Milliardär Stronach gründet neue Rechtspartei in Österreich

Der austrokanadischen Milliadär Frank Stronach hat im Sommer eine neue Rechtspartei gegründet, die sich „Team Stronach“ nennt. Dank fünf Überläufern verfügt sie seit Anfang November über Fraktionsstatus im österreichischen Parlament. In Umfragen liegt sie bei zehn bis zwölf Prozent. Sie könnte bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr eine entscheidende Rolle spielen.

Stronach hat seine Parlamentarier aus den Reihen des rechten Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) rekrutiert, einer Abspaltung der ebenfalls rechtsextremen Freiheitlichen Partei (FPÖ). Der neuen Fraktion gehören die Abgeordneten Robert Lugar, Christoph Hagen, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Stefan Markowitz und Erich Tadler an.

Mittlerweile ist das „Team-Stronach” auch in einigen Bundesländern vertreten. Dabei kommen die Überläufer nicht nur aus dem rechten Lager. Immer mehr Sozialdemokraten und Gewerkschafter schließen sich an.

Der Kärntner SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Bürgermeister von Spittal an der Drau, Gerhard Köfer, und sein Vize und Parteikollege, Hartmut Prasch, sind zu Stronach übergelaufen. Der ehemalige Linzer Polizeidirektor Walter Widholm wurde zum Chef des Teams Stronach in Oberösterreich ernannt. Widholm war zuvor jahrzehntelang SPÖ-Mitglied. Unter seinen Stellvertretern befindet sich der Vorsitzende der Interessensgemeinschaft österreichischer Schweine- und Rinderbauern, Leo Steinbichler.

Das BZÖ, das bereits seit langem in einer tiefen Krise steckt und den neuesten Umfragen zufolge den Einzug in den Nationalrat nicht mehr schaffen wird, vermutet, dass die Überläufer gekauft wurden. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit eine Klage des BZÖ gegen Stronach. Drei BZÖ-Abgeordnete gaben eidesstattliche Erklärungen ab, in denen sie behaupten, Stronach und seine Leute hätten versucht, sie mit hohen Geldsummen abzuwerben.

BZÖ-Parteichef Josef Bucher erklärte, Stronach habe ihm „500.000 Euro zur sofortigen Überweisung angeboten“. Ein anderer BZÖ-Abgeordneter sagte, ihm sei von einem Stronach-Vertrauten sogar eine Million Euro für den Fall des Wechsels angeboten worden. Bei Bestechung in Höhe von mehr als 50.000 Euro drohen in Österreich Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.

Angesichts des beträchtlichen Privatvermögens Stronachs ist die neue Partei finanziell teilweise besser aufgestellt als die etablierten Parteien. Meldungen zufolge will Stronach rund 25 Millionen Euro in die Partei stecken. „Frank hat gesagt, wir wollen die stärkste Partei in Österreich werden und dementsprechend werden wir uns finanziell gut aufstellen“, erklärte der designierte Fraktionsvorsitzende des Team Stronach, Robert Lugar.

Hinzu kommt, dass das Team Stronach nun auch in den Genuss staatlicher Gelder kommt. 1,4 Millionen Euro erhält die neue Fraktion. Für das Parlament entstehen dadurch Kosten von zwei Millionen Euro jährlich, weil auch Räume und Personalkosten übernommen werden. Dazu müsse das Parlament Rücklagen auflösen, erklärte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ).

Stronach ist Gründer und Chef des weltweit tätigen Automobilzuliefers Magna International. Das Unternehmen beschäftigt 115.000 Menschen in 26 Ländern und hat einen Jahresumsatz von 28 Milliarden Euro. 2009 hatte sich Magna darum bemüht, die deutsche General-Motors-Tochter Opel zu übernehmen, und war dabei von der Industriegewerkschaft Metall unterstützt worden. Stronachs Privatvermögen beläuft sich auf etwa 1,3 Milliarden Euro.

Stronach verfügt über die besten Verbindungen zu den österreichischen Parteien. Er hat immer wieder Politiker für Managementpositionen in seinem Konzern engagiert. Der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranizky wurde nach dem Ende seiner Amtsperiode 1997 Aufsichtsrat bei Magna International. Bevor Karl-Heinz Grasser ab dem Jahr 2000 Finanzminister der rechten ÖVP-FPÖ-Regierung wurde, war er Geschäftsführer der zur Magna Group gehörenden Sport Management International (SMI).

Peter Westenthaler (BZÖ), ab 2000 Regierungsmitglied, war ebenfalls bei Magna angestellt und dann Vorstand der österreichischen Fußball-Bundesliga, deren Präsident Stronach damals war. Die frühere Landeshauptfrau der Steiermark von 1996 bis 2005, Waltraud Klasnic (ÖVP), wurde 2007 „Beraterin für sozial-ökonomisch Fragen“ bei Magna. Diese Liste lässt sich lange fortführen, sie macht das enge Geflecht von Wirtschaft und Politik in der Alpenrepublik deutlich.

Vor diesem Hintergrund muss auch der Aufbau der Stronach-Partei gesehen werden. Die beiden großen Parteien, Sozialdemokraten und Konservative (ÖVP), die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Politik in Österreich dominiert haben und gegenwärtig in einer großen Koalition regieren, sind stark diskreditiert.

Bereits bei den Nationalratswahlen 2008 hatten beide Parteien die bisher größten Verluste ihrer Geschichte erlitten. Trotzdem bildeten sie danach unter Kanzler Werner Faymann (SPÖ) wieder eine große Koalition, die massive Haushaltskürzungen beschloss, als die Wirtschaftskrise Österreich und den für sie wichtigen osteuropäischen Raum 2009 voll erreichte. Für die kommenden Wahlen 2013 werden SPÖ und ÖVP weitere Verluste vorhergesagt, die so groß sein könnten, dass eine Große Koalition keine Mehrheit mehr hat.

Die rechtsextreme FPÖ, die von 2000 bis 2006 als Juniorpartner der ÖVP in der Regierung saß, hat sich immer wieder als instabil erwiesen. 2005 hatte sich der mittlerweile verstorbene, langjährige FPÖ-Vorsitzenden Jörg Haider abgespalten und das BZÖ gegründet.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der steirische ÖVP-Politiker Herbert Paierl seiner Partei, sich „Gedanken über eine Allianz mit Frank Stronach“ zu machen und eine „Koalition der besten Köpfe“ anzustreben. Der einflussreiche ÖVP-Politiker Erwin Pröll kann sich ebenfalls mit dieser Idee anfreunden. Auch Politiker der SPÖ haben sich „offen” für eine Diskussion mit Stronach gezeigt.

Welche Rolle Stronach und seine Partei spielen sollen, ist offensichtlich. Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen und sozialen Spannungen vertritt Stronach rigoros die Interessen der Finanzelite und erhält entsprechenden Zuspruch aus Wirtschaftskreisen.

Ein Kommentar im Wirtschaftsblatt verglich ihn positiv mit dem ehemaligen italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi. Beide hätten sich der „Sachpolitik” verschrieben, meinte das Wirtschaftsblatt und begrüßte Stronachs Äußerung, seine Politiker gingen nach zwei Jahren im Amt wieder in die Wirtschaft zurück.

Wie Stronachs „Sachpolitik” aussehen wird, ist bereits ersichtlich. Das 30-seitige Grundsatzprogramm seiner Partei spricht sich für eine radikale Sparpolitik aus. „Wir verpflichten unsere Mandatare, ausschließlich einem ausgeglichenen Staatshaushalt zuzustimmen”, heißt es darin. Ebenso spricht sich das Programm für die Einführung einer Flat-Tax aus, die massive Steuererleichterungen für Unternehmen beinhaltet. Auch eine generelle Steuerbefreiung für Unternehmen ist darin vorgesehen.

Im Bezug auf die Euro-Krise spricht sich Stronach gegen weitere Hilfen für schwache Länder und für eine Stärkung der nationalen Souveränität in Finanzfragen aus.

Studiengebühren sollen beibehalten werden, und auch im Kulturbereich sollen Förderungen radikal zusammengestrichen werden. Das Gesundheitssystem soll weiter privatisiert werden und stärker vom „Wettbewerb” gekennzeichnet sein. Unter den Schlagworten „Grundsicherung” und „Eigenverantwortung” sollen die Renten gekürzt werden.

Beim Thema Ausländerpolitik findet sich Stronach auf der Seite der extremen Rechten wieder. In dem Grundsatzprogramm heißt es, Zuwanderung müsse „sinnvoll gesteuert” und der Bereich Asyl „strenger gehandhabt“ werden. Die Umwandlung des Bundesheeres in eine Berufsarmee soll Österreichs militärisches Engagement im Ausland forcieren.

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