BMW meldet Rekordumsätze und bereitet Angriffe auf Arbeiter vor

Deutschlands drittgrößter Autohersteller BMW plant umfassende Lohnkürzungen und Rationalisierungsmaßnahmen. Viele der Vorschläge wurden direkt von den Betriebsräten ausgearbeitet, mit denen das Management seit Monaten eng zusammenarbeitet. Inzwischen sickern erste Ergebnisse der Diskussion zwischen Vorstand, IG Metall und Betriebsräten an die Öffentlichkeit.

Anfang dieses Monats wurde bekannt, dass BMW beabsichtigt, in seinen deutschen Werken mindestens 100 Millionen Euro an Personalkosten einzusparen. Dies berichtete das Oberbayrische Volksblatt unter Verweis auf übereinstimmende Äußerungen mehrerer führender Vertreter von IG Metall und Betriebsrat. Demnach sollen Erholungspausen – in den bayrischen Werken „Brotzeit“ genannt – nicht mehr bezahlt werden.

Weitere Kürzungen betreffen die bezahlten Feiertage. Da die BMW-Arbeiter durch die äußerst flexibilisierte Arbeitszeit faktisch vier Tage pro Woche arbeiten, bekamen sie Feiertage auch dann bezahlt, wenn diese auf einen arbeitsfreien Tag fielen. Damit soll jetzt Schluss sein. Zudem sollen die Zulagen für sogenannte Schichtdifferenzstunden gestrichen werden.

Alle Vorschläge der BMW-Betriebsräte dienen dazu, die Löhne empfindlich zu kürzen. Laut Oberbayrischem Volksblatt sei geplant, die Gehälter im Regensburger Werk um 15 Millionen Euro und im Münchner Stammwerk ebenfalls um einen zweistelligen Millionenbetrag zu kürzen. Im größten Werk in Dingolfing sollen ab 2015 jährlich rund 37 Millionen Euro eingespart werden, bestätigten Betriebsrats- und Gewerkschaftsvertreter gegenüber dem Manager Magazin. Die gesamte Planung der Einsparungen wird vom Konzernbetriebsratschef Manfred Schoch koordiniert.

Wie das Oberbayrische Volksblatt schreibt, gingen den Kürzungsplänen des Managements Vorschläge der Betriebsräte der „großen bayerischen Werke“ voraus. „Wir haben etwas mehr als die Hälfte der geforderten Summe an Einsparungen angeboten“, zitiert die Zeitung einen „führenden Arbeitnehmervertreter“. Welche Betriebsräte dabei Empfehlungen für die eigenen oder fremde Werke abgaben, ist bislang nicht bekannt.

Das Management hatte den Betriebsräten eine feste Frist für eigene Einsparungs-Vorschläge gesetzt und damit gedroht, die Produktion ansonsten in andere Werke zu verlagern. Ein BMW-Sprecher bezeichnete dieses Vorgehen als „ständigen Prozess“, bei dem es darum gehe, „die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Standorte“ sicherzustellen.

Die IG Metall unterstützt dieses Vorgehen des Managements, die einzelnen Standorte gegeneinander auszuspielen. So zitiert die Süddeutsche Zeitung den Bezirksleiter der IG Metall in Bayern, Jürgen Wechsler (SPD), mit den Worten, es sei „in einem Großkonzern völlig normal“, wenn Standorte bewertet und verglichen würden.

Die Pläne des Managements und der Gewerkschaften gehen dabei weit über die bisherigen Kürzungen hinaus. Am Mittwoch letzter Woche berichtete wiederum das Manager Magazin unter Verweis auf „Konzernkreise“ von einem Sparprogramm, das nicht mehr 100 Millionen im Jahr, sondern mehrere Milliarden Euro umfassen solle. Bis 2020 sei angepeilt, jedes Jahr drei bis vier Milliarden Euro einzusparen. Mit der Ausarbeitung der Pläne habe BMW-Chef Norbert Reithofer bereits die Unternehmensberatungsfirma McKinsey beauftragt.

Am gleichen Tag widersprach ein Sprecher des Konzerns dieser Darstellung in der Online-Ausgabe des Handelsblatts, bestätigte jedoch, dass angestrebt sei, „auch in den kommenden Jahren den Kostenanstieg um einige hundert Millionen Euro jährlich zu dämpfen“. Gestützt auf diese Äußerungen sowie bereits bekannt gewordene Einsparungspläne spekulierte das Handelsblatt, dass sich jährliche Kürzungen von 500 Millionen Euro bis 2020 auf drei Milliarden Euro summieren könnten.

Die jetzt bei BMW geplanten Angriffe sind Teil umfassender Lohnkürzungen in der Automobilindustrie. Auch Konkurrent Daimler hat vor kurzem seine Kürzungspläne ausgeweitet. Bis Ende 2014 wollen die Stuttgarter allein in der Pkw-Sparte zwei Milliarden Euro einsparen. Im Vorjahr hatte der Konzern die Kosten bereits um 800 Millionen Euro gesenkt.

Die Millionenkürzungen bei BMW dienen ausschließlich der Bereicherung der Investoren, denn der Konzern floriert. Parallel zu ersten Berichten über die geplanten Kürzungen meldete das BMW-Management, das Unternehmen werde für das Jahr 2014 voraussichtlich einen weltweiten Rekord an verkauften Automobilen verzeichnen: Die konzernweiten Verkaufszahlen legten zwischen Mai 2013 und Mai 2014 um 6,8 Prozent zu. Das Unternehmen plant zum ersten Mal in seiner Firmengeschichte zwei Millionen Fahrzeuge in einem Jahr abzusetzen.

Während den Arbeitern Kürzungen und Wettbewerbsdruck gepredigt werden, verzeichnen die Aktionäre Rekordgewinne. 2013 erzielte der Konzern einen Profit von 5,34 Milliarden Euro. Geteilt durch die Anzahl der Arbeiter, die von BMW offiziell mit rund 110.000 angegeben wird, sind das etwa 48.400 Euro Gewinn pro Arbeiter.

Größter Nutznießer ist die Familie Quandt, die ihren Reichtum der Unterstützung der Nazidiktatur und der Ausbeutung in Konzentrationslagern verdankt. Stefan Quandt, Sohn von Johanna und Herbert Quandt, besaß 2012 geschätzte 11,9 Milliarden US-Dollar. Er hält 17,4 Prozent der BMW-Aktien. Angesichts einer Dividende von 2,60 Euro pro Aktie dürfte er allein zwischen Mai 2013 und Mai 2014 mehr als eine Viertelmilliarde Euro an Dividende erhalten haben. Stefan Quandt ist sechstreichster Deutscher und auf der Weltrangliste der Milliardäre stand er 2013 auf Platz 81.

Seine Mutter Johanna Quandt besitzt 16,7 Prozent der BMW-Aktien und dürfte dadurch 2013 mehr als 250 Millionen Euro eingesteckt haben. Sie gilt als zweitreichste Frau Deutschlands und soll über 10 Milliarden Dollar besitzen. Als letzte ist noch Susanne Klatten (geborene Quandt) zu nennen. Sie gilt mit geschätzten 17,4 Milliarden Dollar als reichste Frau Deutschlands und besitzt 12,6 Prozent der BMW-Aktien.

Weitere Aktionäre von BMW sind internationale Großbanken, Hedgefonds, Großanleger sowie in geringerem Umfang Kleinanleger. Der berüchtigte Investmentsfonds „Blackrock“, der weltgrößte Vermögensverwalter, hält 3,98 Prozent der Anteile an BMW. In den letzten Jahren wurde die Dividende der Aktionäre kontinuierlich gesteigert. Zwischen 2009 und 2013 stieg sie von 30 Cent auf 2,60 Euro. Das Ergebnis je Aktie stieg sogar auf 8,10 Euro und erhöhte sich damit innerhalb von vier Jahren um 246 Prozent.

Möglich wurde dies vor allem durch eine erhöhte Flexibilisierung der Arbeitszeit, die mit einer gesteigerten Arbeitshetze und sozialen Angriffen auf die Arbeiter einherging. Die Funktionäre der IG Metall vor Ort, im Aufsichtsrat oder in der Frankfurter Gewerkschaftszentrale haben bei deren Durchsetzung eine zentrale Rolle gespielt. Nun planen sie neue Angriffe auf die Arbeiter.

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