Die zweistündige Hinrichtung in Arizona und die Brutalisierung Amerikas

Joseph Rudolph Wood wurde am letzten Mittwoch im US-Bundesstaat Arizona hingerichtet. Die lange andauernde Hinrichtung des 55-jährigen Verurteilten war die dritte innerhalb von sechs Monaten, die durch eine, tödliche Giftspritze durchgeführt wurde. Die vorherigen grausamen Hinrichtungen fanden in Oklahoma statt. In Woods Fall zog sich das grauenhafte Spektakel fast zwei Stunden hin.

Der amerikanische Oberste Gerichtshof hatte die Hinrichtung am Dienstag genehmigt und das Verbot aufgehoben, welches das Berufungsgericht des neunten Gerichtsbezirks verfügt hatte. Die Anwälte des Verurteilten hatten argumentiert, er habe gemäß dem Ersten Zusatzartikel ein Recht auf Informationen über das unerprobte Verfahren mit den Giftspritzen, mit dem Arizona ihn hinrichten wollte. Die Richter des obersten Gerichtshofes wiesen dieses Argument jedoch zurück, obwohl die reale Gefahr bestand, dass Wood einen qualvollen Tod sterben würde.

Joseph Wood wurde mit einer experimentellen Kombination aus Midazolam und Hydromorphon hingerichtet, die gleiche Mischung, durch die Dennis McGuire im Januar nach fünfundzwanzig qualvollen Minuten in einer Todeskammer in Ohio gestorben war. Arizona hat, wie andere amerikanische Bundesstaaten, den Inhalt der Giftspritzen improvisiert, nachdem Europa ein Exportverbot gegen die tödlichen Chemikalien verhängt hatte, die bisher in den USA für Hinrichtungen eingesetzt wurden.

Michael Kiefer von der Arizona Republic schrieb über Woods Hinrichtung: "Er röchelte wie ein Fisch an Land. Er machte Bewegungen wie ein Kolben: sein Mund öffnete sich, die Brust hob sich, der Magen verkrampfte sich... Er starb durch Atemlähmung. Und es dauerte eineinhalb Stunden."

Die Hinrichtung von Joseph Wood ist keine barbarische Verirrung einer ansonsten humanen und zivilisierten Gesellschaft. In diesem Beispiel spiegeln sich in konzentrierter Form ein die Gewalt und die Brutalität, mit denen das herrschende Establishment Amerikas im 21. Jahrhundert ständig vorgeht.

Täglich werden im ganzen Land Polizeigewalt und Schießereien auf Video aufgenommen und für alle sichtbar im Internet veröffentlicht. Letzte Woche wurde ein Einwohner von Staten Island namens Eric Garner von der New Yorker Polizei zu Tode gewürgt. Am 1. Juli wurde eine Urgroßmutter in Kalifornien an einer Autobahnauffahrt von einem Beamten der Highway Patrol tätlich angegriffen und mehrfach auf den Kopf geschlagen. Am Wochenende nach dem 4. Juli wurden in Chicago fünf Menschen von der Polizei niedergeschossen, zwei davon starben.

Allein in diesem Jahr kam es in der Mehrheit der amerikanischen Bundesstaaten zu Vorfällen, in denen die Polizei auf Menschen geschossen hat, darunter mehrere tödliche Schießereien in Kalifornien, Washington, Utah, Oklahoma, New Mexico, Texas, Georgia, South Carolina, North Carolina, Kentucky, Virginia, New York und New Jersey.

Das US-Militär rüstet im ganzen Land paramilitärische Polizeieinheiten mit Waffen aus, SWAT-Teams (entspr. Sondereinsatzkommandos) führen mitten in der Nacht Hausdurchsuchungen durch. Die Polizei in Albuquerque, New Mexico, die seit 2010 allein 26 Menschen getötet hat, hat vor kurzem dem Kauf von weiteren 350 AF-15 Sturmgewehren zugestimmt.

Die Todesstrafe ist nur der übelste Auswuchs eines Gefängnissystems, in dem mehr als zwei Millionen Menschen unter schrecklichen Bedingungen leben. Ein aktueller Bericht der New York Times über den Gefängnis-Komplex Rikers Island enthüllte, dass im Zeitraum von elf Monaten 128 Insassen von Gefängniswärtern so brutal verprügelt wurden, dass ihre Verletzungen "so schlimm waren, dass die Ärzte der Krankenstationen des Gefängnisses sie nicht behandeln konnten."

Kinder von Einwanderern, die auf der Flucht vor Gewalt und Armut in Mittelamerika die Grenze passieren, werden in gefängnisartigen Bedingungen ohne Zugang zu angemessener Nahrung und Hygiene gehalten, während die Behörden darüber diskutieren, wie man sie am besten abschieben kann.

In Detroit überwachen ein nicht gewählter Notfallmanager und ein Insolvenzrichter die Zerschlagung der Renten und Gesundheitsleistungen der Arbeiter, während zehntausenden von Haushalten das Wasser gesperrt wird.

Diese Tatsachen entlarven Washingtons Selbstdarstellung als "Leuchtfeuer der Demokratie" über die Welt als Lügen. In der Brutalität des amerikanischen Staates, dem Aufbau seiner Unterdrückungsmöglichkeiten, der Würdelosigkeit, die er täglich großen Teilen der amerikanischen Bevölkerung zumutet, spiegelt sich eine Gesellschaft wieder, die von sozialen Widersprüchen zerrissen wird, für die die herrschende Klasse keine andere Lösung hat als noch mehr Unterdrückung, die zur Diktatur führt.

Die mörderische Gewalt der lokalen Polizei und der institutionalisierte Mord in Hinrichtungskammern sind die Reaktion auf ein massives Anwachsen sozialer Ungleichheit, die eine so viel Ungleichheit in der Gesellschaft hervorgebracht hat, dass sie die Formen demokratischer Herrschaft nicht mehr aufrechterhalten kann.

Am einen Pol steht eine Finanzaristokratie, die ihren obszönen Reichtum einer Bevölkerung vor die Augen hält, die zunehmend in Arbeitslosigkeit und Armut gedrängt wird. Die Plutokraten stehen über dem Gesetz, während die sozialen Probleme der Masse der Bevölkerung als Verbrechen behandelt werden, auf die mit Kugeln und Gefängniszellen zu reagieren ist.

Die gleiche Finanzelite – eine parasitäre und im Grunde kriminelle Klasse – führt einen Exzess der Gesetzlosigkeit und internationale Kriege an, während die von Großkonzernen kontrollierten Medien unablässig Militarismus propagieren. Dieser ganze Betrieb steht unter der Aufsicht eines Präsidenten, der sich das Recht anmaßt, die Ermordung amerikanischer Staatsbürger anzuordnen und zugibt, dies getan zu haben – Barack Obama.

Vor 80 Jahren reagierte die herrschende Elite auf den Zusammenbruch des Kapitalismus in der Großen Depression – und das Anwachsen massiven Widerstandes der Arbeiterklasse – mit der Einführung von Sozialreformen wie Social Security. Heute, angesichts der größten Krise des amerikanischen- und Weltkapitalismus seit den 1930er Jahren, hat die herrschende Klasse keine Reformen mehr anzubieten. Sie reagiert mit einem Angriff auf alle Reformen und sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse aus der Vergangenheit – auch auf Gesundheitsprogramme wie Medicare und Sozialfürsorge wie Social Security.

Der oberste Richter des neunten Gerichtsbezirkes, Alex Kozinski, erklärte, er sei nicht mit dem Urteil des dreiköpfigen Richtergremiums seines Gerichtes einverstanden, das Joseph Woods Hinrichtung verzögern wollte und forderte, die Giftspritze durch die Guillotine oder ein Erschießungskommando zu ersetzen. Er erklärte, Hinrichtungen seien "brutale, grausame Ereignisse," und die Öffentlichkeit müsse sich an sie gewöhnen.

Hier handelt es sich nicht nur um Auswüchse. Vielmehr zeigt sich darin der Zustand eines vergifteten Gesellschaftssystems, das in einer tödlichen Krise steckt. Das kapitalistische System selbst ist die Hauptursache für Ungleichheit, Armut und Unterdrückung. Die einzige vernünftige und politisch bewusste Antwort auf Gräueltaten wie die Todesstrafe ist der Kampf für den Aufbau einer sozialistischen Massenbewegung der Arbeiterklasse.

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