Nach der Wahl bereitet Obama Austerität und Krieg vor

Nun da die Wahlen vorbei sind, verliert die amerikanische herrschende Klasse keine Zeit und wendet sich einer höchst unpopulären Agenda zu. In deren Zentrum stehen Kürzungen in Billionenhöhe bei der Krankenversicherung und anderen Sozialprogrammen.

Als erstes auf der Tagesordnung steht die so genannte „Haushaltsklippe“. Sie soll zumindest teilweise noch vor der Amtseinführung der neuen Regierung im Januar aus dem Weg geräumt werden.

Der Ausdruck „Haushaltsklippe“ ist durchaus bewusst gewählt. Er wurde zum ersten Mal vom Federal Reserve Vorsitzenden Ben Bernanke im Februar 2012 benutzt. Er soll den Eindruck einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe vermitteln. Die Haushaltsklippe ist zum neuen Mantra des politischen und Medienestablishments geworden und wird auf CNN mit einer Uhr zelebriert, die den Countdown unaufhaltsam herunterzählt. Der Sinn und Zweck davon ist die Schaffung einer Krisenatmosphäre, um Maßnahmen durchzudrücken, die die herrschende Klasse seit langem anstrebt, aber nur schwer durchsetzen kann.

Die “Klippe” ist ein Kunstprodukt. Sie geht auf ein Gesetz zurück, auf das sich der Kongress und die Obama-Regierung geeinigt hatten. Es bedeutet, dass Ende des Jahres die Steuersenkungen der Bush-Ära für alle Einkommensstufen entfallen, und dass nach dem Rasenmäherprinzip alle militärischen und innenpolitischen Ausgaben gekürzt werden (mit Ausnahme der Renten und Medicaid.

Weitere Maßnahmen, die Ende des Jahres auslaufen, besonders das verlängerte Arbeitslosengeld der Bundesregierung, werden in den Medien praktisch nicht erwähnt. Beide Parteien stimmen darin überein, dass auch die mageren Zahlungen an die Arbeitslosen noch gestrichen werden müssen.

Das Datum der “Klippe” wurde bewusst auf die Zeit nach der Wahl gelegt, um zu verhindern, dass die Wahl zu einem Referendum über die Sozialkürzungen werden konnte, und um dem Weißen Haus und dem Kongress freie Hand zu geben, eine parteiübergreifende Austeritäts-Agenda durchzusetzen, gleichgültig, welche Partei die Mehrheit hat.

Demokraten und Republikaner begrüßen die Aussicht auf eine Übereinkunft, die sich auf zwei Ziele konzentrieren soll: Erstens sollen die automatischen Kürzungen durch gezielte Kürzungen bei Medicare, Medicaid und Renten ersetzt und so auch die Kürzungen bei den Militärausgaben vermieden werden; zweitens soll eine „Pro-Wachstum Steuerreform“ auf den Weg gebracht werden, die eine Absenkung der Unternehmenssteuersätze und der individuellen Steuersätze beinhalten würde. Gleichzeitig sollen Steuerabzüge und „Schlupflöcher“, welche die arbeitende Bevölkerung begünstigen könnten, gestopft werden.

Im Wahlkampf hat Obama seine Absicht, Bushs Steuersenkungen für die Reichen abschaffen zu wollen, breit proklamiert, obwohl das nur zu einem moderaten Anstieg der Steuersätze für Top-Verdiener führen würde. Die Regierung nutzt die Popularität von Steuererhöhungen für die Reichen aus, um sich ein Feigenblatt durch die „gerechte Verteilung der Lasten“ zu verschaffen, bevor sie ernsthaft daran geht, die Sozialprogramme auszudünnen.

Aber selbst die nominelle Erhöhung der Steuersätze wird das Licht der Welt vermutlich nicht erblicken. Obamas Top-Stratege David Axelrod sagte am Sonntag, er wolle den Verhandlungen nicht „vorgreifen“. Er lobte die Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, mit den Worten: “Offensichtlich kann man [anstatt die Sätze zu erhöhen] durch die Schließung von Schlupflöchern einiges Geld herausholen, das man dann für die Verringerung des Defizits einsetzen kann. Es gibt also durchaus verschiedene Wege, der Katze das Fell über die Ohren zu ziehen, solange alle mit einer positiven und konstruktiven Haltung an die Aufgabe herangehen.“

Was immer die Details der endlichen Übereinkunft auch sein mögen, sie wird historische Kürzungen beinhalten, Programme beenden, die der Arbeiterklasse nutzen, und den Reichtum der Finanz- und Wirtschaftselite mehren.

Außenpolitisch verliert die Regierung keine Zeit, Washingtons Bestrebungen für einen Regimewechsel in Syrien zu verschärfen, und stößt erneute Drohungen gegen den Iran aus. In ihrer ersten außenpolitischen Erklärung nach der Wahl verhängte die Regierung neue Sanktionen gegen iranische Vertreter. Im Senat soll ein parteiübergreifender Gesetzentwurf beschlossen werden, der lähmende Sanktionen über die ganze iranische Wirtschaft verhängen wird. Jetzt schon ist die Wirtschaft des Iran von den Maßnahmen der USA und ihrer europäischen Verbündeten schwer gezeichnet.

Die erste Reise des Präsidenten nach der Wahl beginnt am 17. November und führt ihn nach Asien. Sie steht im Zusammenhang mit der Absicht der Regierung, China zu isolieren und aufs Korn zu nehmen.

Die erste Woche nach der Wahl hat das Thema für die nächsten vier Jahre unter Obama vorgegeben. Sie zeigt, dass sich auch der Verfall der amerikanischen Demokratie weiter beschleunigen wird.

Milliarden Dollar wurden für die beiden Wahlkämpfe ausgegeben, die angeblich die wichtigste Gelegenheit für das amerikanische Volk sein sollen, auf die Zukunft ihres Landes Einfluss zu nehmen. Die wirklichen Pläne der herrschenden Klasse wurden allerdings hinter den Plattitüden und dem leeren Geschwätz der beiden Kandidaten verborgen. Nach der Wahl werden die Pläne der Wirtschafts- und Finanzoligarchie jetzt mit brutaler Entschlossenheit durchgesetzt.

Doch der arbeitenden Bevölkerung sind die Erfahrungen aus den letzten vier Jahren der Obama-Regierung nicht entgangen. Praktisch nur die World Socialist Web Site hat auf den wichtigsten Aspekt der Abstimmung am 6. November aufmerksam gemacht: auf den außergewöhnlichen Rückgang der Wahlbeteiligung und besonders den Rückgang der Stimmen für Obama.

Wenn alle Stimmen ausgezählt sind, wird Obama sieben bis acht Millionen Stimmen weniger als vor vier Jahren bekommen haben. Der Rückgang ist nicht das Ergebnis einer Unterstützung für Romney, der weniger Stimmen als der Republikanische Kandidat McCain 2008 erhalten hat. Breite Teile der Bevölkerung haben ihre Desillusionierung über beide Parteien und das ganze politische System dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie gar nicht zur Wahl gegangen sind.

Unter dem Einfluss der Wirtschaftskrise und als Reaktion auf die Politik der herrschenden Klasse wird sich die Enttäuschung von Millionen Arbeitern und Jugendlichen in Zorn verwandeln. Welche politische Form wird das annehmen?

Die jüngste Entwicklung hat die gesamte Palette der Unterstützer der Demokraten diskreditiert, von den Gewerkschaften bis zu den liberalen und pseudolinken Organisationen und Publikationen. Sie begrüßen Obamas Wiederwahl überschwänglich als großen Sieg für „Progressive“, während die Entfremdung der Arbeiter von der Demokratischen Partei sie mit Furcht und bösen Ahnungen erfüllt.

Wie die Natur verträgt auch die Politik kein Vakuum. Die Stärke der sozialistischen Perspektive und des Programms der Socialist Equality Party besteht darin, dass sie der Logik der objektiven Entwicklungen entsprechen. Schon im Wahlkampf warnte die SEP vor dem, was nach der Wahl kommen werde. Die herrschende Klasse bestätigt jetzt die Korrektheit dieser Warnung und der marxistischen Perspektive.

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