Mitglieder der Piratenpartei marschieren mit rassistischer Pro NRW

Die rechtsextreme „Bürgerbewegung Pro NRW“ führte in den letzten Wochen eine rassistische Kampagne vor Flüchtlingsunterkünften in Nordrhein-Westfalen durch. Sie warb für eine so genannte „Volksinitiative gegen Asylmissbrauch“. Ihre Forderung nach einem Straftatbestand „Asylbetrug“ erhielt dabei Unterstützung von Mitgliedern der Piratenpartei.

Auf den Kundgebungen in mehreren Ruhrgebietsstädten – Bochum, Essen, Witten und Köln – wehten neben den Plakaten der Pro NRW-Kampagne prominent die Flaggen der Piraten. Die früheren Pressesprecher der Piratenpartei in Duisburg und Köln, Andreas Winkler und Oliver Wesemann, wurden sogar Mitglied bei Pro NRW, genauso wie Barbara Richter, die sich bislang im Kreisverband Köln der Piraten engagiert hatte.

Pro NRW rechnet mit weiteren Überläufern. Eine „große Gruppe aus Oberhausen und zwei Piraten aus Herne“ hätten ihren Eintritt bei Pro NRW angekündigt. Bereits vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen vor einem Jahr waren wiederholt Piraten mit rassistischen Äußerungen aufgefallen. Der Wechsel von führenden kommunalpolitischen Piraten zur rechtsextremen Partei Pro NRW ist daher nicht überraschend.

Die Kölner Piratin Barbara Richter erklärte gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger ihre Doppelmitgliedschaft bei Piraten und Pro NRW damit, dass für sie beide Parteien „zusammen passen“. Sie nehme sich selbst als rechter Flügel der Piraten wahr, sagte Richter.

In ihren Stellungsnahmen versucht die Piratenpartei in Nordrhein-Westfalen die Angelegenheit klein zureden und spricht von Einzelfällen, gegen die notfalls mit Parteiausschlussverfahren vorgegangen werde. Sie fürchtet um ihr Image als „rebellische Alternative“ zu den etablierten Parteien.

Tatsächlich sind die Übertritte mehrerer Piraten zu extrem rechten Parteien symptomatisch. Es zeigt sich, dass hinter den ausweichenden Antworten, die Partei habe in vielen Fragen noch keinen einheitlichen Standpunkt, sich sehr rechte Positionen verbargen. Nach dem Medienhype und dem rapiden Abschmelzen der Umfragewerte kommt nun der braune Dreck zum Vorschein, der bislang unter der Oberfläche gehalten wurde.

Anders als sich die Piratenpartei darstellt und von den Medien oft übertrieben angepriesen wurde, handelt es sich keineswegs um eine rebellische Partei, noch um eine progressive Partei. Vielmehr sind die Piraten eine ausdrücklich pro-kapitalistische Partei, die Kriegseinsätze der Bundeswehr unterstützt, das brutale europäische Spardiktat, das Millionen Arbeiter in Elend und Verzweiflung getrieben hat, mitträgt und in vielen Fragen unsoziale, nationalistische Standpunkte vertritt.

Ihre Forderungen nach mehr Transparenz demokratischer Verfahren hält sie stets allgemein und unkonkret. Die Forderung nach mehr Volksdemokratie und Bürgerrechten soll vor allem den Klassencharakter der Gesellschaft leugnen. In keiner programmatischen Erklärung gehen die Piraten auf die Klassengegensätze der Gesellschaft ein und verteidigen stattdessen das bestehende Wirtschaftssystem. Ihr Desinteresse an der sozialen Lage und Not der Arbeiter ist auffallend.

Sie sprechen damit vorwiegend kleinbürgerliche Schichten an, von denen zwar viele über ihre unsichere und prekäre Lebenssituation besorgt sind, die aber aufsteigen wollen und einen gehobenen Lebensstil anstreben. Viele Anhänger der Piraten sehen die gehobene Mittelklasse und die Bourgeoisie als ihren Bündnispartner, nicht die Arbeiterklasse. Nicht zufällig haben die Berliner Piraten der CDU im Abgeordnetenhaus Koalitionsverhandlungen angeboten, während ihre Parteifreunde im Saarland sich zur Schuldenbremse bekennen, die ausdrücklich dazu dient, die sozialen Attacken auf die Bevölkerung zu intensivierten.

Auf dieser programmatischen Grundlage haben die Piraten in den letzten Jahren rücksichtslose und rückständige Elemente angezogen, die nun offen über Ausländer und Migranten herziehen und das Asylrecht gänzlich abgeschafft sehen wollen.

Der betont desinteressierte Umgang führender Parteigremien mit den braunen Überläufern ist weniger Ausdruck der Hilflosigkeit, wie einige Medien beschönigend kommentieren, als vielmehr ein Zeichen des stillen Einverständnisses. Der Vorsitzende der Kölner Piraten, Thomas Hegenbarth, findet es in der tageszeitung „schade, dass das so aufgebauscht wird“. Eine junge Partei ziehe mitunter auch problematische Menschen an. Das sei, so Hegenbarth, halt nicht zu verhindern. „Wenn man mitmachen will, kann man mitmachen.“ Die politischen Auffassungen sind dabei offensichtlich völlig bedeutungslos.

Einer der jüngsten Überläufer, Oliver Wesemann, war immerhin noch im September 2012 zum Pressesprecher des Kölner Kreisverbandes gewählt worden. Doch Hegenbarth erklärt dazu nur lapidar, „wir wussten nicht viel von ihm, haben ihn ausprobiert und dann festgestellt: Das geht nicht“.

Der Vorsitzende des Kreisverbandes Duisburg, der ebenfalls seinen Pressesprecher, Andreas Winkler, an Pro NRW verloren hat, will den Mitgliedern auch weiterhin bei „schwierigen Diskussionen, etwa über Zuwanderung und Fremdenfeindlichkeit keinen Maulkorb verpassen – solange alles auf dem Boden des Grundgesetzes bleibt“, wie er dem Onlinemagazin DerWesten erklärte.

Mit anderen Worten wird in der Piratenpartei auch weiterhin extrem rechtes, ausländerfeindliches Gedankengut toleriert.

Diese rechte, nationalistische Ausrichtung ist dabei keineswegs auf die Piraten beschränkt, sondern ein europaweites Phänomen. So machte auch Beppe Grillo, der Führer der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), mit Hetztiraden gegen Migranten und vor allem Roma von sich reden.

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