Zweiter Mann in St.Louis getötet

Polizeigewalt in den USA geht unvermindert weiter

Vergangenen Mittwoch veröffentlichte die Polizei von St. Louis ein Video, auf dem zu sehen ist, wie am Tag davor der 25-jährige Kajieme Powell erschossen wurde. Nur zehn Tage zuvor war der achtzehnjährige Michael Brown von der Polizei getötet worden, was in Ferguson, einem Vorort von St. Louis/Missouri, Massenproteste auslöste.

Das Video zeigt, wie Powell ziellos hin und her läuft, nachdem er Berichten zufolge zwei Energydrinks und eine Süßigkeit aus einem Laden entwendet hatte. Offenbar fühlt sich keiner der Passanten von Powell bedroht. Zwei Polizeibeamte erscheinen mit gezückter Waffe. Zwanzig Sekunden später ist Powell tot, niedergestreckt in einem Kugelhagel, bei dem die zwei Beamten etwa drei Sekunden lang zwölf Schüsse abgegeben haben.

Bei den letzten beiden Schüssen liegt Powell bereits regungslos auf dem Boden. Sie schreien "Hände hoch!" und legen ihm Fesseln an.

Wie Anwohner der World Socialist Web Site berichteten, war Powell geistig behindert, und seine Mutter war kurz zuvor gestorben.

Hier ein Video von den tödlichen Schüssen

"Ich denke, am wichtigsten ist die Sicherheit der Beamten", sagte Sam Dotson, Polizeichef von St. Louis, zur Verteidigung der zwei Polizisten. Er fügte hinzu: "Die Beamten haben meiner Ansicht nach getan, was du oder ich tun würden: Sie haben in dieser Situation ihr Leben geschützt." Dotson weigerte sich, die Frage zu beantworten, warum die Beamten nicht ihre Elektroschockpistolen oder andere Mittel angewandt hätten, um eine Tötung zu vermeiden.

Das Video widerspricht Dotsons Behauptungen, Powell habe in der hocherhobenen Hand ein Messer gehabt, mit dem er die Polizisten bedroht habe, und er sei nur noch etwa einen Meter entfernt gewesen, als sie schossen. Das Video zeigt, dass die Polizei das Feuer eröffnete, als Powell ungefähr drei Meter entfernt war, was im Vergleich zur Größe der Menschen zu erkennen ist, und dass er seine Hände unten hatte, als er erschossen wurde. Keiner der beiden Beamten wurde bisher zur Rechenschaft gezogen.

Augenzeugen waren von Powells Erschießung schockiert. Man hört den Mann, der das Video aufzeichnete, sagen: "Sie haben ihn einfach getötet. Jetzt ist es schon wieder passiert. Er ist tot. Sie legen ihm Handschellen an, dabei ist er tot. Oh mein Gott".

Der Mord an Powell ist der jüngste Fall in einer Reihe von Polizeitötungen. Polizisten im ganzen Land handeln so, als seien sie das Gesetz und hätten die Lizenz zu töten, als dürften sie schon bei der kleinsten Provokation tödliche Waffen nutzen. Trotz allem, was die Obama-Regierung sagt, hat der Mord an Michael Brown die Anmaßung und Feindseligkeit der Polizei gegenüber der Bevölkerung nur vergrößert.

Die Ausreden der Polizisten zu ihrer Selbstverteidigung im Fall von Powells Tötung und die Lügen, mit der sie diesen Mord rechtfertigen, gleichen der Reaktion der New Yorker Polizei auf den Mord an Eric Garner. Er erstickte, als New Yorker Polizisten ihn im illegalen Würgegriff festhielten und sich auf ihn legten. Anfang August hielten die New York Polizeigewerkschaften eine Pressekonferenz ab, auf der sie Garners Ermordung verteidigten und ihn für seinen eigenen Tod durch die Polizei verantwortlich machten.

"Auf unseren Straßen gibt es die Meinung, es sei akzeptabel, sich Verhaftungen zu widersetzten", sagte Pat Lynch, der Präsident der Patrolmen’s Benevolent Association. "Diese Meinung ist eine direkte Folge des Mangels an Respekt für die Strafverfolgungsbehörden". Die hier geäußerte Haltung wird nicht nur toleriert, sondern die Medien und die Politiker fördern sie absichtlich.

Ein Beispiel dafür ist ein Artikel von Sunil Dutta, Professor für Homeland Security an der Colorado Tech Universität, mit der Überschrift: "Ich bin ein Polizist. Willst du nicht verletzt werden, dann stell mich nicht in Frage", der Mitte August in der Washington Post erschien. "Das ist die Quintessenz", schreibt Dutta: "Wenn du nicht willst, dass man dich erschießt, mit dem Elektroschocker trifft, mit Pfefferspray besprüht, mit dem Schlagstock schlägt oder auf den Boden wirft, dann tue einfach, was man dir sagt."

Er fügt hinzu: "Widersprich mir nicht, beschimpfe mich nicht, sage mir nicht, ich könne dich nicht anhalten, oder ich sei ein Rassistenschwein, droh mir nicht, du werdest mich verklagen und meine Marke wegnehmen. Schrei mir nicht ins Gesicht, dass du es bist, der mein Gehalt zahlt, und denke nicht einmal daran, aggressiv auf mich zuzulaufen."

Weiter schreibt er: "Du musst nicht zustimmen, wenn die Polizei dich unrechtmäßig anhält, und du musst auch einer illegalen Durchsuchung nicht zustimmen. Falls kein Durchsuchungsbefehl existiert, kannst du dich der Durchsuchung deines Auto oder deiner Wohnung widersetzten." Dies schreibt er, obwohl er nur ein paar Zeilen weiter oben der Polizei das Recht zuspricht, jeden zu erschießen, der sich ihren Befehlen widersetzt. Daraus folgt, dass die Polizei entweder nie illegale Forderungen stellt, oder dass alles, was sie fordert, legal sein muss.

Solche Äußerungen, wie die von Dotson, Lynch und Dutta, bedeuten im Wesentlichen, dass die Polizei tun und lassen kann, was immer sie will, auch wenn sie Menschen tötet, vorausgesetzt, diese stellen auch nur die geringste Gefahr dar. "Aggressives Gehen" wird zur Rechtfertigung, wenn jemand erschossen wird.

Die Logik dieser Argumente ist zutiefst autoritär. Doch sie steht im Einklang mit den pseudo-legalen Rechtfertigungen der Obama-Regierung und der gesamten politischen Führungsschicht, die jegliche demokratischen Grundrechte abschafft. Die Exekutive behauptet, es sei notwendig, "die öffentliche Sicherheit" zu schützen, wofür sie ohne jedes Gerichtsverfahren die Bevölkerung bespitzelt, Menschen auf unbestimmte Zeit ohne Anklage wegsperrt oder gar tötet.

Die Besetzung Fergusons durch Polizei und Militär und die Verhängung von faktischem Kriegsrecht in der Stadt zeigt, auf wen diese Maßnahmen eigentlich abzielen: die Arbeiterklasse in den Vereinigten Staaten.

Obamas Justizminister Eric Holder hat sich als erster dafür stark gemacht, dass der Präsident der USA die Macht habe, US-Bürger, die als "Terroristen" eingestuft würden, selbst in den Vereinigten Staaten zu töten. Holder beendete soeben einen PR-Besuch in Ferguson. Dabei versuchte er, die Tatsache, dass er Afroamerikaner ist, zu nutzen, um sich den Anschein zu geben, er stehe auf der Seite derer, die gegen Browns Ermordung protestieren.

Wenn die Obama-Regierung behauptet, sie werde eine "faire und gründliche" Untersuchung des Mordes an Brown veranlassen, dann ist das völliger Betrug. Obama hat die demokratischen Grundrechte noch nie verteidigt. So wurde auch Darren Wilson, der aus nächster Nähe mehrere Schüsse auf Brown (zwei Schüsse direkt in den Kopf) abfeuerte, bisher nicht festgenommen und gegen ihn wurde keine Anklage erhoben. Die Regierung hat nicht beanstandet, dass weder lokale noch staatliche Behörden ihn festgenommen haben.

Unterdessen mobilisiert die Obama Regierung sogenannte „führende Mitglieder der Gemeinde", die in Verbindung zu den Demokraten stehen, um die anhaltenden Proteste zu entschärfen und die öffentliche Wut von der politischen Führungsschicht abzulenken. Lokalpolitiker und Kirchenführer versuchen, jene zu delegitimieren und sogar zu kriminalisieren, die daran festhalten, dass sich was ändern müsse. Solche Leute werden jetzt als "Anstifter von außerhalb" bezeichnet. Ein lokaler Stadtrat der Demokraten ging so weit, die Teilnehmer an den Demonstrationen als "Aufständische" zu bezeichnen.

Ziel ist es, jeden gegen die Polizeigewalt gerichteten Protest zu kriminalisieren, wie auch jeden Versuch, die antidemokratischen Strukturen, die die herrschende Klasse und ihre politischen Vertreter durchsetzen, in Frage zu stellen.

Loading