Wahl-Veranstaltung der PSG in Leipzig

Im Rahmen der Europawahlkampagne fand am vergangenen Samstag im Zentrum von Leipzig eine Diskussionsveranstaltung der Partei für Soziale Gleichheit (PSG) statt. Eine Reihe von Arbeitern, Studenten und Arbeitslose kamen in die historische Moritzbastei, um mit dem Kandidaten der PSG über den Charakter der Wirtschaftskrise und eine sozialistische Antwort zu diskutieren.

Infostand in Leipzig

Bereits in den Tagen vor der Veranstaltung war es an Informationsständen der PSG zu lebhaften Diskussionen gekommen. Vor zwanzig Jahren spielten die Leipziger Montagsdemonstrationen eine wichtige Rolle in der Mobilisierung der DDR-Bevölkerung gegen das SED-Regime. Die Erinnerung an die Zeit der Wende ist gerade in dieser Stadt noch sehr lebendig. Immer wieder schildern Menschen wie groß die Hoffnungen damals waren und wie groß die Enttäuschung heute ist, angesichts von Massenarbeitslosigkeit, Sozialkürzungen und nicht selten bitterer Armut.

Ludwig Niethammer berichtet in seinen einleiteten Worten über die intensive Wahlkampagne der PSG in Leipzig. Niethammer ist Mitglied des Parteivorstands und schilderte die Stimmung unter Arbeitslosen die vor Arbeitsämtern angesprochen worden waren, oder Jugendlichen an der Universität und berichtete über oft sehr ausführliche Gespräche während Informationsständen in Einkaufsstraßen.

"Viele Menschen sind über die rasant wachsende Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit tief besorgt und nicht selten auch verunsichert", sagte er. Angesichts der Milliarden die für Bad Banks und Bankenrettungen zu Verfügung gestellt werden, sei vielen Leuten klar, dass dies nur auf Kosten der Bevölkerung finanziert werden könne.

Niethammer schilderte interessante Erfahrungen, die die PSG-Wahlhelfer mit Anhängern der Linkspartei in Leipzig machten. "Wenn man sie auf die Tatsache anspricht, dass auch die Linkspartei den Kapitalismus verteidigt und die Linkspartei in Berlin als Regierungspartei die Krise ebenso auf die Bevölkerung abwälzt, mussten sie kleinlaut zustimmten. Man könne eben nur Realpolitik machen, alles andere sei Spinnerei."

Die PSG dagegen verfolge das Ziel, eine neue Partei aufzubauen, die für die Überwindung des Kapitalismus eintritt. Arbeiter in Europa hätten bereits damit angefangen sich unabhängig von den Gewerkschaften gegen Betriebsschließungen zu wehren. Das politische Bestreben der PSG ziele darauf ab, einem gemeinsamen Kampf der Arbeiter in ganz Europa eine sozialistische Perspektive zu geben.

Als Hauptredner auf der Versammlung, stellte der Vorsitzenden der PSG, Ulrich Rippert die heutige Situation mit jener vor 20 Jahren in Verbindung. "Wer hätte damals - im Frühjahr 89 - gedacht, dass die Welt wenige Monate später völlig anders aussehen wird?", fragte er zu Beginn seines Beitrags.

"Wieder erleben wir einen fundamentalen gesellschaftlichen Umbruch." sagte Rippert, "Wieder ist die Geschichte in Bewegung. Und dieses Mal ist es wichtig, nicht unvorbereitet zu sein, wie es vor 20 Jahren die große Mehrheit der Bevölkerung in Ost- und Westeuropa war. Dieses Mal kommt es darauf an vorauszublicken und bewusst in die gesellschaftliche Entwicklung einzugreifen."

Rippert betonte, dass die wirkliche Stärke einer Partei davon abhinge, ob sie in der Lage sei, gesellschaftliche Entwicklungen in ihren historischen Zusammenhängen zu verstehen und eine zukunftsfähige Perspektive daraus zu entwickeln. Während nach dem Zusammenbruch der stalinistischen Regime alle politischen Tendenzen den Triumph des Kapitalismus feierten, zeigte die trotzkistische Weltbewegung auf, dass es sich dabei nur um den ersten Ausbruch der historischen Krise des Weltkapitalismus handelte, welche jetzt in vollem Umfang sichtbar werde.

In seiner Rede ging Rippert, der auch Spitzenkandidat der PSG ist, auf die Rolle der Linkspartei ein. Diese Partei sei nicht Ausdruck einer Mobilisierung von unten, das heißt von Teilen der Arbeiter oder Studenten, sondern eine Initiative der herrschenden Klasse, um eine wirkliche Linksentwicklung in sozialistische Richtung zu verhindern.

"Als Reaktion auf den schwindenden Einfluss der alten Bürokratien haben sich überall in Europa so genannte Linksparteien gegründet. Sie bieten sich als Ordnungsfaktor zur Aufrecherhaltung der bürgerlichen Verhältnisse an und sehen ihre Hauptaufgabe darin eine sozialistische Entwicklung der Arbeiterklasse zu verhindern", betonte Rippert.

Die Linkspartei in Deutschland, Mélenchons Formation in Frankreich, Rifondazione Communista in Italien, Syriza in Griechenland, oder auch die neu gegründete Antikapitalistische Partei (Nouveau Parti Anticapitaliste, NPA) verfolgten eine sehr spezifische Aufgabe in der gegenwärtigen Situation. Ihre Bezeichnung als sozialistisch und antikapitalistisch diene nur dazu, sich an die Spitze der Proteste zu stellen, eng mit den Gewerkschaften zusammenzuarbeiten und im entscheidenden Moment dem Widerstand die Spitze zu brechen, um die bürgerliche Ordnung zu retten.

Die Arbeiterklasse müsse diesen Parteien mit offener Feindschaft entgegentreten, sagte Rippert und fügte hinzu: "Seit dem Verrat der SPD zu Beginn des ersten Weltkriegs 1914 ist die Geschichte Europas geprägt von Niederlagen der Arbeiterklasse, weil linke Demagogen vom Schlage Oskar Lafontaines und Olivier Besancenot die Kämpfe im entscheidenden Moment verraten haben. Es ist notwendig mit dieser Tradition des Opportunismus zu brechen und sich den authentischen Perspektiven des revolutionären Sozialismus zuzuwenden."

Rippert fasste seinen Beitrag in folgenden Worten zusammen: "Hat irgendjemand Zweifel wohin diese Krise führt? Als vor 80 Jahren schon einmal das kapitalistische System zusammenbrach, wurde die Demokratie abgeschafft, dann finanzierten die Großkonzerne die Hitler-Diktatur und wenige Jahre später war Krieg. Es ist diese historische Krise des Kapitalismus, die heute wieder aufbricht.

Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir den Kapitalismus ablehnen. Das unterscheidet uns von allen anderen Parteien, auch der Linkspartei, die das Bankenrettungsprogramm unterstützt und vor sozialer Unruhe warnt. Wir dagegen kämpfen für aktiven Widerstand und eine internationale Strategie gegen Arbeitslosigkeit und Lohnsenkung. Arbeiter sind nicht verantwortlich für die Krise!

Nur durch eine breite sozialistische Bewegung von unten kann die Macht des Geldadels gebrochen und eine demokratische Kontrolle über die Konzerne und Banken errichtet werden. Das ist der Weg zur Bildung von Arbeiterregierungen und zur Vereinigung Europas auf sozialistischer Grundlage."

In der anschließenden Diskussion stellte ein Teilnehmer die Frage, ob nicht alle Bürgerinitiativen und Gruppierungen die ebenfalls Kritik am Kapitalismus haben und wie er durchaus auch die Systemfrage stellten, zusammenarbeiten sollten. Er stellte sich als Vertreter der "Alternative Dritter Weg" vor.

In seiner Antwort ging Rippert ausführlich auf die Entstehung der Grünen ein. Sie seien aus einer sehr breiten Bürgerinitiative und Bürgerprotesten entstanden, zu denen auch die Friedens- und Ökologiebewegung gehörten. Viele in ihren Reihen hätten ernste Anliegen und gute Absichten gehabt. Doch weil die Grünen von Anfang an den Klassencharakter der Gesellschaft leugneten und eine sozialistische Perspektive vehement ablehnten, seinen sie zum Scheitern verurteilt gewesen. "Was ist aus ihrem Protest gegen die gesellschaftlichen Missstände am Ende herausgekommen?", fragte Rippert und antwortete: "Joschka Fischer, der zum Repräsentanten des deutschen Imperialismus aufstieg und eine Schlüsselrolle dabei spielte die gegenwärtigen Auslandseinsätze der Bundeswehr durchzusetzen."

Weitere Fragen drehten sich um die Stellung und Bedeutung der Arbeiterklasse in der Gesellschaft. Eine Zuhörerin wollte mehr darüber wissen, wie die PSG als Teil der Vierten Internationale weltweit ihre politischen Ziele umsetzen wolle, was zu einer angeregten Diskussion über die Bedeutung der World Socialist Web Site führte.

Die Veranstaltung wurde mit einer erfolgreichen Spendensammlung abgeschlossen und mehrere Teilnehmer schrieben sich als Wahlhelfer der PSG ein.

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