Die SEP im US-Wahlkampf

SEP-Team besucht streikende Arbeiter in Joliet

Jerry White und Phyllis Scherrer, die Kandidaten der Socialist Equality Party im US-Präsidentschaftswahlkampf 2012, haben am Montagnachmittag streikende Arbeiter in Joliet im Bundesstaat Illinois besucht.

Sie diskutierten mehrere Stunden lang mit Streikposten vor dem Werk des Baumaschinenherstellers Caterpillar. Der Betrieb wird seit drei Monaten von 700 Arbeitern bestreikt, die sich gegen die Halbierung ihrer Löhne und eine drastische Erhöhung ihrer Gesundheitsabgaben zur Wehr setzen.

Erst letzte Woche hatte die Firmenleitung des Weltmarktführers Caterpillar einen Reingewinn von 1,7 Mrd. US-Dollar für das zweite Quartal bekannt gegeben, eine mehr als fünfzigprozentige Profitsteigerung gegenüber dem Vorjahr.

Jerry und Phyllis bekundeten im Namen der SEP ihre Solidarität mit den streikenden Arbeitern und verwiesen im Gespräch mit ihnen auf den internationalen Charakter des Angriffes auf ihren Lebensstandard und ihre Löhne. Sie machten die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie und der Demokratischen Partei als Hilfstruppen des Finanzkapitals deutlich und betonten, wie wichtig es sei, mit ihnen zu brechen. Sie legten den Arbeitern nahe, unabhängige Basiskomitees zu gründen. „Ziel muss es sein“, sagte Phyllis Scherrer, „die fortgeschrittenen Arbeiter in ihrem Kampf für den Sozialismus in diesen Komitees zu vereinigen.“

 

Die SEP-Kandidaten White und Scherrer mit streikenden Caterpillar-Arbeitern

Das Wahlkampfteam der SEP überbrachte eine Grußbotschaft von Caterpillar-Arbeitern des Werkes in South Milwaukee, das Phyllis Scherrer und andere SEP-Mitglieder erst vor kurzem besucht hatten.

Phyllis und Jerry verteilten Informationsblätter mit Berichten aus Milwaukee und einer Hintergrundanalyse des Streiks in Joliet. Zwischen dem Team und den Joliet-Arbeitern entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über politische Fragen und den Klassencharakter des Angriffs auf ihre Lebensgrundlagen. Die Arbeiter machten aus ihrer Abneigung gegenüber der Republikanischen und der Demokratische Partei keinen Hehl und stimmten mit der Einschätzung der SEP, dass ein Bruch mit beiden notwendig sei, überein.

Robert Lee Morgan, seit 45 Jahren in dem Werk in Joliet beschäftigt, sagte: „Ich stimme weder für Romney, noch für Obama. Sie vertreten nicht meine Interessen.“ Jerry White legte daraufhin dar, wessen Interessen die beiden vertreten und was das für den Streik in Joliet bedeutet. „Ihr kämpft hier nicht nur gegen eine Firma“, sagte er. „Ihr kämpft gegen ein System. Hinter dieser Firma stehen Gerichte, Politiker, die Gewerkschaftsbürokratie und schlussendlich Obama, die Demokratische Partei und der gesamte Regierungsapparat.“

Robert stimmt ihm zu und sagte: „Man braucht sich nur den neuen Bürgermeister von Chicago anzusehen, dann weiß man, was das für Leute sind.“ Er spielte dabei auf den Demokraten Rahm Emanuel an, Obamas früheren Stabschef im Weißen Haus, einen arroganten und weithin verhassten Experten für Haushaltskürzungen.

Frank, der seit 16 Jahren in dem Betrieb beschäftigt ist, sagte: „Die beiden großen Parteien sind fest in den Händen der Konzerne. Von den Demokraten kriegen wir ab und zu ein Almosen, von den Republikanern überhaupt nichts. Aber im Grunde unterscheiden sich beide nicht voneinander – sie werden wie die ganze Regierung von den Konzernen beherrscht.“

Zum Thema Außenpolitik sagte Frank: „All diese Kriege werden im Auftrag des großen Geldes geführt, schon vom ersten Weltkrieg an. Obama hat versprochen, sie zu beenden, aber er hat es nicht getan. Ich bin mit ihm alles andere als glücklich. Ich habe sieben Präsidenten erlebt und sie haben alle gelogen.“

Dann meinte Frank, dass es sehr schwierig sein werde, gegen Republikaner und Demokraten anzugehen. „Aber es ist möglich. 1880 haben sich die Farmer zusammen getan, um gegen die Eisenbahngesellschaften vorzugehen.“

Jerry White nahm den Hinweis auf und erklärte, dass die Demokratische Partei sich die damalige populistische Bewegung einverleibt und sie auf diese Weise abgewürgt habe. Heute müsse die Arbeiterklasse ihre eigene Partei aufbauen, um eine Arbeiterregierung zu errichten. „Der Wohlstand, den die Arbeiterklasse erwirtschaftet“, sagte Jerry, „muss von ihr selbst kontrolliert werden. Die Großindustrie muss den Konzernchefs und den Spekulanten entrissen und unter die Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung gestellt werden.“

Frank beschrieb, wie sich das Leben verändert hat, seit er und seine Familie in den sechziger Jahren nach Joliet gezogen sind. „Wir kamen aus Arizona, nahe der mexikanischen Grenze. Mein Vater zog her, als die Kupferminen den Bach runter gingen. Damals waren Illinois und die anderen Staaten des Mittleren Westens das Zentrum industrieller Produktion. Joliet war als ‚Stadt des Stahls‘ bekannt. Im örtlichen Stahlwerk arbeiteten 3.000 bis 4.000 Arbeiter. Das CAT-Werk hatte Anfang der sechziger Jahre 7.000 Beschäftigte. All das hat sich in den achtziger Jahren geändert. Seit dem haben Tausende ihren Arbeitsplatz verloren.“

Ein weiteres Thema, das ausgiebig diskutiert wurde, war die Rolle der International Association of Machinists (IAM). Die Gewerkschaft, die enge Beziehungen zu beiden großen Parteien unterhält, hat die Maschinenbauer in Joliet von ihren Arbeitskollegen im ganzen Land und international isoliert.

Die meisten Arbeiter machten deutlich, dass sie kein Vertrauen in die Gewerkschaft haben. Scherrer verwies auf die horrenden Gehälter der Spitzengewerkschafter. „Arbeiter erhalten 150 Dollar die Woche an Streikgeld, während R. Thomas Buffenberger, der Präsident der IAM, im Jahr 245.000 Dollar einstreicht. Das heißt, dass Arbeiter pro Woche ungefähr das bekommen, was dieser Gewerkschaftsführer pro Stunde einsteckt.“ Die Arbeiter zeigten sich entsetzt, als Phyllis noch weitere Zahlen über die Bezahlung von Gewerkschaftsfunktionären enthüllte.

Auf die Frage, wie er die weitere Entwicklung des Streiks sehe, reagierte Morgan nicht sehr optimistisch. „Es sieht nicht gut aus. 73 von unseren Leuten haben sich bereits von der Streikfront verabschiedet.“

Jerry und Phyllis verglichen das, was bei Caterpillar geschieht, mit ähnlichen Angriffen in der Autoindustrie, woraufhin Morgan sagte: „Ich weiß, sie haben den Autoarbeitern schon dieselben Verträge aufgezwungen, die sie uns geben wollen. Ihre Väter haben sich gegen so etwas gewehrt, aber sie akzeptieren es jetzt.“

Phyllis erklärte daraufhin, woran dieser Mangel an Kampfbereitschaft liegt. „Schuld sind die Gewerkschaften, die die Arbeiterklasse spalten. Sie empfehlen den Autoarbeitern in Milwaukee nicht, sich mit den Arbeitern hier in Joliet zusammenzutun. Damit unterstützen sie die Strategie der Konzerne, die die Arbeiter global aufsplittern, um sie besser ausbeuten zu können. Aus diesem Grund braucht die Arbeiterklasse ihre eigene Strategie. Der Schlüssel dazu besteht in einem Bruch mit der Gewerkschaftsbürokratie. Die Arbeiter müssen sich von ihr abwenden und Basiskomitees bilden.“ 

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