendwann werde sich das Volk zur Wehr setzen.

An der Arbeitsagentur und am Jobcenter Berlin-Lichtenberg war die Unterstützung für die PSG besonders groß. Hunderte von jungen und älteren Arbeitslosen, oft gerade erst entlassen, gaben bereitwillig ihre Unterstützungsunterschrift.

Arbeitsagentur in Berlin-Lichtenberg Arbeitsagentur in Berlin-Lichtenberg

In der Schlange (siehe Bild) befinden sich auch einige Arbeiter aus einer ganz in der Nähe liegenden Gießerei. Sie hatte am Tag zuvor alle 50 Arbeiter entlassen. Andre und Alex, der eine 40 Jahre, der andere 53 Jahre alt, berichten der WSWS wie es dazu kam. "Wir hatten seit der Krise immer weniger Aufträge, weil wir für den Maschinenbau arbeiten. Sie hatten im September letzten Jahres auf einen Schlag sämtliche Leiharbeiter entlassen. Seitdem hatten wir immer wieder Kurzarbeit. Es hieß dann immer, es gehe weiter. Am Freitag haben wir jetzt alle die Kündigung erhalten, damit ist der Betrieb dicht, der zu DDR-Zeiten Tausende beschäftigte und fast hundert Jahre existierte. Vom Betriebsrat und der Gewerkschaft hört man nichts. Uns kleinen Leuten hilft keiner."

Siehe auch:
Für die Vereinigung Europas auf sozialistischer Grundlage
(19. Februar 2009)
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