Perspektive

Amerikanischer Unabhängigkeitstag:

Obama glorifiziert Militarismus

In seiner Ansprache zum 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, lobte Obama die amerikanischen Streitkräfte, diese mächtigste Waffe des Planeten, als Freiheitsgaranten für die ganze Welt. Die Rede, die in Kurzfassung in Radio und Internet übertragen wurde, hielt Obama vor einem militärischen Publikum vor dem Weißen Haus.

Ein krasser Widerspruch prägte die Feier am Weißen Haus: Obama sah sich gezwungen, die Ereignisse rund um den 4. Juli 1776 zu preisen, die bis heute als Meilenstein im Menschheitskampf gegen Tyrannei und Unterdrückung gelten. Gleichzeitig verkörpert der US-Präsident selbst eine moderne Tyrannei, eine Weltherrschaft der neuen Aristokratie von Reichtum und Privilegien, deren Machtentfaltung jene König Georgs III. an Habgier und Grausamkeit weit übertrifft.

Obama sprach vom Heldenmut der Revolutionäre, die gegen das damals mächtige britische Empire zu den Waffen griffen, um ihr Ideal von Demokratie und Freiheit zu verteidigen. „Es war verwegen und mutig“, sagte er, „und es war ohne Beispiel, undenkbar in einer Zeit der Menschheitsgeschichte, in der sonst Könige, Fürsten und Kaiser alle Entscheidungen trafen.“

Die amerikanische Revolution, fuhr er fort, sei erfolgreich gewesen, und heute seien die USA die großartigste Nation der Welt: „Ein Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten. Ein weltweiter Verteidiger von Frieden und Freiheit. Ein Leuchtfeuer der Hoffnung für alle Menschen der Welt, die diese Ideale hochhalten.“

In Wirklichkeit sind die Vereinigten Staaten heute, nach sechs Jahren der schwersten Wirtschaftsrezession seit der Großen Depression, von Massenarmut und Massenarbeitslosigkeit geprägt. Die soziale Ungleichheit ist atemberaubend und steigt ständig an, und das einzige, was „weltweit verteidigt“ wird, sind die Interessen des amerikanischen Großkapitals. Ihm werden die demokratischen Rechte der amerikanischen Arbeiterklasse und der Weltbevölkerung systematisch zum Opfer gebracht.

Mitnichten werden die USA weltweit als „Leuchtfeuer der Hoffnung“ gesehen, sondern als Bringer von Tod und Zerstörung, sei es in Form von Raketen, über ferngesteuerte Drohnen ins Ziel gebracht, oder durch einen großen Lauschangriff auf die Kommunikationen beinahe der gesamten Weltbevölkerung. Das amerikanische Militär hat mehr Länder angegriffen und besetzt als irgendein anderes seit dem zweiten Weltkrieg. Die USA geben für Kriege mehr aus als die nächsten siebzehn Länder zusammen. In den letzten zwölf Jahren waren amerikanische Soldaten fast ständig im Krieg.

Obama hielt seine kurze Rede inmitten einer Hetzkampagne gegen einen echten Verteidiger von Freiheit und Demokratie: den ehemaligen Mitarbeiter der National Security Agency Edward Snowden, der die amerikanische Öffentlichkeit und die Weltbevölkerung mutig über die illegalen und verfassungswidrigen Massenüberwachungen aufgeklärt hat, die die US-Regierung durchführt.

Der Präsident sollte es sich zweimal überlegen, bevor er der amerikanischen Bevölkerung rät, „nach den Worten der Unabhängigkeitserklärung“ zu handeln: Jeffersons unsterbliche Prosa gibt nämlich der Bevölkerung das Recht, gegen Unterdrückung zu rebellieren und ein tyrannisches Regime durch eine Regierung zu ersetzen, die sich auf Gleichheit und Demokratie gründet.

Jefferson schrieb diese Worte zu einer Zeit, in der die amerikanische Bourgeoisie eine aufstrebende und fortschrittliche Klasse war und im Kampf gegen die Raubzüge der britischen Krone wirklich für die Gesamtbevölkerung sprechen konnte. Diese Zeit ist lange vorbei. Heute ist die amerikanische Kapitalistenklasse die parasitärste und reaktionärste Kraft auf dem Erdball. Sie schwelgt in unendlichem Reichtum, während die große Mehrheit der Bevölkerung unter miesen und ständig schlechteren Existenzbedingungen lebt.

Bezeichnenderweise sagte Obama nichts zu dem zweiten großen demokratischen Jahrestag, der in dieser Woche anstand: der 150. Jahrestag der Schlacht von Gettysburg, einer der wichtigsten Wendepunkte des amerikanischen Bürgerkriegs. Zehntausende Menschen strömten auf das Schlachtfeld, um an den Gedenkfeiern teilzunehmen, doch das Establishment und die Mainstreammedien ignorierten das Großereignis fast vollständig.

In seiner Gettysburg-Rede konnte Abraham Lincoln damals mit vollem Recht eine direkte Verbindung zwischen der amerikanischen Revolution und dem blutigen Kampf 87 Jahre danach ziehen, der für Freiheit und gegen Sklaverei geführt wurde. Aber die Klasse, die heute in Amerika herrscht, betrachtet die historischen Kämpfe, aus denen sie einst hervorging, mit organischer Feindschaft.

Derweil versetzen ihre Angriffe auf demokratische und soziale Rechte die amerikanische Bevölkerung immer stärker in Sorge und Wut. Laut einer Gallup-Umfrage, die letzte Woche veröffentlicht wurde, sind 71 Prozent der Ansicht, für das heutige Amerika würden sich die Gründungsväter schämen. Dieser Prozentsatz hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Es ist die Arbeiterklasse und nicht der eine oder andere Flügel des korrupten und reaktionären Establishments, die den Kampf zur Verteidigung demokratischer Rechte aufnehmen kann und muss. Dazu muss sie erkennen, dass Militarismus und Polizeistaat deshalb so stark anwachsen, weil sich die Widersprüche des kapitalistischen Weltsystems ständig verschärfen. Die demokratischen Rechte können nur durch die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse für den Sozialismus verteidigt werden.

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