USA vereinbaren Pakt mit afghanischem Marionettenregime

Amerikanische und afghanische Regierungsvertreter ließen am vorletzten Sonntag verlauten, dass sich die Vereinigten Staaten weit über den geplanten Rückzug eines Großteils der amerikanischen Bodentruppen Ende 2014 hinaus zu weiterer militärischer und finanzieller Unterstützung des Marionetten-Regimes in Kabul verpflichtet hätten.

Die Zusage eines langfristigen Engagements in Afghanistan spricht der öffentlichen Meinung in den Vereinigten Staaten, den europäischen Ländern und in Australien Hohn. Dort gibt es überall eine überwältigende Opposition gegen die Fortsetzung der Okkupation Afghanistans und den sich seit elf Jahren hinziehenden Krieg.

Keiner der beiden Verhandlungsführer, weder der amerikanische Botschafter Ryan C. Crocker noch der afghanische Nationale Sicherheitsbeauftragte Rangin Spanta informierte die Öffentlichkeit über den Inhalt oder berichtete wenigstens über die Grundlinien des Vertragstextes. Anscheinend wollen sie ihren jeweiligen Regierungen so die Gelegenheit verschaffen, die Textentwürfe vorab zu überprüfen und zu billigen.

Das Abkommen wird bindend, wenn es vom amerikanischen Präsidenten Obama und dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai unterzeichnet worden ist. Er wird jedoch nicht dem Senat zur Ratifizierung vorgelegt. Damit soll die Verbindlichkeit der Vereinbarung über einen längeren Zeitraum an Obamas Wiederwahl im November gekoppelt werden. Praktisch handelt es sich um die Verpflichtung Obamas gegenüber Karzai, dessen Regime weiter zu finanzieren, vorausgesetzt Obama bleibt im Weißen Haus und Karzai übersteht den Rückzug eines Großteils der Bodentruppen der USA und der Nato.

Die New York Times zitierte namentlich nicht genannte „westliche Diplomaten in Kabul“, die sagten, die Vereinbarung sei von großer Bedeutung, „weil sie dazu beitragen wird, andere westliche Länder dazu zu bringen, Afghanistan weiter zu unterstützen.“ Die Gespräche waren in Hinsicht auf einen Nato-Gipfel am 20.-21. Mai in Chicago geführt worden. Es wird erwartet, dass Obama seine dortigen Gesprächspartner zum Ausgleich für den Abzug ihrer Truppen aus dem zentralasiatischen Land zur Zusage von Geldzahlungen drängt.

Außerdem drängen die USA auf die Einwilligung, ab 2014 Sondereinsatztruppen für Operationen zur „Terrorismusabwehr“ zu entsenden, nachdem der größte Bündnispartner der USA in Afghanistan außerhalb der Nato, die australische Regierung von Premierministerin Julia Gillard, den Einsatz von SAS-Truppen für eine solche Mission angekündigt hat.

Das Wall Street Journal berichtete, dass die USA Gespräche über die Entsendung von Sondereinsatztruppen aus weiteren Nato-Ländern beginnen und vorschlagen, den Umfang der afghanischen Sicherheitskräfte zu reduzieren, um Mittel für Antiterror-Missionen frei zu bekommen. Vor einer Konferenz der Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel fand ein Treffen des amerikanischen Verteidigungsministers Leon Panetta mit dem australischen Verteidigungsminister Stephen Smith statt.

Das Journal berichtete über Gillards Aussage, dass Australien den größten Teil seiner Bodentruppen abziehen werde, sich aber nach 2014 „auf einen begrenzten Beitrag von Spezialkräften einstellt.“ Wie die Zeitung berichtet, „wurde die Erklärung von den amerikanischen Vertretern aufs Wärmste begrüßt“. Weiter zitierte das Journal einen „hohen amerikanischen Verteidigungsbeamten“ mit den Worten „dies ist nicht nur kein Rückzug, dies ist ein Signal für die Übernahme von Verpflichtungen.“

Was über den Vertragsentwurf bekannt wurde, deutet darauf hin, dass das Abkommen genau den Machtverhältnissen zwischen den beiden Seiten entspricht: Die Vereinigten Staaten geben keine verbindlichen Zusagen über Einsatz von Finanzen oder Personal nach 2014, Afghanistan verpflichtet sich jedoch zur Versorgung und zum Schutz jedweder Truppen, die die USA entsenden wollen. Wenigstens ein Jahrzehnt lang nach 2014 werden die USA völlige Aktionsfreiheit genießen und das afghanische Regime wird ihnen dabei voll und ganz zur Verfügung stehen.

Ein amerikanischer Beamter sagte der Washington Post: „Art, Funktion und Größe der amerikanischen Sicherheitsverpflichtungen müssen noch ausgearbeitet werden.“

Aufgrund einer Reihe von Kriegsverbrechen und Angriffen amerikanischer Truppenangehöriger in Afghanistan waren die Gespräche monatelang zum Stillstand gekommen. Es gab Koran-Verbrennungen in einem US-Stützpunkt, das Massaker eines amerikanischen Feldwebels in der Nähe von Kandahar, das siebzehn Menschenleben, darunter von neun Kindern, forderte. Außerdem die Veröffentlichung von Photos und Videos mit amerikanischen Soldaten, die die Leichen afghanischer Kriegsopfer schänden.

Die amerikanischen Medien wiesen wiederholt darauf hin, dass Karzai bei den Gesprächen eine unnachgiebige Haltung einnahm und die Einstellung der nächtlichen Razzien amerikanischer Sondereinsatzkräfte und die Aufgabe aller von Amerikanern verwalteten Gefängnisse mit afghanischen Staatsangehörigen forderte, die im Krieg gefangen genommen wurden. Karzai akzeptierte das Feigenblatt einer Anerkennung afghanischer Kontrolle und Souveränität, derweil die amerikanischen Besatzer weiter frei schalten und walten.

In einigen Presseberichten war die Rede von im Vertragstext nicht aufgeführten informellen Zusagen, wonach die finanzielle Unterstützung der Karzai-Regierung durch die USA sich auf mindestens zwei Milliarden Dollar pro Jahr belaufen solle, genug um die Kapitalflucht aus dem Land wett zu machen. Nahezu die Hälfte der afghanischen Einkünfte rissen sich Regierung und Kriegsgewinnler, oftmals aus deren Clans, unter den Nagel und schafften sie in Form von Bargeld ins Ausland. Das Geld wurde an sichereren Orten wie in Banken und Immobilien in den Scheichtümern am Persischen Golf investiert.

Eine Meldung von Associated Press zeigt, was Karzai vor allem umtreibt. In einer Rede sagte er: „Sie versorgen uns mit Geld, darüber gibt es keine Zweifel. Sie sagen jedoch, dass sie in der Vereinbarung keine Summe nennen werden. Wir sagen: gebt uns weniger, aber schreibt es in die Vereinbarung. Gebt uns weniger, aber macht es schriftlich.“

Die vielleicht kritischste Frage wurde auf spätere Gespräche verschoben: die amerikanische Forderung nach langen Pachtverträgen für Militärstützpunkte, die amerikanischen Luft- und Spezialkräften mehr oder weniger freien Zugang zu der an Öl reichen zentralasiatischen Region gewährt. Damit wären amerikanischer Einsatzkräfte rund um den belagerten Iran stationiert: im Osten in Afghanistan, im Norden in einigen ehemaligen Sowjetrepubliken, im Westen in der Türkei und im Süden im Arabischen Meer.

Der Vertragsentwurf wird auch als ein Versuch betrachtet, die Taliban und andere Guerillagruppen zu warnen, dass die USA und die Nato sich 2014 nicht ganz zurückziehen, sondern bei der Stützung des Karzai-Regimes „Durchhaltevermögen zeigen werden“.

Eine Erklärung der Taliban hielt fest, dass das oberstes Ziel der Vereinbarung „die Absicherung des Zugangs zu den zentralasiatischen und kaspischen Ölfeldern“ sowie „der Aufbau einer islamfeindlichen Armee ist, die die Interessen des Westens schützt“.

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