Naher Osten im Jahr 2013

In der Nahostregion sind Arbeiter und Unterdrückte von blutigen Religionskriegen, staatlicher Unterdrückung und immer schlimmerer Armut bedroht. Alles hängt davon ab, den revolutionären Aufstand fortzusetzen, der 2011 begann, diesmal jedoch auf der Grundlage eines Programms, das die unabhängigen Interessen der Arbeiterklasse artikuliert.

In den letzten zwei Jahren sind die naiven Illusionen zerplatzt, die den „arabischen Frühling“ begleiteten: die Annahme, alle Klassen hätten ein Verlangen nach Demokratie, wie die westlichen Großmächte behaupten.

Das Jahr 2013 begann mit der Entsendung von sechs Patriot-Raketenbatterien an die türkisch-syrische Grenze. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass eine Militärintervention der USA und ihrer Nato-Verbündeten in den religiös motivierten Bürgerkrieg, den sie selbst bewusst organisiert haben, unmittelbar bevorsteht.

Zusammen mit den Raketen treffen fast 1200 Soldaten ein. Sie kommen noch zu den zehntausenden hinzu, die bereits in Bahrain, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, dem Libanon, Jordanien und Israel stationiert sind. Nicht zu reden von den Spezialkräften und Geheimdienstmitarbeitern, die in Syrien aktiv sind. Siebzehn Kriegsschiffe aus den USA, Großbritannien und Frankreich schwimmen in den Gewässern vor Syrien. Der Aufmarsch westlicher Streitkräfte soll eine Intervention der Türkei und der Golfmonarchien unterstützen, die Washingtons Befehle ausführen.

Schon vor einer offenen Militäraggression haben die Westmächte ein furchtbares Verbrechen begangen: Sie haben einen sunnitischen Aufstand finanziert, an dem die Moslembrüder und Bewegungen wie die al-Nusra-Front beteiligt sind. Diese ist mit Al Qaida vergleichbar. Der Preis für diese imperialistische Intrige waren zehntausende Tote und Verwundete und die Zerstörung von Syriens Wirtschaft und Infrastruktur.

Die Vereinten Nationen mussten zugeben, dass der sektiererische Bürgerkrieg ganze Volksgruppen mit ethnischer Säuberung und Tod bedroht, wie es in Jugoslawien geschah. Aber dieses Eingeständnis wird nur als Argument für eine Intervention benutzt. Die Mainstreammedien sind zur Stimme der Kriegspropaganda verkommen, die völlig ausblendet, dass die USA hier ein Bündnis mit Al Qaida unterhalten. Abwechselnd beschuldigen sie das Assad-Regime, den Einsatz von Raketen und Chemiewaffen vorzubereiten, und warnen davor, dass diese Waffen den Widerstandskämpfern in die Hände fallen könnten.

Assads Sturz würde nichts zum Guten wenden. Sein Nachfolger wäre eine brutale Regierung, die mit den Alawiten, Christen und anderen Minderheiten abrechnen würde, und der Staat würde in ethnische Kleinstaaten zerfallen. Libyen muss hier als Warnung dienen: Vor wenigen Tagen drohte der libysche Premierminister Ali Zeidan mit Gewalt, um die Konflikte zwischen rivalisierenden Cliquen um die Kontrolle der Ölvorräte in Schach zu halten.

Assads Sturz ist in den langfristigen Plänen der USA ein wichtiges Element. Er würde dazu beitragen, ihre Hegemonie im Nahen Osten zu sichern. Nach dem Sturz ihrer wichtigsten Verbündeten, Ben Ali in Tunesien und Hosni Mubarak in Ägypten im Jahr 2011, haben sie ihre Anstrengungen dramatisch verstärkt. Die USA führen aggressive Militärinterventionen, wie in Libyen, und sie schließen Bündnisse mit sunnitischen arabischen Regimes gegen die schiitische Theokratie im Iran und deren Verbündete. Ihr Ziel ist ein Regimewechsel in Damaskus und Teheran. Sie sähen Zwietracht in der Region, um einen gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse zu verhindern und die Islamisten als Bollwerk gegen eine soziale Revolution aufzubauen.

Dazu behauptet die Washingtoner Regierung, die syrische Opposition verfüge über demokratische Qualifikationen, während sie es billigt, dass deren Verbündete in Bahrain, im Jemen, in Saudi-Arabien und andern Staaten die Opposition brutal unterdrücken. Die Obama-Regierung stellt sicher, dass diese Regimes politisch und militärisch von den USA abhängig bleiben, und dass sie bereit sind, als Block gegen die regionalen Bestrebungen von Teheran, Moskau und Peking zu dienen.

So liefert die Obama-Regierung derzeit 200 M1A1 Abrams-Kampfpanzer und zwanzig F-16-Kampfflugzeuge an Ägypten. Der Vertrag stammt noch aus Mubaraks Zeiten. Diesen Monat erhält der Libanon weitere 200 M113-Transportpanzer (was den Gesamtbestand seiner Armee auf 1200 dieser Panzer erhöht), um die Fähigkeit der Streitkräfte zu verbessern, „die Grenzen und die innere Stabilität zu schützen“.

Der Iran leidet zurzeit unter Sanktionen, die seine Wirtschaft zerstören und destabilisieren: Die Ölimporte, die für das Land wichtig sind, sind um 55 Prozent gesunken, der Wert seiner Währung stark eingebrochen. Israel hat schon mehrfach mit einem Militärschlag gedroht.

Es gibt im ganzen Nahen Osten kein Land, in dem despotische Regimes nicht mit wachsendem Widerstand der Bevölkerung konfrontiert sind. Aber nirgendwo konnte die Arbeiterklasse ihren Willen durchsetzen, sondern die Proteste wurden von Gruppen (Islamisten, Nationalisten oder Liberale) aufgefangen, die rivalisierende Fraktionen der herrschenden Elite repräsentieren. Wenn sich daran nichts ändert, wird sich der sektiererische Albtraum, der in Syrien geschaffen wurde, im Irak, in Jordanien, in Libyen, im Libanon und der Türkei wiederholen.

Der grundlegende Impuls für den Sturz Mubaraks kam aus der Arbeiterklasse. Erst als Millionen von Arbeitern den Kampf aufnahmen, um jahrzehntelange soziale und politische Unterdrückung zu beenden, ließ das Regime Mubarak fallen. Aber noch immer leben ein Viertel der 80 Millionen Einwohner Ägyptens in verzweifelter Armut, während die Inflation steigt und Präsident Mursi, auf Anordnung des Internationalen Währungsfonds, brutale Kürzungen durchsetzt.

Die bürgerliche liberale Opposition ist daran nicht interessiert. Ihr Ziel ist es, sich in der neuen politischen und wirtschaftlichen Ordnung ihre eigene Stellung neben den Moslembrüdern und dem Militär zu sichern. Alle bürgerlichen Oppositionsströmungen im Nahen Osten haben das gleiche tiefere Motiv: ihr eigenes Recht auf Ausbeutung der Arbeiter und Gestaltung ihrer Beziehungen zu den westlichen Mächten und den internationalen Konzernen und Banken.

Arbeiter und Jugendliche haben in dieser Region vor allem die Aufgabe, eine vereinigte sozialistische Bewegung gegen die herrschenden Regimes, ihre bürgerlichen Rivalen und die imperialistischen Mächte aufzubauen. Die Arbeiterklasse muss die armen Bauern und die unterdrückten Teile des Kleinbürgertums mobilisieren. Ihr Ziel muss die Gründung der Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen Ostens sein. Dazu muss sie ihre eigene, unabhängige revolutionäre Partei aufbauen, deren Grundlage Trotzkis Theorie der Permanenten Revolution sein muss.

Die Arbeiter in den Vereinigten Staaten und Europa müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um sich gegen die räuberischen Ziele ihrer Regierungen und der herrschenden Eliten im Nahen Osten zu stellen. Dazu muss eine neue Antikriegsbewegung aufgebaut werden. Sie muss im direkten Widerstand zu den diversen kleinbürgerlichen Pseudolinken stehen, die dem Vereinigten Sekretariat und den International Socialists angehören, denn diese heißen heute einen Regimewechsel gut, der von CIA-Mitarbeitern, ehemaligen Regime-Funktionären und Islamisten geleitet wird, unter der Schirmherrschaft der Imperialisten steht und sich auf die Militärmacht der Nato sützt.

In letzter Zeit ist es in diesen Kreisen üblich, „reflexartigen Antiimperialismus“ zu verurteilen. Beispielsweise urteilt ein gewisser Pham Binh über die Gegner einer Militärintervention, sie richteten sich „gegen die Interessen und die ausdrücklichen Forderungen, erst des libyschen Volkes, und jetzt des syrischen“. Das syrische Volk müsse, wie die amerikanische International Socialist Organisation schreibt, „jede Hilfe annehmen, die sie bekommen kann“.

Alle diese Tendenzen sind ins Lager der imperialistischen Reaktion übergewechselt. Aus diesem Grund fällt die Verantwortung, eine Antikriegsbewegung zu führen, dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale zu. Es allein kann und muss den antiimperialistischen und sozialistischen Zielen der Arbeiterklasse Ausdruck verleihen.

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