New York und Washington am Jahrestag des 11. September in Alarmbereitschaft

Anlässlich des zehnten Jahrestages der Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon hatten Bundesbehörden und örtliche Regierungsvertreter eine “glaubwürdige” Bedrohung von New York City und Washington DC durch Terroranschläge angekündigt. Am vergangenen Freitag wurden die beiden Städte in volle Alarmbereitschaft versetzt.

Über Einzelheiten zu Dringlichkeit und Art der angeblichen Bedrohung wurden keinerlei Details mitgeteilt, dagegen heizte die komplette Mobilisierung von Bundes- und lokaler Polizei die Spannung in den beiden Städten an.

Nach der öffentlich geäußerten Befürchtung, Terroristen wollten mit Autobomben oder Lastwagen Brücken und Tunnels zerstören, patrouillierten an vielen Verkehrsknotenpunkten Antiterror-Einheiten in voller Montur und ausgerüstet mit Sturmgewehren und Schutzschildern.

Am Donnerstag nahm Präsident Obama nach Angaben von Beamten des Weißen Hauses drei Geheimdienstberichte entgegen, bevor er abends vor einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses eine Ansprache hielt. Es wurde berichtet, er habe die amerikanischen Geheimdienste angewiesen, „alle notwendigen Schritte zur Gewährleistung voller Wachsamkeit zu unternehmen.“ Die Öffentlichkeit bekam jedoch über diese Maßnahmen keine Auskünfte, noch wurden irgendwelche Informationen über die Art der Bedrohung zugänglich gemacht.

Bis zum Mittwoch wehrten amerikanische Beamte jede Andeutung ab, der zehnte Jahrestag der Angriffe des 11. September könne von Al Qaida als Anlass für neue Angriffe in den USA genutzt werden. Sie sagten, die Hinrichtung Osama bin Ladens am 2. Mai sowie die fortgesetzten Drohnenangriffe gegen verdächtige niedrigrangige Qaida-Kämpfer in Pakistan hätten die Organisation extrem desorganisiert.

Am Donnerstag jedoch ließen die Medien verlauten, nach mehreren Berichten seien einige Al Qaida-Kämpfer aus Pakistan auf dem Weg in die Vereinigten Staaten.

Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und der Bürgermeister von Washington, Vincent Gray, ordneten zwölfstündige Bereitschaftsdienste der Polizei und eine dramatische Steigerung ins Auge stechender Sicherheitsmaßnahmen an, darunter zusätzliche Zufallskontrollen an U-Bahn-Stationen und Bushaltestellen, sowie Straßensperren. Dabei wurde auch ausgiebig auf Hundestaffeln und ähnliche Maßnahmen zurückgegriffen, die für eine umfassende öffentliche Aufregung sorgen sollten.

Das FBI setzte auch speziell gekennzeichnete Fahrzeuge rund um die amerikanische Hauptstadt ein, eine außergewöhnliche und unübliche Mobilisierung der bedeutsamsten innenpolitischen Sicherheitskräfte.

Über ähnliche Maßnahmen wurde aus Kalifornien berichtet, wo die Polizeikräfte zum Schutz von Wahrzeichen, wie der Golden Gate Bridge in San Franzisko, aufgestockt wurden.

Der Alarm wurde am Donnerstagabend offiziell durch die Herausgabe eines Bulletins von FBI und Heimatschutzbehörde an alle Polizeibehörden der USA ausgelöst. Darin wurde vor möglichen Angriffen auf Gedenkveranstaltungen zum 11. September gewarnt.

Ein Mitglied des Direktoriums des New Yorker Büros des FBI und ein Sprecher der Heimatschutzbehörde benutzten dasselbe Vokabular bei ihrer Warnung vor “spezifischen, glaubwürdigen, jedoch unbestätigten Informationen über eine Bedrohung.“

Wie ähnliche Alarme in den letzten zehn Jahren, sowohl in Bushs, als auch in Obamas Regierungszeit, schien die Warnung eher auf öffentliche Beunruhigung als auf sonst etwas abzuzielen, dieweil die angebliche Bedrohung unbestimmt and daher auch nicht vermeidbar gewesen wäre.

Der Freitag zog sich ohne zusätzliche Aufklärung, aber mit jeder Menge massiver Sicherheitsmaßnahmen hin. Die Polizei durchsuchte Fahrzeuge, die über die Brooklyn Bridge in New York fuhren, pünktlich zur morgendlichen Rush-Hour wurden Straßensperren und Kontrollpunkte in der ganzen Stadt errichtet.

Typisch war ein Bericht auf der Website der New York Times vom Freitag. In ihm wurden zwei namentlich nicht genannte Polizisten zitiert, die ihrerseits wiederum einen Informanten zitierten, der vor „zwei amerikanischen Bürgern arabischer Herkunft“ warnte, die sich angeblich auf dem Weg aus Afghanistan in die USA befänden. Der Informant lieferte „lediglich eine ungenaue Beschreibung des Aussehens der beiden Männer – einer ca. 1,50 m, der andere ca. 1,50 bis 1,80 m groß – der Vorname des einen ist im Nahen Osten alltäglich.“

Das einzig vorstellbare Motiv für ein derart gestaltetes Leck gegenüber den Medien ist der Wunsch zur Panikmache. Der Verdacht soll sich auf jeden richten, auf den die “ungenaue Beschreibung” passt. Diese trifft für so gut wie jeden arabischstämmigen amerikanischen Mann von durchschnittlicher oder unterdurchschnittlicher Größe zu.

Seit der Hinrichtung Bin Ladens vor vier Monaten teilen amerikanische Beamte den Medien immer wieder mit, sie hätten in einem Notizbuch Aufzeichnungen über Gespräche über mögliche Angriffe am Jahrestag des 11. September gefunden, über die es jedoch nie genaue Aussagen gab.

Vizepräsident Joseph Biden und Außenministerin Hillary Clinton sprachen bei einem morgendlichen Fernsehinterview am Freitag ganz allgemein über Bedrohungen ohne weitere detaillierte Angaben. Biden gestand ein, es gäbe „keine Gewissheit“, dass kürzlich eine Person die amerikanische Grenze überschritten habe, die einen Terrorakt plane.

“Was uns am meisten beunruhigt, ist so etwas wie ein “einsamer Wolf”, “ein Einzeltäter”, kein so ausgetüftelter Plan wie beim Einsturz der Türme des World Trade Centers“, sagte er. Welche Maßnahmen allerdings gegen eine derartige Bedrohung sinnvoll seien, erklärte er nicht.

Die umfangreichsten Sicherheitsmaßnahmen wurden für die Zehn-Jahres-Feierlichkeiten am Sonntag erwartet, die dem nationalen Gedenken an die Opfer des 11. September gewidmet waren, die im World Trade Center starben,. An ihnen nahmen sowohl Präsident Obama als auch der ehemalige Präsident George W. Bush teil.

Die Sicherheitsmaßnahmen um das World Trade Center beinhalteten auch eine “Hochsicherheitszone”. Darin mussten sich sogar die Bewohner beim Betreten oder Verlassen ihrer Wohnung von der Polizei eskortieren lassen.

Nach Angaben des Weißen Hauses gab es keine Änderungen beim Ablaufplan für Obama, der alle drei Orte des 11. September besuchen sollte: Manhattan, das Pentagon und das Feld in Shanksville in Pennsylvania, wo Flug 93 der United Airlines mit einem Absturz endete.

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