USA:

Immer mehr Teilzeitarbeiter

Die Neuanträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA stiegen vergangene Woche um 34.000 auf saisonal bereinigte 386.000, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Die offizielle Arbeitslosenquote blieb bei 8,2 Prozent und liegt damit den 41. Monat in Folge über acht Prozent.

Alle Anzeichen deuten auf eine weitere Verlangsamung der US-Wirtschaft, während die Langzeitarbeitslosigkeit andauert. Vergangenen Monat wurden nur 80.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das ist weniger, als die Ökonomen vorausgesagt hatten und der dritte Monat hintereinander, in dem die Quote unter 100.000 liegt.

Doch selbst diese düsteren Zahlen lassen die Wirklichkeit rosiger aussehen, als sie ist. Mehr als acht Millionen Amerikaner arbeiten Teilzeit – nicht, weil sie es wollen, sondern, weil sie keine Vollzeitstellen finden können. Trotzdem werden diese „Unterbeschäftigten“ in den Statistiken als beschäftigt geführt.

Während heute in den USA zwei Millionen mehr Arbeiter als 2002 beschäftigt sind, gibt es vier Millionen mehr Teilzeitarbeiter als vor zehn Jahren. Selbst wenn man diese vier Millionen berücksichtigt, gibt es heute vier Millionen mehr Arbeitslose als vor zehn Jahren.

Das bedeutet, dass es heute zwei Millionen weniger Vollzeitbeschäftigte als 2002 gibt – eine Veränderung, die es bisher nicht gegeben hat. Im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts hat sich die Zusammensetzung der amerikanischen Arbeiterschaft in einer Weise verändert, die man nur als dramatisch bezeichnen kann. Immer mehr Arbeitgeber stellen gezielt Teilzeitarbeiter anstelle von Vollzeitarbeitern ein.

Nach Angaben der Statistischen Behörde der USA (BLS) arbeiteten im Juni 2012 8.210.000 Menschen aus „wirtschaftlichen Gründen“ – „aus Arbeitsmangel, wegen ungünstiger wirtschaftlicher Bedingungen, wegen der Unmöglichkeit, Vollzeitarbeitsplätze zu finden oder auf Grund saisonaler Abschwünge“ - nur ein bis vierunddreißig Stunden pro Woche. Dies betrifft den öffentlichen Dienst, den privaten Sektor und die Gesamtheit aller Agrararbeiter.

Seitdem die Behörden vor drei Jahren lautstark das Ende der Rezession verkündet haben, sind Teilzeitarbeiter zu einer Hauptstütze des lahmenden Wachstums am Arbeitsmarkt innerhalb der sogenannten „wirtschaftlichen Erholung“ geworden und vergrößern die Armee von Teilzeitarbeitern, Arbeitern mit befristeten Verträgen und Arbeitern der Autoindustrie, deren Löhne halbiert wurden, und solchen Arbeitern, die für weniger Geld länger arbeiten.

Seit der Wirtschaftskrise von 2008 sitzen die Großkonzerne auf Bargeldbeständen in Milliardenhöhe und weigern sich, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das minimale Ankurbelungspaket der Obama-Regierung ist längst versiegt und die Regierungen der Bundesstaaten und der Kommunen entlassen hunderttausende von Arbeitern. Wenn Firmen neue Arbeiter einstellen, dann zunehmend auf der Grundlage von Teilzeit- oder Zeitarbeit.

Ein kürzlich im Wall Street Journal erschienener Artikel „Arbeit ist gut – wenn du sie kriegen kannst, und besonders, wenn du sie behalten kannst“, weist auf die Nebeneffekte für Unternehmer hin, die Teilzeitarbeiter beschäftigen. „Unternehmen profitieren mehrfach von der Einstellung von Teilzeitarbeitern und Leiharbeitern. Sie erhalten im Allgemeinen keine Gesundheitsleistungen oder andere Vergütungen, was sie billiger macht, und sie sind gewöhnlich leichter zu feuern, wenn die Geschäfte schlechter laufen.“

Das Wall Street Journal zitiert Brett Good, den Bezirkspräsidenten der Zeitarbeitsfirma Robert Half International. Er merkt an, die Beschäftigung von Arbeitskräften auf Zeitarbeit- oder Projektbasis gebe Firmen „mehr Flexibilität“. Er fügt hinzu: „Es ist eine Art ‚Probiermentalität’.“

Die wachsende Zahl an Teilzeitarbeitern wird durch weniger Arbeitsstunden, eine Einschränkung von Zusatzleistungen und die Unsicherheit des Arbeitsplatzes in Schulden, Zwangsversteigerungen und soziales Elend getrieben.

Am härtesten trifft der Trend zur Teilzeitarbeit die junge Generation. Einem kürzlich veröffentlichten Bericht des John J. Heldrich Zentrums für Arbeitsforschung an der Rutgers Universität zufolge waren von den Jugendlichen, die die Highschool zwischen 2009 und 2011 verlassen und die kein College besucht haben, nur 16 Prozent vollzeitbeschäftigt. Weitere 22 Prozent arbeiteten Teilzeit, zum großen Teil, weil sie keine Vollzeitstellen finden konnten.

Auch wenn Teilzeitarbeitskräfte meist jünger als Vollzeitbeschäftigte sind und vor allem im Einzelhandel, in sozialen Diensten und in der Gastronomie zu finden sind, sind dem BLS zufolge Arbeiter aus allen Bereichen der Wirtschaft und aus allen Altersgruppen vertreten. Eine unverhältnismäßige und zunehmende Anzahl von Teilzeitarbeitern sind ältere Arbeitskräfte, oft kurz vor der Rente, die ihren Arbeitsplatz verloren haben und nur noch Teilzeitjobs finden können.

Teilzeitarbeiter sind oft gezwungen, zwei oder mehr Jobs anzunehmen. Im Juli 2011 arbeiteten 6,8 Mio. Menschen in mehreren Jobs und pendelten von einem gering bezahlten Teilzeitjob zum nächsten, ohne dass ihnen viel Zeit für ihre Familien oder andere Verpflichtungen blieb. Obwohl sie mehrere Stellen haben, erhalten diese Arbeiter keine medizinischen oder sonstigen Zusatzleistungen.

Während die Anzahl der Teilzeitstellen wächst, versuchen die Firmen, noch mehr Arbeit aus den Vollzeitarbeitskräften herauszupressen – bei gleichzeitiger Kostensenkung. Mit der Unterstützung der Gewerkschaften und der Rückendeckung durch das Weiße Haus erhalten immer mehr amerikanische Arbeiter Armutslöhne. Als direkte Folge der Rettung der Autoindustrie von 2009 konnte Chrysler zum Beispiel seine Lohnkosten zwischen 2006 und 2010 um 35 Prozent senken.

Im Juni veröffentlichte Zahlen der Federal Reserve belegen, dass der Durchschnittslohn eines US-Arbeiters zwischen 2007 und 2010 um 7,7 Prozent abnahm. Die Vision der Obama-Regierung vom „insourcing“ (der Rückverlagerung von ins Ausland abgewanderten Arbeitsplätzen in die USA) bedeutet eine weitere Verschlechterung der Löhne und der Arbeitsbedingungen amerikanischer Arbeiter. Sie beinhaltet für breite Teile der amerikanischen Arbeiterschaft Lohnkürzungen im Stil der Autoindustrie.

Die Ausweitung der Teilzeitarbeit ist eine Schlüsselkomponente beim Kampf der Großkonzerne und der Regierung zur Durchsetzung dieser Bedingungen. Teilzeitarbeiter, von denen viele mehrere Jobs haben, aber keine weiteren Vergütungen erhalten, werden gegen Arbeiter ausgespielt, die für weniger Geld härter arbeiten und ebenfalls ständig von der Arbeitslosigkeit bedroht sind.

De Unfähigkeit des kapitalistischen Systems und seiner politischen Vertreter in den beiden großen Parteien, angemessen bezahlte Vollzeitarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, ist eine Anklage gegen das Profitsystem. Das Recht auf Arbeit – eines der grundlegenden sozialen Rechte – kann nur durch die Zurückweisung der pro-kapitalistischen Programme sowohl der Republikaner, als auch der Demokraten, und durch den Aufbau einer unabhängigen politischen Bewegung der Arbeiterklasse, die sich auf ein sozialistisches Programm stützt erkämpft werden.

Die Socialist Equality Party und ihre Kandidaten Jerry White und Phyllis Scherrer greifen in die Präsidentschaftswahl 2012 ein, um so viele Menschen wie möglich mit einem solchen sozialistischen Programm vertraut zu machen. Die SEP (USA) fordert alle Arbeiter, Studenten und Jugendlichen auf, ihren Wahlkampf zu unterstützen und sich im Kampf zu engagieren.

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