Gilbert Achcar versucht, seine Unterstützung für Nahost-Kriege zu verschleiern

Professor Gilbert Achcar, langjähriges Mitglied der französischen Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA), hat einen Essay verfasst, um das Wenige zu retten, was noch von der „sozialistischen“ Glaubwürdigkeit der NPA übrig ist. Die Schrift hat den Titel: „Einfallsreicher Analphabetismus und kleinliches Sektierertum“.

Achcar ist an der London School of Oriental and African Studies und in der britischen Gruppe Socialist Resistance tätig, die mit der NPA verbunden ist. Er war führender Propagandist für die Kriege in Syrien und Libyen und behauptete damals, sie würden zur Verteidigung der Menschenrechte geführt. Seine Kriegspropaganda hat sein politisches Image mit einem unauslöschlichen Makel behaftet.

Dennoch protestiert Achcar heute, weil seine Haltung zu den Kriegen im Nahen Osten angeblich „stark missverstanden“ worden sei. So kritisiert er einen Artikel von Sarah McDonald im Weekly Worker, der Zeitung der stalinistischen Kommunistischen Partei Großbritanniens, die ihn als „Sozialimperialisten“ bezeichnet.

In seiner Antwort auf McDonalds Artikel zeigt sich Achcar empört über die „zahllosen politischen Analphabeten“, die ihm „vorwerfen, die Nato-Intervention in Libyen ‚unterstützt‘ zu haben.“ Er fügt großzügig hinzu: „Ich werde weder meine Zeit, noch die Zeit meiner Leser damit verschwenden, sie daran zu erinnern, wofür ich wirklich stehe.“

Obwohl Achcar es nicht für nötig hält, an seine politische Unterstützung für neokoloniale Unternehmungen in Libyen und Syrien zu erinnern, darf man ihm nicht erlauben, seine eigene Geschichte umzuschreiben. Achcars Geschichte zeigt, dass er öffentlich die imperialistischen Kriege unterstützt und mit amerikanischen und französischen Geheimdienstlern über ihre Ausführung diskutiert hat. Er ist für den Tod von Zehntaudenden von Menschen politisch mitverantwortlich.

Seit Beginn des Libyenkrieges hat Achcar eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Theorien zu liefern, die der Imperialismus brauchte, um im pseudolinken Kleinbürgermilieu eine Schicht von Kriegsbefürwortern heranzuziehen. Im März 2011 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1973, die den Krieg gegen Libyen ermöglichte. Zwei Tage später veröffentlichte Achcar ein Interview, in dem er den Krieg als humanitäre Operation lobte, weil er das Regime von Oberst Muammar Gaddafi daran hindern werde, die Oppositionsgruppen in Bengasi anzugreifen.

Achcar gab zwar zu, dass die Resolution „nicht genug Garantien enthält, um zu verhindern, dass sie zu imperialistischen Zwecken benutzt wird“, äußerte aber dennoch: „Aber angesichts der Dringlichkeit, ein Massaker zu verhindern, zu dem es unweigerlich kommen würde, wenn Gaddafis Kräfte Bengasi angriffen, und da es keine anderen Mittel gibt, das Ziel des Schutzes zu erreichen, kann niemand ernsthaft dagegen sein. (...) Man kann nicht im Namen antiimperialistischer Prinzipien etwas ablehnen, was ein Massaker an Zivilisten verhindern kann.“

Er gab zu, dass die von der Nato unterstützte Opposition rechte Ziele verfolge, bezeichnete den Krieg jedoch trotzdem als vergleichbar mit den revolutionären Kämpfen der Arbeiterklasse, die einen Monat zuvor Präsident Hosni Mubarak gestürzt hatten. Er bezeichnete die Verbündeten der Nato in Libyen als „eine Mischung aus Menschenrechtsaktivisten, Kämpfern für Demokratie, Intellektuellen, Stammeselementen und Islamisten – eine sehr breite Koalition. (...) Was ich sagen will, es gibt keinen Grund, sich ihnen gegenüber anders zu verhalten als zu anderen Massenaufständen in der Region.“

Zwei Jahre später ist klar, dass der Krieg, den Achcar unterstützt hat, ein imperialistischer Raubzug war. Die Nato-Mächte brachten Libyens Ölreichtum und seine Ölfelder unter ihre Kontrolle, bombardierten Städte wie Tripolis und Sirte und töteten oder verwundeten zehntausende von Menschen. Ein Nato-Marionettenregime kam an die Macht, das aus zusammengewürfelten islamistischen Milizen besteht. Es sind dieselben Stellvertreterkräfte, die Gaddafi im Auftrag der Nato stürzten und ermordeten.

Achcar hatte mehrfach gefordert, die Nato müsse den libyschen Oppositionsmilizen mehr Waffen zukommen lassen. Beispielsweise erklärte er in einem größtenteils zustimmenden Kommentar zu Obamas Rede vom April 2011 über den Krieg: „Der beste Weg, dem Aufstand den Sieg zu ermöglichen und das Recht der libyschen Bevölkerung auf Selbstbestimmung zu respektieren, wäre es, wenn die heuchlerischen westlichen Regierungen den Aufständischen Waffen lieferten. (Sie haben Gaddafi sehr viele Waffen verkauft, seit das Waffenembargo gegen ihn im Oktober 2004 aufgehoben wurde, und haben ihn als beispielhaft hingestellt).“

Als die libysche Regierung im August 2011 schließlich unter den Nato-Luftangriffen einbrach, kritisierte Achcar die Nato, weil sie nicht härter gegen Libyen vorging. Er veröffentlichte eine Stellungnahme, in der er den rechten Wall Street Journal-Kolumnisten Max Boot zitierte; dieser hatte erklärt, dass Nato-Kampfflugzeuge 11.107 Einsätze gegen Libyen geflogen seien, im Vergleich zu 38.004 Einsätzen während des Kosovokrieges im Jahr 1999.

Er schrieb: „Die wichtigste Frage ist also: Warum führt die Nato in Libyen einen Luftkrieg, der nicht nur im Vergleich zum Krieg gegen den ölreichen Irak schwach ist, sondern auch im Vergleich zu dem Krieg für das wirtschaftlich unwichtige Kosovo? Und warum zögert das Bündnis gleichzeitig, die Aufständischen mit Waffen zu versorgen, die sie immer wieder nachdrücklich anfordern?“

Achcars Unterstützung für den Krieg ist ein Beispiel dafür, wie hemmungslos eine ganze Schicht kleinbürgerlicher Intellektueller ins Lager des Imperialismus übergeht. Er hat sich nicht nur zum Propagandisten für den Krieg gemacht, sondern auch zu einem Strategen, der mit verschiedenen amerikanischen und französischen Geheimdienstlern und Kollaborateuren darüber diskutierte, wie man die Kriege am besten so darstellen kann, dass der Widerstand in der Bevölkerung gegen sie möglichst klein bleibt.

In seinem neuesten Artikel versucht Achcar, die Fakten um sein Treffen im Oktober 2011 in Schweden mit Burhan Ghalioun, dem Präsidenten des oppositionellen Syrischen Nationalrates, zu verdrehen. Während dieses Treffens riet er Ghalioun, keine Nato-Invasion Syriens zu fordern – womit er massiven Widerstand in der Bevölkerung provoziert hätte – sondern stattdessen eine „indirekte“ Intervention zur Bewaffnung der Opposition anzustreben.

Das ist auch die Politik, die die Nato letzten Endes einschlug: Bewaffnung des SNC und islamistischer Oppositionskräfte, darunter auch einiger, die mit Al Qaida verbündet sind. Dies hat zu einem verheerenden Stellvertreterkrieg in Syrien geführt, der in zwei Jahren über 100.000 Todesopfer gefordert und Millionen aus ihrer Heimat vertrieben hat.

In seinem aktuellen Artikel beschwert sich Achcar über die Behauptung, er habe „an einem Treffen des Syrischen Nationalrates teilgenommen (in Wirklichkeit war es ein Treffen des linken Nationalen Koordinationsrates), um sie dazu zu bringen, eine imperialistische Intervention in Syrien zu fordern (tatsächlich verfolgte ich mit meinem Beitrag auf dem Treffen das genaue Gegenteil)“.

Achcars Dementis sind einfach Unsinn. Er selbst hatte öffentlich bekanntgegeben, er habe sich mit Ghalioun getroffen, und er schrieb in einem Artikel, der im November 2011 in der libanesischen Tageszeitung Al Akhbar veröffentlicht wurde, dass er den SNC beraten habe. Die NPA veröffentlichte den Artikel ebenfalls, unter anderem auf ihrer englischsprachigen Webseite International Viewpoint.

In diesem Artikel schrieb er damals: „Ich konnte an dem Treffen der syrischen Opposition am 8. und 9. Oktober in Schweden nahe der Hauptstadt Stockholm teilnehmen. Mehrere Aktivisten und Aktivistinnen, die in Syrien und im Ausland aktiv sind, trafen sich mit prominenten Mitgliedern des Syrischen Koordinationskomitees (SNC – die eigens aus Syrien zu der Veranstaltung kamen) und dem wichtigsten Mitglied des Syrischen Nationalrates: seinem Präsidenten Burhan Ghalioun.“

Professor Achcar kann lügen so viel er will, aber die eaktionäre politische Rolle, die er objektiv spielt, hat im ganzen Internet Spuren hinterlassen.

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