Kerry unterstützt ägyptische Militärdiktatur

US-Außenminister John Kerry behauptete am Donnerstag, das ägyptische Militär habe durch seinen Putsch gegen den gewählten Präsidenten Mohamed Mursi am 3. Juli die Demokratie wiederhergestellt.

Bei einer Rede in Pakistan – einem weiteren Land, in dem die USA Militärdiktatoren unterstützt haben, die gewählte Regierungen gestürzt hatten – erklärte Kerry in einem Fernsehinterview: „Das Militär wurde von Millionen und Abermillionen Menschen zum Eingreifen gewungen, die allesamt ein Abgleiten in Chaos und Gewalt befürchteten.“

Weiter erklärte er: „Und das Militär hat, soweit wir es feststellen konnten, noch nicht die Macht übernommen. Es gibt eine zivile Regierung. Sie haben praktisch die Demokratie wiederhergestellt.“

Diese Behauptung war so dreist und verlogen, dass der pakistanische Interviewer sich zu der Frage gezwungen sah, ob das Militär die Demokratie wiederhergestellt habe, indem es auf der Straße Menschen erschoss.

Kerrys Kommentare entsprechen der Entscheidung der Obama-Regierung, den Sturz eines gewählten Präsidenten nicht als Putsch zu bezeichnen, um rechtlich vorgeschriebene Kürzungen der 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe zu verhindern, die das ägyptische Militär jährlich von den USA erhält.

Die Moslembruderschaft verurteilte Kerrys Aussagen. Ihr Sprecher Gehadel-Haddad fragte, ob Kerry es auch gutheißen würde, wenn Präsident Obama von Verteidigungsminister Chuck Hagel gestürzt würde, weil es in den USA Proteste gebe.

Kerrys Kommentare schienen das Weiße Haus überrascht zu haben. Ein Vertreter erklärte dem Wall Street Journal: „[Kerry] hat sich nicht ans Drehbuch gehalten.“

Die Regierung unterstützt zwar de facto die Militärjunta, versucht jedoch offiziell Neutralität zwischen der Junta und Mursis Moslembruderschaft zu wahren, mit der sie im Laufe von Mursis einjähriger Herrschaft eng zusammengearbeitet hatte. Washington fürchtet die sozialen Konsequenzen einer Eskalation des Vorgehens des Militärs gegen die Bruderschaft, die weiterhin demonstriert, obwohl Dutzende ihrer Anhänger getötet und hunderte eingesperrt wurden.

Die USA versuchen auch, die Balance zwischen den widersprüchlichen Bündnissen in der Region zu wahren. Die Türkei und Katar, zwei von Washingtons engsten Verbündeten im Krieg für einen Regimewechsel in Syrien und bei der Sanktionskampagne gegen den Iran, sind eng mit den Moslembrüdern verbündet.

Kerry setzt die Militärjunta mit Demokratie gleich und ignoriert ihre blutige Unterdrückung von unbewaffneten Protesten. Damit entlarvt er auch noch einmal die heuchlerische Unterstützung Washingtons für Demokratie und seine Sorge um den Schutz der Zivilbevölkerung. Er beweist die Heuchelei der Behauptung der USA, sie hätten aus humanitären und demokratischen Erwägungen in Libyen eingegriffen und würden aus diesen Gründen auch versuchen das Assad-Regime in Syrien zu stürzen.

Inzwischen ist der stellvertretende US-Außenminister William Burns zum zweiten Mal seit dem Putsch nach Kairo gereist. Laut Vertretern der ägyptischen Regierung wird er sich mit der vom Militär unterstützten Regierung des Übergangspräsidenten Adli Mansur und Vertretern der Moslembruderschaft treffen. Die Bruderschaft hat das nicht bestätigt und ihre Führung hatte sich bei seinem vorigen Besuch geweigert, mit ihm zu sprechen.

Am Mittwoch bestätigte die Obama-Regierung ihre Unterstützung für die Junta, als sie beschloss, die alle zwei Jahre stattfindende Militärübung Operation Bright Star in Ägypten weiterzuführen. Diese Übungen finden seit 1981 statt, einzige Ausnahme war das Jahr 2011, in dem die Mobilmachung wegen der politischen Unruhen nach dem Sturz der Mubarak-Diktatur abgesagt worden war.

Operation Bright Star, die Mitte September beginnen soll, ist eine der größten Militärübungen der Welt. An ihr nehmen bis zu 90.000 Soldaten aus elf Staaten teil. Die Übung in diesem Jahr dient sowohl als stillschweigende Unterstützung des ägyptischen Militärputsches als auch als Generalprobe für eine amerikanische Militärintervention in Syrien.

Am Mittwoch stimmte der Senat außerdem mit 86 zu 13 Stimmen dafür, die Militärhilfe an Ägypten nicht zu kürzen; eine große Mehrheit der Senatoren beider Parteien erklärte, im Interesse der nationalen Sicherheit der USA müssten die rechtlichen Vorgaben ignoriert werden, laut denen kein Regime Hilfsgelder erhalten kann, das durch einen Militärputsch an die Macht gekommen ist.

Die Behauptung, das ägyptische Militär habe am 3. Juli nicht „die Macht übernommen,“ ist zynisch und absurd angesichts der Tatsache, dass der Oberste Militärrat unter Führung von General Abdul-Fattah al-Sisi einen neuen Übergangspräsidenten als Ersatz für Mursi ernannt hat und dieser zivilen Marionette praktisch die Entscheidungen diktiert.

Al-Sisi selbst bekleidet die Posten des stellvertretenden Premierministers und des Verteidigungsminister, er ist außerdem Stabschef und Vorsitzender des Obersten Militärrates, der im neuen Regime die tatsächliche Macht ausübt.

Mursi wird seit einem Monat in Isolationshaft gehalten. Das Militär geht weiterhin brutal gegen die Moslembrüder und ihren politischen Arm, Mursis Freiheits- und Gerechtigspartei vor. Am 31. Juli wurde der Premiermister Hashim Kandil, den Mursi ernannt hatte, in einem Prozess um die Privatisierung der Tanta Flax and Oils Company zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Egal ob die Vorwürfe der Angestellten des Unternehmens berechtigt sind, das Urteil und die Strafe haben einen klaren politischen Zweck.

Mursi selbst droht eine schwer wiegendere Anklage, die ihm die Todesstrafe einbringen könnte. Gegen ihn wird wegen Mordes und Verschwörung im Zusammenhang mit einem Überfall auf ein ägyptisches Gefängnis ermittelt, durch den er und andere Führer der Moslembrüder im Jahr 2011 in die Freiheit gelangten. Im Grunde wird ihm vorgeworfen, aus der Haft geflohen zu sein, die von der Mubarak-Diktatur verhängt und unter der Militärjunta, die Mubarak im Februar 2011 ersetzte, aufrechterhalten wurde.

Staatsanwälte haben eine Klage gegen den obersten Führer der Moslembrüder Mohammed Badie und zwei andere hochrangige Funktionäre, den stellvertretenden Führer Khairat al-Shater und den hohen Anführer Rashad Bayum wegen eines Vorfalls im Juni vorbereitet, bei dem antiislamistische Demonstranten vor dem Hauptquartier der Gruppe in Kairo getötet worden waren.

Als sich am Freitag Menschenmassen zu Pro-Mursi-Protesten versammelten, setzte die Polizei Tränengas ein und versuchte, die Versammlungen aufzulösen. Die Behörden drohten, die beiden größten Lager von Anhängern der Moslembrüder in der Hauptstadt aufzulösen.

Informationsministerin Dorreya Sharaf el-Din kündigte am Mittwoch an, dass die vom Militär gestützte Regierung die Polizei angewiesen habe, die Pro-Mursi-Proteste einzukesseln, da sie eine „inakzeptable Bedrohung“ für die nationale Sicherheit darstellten.

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