Sarkozy und Hollande skizzieren in TV-Debatte ihre reaktionäre Politik

Der konservative Präsident Nikolas Sarkozy und sein Herausforderer Francois Hollande von der Sozialistischen Partei (PS) lieferten sich am Mittwochabend eine heftige Fernsehdebatte, die einzige vor der Stichwahl am 6. Mai. Etwa zwanzig Millionen Menschen verfolgten das Streitgespräch am Bildschirm.

Es war eine wirre, streitsüchtige Debatte. Hollande und Sarkozy versuchten beide, die Unterstützung der Finanzelite für ein Programm sozialer Kürzungen, von Ausländerfeindlichkeit und weiteren imperialistischen Kriegen zu gewinnen. Vor allem Hollande verbreitete reaktionäre Anti-Moslem Parolen, womit er offensichtlich Wähler der neofaschistischen Nationalen Front (FN) für sich gewinnen wollte, die im ersten Wahlgang am 22. April achtzehn Prozent der Stimmen bekommen hatte.

FN-Führerin Marine Le Pen hatte am Mittwoch entschieden, keine Wahlempfehlung für Sarkozy abzugeben. Sie gab bekannt, sie werde am Sonntag einen weißen Wahlzettel einlegen. Le Pens Haltung schwächt Sarkozy, der nach allen Umfragen mit 45 Prozent weit hinter Hollande liegt.

Hollande betonte seine Entschlossenheit, Frankreichs Schulden an die Banken zurückzuzahlen und den europäischen Stabilitätspakt zu respektieren, der den Haushaltsdefiziten der europäischen Länder enge Grenzen setzt. Er sprach sich für jährliche Haushaltskürzungen von 90 Mrd. Euro aus und für die Bindung der Lohnerhöhungen nicht an die Inflation, sondern an das gegenwärtig sehr niedrige Wirtschaftswachstum Frankreichs. Das würde die Kaufkraft der Arbeiter durch die Inflation aufzehren.

Er schlug auch verschiedene Investitionen und Subventionen für bestimmte Wirtschaftsbereiche vor und behauptete, dass „die Dinge in Bewegung geraten sind“, weil es eine wachsende Übereinstimmung in der Wirtschaftspolitik mit EZB-Chef Mario Draghi und der spanischen Rechtsregierung gebe.

Sarkozy konnte die unpopuläre Austeritätspolitik seiner ersten fünfjährigen Amtszeit nicht verteidigen. Stattdessen griff er Hollande unter Verweis auf die sozialdemokratischen Regierungen anderer europäischer Länder an, die die Arbeitslosigkeit drastisch erhöht hatten. Er nannte den spanischen Ex-Ministerpräsidenten Zapatero und den griechischen Ex-Regierungschef Giorgos Papandreou als Beispiel. Letzterer hat den Lebensstandard in Griechenland durch einschneidende Kürzungen zerstört, die von den Banken der Europäischen Union (EU) verlangt wurden.

Es fiel auf, dass Hollande Papandreou verteidigte und die Krise Griechenlands auf seinen konservativen Vorgänger Kostas Karamanlis schob. Jedenfalls trieben die Kürzungen, die Papandreou akzeptierte, die Arbeitslosigkeit auf 22 Prozent hoch (auf über fünfzig Prozent bei Jugendlichen). Außerdem wurden die Löhne um dreißig Prozent oder mehr gekürzt. In ganz Griechenland kam es daraufhin zu einer Welle von Selbstmorden.

Hollandes Verteidigung von Papandreous Bilanz zeigt, dass Hollande an seiner Stelle eine ähnlich arbeiterfeindliche Politik gemacht hätte.

Beide Kandidaten lobten die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie bei der Ausarbeitung von Sozialkürzungen gemeinsam mit der Regierung. Sarkozy erklärte, er habe in seiner Amtszeit vor allem eines im Sinn gehabt, nämlich „Gewalt“ zu vermeiden. Hollande lobte die Gewerkschaften dafür, verhindert zu haben, dass Demonstrationen „außer Kontrolle“ gerieten, und fügte hinzu: „Gott sei Dank gibt es die Sozialpartner“, d.h. Verhandlungen zwischen der Gewerkschaftsbürokratie und Unternehmervertretern.

Bei gesellschaftlichen Themen beschränkte sich die Debatte weitgehend auf Einwanderung. Beide Kandidaten kündigten reaktionäre Angriffe auf demokratische Rechte von Einwanderern an. Hollande griff konservative Regierungen an, weil sie zu viele Einwanderer ins Land gelassen hätten. Unter der letzten sozialistischen Regierung seien pro Jahr nur 150.000 Einwanderer ins Land gekommen, unter Sarkozy dagegen 200.000 pro Jahr.

Sarkozy reagierte mit dem Versprechen, die Zahl der Einwanderer nach Frankreich zu halbieren, und beschuldigte die PS, sein Burka-Verbot nicht unterstützt zu haben. Hollande antwortete erbost, er werde im Falle seiner Wahl das Burka-Verbot und auch das vorher erlassene Verbot des muslimischen Kopftuchs an den Schulen beibehalten, und er werde in Schwimmbädern keine Stunden nur für Frauen und in Schulen kein Halal-Fleisch dulden.

Diese erstaunliche Erklärung, die das Prinzip der staatlichen Neutralität in religiösen Fragen mit Füßen tritt, bedeutet, dass praktizierende moslemische Schüler kein Recht haben, in der Schule Fleisch zu essen. Sie zeigt, dass die Wahl einer PS-Regierung die Behandlung von Einwanderern in Frankreich nicht verbessern, sondern verschlechtern würde.

Eins der bemerkenswertesten Charakteristika der ganzen Debatte war die praktische Abwesenheit von außenpolitischen Themen. Sie wurden in nur zehn Minuten der zweieinhalbstündigen Debatte abgehandelt. Weder der letztjährige Krieg gegen Libyen, noch die aktuellen Kriegsvorbereitungen der Westmächte gegen Syrien und den Iran wurden angesprochen.

Dabei arbeitet Sarkozy schon seit 2007, seit unmittelbar nach seinem Wahlsieg, daran, Frankreich enger mit dem amerikanischen Militarismus zu synchronisieren. Er integrierte Frankreich 2009 wieder in die militärische Kommandostruktur der Nato. Er spielte eine führende Rolle bei den diplomatischen Vorbereitung des Nato-Kriegs zum Sturz des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, der durch eine Marionette des Westens ersetzt wurde. Französische Kampfbomber spielten eine wesentliche Rolle in dem Konflikt. Dem Nato-Krieg fielen Zehntausende Libyer zum Opfer, und ganze Städte wurden zerstört.

Mit den Kriegsdrohungen gegen Syrien und den Iran beteiligt sich Frankreich jetzt an der Vorbereitung eines noch viel schlimmeren Verbrechens. Ein Krieg gegen Syrien würde das Leben von Millionen kosten und einen größeren Konflikt im ganzen Nahen Osten und selbst einen Konflikt zwischen den großen Weltmächten heraufbeschwören.

Sarkozy und Hollande unterstützen beide die französischen Kriege. Die Tatsache, dass diese Frage in der Debatte nicht einmal erwähnt wurde, unterstreicht nur ihren betrügerischen Charakter. Obwohl die Kriege der französischen herrschenden Klasse in der Bevölkerung generell abgelehnt werden, spielten außenpolitische Fragen in dem ganzen Wahlkampf überhaupt keine Rolle.

Die wenigen Bemerkungen, die die Kandidaten dennoch über Außenpolitik machten, zeigten ihre pro-militaristische Politik. Beide lobten die Rolle der französischen Armee in Afghanistan. Hollande versprach die französischen Truppen im Fall seiner Wahl 2012 abzuziehen, während Sarkozy betonte, die französischen Soldaten hätten ihre Aufgabe noch nicht erledigt und sollten bis 2013 bleiben.

Zur “unstabilen Lage” im süd-sarauischen Afrika sagte Hollande, Frankreich habe in der Region eine wichtige Rolle zu spielen. Sarkozy erklärte: „Frankreich als ehemalige Kolonialmacht kann dort nicht direkt eingreifen“, sondern müsse sich regionaler Machte als Hilfstruppen bedienen.

Die TV-Debatte hat gezeigt, dass die Arbeiterklasse von einem reaktionären und ausgezehrten Establishment politisch entmündigt wird, welches nur Kandidaten vorschlagen kann, die mit Sparpolitik und Krieg die Interessen der herrschenden Klasse vertreten. Arbeiter müssen sich auf heftige Klassenkämpfe gegen die kommende Regierung und ihr Klassenprogramm einstellen.

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