Perspektive

Wall Street Spekulanten raffen immer noch Milliarden

Dreieinhalb Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise raffen die Verantwortlichen für den Zusammenbruch immer noch Milliarden Dollar an sich. Gleichzeitig profitieren sie von Rettungsprogrammen der Regierung und können sich einer de facto Amnestie für ihre Verbrechen erfreuen.

Die vierzig bestverdienenden Hedge Fond Manager sackten letztes Jahr zusammen über dreizehn Milliarden Dollar ein, wobei die zehn Meistverdienenden im Durchschnitt jeder mehr als 200 Millionen erhielten. Das ergibt sich aus einem Bericht im Forbes Magazin der vergangenen Woche.

Raymond Dalio, Chef des weltgrößten Hedge Fonds Bridgewater Associates, erhielt drei Milliarden Dollar. Ihm hart auf den Fersen war James Simons von Renaissance Technologies, der 2,1 Milliarden einstrich. Dritter im Bunde war der bekannte Firmenplünderer Carl Icahn, der zwei Milliarden Dollar erhielt.

Dalios Bezahlung entspricht fast der Summe von 3,5 Milliarden Dollar, die dieses Jahr im Bundeshaushalt für Heizkostenzuschüsse eingestellt sind. Die Obama-Regierung hat das Programm seit 2010 um anderthalb Milliarden Dollar gekürzt, weil angeblich „kein Geld da ist“, um bedürftige Bürger vorm Frieren zu bewahren.

Die Regierung ermöglicht es den Finanzparasiten, trotz der schwersten Wirtschaftskrise seit der großen Depression protzig zu verdienen. Das beste Beispiel dafür ist der Fall des Versicherungsgiganten American International Group (AIG). Der Journalist Andrew Ross Sorkin von der New York Times berichtete letzte Woche, dass die Firma, die zurzeit des Bankenbailouts 182,3 Milliarden Dollar Steuergelder erhalten hatte, im vergangenen Jahr von einem Steuervorteil von 17,7 Milliarden Dollar profitieren konnte.

Das ermöglichte es der Gesellschaft, deren lukrativer Handel mit Credit Default Swaps eine zentrale Rolle bei dem Finanzzusammenbruch spielte, für das vierte Quartal 2011 einen Profit von 19,8 Milliarden Dollar auszuweisen. „Der Steuervorteil ist nicht nur wegen seiner schieren Größe bemerkenswert“, schrieb Sorkin. „Er ist das Ergebnis einer Regel, die das Finanzministerium von sich aus zum Nutzen von AIG und einigen anderen 2008 an der Kette liegenden Firmen beugte, was der Aufmerksamkeit weitgehend entgangen ist.“

Die Steuerverkürzung ermöglicht es AIG dieses Jahr und vielleicht die nächsten zehn Jahre, keine Steuern bezahlen zu müssen. AIG Händler und Vorstände werden ihre Boni in die Höhe treiben können. CEO Robert H. Benmosche hat seit 2009 mehrere Millionen Dollar an Aktienoptionen erhalten.

Als die Boni in Höhe von Dutzenden Millionen Dollar 2009 zu einem öffentlichen Aufschrei führten, griff Obama ein, um Gesetze im Kongress zu stoppen, die das Einkommen von Vorständen von Wall Street Firmen, die staatliche Gelder erhielten, begrenzen sollten.

Die Obama-Regierung sorgte nicht nur weiterhin für das materielle Wohlergehen der Wirtschaftskriminellen, die die globale Krise verschuldet hatten, sondern schützte sie auch vor juristischer Verfolgung für ihre Missetaten. Diese Quasi-Amnestien sind derart dreist, dass selbst einige Stimmen aus dem politischen Establishment wenigstens ein paar symbolische juristische Initiativen fordern, um den Zorn in der Bevölkerung zu beruhigen.

Phil Angelides, der die Financial Crisis Inquiry Commission leitete (eine der beiden großen Untersuchungskommissionen der Regierung zu den Ursachen der Finanzkrise), schrieb vergangenen Freitag in der New York Times einen Kommentar, in dem er die Weigerung der Obama-Regierung beklagte, gegen Finanzganoven zu ermitteln und sie vor Gericht zu stellen.

Er fasste die Lage so zusammen: “Vorwürfe von Finanzbetrügereien gegen Konzerne wie Citigroup und Bank of America wurden für Peanuts beigelegt, ohne dass diese Konzerne eine Schuld eingestehen mussten. Vorstandsmitglieder von Firmen, die toxische Hypothekenbündel und durch Hypotheken besicherte Wertpapiere schufen, bündelten und für Billionen Dollar verkauften, kommen praktisch unbehelligt davon.“

Angelides’ Kommission veröffentlichte letztes Jahr einen umfangreichen Bericht. Darin wird offener Betrug dokumentiert und aufgezeigt, welche Rolle kriminelles Verhalten bei der Schaffung und Vermarktung von toxischen hypothekenbesicherten Wertpapieren spielte. Es führte zum Platzen der Immobilienblase und zum Zusammenbruch der amerikanischen und internationalen Finanzmärkte.

Der Senatsausschuss veröffentlichte einen ähnlichen Bericht. Beide Berichte benannten spezifische Finanzprodukte und konkrete Vorstände. Angelides schrieb: „Beide Organe überwiesen potentielle Gesetzesverstöße ausdrücklich an das Justizministerium.“

Obamas Justizministerium ließ sich zu keinerlei Aktivität bewegen, und die beiden Berichte wurden von den Medien begraben.

So überrascht es nicht, dass CEO Jamie Dimon von JPMorgan Chase vergangene Woche auf einer Investorenkonferenz verkünden konnte: “Wir haben letztes Jahr Rekordprofite erzielt, und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir im nächsten Jahr oder den nächsten beiden nicht auch Rekordprofite erzielen würden.”

Diese Tatsachen sind ein weiterer Beweis für die Diktatur der Finanzaristokratie über das gesamte politische System, eingeschlossen die beiden großen Parteien. In der Obama-Regierung wimmelt es nur so von Wall Street Vertretern, darunter der ehemalige Präsident der New York Federal Reserve und amtierende Finanzminister Timothy Geithner. Die Regierung ist selbst ein Instrument dieser Oligarchie.

Die Arbeiterklasse kann die Ausplünderung der Gesellschaft durch die Superreichen nur beenden und ihre grundlegenden sozialen Rechte – das Recht auf einen anständig bezahlten Job, auf Krankenversicherung, Bildung, eine Wohnung und eine sichere Rente – nur durchsetzen, wenn sie ihre unabhängige Stärke gegen die Obama-Regierung, die zwei Wall Street Parteien und die herrschende Elite mobilisiert. Das erfordert den Kampf für ein sozialistisches Programm. Die Kontrolle der Finanzoligarchen muss gebrochen, ihre Vermögen enteignet und die Konzerne und Banken in Gemeineigentum unter der Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung überführt werden.

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