Neue Anti-kapitalistische Partei in Frankreich drängt auf eine sozialdemokratische Regierung

Nach der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen, – noch in der Wahlnacht –, brach die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) in Jubel aus, als die Hochrechnungen der Sozialistischen Partei (PS) von Präsident François Hollande einen Sieg in der Endrunde vom 17. Juni voraussagten.

Die NPA gab sofort eine Erklärung heraus, worin es heißt: “Die Voraussetzungen sind gegeben, dass am kommenden Sonntag ein entscheidender Bruch mit der Rechten vollzogen wird, wobei wir nicht vergessen werden, die Rechtsextremisten in die Schranken zu weisen.”

Schon am 6. Juni haben der NPA-Führer Philippe Poutou, der Präsidentschaftskandidat Olivier Besancenot und Christine Poupin eine Erklärung veröffentlicht, in der sie behaupteten: "Natürlich sind diese Wahlen die Gelegenheit, einen endgültigen Bruch mit den Rechten zu vollziehen."

Diese Aussagen sind Teil einer breiten Kampagne der NPA und der französischen kleinbürgerlichen Parteien, die wirtschaftsfreundliche PS zu unterstützen. Für die Stichwahl um das Präsidentenamt am 6. Mai zwischen Hollande und dem konservativen Amtsinhaber, Nicolas Sarkozy, hatte die NPA zu einer bedingungslosen Stimmabgabe für Hollande aufgerufen.

Sobald sie merkte, dass ein vollständiges Einschwenken auf die Linie der neuen Regierung ihre politische Glaubwürdigkeit gefährden würde, versuchte die NPA dann, einen schwachen Widerstand gegen Hollande und die PS zu markieren. In der Erklärung vom 10. Juni nahm die NPA Bezug auf die hohen Prozentzahlen der neofaschistischen Nationalen Front und sagte: “Dies ist die Folge von dreißig Jahren Sozialabbaus der Rechten wie der Linken.”

Auch in ihrer Erklärung vom 6. Juni versucht sie, von ihrer Unterstützung für die bürgerliche “linke” PS abzulenken: “Aber eine Pause zu machen bedeutet leider nicht, dass man der großen Doktrin des freien Marktes und der Sparpolitik entgeht. (...) Die Politik der PS beweist, dass die Cohabitation [das gemeinsame Regieren] ihrer Regierung mit den Finanzmärkten bereits begonnen hat. Die Regierung hat nicht die Absicht, die Löhne anzuheben, und sie will ebenso wenig gesetzlich gegen Entlassungen vorgehen. Die Regierung wird noch nicht einmal zurücknehmen, was die Rechte eingeführt hat.”

Sie fügt hinzu: “Ja mehr noch, indem Hollande am Ratifizierungsprozess des Europäischen Stabilitätspakts teilnimmt, bindet er sein Programm an die künftigen Sparpläne, die durch den neuen europäischen Vertrag eingesetzt werden.”

Die naheliegende Frage lautet nun: Warum unterstützt die NPA dennoch eine PS-Regierung?

In Kreisen der Politik und der Hochfinanz, aber auch in breiten Schichten der Arbeiterklasse wird sehr genau verstanden, dass Hollande nicht für einen wirklichen Bruch mit der Politik von Sarkozy steht. Er führte seinen Wahlkampf auf einer Plattform der Haushaltsdisziplin, was bedeutet, dass unter dem Stichwort “Wachstumsförderung” die großen finanziellen und industriellen Interessen bedient werden. Hollande und die PS haben keine Differenzen mit der arbeiterfeindlichen Politik der europäischen Regierungen. Auch nicht mit der von sozialdemokratischen Regierungen wie jener von Giorgos Papandreou in Griechenland oder José Zapatero in Spanien, die den Arbeitern tiefe Opfer abverlangten.

Die Behauptung der NPA, die Wahl einer Regierung mit PS-Mehrheit ermögliche einen “endgültigen Bruch mit der Rechten”, ist politisch absurd. Dies umso mehr, als sie gleichzeitig zugibt, dass die PS “noch nicht einmal zurücknehmen wird, was die Rechte eingeführt hat”.

Die NPA versucht, ihrer Politik einen “linken” Glanz zu geben, indem sie den Eindruck erweckt, eine Regierung Hollande werde stärker auf die Proteste der Bevölkerung eingehen und möglicherweise ihre Forderungen erfüllen. In beiden NPA-Erklärungen kommt die Formulierung vor: “Von Hollande kriegen wir nichts, und was immer wir bekommen, werden wir uns erkämpfen müssen.”

Die Erklärung einer Minderheitsfraktion in der NPA, die rund vierzig Prozent der Mitglieder vertritt und mit der Linksfront (FG) von Jean-Luc Mélenchon sympathisiert, macht die Politik hinter dieser Formulierung deutlich.

Die Linksfront ist einer Koalition aus der von der PS abgespaltenen Linkspartei (PG) und der stalinistischen Kommunistischen Partei (PCF). Die NPA versucht bisher, ihre Unabhängigkeit von der PS und deren Verbündeten in der Linksfront zu behaupten, damit sie die Arbeiter unter der organisatorischen Kontrolle der Gewerkschaften halten und ihre Opposition in die Kanäle der PS dirigieren kann.

In besagter Erklärung wird behauptet, der “soziale Dialog” zwischen Hollandes Interims-Premierminister Jean-Marc Ayrault und den Gewerkschafts- und Arbeitgeberführern sei ein Schritt nach vorn: “Die große soziale Konferenz über Arbeitsplätze, Renten, Löhne und Mindestlohn die am 14. Juli stattfindet [jetzt auf den 17. Juli verschoben] hat nur dann einen Effekt, wenn sie den sozialen und demokratischen Forderungen der ganzen Arbeitswelt eine Stimme geben kann. Alles ist sicherer als das. Aber wie sicher eine Sache auch sein kann; – seit dem 6. Mai ist die Atmosphäre ‚günstiger‘, und Sarkozys Niederlage ebnet den Weg, an einem günstigeren Kräfteverhältnis für unser Lager zu arbeiten.”

In Wirklichkeit wird sich zeigen, dass sich die Arbeitsteilung zwischen der sozialdemokratischen Regierung, der Gewerkschaftsbürokratie und kleinbürgerlichen Kräften wie der NPA vollkommen gegen die Arbeiterklasse richtet.

Hollande hat sich verpflichtet, dass Frankreich, - wenn er erst einmal eine stabile Mehrheit hat –, sein Wahlkampfversprechen erfüllen werde: Verringerung des Haushaltsdefizits auf drei Prozent des BIP im Jahr 2013 und auf Null bis 2017. Während sich die Rezession schon in Frankreich und ganz Europa ausbreitet, werden diese Ziele nochmals drastische Kürzungen der öffentlichen Ausgaben und entsprechend im Lebensstandard der Arbeiter bewirken.

Die Gewerkschaften, vor allem die stalinistisch geführte CGT, stehen ebenfalls hinter den Angriffen auf die Arbeiter. Sie waren maßgeblich daran beteiligt die Kämpfe gegen Sarkozys Kürzungen zu sabotieren. Sie haben nicht einen Finger gerührt, als im Herbst 2010 die Polizei die Raffinerie-Streiks gegen Sarkozys Rentenkürzungen zerschlug. Dabei konnten sie sich auf die Unterstützung der NPA und der Stalinisten verlassen.

Die geplanten Maßnahmen werden unweigerlich den Widerstand der Arbeitermassen provozieren. Die französische und europäische Bourgeoisie erwarten von Hollande, dass er diesen Widerstand unter Kontrolle bringen und unterdrücken wird. Dazu sollen die Gewerkschaften jede unabhängige Aktion der Arbeiterklasse stoppen, auch dann, wenn Eine Welle von Werksschließungen und Entlassungen über das Land rollt. Die Gewerkschaft hat offiziell fünfundvierzig potenziell von Schließung bedrohte Fabriken identifiziert, was einen Verlust von 46.000 Arbeitsplätzen bedeuten würde. Dies ist die Bedeutung der "Sozialkonferenz", die bei der NPA so große Begeisterung erweckt.

Die NPA hat die Aufgabe, die Bedeutung dieser reaktionären Politik unter einem Mäntelchen aus hohler, links klingender Rhetorik zu verstecken. Sie hat Sarkozy bereits geholfen, der Arbeiterklasse mehrere Niederlagen beizufügen und schwere Angriffe auf die sozialen Rechte durchzuführen. Nun bietet sie unter Hollande der Bourgeoisie erneut ihre Dienste an.

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