USA wollen vorläufiges Atomabkommen mit dem Iran verlängern

US-Präsident Barack Obama hat angedeutet, die Verlängerung des vorläufigen sechsmonatigen Abkommens zu unterstützen, das der Iran mit den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Russland über sein Atomprogramm Anfang des Jahres abgeschlossen hat.

Das Abkommen, das am Sonntag auslaufen würde, beinhaltete eine geringfügige und leicht rückgängig zu machende Erleichterung der von den USA durchgesetzten Wirtschaftssanktionen, die die iranische Wirtschaft gelähmt haben. Im Gegenzug stellte Teheran einen Großteil seines zivilen Atomprogramms ein.

Obama erklärte am Mittwoch vor der Presse: "Es ist mir klar, dass wir in mehreren Bereichen wirkliche Fortschritte gemacht haben, und dass wir einen glaubwürdigen Weg nach vorn haben."

Der US-Präsident behauptete, es seien weitere Besprechungen mit Verbündeten, dem Kongress und dem Pentagon darüber notwendig, "ob zusätzliche Zeit" benötigt würde, um ein "endgültiges" Abkommen mit Teheran über dessen Atomprogramm zu erzielen. Allerdings deuten seine Äußerungen, und die anderer hoher amerikanischer Regierungsvertreter – darunter Außenminister John Kerry – darauf hin, dass alle Parteien, die USA, ihre Verbündeten aus der EU und der Iran, sich bereits prinzipiell darüber verständigt haben, das vorläufige Abkommen zu verlängern.

Wichtige und möglicherweise höchst umstrittene Details müssen jedoch noch ausgearbeitet werden. Eines davon ist das Ausmaß der Verlängerung und die Frage ob, und wenn ja, in welchem Ausmaß der Iran Entschädigung für Sanktionen erhält. Der Großteil der Erleichterungen aus dem bald abgelaufenen sechsmonatigen Abkommen bestand darin, Teheran Zugang zu einem kleinen Teil der Milliarden Dollar seines eigenen Geldes zu geben – ausländische Zahlungen für Öllieferungen und Reserven der Zentralbank – das noch im internationalen Bankensystem eingefroren ist.

Obamas Äußerungen über die Verhandlungen mit dem Iran gingen Besprechungen mit Vizepräsident Joseph Biden und Kerry im Weißen Haus voraus. Kerry hatte die letzten drei Tage überwiegend in Wien verbracht, wo er sich mit dem iranischen Außenminister Javad Zarif und anderen Teilnehmern der Verhandlungen zwischen dem Iran und den P6-Staaten –den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Deutschlands – getroffen hatte.

Die Gespräche in Wien, die Anfang Juli begannen, sollten zu einer endgültigen Einigung zur Normalisierung des zivilen Atomprogramms des Iran führen – eines Programmes, auf das Teheran als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrages ein Recht hat. Am Mittwoch, oder sogar schon davor, verlagerten sich die Gespräche jedoch auf Verhandlungen über die Verlängerung des vorläufigen Abkommens.

Das Abkommen sieht zwar eine Verlängerung bis zu sechs Monaten bei gegenseitigem Einverständnis vor, Kerry und andere Vertreter der Obama-Regierung betonten jedoch bis letzte Woche, sie seien nicht an einer Verlängerung interessiert. Sie sprachen mehrfach deutliche Warnungen an Teheran aus, es sei "Zeit, schwere Entscheidungen" zu treffen – d.h., sich Washingtons Forderungen zu beugen. Sie betonten außerdem, eine Verlängerung komme nur im Falle von "deutlichen Fortschritten" hin zu einem endgültigen Abkommen in Frage.

Der Iran zeigte Anfang letzter Woche tatsächlich eine deutliche Hinwendung zur Annahme der amerikanischen Forderungen. Zarif deutete in einem Interview mit der New York Times an, Teheran sei gewillt, alle Beschränkungen für sein Atomprogramm, die das vorläufige Abkommen vorschreibt, für weitere sieben Jahre zu akzeptieren.

Das befriedigt die Forderungen der USA aber nicht ganz. Washington hat erklärt, das zivile Atomprogramm des Iran sollte für mindestens zwanzig Jahre aufs Stärkste eingeschränkt und einem robusten und gründlichen Inspektionsregime unterworfen werden. Außerdem solle sich die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen über zehn Jahre oder länger hinziehen, und auch danach solle das Druckmittel bestehen, sie schnell wieder einführen zu können.

Dennoch beeilte sich die Obama-Regierung, das iranische Zugeständnis anzuerkennen.

Nicht weniger wichtig waren für Washington die neuen Signale der bürgerlichen Herrscher der islamischen Republik, dass sie bereit sind, dem US-Imperialismus aus der Krise herauszuhelfen, die er durch seine Aggression im Nahen Osten verursacht hat.

Als sich Zarif erstmals am Sonntag mit Kerry traf, äußerte er sich positiv über das Abkommen, das Kerry zuvor zwischen den rivalisierenden Kandidaten für die Nachfolge Hamid Karzais als Oberhaupt der amerikanischen Marionettenregierung in Afghanistan erreicht hatte und bezeichnete es als "äußerst wichtig" für die afghanische Bevölkerung.

Teheran hat mehrfach auf die geheimdienstliche Unterstützung hingewiesen, die es den USA während des Krieges in Afghanistan 2001 geleistet hatte, und die Unterstützung für die Einsetzung von Karzai als Staatsoberhaupt durch die USA. Dies wurde als Beweis angeführt, dass die islamische Republik ein Verbündeter Washingtons im Nahen Osten sein könnte.

Es wurden zwar keine Details bekanntgegeben, aber es ist bekannt, dass Zarif und Kerry auch über die Versuche ihrer beiden Regierungen diskutiert haben, die schiitische Regierung und deren Armee im Irak zu stabilisieren.

Kerry forderte Berichten zufolge auch rundheraus, dass der Iran der Hamas keine Raketen und keinen Ersatz für Waffen mehr liefern solle, für die, die bei dem aktuellen israelischen Angriff auf den von der Hamas regierten Gazastreifen zerstört wurden.

Associated Press schrieb: "Im Gegensatz zu den letzten Jahren, in denen es bei der Interaktion zwischen den USA und dem Iran fast nur um das Atomprogramm ging, überschneiden sich die Interessen der beiden Länder heute auf mehreren Ebenen, und ihre Diskussionen sind breiter... Da so viel auf dem Spiel steht und in anderen Gebieten die Möglichkeit einer amerikanisch-iranischen Zusammenarbeit erkundet wird, will keine Seite die Atomgespräche beenden."

Für Washington waren die haltlosen und zu einem Großteil erfundenen Vorwürfe um das iranische Atomprogramm immer nur ein Vorwand. Sie waren ein Mittel, den Iran zu isolieren, einzuschüchtern und zu bedrohen. Das langfristige strategische Ziel dahinter war es, die iranische Bourgeoisie zu zwingen, jede Herausforderung an die Vorherrschaft der USA einzustellen und letzten Endes der iranischen Bevölkerung wieder ein neokoloniales Regime aufzuzwingen wie es unter der monarchistischen Diktatur des Schahs geherrscht hatte.

Den Vorwurf, der Iran würde Atomwaffen entwickeln, hatte erstmals die Bush-Regierung im Jahr 2003 erhoben, kurz nachdem amerikanische Truppen Bagdad besetzt hatten und Washington einen Krieg gegen den Iran in Erwägung zog.

Hinsichtlich des Iran, wie auch allgemein bei der Verfolgung der Absicht des US-Imperialismus, seine globale Hegemonie zu verstärken, hat Obama Bushs Politik fortgesetzt und die europäischen Verbündeten der USA dazu gebracht, eines der umfassendsten Sanktionsregimes in Friedenszeiten einzuführen und dem Iran mehrfach mit Angriffen gedroht.

Obamas Entscheidung, eine Verlängerung des vorläufigen Abkommens mit dem Iran über dessen Atomprogramm anzustreben, basiert auf einer Reihe von rücksichtslosen Kalkulationen und ist Teil einer Kampagne zur Stärkung von Washingtons Kontrolle über die wichtigste Öl exportierende Region der Welt - eine Kampagne, die bereits zu mehreren Kriegen geführt hat, durch die mehrere Länder zerstört und Millionen Menschen entwurzelt oder getötet wurden.

Die erste dieser Kalkulationen ist die Schlussfolgerung, dass die Sanktionen den Iran gelähmt haben und dass die Angst vor sozialen Unruhen Teheran dazu gezwungen hat, die Annäherung an Washington zu suchen.

Die zweite ist die Einschätzung, dass es in der herrschenden Elite des Iran – der momentan von Präsident Hasan Rohani und seinem Mentor, dem ehemaligen Präsidenten Hashemi Rafsandschani regiert wird – eine nennenswerte Fraktion gibt, die aufgeschlossen ist für eine größere Übereinkunft mit dem US-Imperialismus. Diese Elemente haben gezeigt, dass sie bereit sind, sich Washingtons strategischer Agenda zu unterwerfen, auch dessen Versuchen, China und Russland zu isolieren.

Beispielsweise schrieb Seyed Hossien Musavain, der als enger Vertrauter Rohanis und Vermittler zwischen ihm und den USA gilt, vor kurzem in einem Artikel mit dem Titel "Zusammenarbeit zwischen den USA und dem Iran in Sicherheitsfragen könnte bei der Rettung des Irak helfen," der Iran "begrüße Amerikas Strategiewechsel in Richtung Pazifik" und könne ihm bei der "Sicherung und Stabilisierung" des Nahen Ostens helfen.

Die dritte Kalkulation ist, dass Washington angesichts der politischen Krise im Nahen Osten von einer stillschweigenden und letzten Endes offenen Kooperation mit dem Iran profitieren kann – sicherlich im Irak und in Afghanistan und möglicherweise auch in Syrien, dem Libanon, Palästina und anderen Ländern. Es gibt gute Gründe zu glauben, dass es solche Unterstützung geben wird. Im Jahr 2003 hatte der Iran mit Einwilligung seines obersten Führers, Ajatollah Khamenei, angeboten, die militärische Unterstützung für die Hamas und die Hisbollah einzustellen und den Staat Israel anzuerkennen.

Die letzte Kalkulation ist, dass die USA glauben, eine Einigung mit Teheran, selbst eine kurzfristige, könne Washington Zeit geben, die Widersprüche in seiner Außenpolitik zu klären, zu denen der Einsatz sunnitischer Extremisten als wichtigste Kraft beim Regimewechsel in Syrien gehört, während sie gleichzeitig im Irak unterdrückt werden. Sie könnte es Washington auch ermöglichen, weiterhin die Konflikte innerhalb des iranischen Regimes zu verschärfen und auszunutzen, die sich um die Fragen drehen, wie man auf den Druck der USA reagieren soll, und wie auf den wachsenden Widerstand der Bevölkerung gegen die Abschaffung der letzten gesellschaftlich-wirtschaftlichen Reformen aus der Revolution von 1979.

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