Griechische Arbeiter demonstrieren gegen Entlassungen und faschistischen Terror

Am Donnerstag traten griechische Arbeiter des öffentlichen Dienstes zu Tausenden in einen landesweiten Generalstreik. In allen größeren Städten protestierten Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes und des privaten Sektors auf Kundgebungen und Demonstrationen gegen das Spardiktat der Regierung und der Europäischen Union.

Die Demonstranten reagierten erschüttert, als sie vom Tod des 34-jährigen linken Musikers Pavlos Fyssas erfuhren. Er war in der Athener Vorstadt Keratsini von einem Mitglied der faschistischen Chrysi Avgi am frühen Mittwochmorgen ermordet worden. Einige Protestmärsche zogen spontan zu den Büros der Chrysi Avgi. Teilnehmer hielten Banner und Plakate hoch, auf denen „Nein zu den Entlassungen“ und „Bekämpft die Mörder der Chrysi Avgi“ zu lesen war.

Am Abend kam es in mehr als zwei Dutzend Städten zu weiteren Spontandemonstrationen gegen den faschistischen Terror. Die Polizei reagierte extrem aggressiv auf die Proteste. In Athen trieb sie die Menge unter Einsatz von Tränengas auseinander. In Thessaloniki ließ sie eine Demonstration vor dem Büro der Chrysi Avgi gar nicht erst zu. Schon am Montag hatten Polizeikräfte protestierende Schulwärter angegriffen.

Der 48-stündige Generalstreik wurde von der Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes ADEDY ausgerufen. Zahlreiche Berufszweige beteiligten sich an dem Ausstand. Das Verkehrssystem war nur beschränkt in Betrieb, da Mitarbeiter der Bahn OSE und der Tram (Proastiakos) vier Stunden streikten. Auch die Metro verkehrte unregelmäßig.

Angestellte beim griechischen Telekommunikationsunternehmen OTE, das von der deutschen Telekom geführt wird, und Mitarbeiter des Stromversorgers DEI, dem die Privatisierung droht, demonstrierten mit Versicherungsangestellten und Mitarbeitern der Arbeitsagenturen OAED. Ebenso beteiligten sich Justizbeamte, Anwälte und Journalisten. Ärzte und Krankenpflegepersonal waren schon am Dienstag in den Streik getreten.

Tausende Lehrer, Dozenten, Schüler, Studenten, Verwaltungsangestellte und Hausmeister der Schulen hatten bereits am Montag die Arbeit niedergelegt und nur drei Tage nach Beginn des neuen Schuljahrs einen fünftägigen Streiks ausgerufen. Von Athen, Thessaloniki und Ioannina bis Chania und Samos demonstrierten am Montag Zehntausende gegen die Entlassungspläne der Regierung.

Die Lehrergewerkschaft OLME sprach am Dienstag von einer Streikbeteiligung von 90 Prozent. Schüler besetzten zehn Schulen in den Regionen Attika und Argolida, um sich mit den Lehrern zu solidarisieren.

Am Dienstag wurde bekannt gegeben, dass in neun Ministerien 1.929 Mitarbeiter entlassen werden. Sie gehören zu den 15.000 Beamten im Öffentlichen Dienst, die bis Ende 2014 gekündigt werden sollen. Zusätzlich werden 25.000 Arbeiter in eine Mobilitätsreserve überstellt und verlieren ebenfalls ihren Arbeitsplatz, wenn im kommenden Jahr keine andere Stelle im Öffentlichen Dienst für sie gefunden wird. Bis Ende dieses Jahres werden voraussichtlich 4.000 Staatsbedienstete in die Arbeitslosigkeit entlassen.

Die massiven Kürzungen an Universitäten führen zum Kollaps der Bildungseinrichtungen, warnten die Universitätspräsidenten am Dienstag. 1.765 Angestellte in der Verwaltung müssen in die Mobilitätsreserve wechseln, obwohl die Universitäten bereits jetzt unterbesetzt sind und 2.500 neue Mitarbeiter bräuchten. Die Rektoren und Manager der Universitäten haben sich geweigert, dem Bildungsministerium eine Liste mit den Namen der zu entlassenen Angestellten zu übergeben, und drohen laut Kathimerini mit Schließung auf unbestimmte Zeit, wenn die Kürzungen durchgesetzt werden.

Auch der Gesundheitsbereich soll weitere Sparmaßnahmen hinnehmen. Acht Krankenhäuser in Athen und Thessaloniki werden in sogenannte Gesundheitszentren verwandelt und verlieren 1.618 Mitarbeiter, die zwangsversetzt werden. Dabei sind schon jetzt 40 Prozent der griechischen Arbeiter von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen, weil sie keine Krankenversicherung mehr haben.

In der nächsten Woche reist die Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) nach Athen, um mit der Regierung noch weitere Kürzungen auszuhandeln.

Die umfassenden Proteste dieser Woche drücken die enorme soziale Opposition gegen diese Pläne aus. Sie sind Teil des wachsenden Widerstands in ganz Europa. Die Regierung reagiert darauf mit Gewalt und autoritären Maßnahmen. Sie kann sich dabei auf die Unterstützung durch die Gewerkschaften verlassen.

Im Mai dieses Jahres hat die Regierung die Lehrer unter Kriegsrecht gestellt und einen für die Examenszeit geplanten Streik für illegal erklärt. Obwohl sich die Lehrer mit überwältigender Mehrheit dafür aussprachen, der Regierung zu trotzen, sagte ihre Gewerkschaft OLME den Arbeitskampf kurzerhand ab.

Auch dieses Mal setzt die Gewerkschaft alles daran, den Streik zu beenden. Der OLME-Vorsitzende Themis Kotsifakis kündigte bereits einen Dialog mit Bildungsminister Constantinos Arvanitopoulos an. Die beiden hatten sich schon Anfang des Monats zu vertraulichen Gesprächen getroffen.

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